Lebenserwartung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Lebenserwartung wird auf statistischen Grundlagen berechnet und bezieht sich immer auf eine Bevölkerung im gleichen geografischen Gebiet mit gleichen Lebensbedingungen. Sie wird mithilfe von Sterbetafeln ermittelt. Außerdem ist die Lebenserwartung immer nur zum konkreten Zeitpunkt gültig und kann sich mit der Zeit ändern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Lebenserwartung?

Die Lebenserwartung gibt die im Durchschnitt zu erwartende Zeitspanne an, die ein Lebewesen ab einem definierten Zeitraum noch lebt.

Die Lebenserwartung gibt die im Durchschnitt zu erwartende Zeitspanne an, die ein Lebewesen ab einem definierten Zeitraum noch lebt. Sie wird mithilfe einer Sterbetafel ermittelt, die sich auf die Sterbestatistik der Vergangenheit und die Modellannahmen der Zukunft stützt.

Meist wird die Lebenserwartung ab dem Zeitraum der Geburt berechnet, sodass sie die gesamte Lebensspanne des Menschen umfasst. Mit höherem Lebensalter steigt jedoch statistisch die Lebenserwartung der noch lebenden Bevölkerung der entsprechenden Altersgruppe. Das liegt daran, das die bereits Verstorbenen dieser Altersgruppe ab dem Berechnungszeitraum nicht mehr in die Statistik eingehen.

Die Berechnung der Lebenserwartung basiert auf der Extrapolation der aktuellen Lebensbedingungen in die Zukunft. Allerdings kann sich die zu ermittelnde Lebenserwartung durch Änderung der Lebensbedingungen zu jedem Zeitpunkt ändern.

Beeinflussung

Die Lebenserwartung wird durch viele Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren ergeben sich z. B. aus lokalen, kulturellen und allgemeinen Lebensumständen. Um detailliert festzustellen, wie lang die Lebensspanne einer derzeit lebenden Person statistisch noch ist, sollten daher neben gesamtgesellschaftlichen Einflüssen auch lokale Einflüsse erfasst werden.

Lokale Einflüsse äußern sich beispielsweise in den gegebenen Umweltbedingungen. So ist es für den Menschen unter anderem ausschlaggebend, ob er ständigen Schadstoffbelastungen durch den Verkehr oder umliegenden Industriebetrieben ausgesetzt ist. Lebt er in der Stadt oder auf dem Land? Wie hoch ist die Stressbelastung im Beruf? Welche berufsschädigenden Einflüsse gibt es sonst noch? Auch die medizinische Betreuung in der entsprechenden Wohngegend spielt eine Rolle. Das sind Faktoren, die lokalen Ursprungs sind.

Allgemeine Faktoren beziehen sich auf die gegebenen ökonomischen Lebensbedingungen des gesamten Landes, den allgemeinen medizinischen Fortschritt, die Ernährungslage oder das allgemeine Gesundheitsbewusstsein.

Die grundlegenden ökonomischen Lebensbedingungen haben sich im Gegensatz zu früheren Generationen deutlich verbessert. So sind heute ökonomische Notlagen, die zu Hungerkatastrophen führen, in allen westlichen Industriestaaten ausgeschlossen. Auch kriegerische Auseinandersetzungen, welche früher die allgemeine Lebenserwartung beeinflussten, finden heute in Westeuropa nicht mehr statt.

Das Gesundheitswesen hat revolutionäre Fortschritte im Hinblick auf die Bekämpfung schwerer tödlich verlaufender Infektionskrankheiten errungen. Viele Infektionserkrankungen können heute gut durch Antibiotika bekämpft werden oder sind durch Massenimpfungen fast ausgerottet worden. Gerade die Seuchenbekämpfung hat die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten stark erhöht.

Auch die Kindersterblichkeit hat drastisch abgenommen. Dafür treten heute viele sogenannte Zivilisationskrankheiten im höheren Alter auf, die auf eine ungesunde Lebensweise, wie Überernährung, Bewegungsarmut oder Rauchen zurückzuführen sind. Allerdings ist der medizinische Fortschritt bereits so weit, die Zahl der Todesfälle bei diesen Erkrankungen stark einzuschränken. Auch dadurch steigt die allgemeine Lebenserwartung.

Die größten Risiken, frühzeitig zu sterben, stellen heute solche Faktoren wie Fettsucht (Adipositas), Rauchen, Bewegungsmangel, Bluthochdruck oder Diabetes dar. Des Weiteren gibt es auch genetische Faktoren, welche die Lebenserwartung beeinflussen.

Außerdem wurden Geschlechtsunterschiede festgestellt. Statistisch gesehen sterben Männer früher als Frauen. Das kann viele Ursachen haben. Oft gehen Männer beispielsweise höhere Risiken ein und erleiden dadurch häufiger Unfälle als Frauen. Häufiger als Frauen sind Männer auch im Beruf höheren Risiken ausgesetzt und erkranken dementsprechend oft an Berufskrankheiten. Bis vor Kurzem war zudem das Gesundheitsbewusstsein des Mannes noch weniger ausgeprägt als bei der Frau.

Möglicherweise spielen aber auch biologische Faktoren für die unterschiedliche Lebenserwartung der Geschlechter eine Rolle. So werden hormonelle und genetische Ursachen diskutiert. Das männliche Sexualhormon soll beispielsweise die Entstehung von Arteriosklerose und Thrombosen fördern.

Außerdem besitzt der Mann nur ein X-Chromosom, während das Y-Chromosom nur geschlechtsrelevante Informationen enthält. Treten z. B. genetische Fehler auf den Genen des X-Chromosoms auf, können sie durch ein zweites X-Chromosom nicht kompensiert werden. Die dadurch hervorgerufenen Erkrankungen verkürzen möglicherweise die Lebenserwartung vieler Männer.


Krankheiten & Beschwerden

Eine Erhöhung der Lebenserwartung bedeutet jedoch nicht automatisch eine Erhöhung der Lebensqualität. Zwar führen viele Erkrankungen nicht mehr sofort zum Tod, aber im Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten chronischer Erkrankungen.

Diese Erkrankungen schränken oftmals die Lebensqualität drastisch ein. Häufig entwickeln sich beispielsweise rheumatische Erkrankungen, die mit Bewegungseinschränkungen einhergehen. Weiterhin kommt es oft zu chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vielfach entwickelt sich auch eine Altersdemenz.

Der Pflegeaufwand erhöht sich parallel zur steigenden Lebenserwartung. In den nächsten Jahren steht die Medizin daher vor der wachsenden Herausforderung, diese sogenannten degenerativen Erkrankungen so zu behandeln, dass die Lebensqualität erhalten bleibt oder wiederhergestellt wird.

Dafür gibt es bereits mehrere Anhaltspunkte. In Bezug auf Morbus Alzheimer existieren hoffnungsvolle Ansätze für die Entwicklung eines Wirkstoffes, welcher die Erkrankung zumindest stoppen kann. Allerdings wird auf diesem Gebiet noch viel Forschungsarbeit nötig sein.

Auch zur Beherrschung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden beispielsweise durch die Einführung neuartiger Herzschrittmacher deutliche Fortschritte erzielt. Prinzipiell wird es durch den medizinischen Fortschritt möglich sein, bei allen altersbedingten Erkrankungen signifikante therapeutische Erfolge zu erreichen. Jedoch nicht nur die Medizin, sondern auch die Änderung des Gesundheitsbewusstseins muss dazu beitragen, neben der Erhöhung der Lebenserwartung auch die Lebensqualität durch die Vermeidung von Alterserkrankungen zu erhalten.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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