Li-Fraumeni-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Li-Fraumeni-Syndrom ist eine erblich bedingte Erkrankung, die zu einer verstärkten Tumorbildung bereits in jungen Jahren führt. Die dabei entstehenden Tumore sind größtenteils bösartig und können unterschiedlichste Organe und Körperregionen betreffen. Die Krankheit tritt sehr selten auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Li-Fraumeni-Syndrom?

Die Ursachen für das Li-Fraumeni-Syndrom liegen in einem Gendefekt. Betroffen sind hier die sogenannten Autosomen (die Chromosomen, die nicht zu den Geschlechtschromosomen gehören).
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Unter dem Li-Fraumeni-Syndrom verstehen Experten einen Gendefekt, der autosomal-dominant vererbt wird. Bei den betroffenen Personen bilden sich oftmals bereits im Kindesalter oder während der Pubertät bösartige Tumore.

Diese können unterschiedlichste Körperregionen befallen. Besonders häufig kommen in Zusammenhang mit dem Li-Fraumeni-Syndrom aber Tumore der Nebennieren, Brustkrebs, Knochenkrebs und Leukämien auf. Das Krebsrisiko einer Person mit dem Li-Fraumeni-Syndrom ist deutlich erhöht:

Während gesunde Menschen unter 30 statistisch gesehen nur ein 1 %-iges Risiko aufweisen, an Krebs zu erkranken, liegt die Wahrscheinlichkeit mit dem Gendefekt bei 50 %. Die Erkrankung tritt nur sehr selten auf.

Ursachen

Die Ursachen für das Li-Fraumeni-Syndrom liegen in einem Gendefekt. Betroffen sind hier die sogenannten Autosomen (die Chromosomen, die nicht zu den Geschlechtschromosomen gehören).

In 70 % aller Fälle des Li-Fraumeni-Syndroms handelt es sich um eine Mutation des TP53-Gens, das eine entscheidende Bedeutung für die Tumorsuppression (also für das Verhindern eines Tumorwachstums) besitzt. In der Folge kommt es so zu einer verstärken Tumorbildung. Liegt keine feststellbare Mutation des Gens vor, kann die Erkrankung auch aufgrund einer Störung der Signalübertragung im Rahmen der Tumorsuppression entstehen.

Die meisten Patienten mit Li-Fraumeni-Syndrom stammen aus Familien, in denen die Krankheit bereits aufgetreten ist. Ein knappes Viertel der Betroffenen erkrankt dagegen aufgrund einer spontanen Genmutation.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Abhängig davon, in welcher Körperregion der Tumor lokalisiert ist, kann das Li-Fraumeni-Syndrom ganz unterschiedliche Symptome und Beschwerden hervorrufen. Sind die Nebennieren betroffen, kann es zu Hormonstörungen kommen, die sich unter anderem durch hohen Blutdruck, Muskelkrämpfe, äußerliche Veränderungen und Depressionen äußern können. Bei Blutdruck bilden sich tastbare Metastasen, die ebenfalls Hormonstörungen hervorrufen können.

Knochenkrebs kann sich durch Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Schwellungen äußern. Typisch für ein solches Knorpelsarkom ist auch der schwere Verlauf – mehr als 50 Prozent der Betroffenen versterben innerhalb der nächsten fünf Jahre. Auch Tumoren des zentralen Nervensystems haben eine schlechte Prognose. Sie äußern sich durch Lähmungen, Ausfallerscheinungen, Nervenschmerzen und eine Reihe anderer Symptome und Beschwerden.

Eine Leukämie ist äußerlich zu erkennen und ruft im Verlauf der Erkrankung Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Abgeschlagenheit und eine eingeschränkte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit hervor. Die Symptome des Li-Fraumeni-Syndroms können also den gesamten Körper betreffen und eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen hervorrufen. Der Tumor entsteht meist bereits in jungen Jahren und entwickelt sich rasch. Es handelt es sich vorwiegend um bösartige Tumoren, die einen schweren Verlauf nehmen und in vielen Fällen tödlich enden.

Diagnose & Verlauf

Das Vorliegen eines Li-Fraumeni-Syndroms kann in vielen Fällen (ca. 70 %) anhand einer nachweisbaren Mutation des TP53-Gens festgestellt werden. Liegt eine solche Veränderung vor, ist das Bestehen der Krankheit praktisch erwiesen.

Die restlichen 30 % der Betroffenen weisen allerdings keine sichtbare Genveränderung auf. Hier findet die Diagnose anhand des sogenannten klinischen Erscheinungsbilds statt. Wer vor seinem 45. Lebensjahr an einem Sarkom erkrankt und mindestens einen Verwandten ersten oder zweiten Grades hat, der vor dem 45. Lebensjahr an Krebs oder allgemein an einem Sarkom erkrankt ist, leidet mit hoher Wahrscheinlichkeit am Li-Fraumeni-Syndrom. Da die Krankheit bösartige Tumorbildungen mit sich bringt, ist sie im Verlauf grundsätzlich als lebensbedrohlich einzustufen.

Komplikationen

Aufgrund des Li-Fraumeni-Syndroms kommt es zur Ausbildung bösartiger Tumore. Diese können langfristig zum Tod des Patienten führen. In den meisten Fällen bilden sich diese Tumore dabei schon in den jungen Jahren des Patienten aus. Der weitere Verlauf der Krankheit hängt allerdings stark von den befallenen Organen ab, sodass ein allgemeiner Verlauf dieser Krankheit in der Regel nicht vorausgesagt werden kann.

Im Allgemeinen kommt es dabei zu einer Müdigkeit und zu einer verringerten Belastbarkeit des Betroffenen. Die Patienten können auch an Schmerzen oder an verschiedenen Fehlbildungen und Einschränkungen im Alltag leiden. Die Lebensqualität des Betroffenen wird aufgrund des Li-Fraumeni-Syndrom erheblich verringert. Auch Eltern und Angehörige leiden dabei stark an den Beschwerden dieses Syndroms und können dadurch psychische Beschwerden und Depressionen entwickeln.

Je früher die Tumore erkannt werden, desto besser können diese entfernt und behandelt werden. Eine vollständige Heilung kann allerdings nicht garantiert werden. In einigen Fällen führen die Symptome des Li-Fraumeni-Syndroms damit zum Tode des Betroffenen oder zu einer deutlichen Verringerung der Lebenserwartung. Mit Hilfe von Chemotherapien können einige Beschwerden eingeschränkt werden. Die Therapie selbst ist allerdings mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Li-Fraumeni-Syndrom äußert sich zunächst durch Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und Unwohlsein. Diese Krankheitszeichen weisen meist auf ein ernstes Leiden hin, vor allem wenn sie über einen längeren Zeitraum auftreten, und müssen deshalb ärztlich abgeklärt werden. Betroffene Personen sollten rasch den Hausarzt informieren, wenn sich Schmerzen oder sogar Hautveränderungen zeigen. Schwellungen oder Knötchen sind deutliche Warnzeichen, die am besten sofort untersucht werden.

Zu den Risikogruppen zählen Krebspatienten sowie Menschen, in deren näherer Verwandtschaft Fälle des seltenen Syndroms oder einer anderen Krebserkrankung vorliegen. Die Erkrankung tritt vor dem 45. Lebensjahr, meist im Kindes- und Jugendalter auf und schreitet progressiv voran. Das Li-Fraumeni-Syndrom wird vom Hausarzt oder einem Dermatologen behandelt. Schwere Erkrankungen müssen eventuell in einer Fachklinik behandelt werden. Grundsätzlich ist die Erbkrankheit ein schweres Leiden, welches einer engmaschigen Überwachung durch einen Facharzt bedarf. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Rezidive, weshalb auch nach Entfernung der Tumoren weitere medizinische Untersuchungen angezeigt sind.

Behandlung & Therapie

Wurde das Li-Fraumeni-Syndrom vom behandelnden Arzt diagnostiziert, hängt die individuelle Therapie vom Gesundheitszustand des Patienten ab. In den meisten Fällen liegt bereits eine Krebserkrankung vor, die zum Aufsuchen des Arztes und zur Diagnose geführt hat.

Diese muss natürlich vorrangig behandelt werden, um das Leben des Betroffenen nicht zu gefährden. Je nach Art der Krebserkrankung und dem Stadium, in dem sich diese befindet, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Chemotherapie stattfinden. Diese zerstört die im Körper befindlichen Krebszellen und hindert sie daran, sich weiter im Organismus auszubreiten. Unter Umständen kann auch ein operativer Eingriff empfehlenswert sein, um bereits entstandene Tumore zu entfernen.

Anschließend sollten eine umfassende Nachsorge sowie spätere regelmäßige Routineuntersuchungen stattfinden, um weitere Tumorbildungen frühzeitig zu erkennen. Für das Li-Fraumeni-Syndrom selbst gibt es noch keine effektive Therapie. Neueste Forschungen experimentieren allerdings mit dem Einbringen gesunder DNA in die Krebszellen, um in der Folge gesundes Erbmaterial zu erzeugen und die weitere Tumorbildung zu verhindern.

Auf Wunsch können Patienten mit dem Li-Fraumeni-Syndrom das noch nicht zugelassene Medikament Advexin bekommen, wenn andere Behandlungsansätze bei ihnen keinen Erfolg zeigen und ihr Leben durch das Fortschreiten der Krankheit akut bedroht ist.


Aussicht & Prognose

Das Li-Fraumeni-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine ungünstige Prognose. Bereits in den ersten Lebensjahren erleiden die Patienten aufgrund des Syndroms bösartige Tumore. Ohne eine Behandlung kommt es relativ zügig zu einem vorzeitigen Ableben. Häufig wird die Lebenserwartung auf ungefähr fünf Jahre eingeschätzt.

Da es sich um eine genetische Erkrankung handelt, kann keine ursächliche Therapie angewendet werden. Forschern und Wissenschaftlern ist es aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage untersagt, die Genetik des Menschen zu verändern. Daher versuchen die behandelnden Ärzte die Symptome der Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen sowie zu therapieren. Dennoch handelt es sich grundsätzlich um einen Wettlauf gegen die Zeit. Durch die Mutation der Gene bilden sich im Organismus unterschiedliche Tumore. Die Krebszellen teilen sich und werden über die Blutbahn an andere Stellen des Körpers transportiert. Dort entwickeln sich häufig Metastasen, obwohl zeitgleich eine Krebstherapie für einen Tumor in einer anderen körperlichen Regionen stattfindet.

Alle sich entwickelnden Tumore haben grundsätzlich ein bösartiges Wachstum. Die Lebensqualität ist erheblich eingeschränkt, da der Betroffene aufgrund der Auswirkungen der Erkrankung im Verlauf seines Lebens mehrere Krebserkrankungen erleben wird. Trotz aller Bemühungen ist die Lebenserwartung insgesamt deutlich vermindert. Bei nur etwa der Hälfte der Erkrankten ist das Risiko einer folgenden Tumorerkrankung auf dem Niveau eines gesunden Menschen.

Vorbeugung

Da es sich bei dem Li-Fraumeni-Syndrom in den meisten Fällen um eine Genmutation handelt, die vererbt wird, ist eine Vorbeugung im eigentlichen Sinne nicht möglich. Kommt es zu den ersten Anzeichen einer Krebserkrankung, ist selbstverständlich immer das rasche Aufsuchen eines Arztes notwendig. Besonders bei Tumorbildungen in jungen Jahren und bei einer familiären Vorbelastung ist in diesem Zusammenhang auch eine Untersuchung bezüglich des Li-Fraumeni-Syndroms anzuraten, um weitere angemessene Schritte einleiten zu können.

Nachsorge

Nach der eigentlichen Krebsbehandlung benötigen die Betroffenen eine andauernde Betreuung. Neben regelmäßigen medizinischen Untersuchungen und der Inanspruchnahme weiterer Therapien gehört auch eine Umstellung des Lebensstils zur Nachsorge. Die Betroffenen müssen nun wieder Lebensqualität aufbauen.

Die Unterstützung der zuständigen Ärzte sowie Angehörigen und Freunden ist wichtig, um einen guten Umgang mit der Erkrankung zu finden. Auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann einen wichtigen Aspekt der Nachsorge darstellen. Je nach Art der Krebserkrankung wird der Nachsorgeplan gemeinsam mit dem Arzt erstellt. Dabei orientiert er sich an den Beschwerden der Krebsart, dem generellen Krankheitsverlauf und der Prognose. In der ersten Phase, wenn Patienten noch die Folgen der Erkrankung und Behandlung verarbeiten, ist die Nachsorge besonders wichtig. Entscheidend ist, die Patienten so lange zu unterstützen, bis eine Remission erreicht wurde.

Das können Sie selbst tun

In der Regel sind die Möglichkeiten zur Selbsthilfe beim Li-Fraumeni-Syndrom sehr stark eingeschränkt. Der Verlauf und die Behandlung dieses Syndroms sind dabei auch sehr stark von der genauen Region der Tumorausbildung abhängig, sodass eine Prognose nur schwer vorhergesagt werden kann. Allerdings sind die Patienten bei diesem Syndrom auf eine medizinische Behandlung angewiesen, um diesen zu entfernen.

Regelmäßige Untersuchungen tragen beim Li-Fraumeni-Syndrom dazu bei, Tumore frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dadurch kann die Lebenserwartung des Betroffenen erhöht werden. Vor allem die inneren Organe sollten dabei regelmäßig untersucht werden. Weiterhin sollte der Patient eine gesunde Lebensweise führen und auf Suchtmittel verzichten, um die Tumorbildung nicht weiter zu fördern.

Bei psychischen Beschwerden helfen sehr häufig Gespräche mit engen Freunden oder mit der eigenen Familie. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Li-Fraumeni-Syndroms kann sich dabei positiv auf die Krankheit auswirken und weiterhin psychische Beschwerden lindern. Auch ein Austausch an Informationen kann dabei stattfinden, welcher möglicherweise die Lebensqualität des Betroffnen verbessern kann. Trotz einer dauerhaften Behandlung und regelmäßigen Untersuchungen führt das Li-Fraumeni-Syndrom schließlich zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen.

Quellen

  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
  • Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009

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