Medizinische Psychologie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Medizinische Psychologie beschäftigt sich mit dem Phänomen Krankheit und Gesundheit. Sie fragt nach der Krankheitsentstehung. Die psychologische Therapie dient der Krankheitsbewältigung und interagiert mit anderen medizinischen Fachgebieten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Medizinische Psychologie?

Die Medizinische Psychologie beschäftigt sich mit dem Phänomen Krankheit und Gesundheit. Sie fragt nach der Krankheitsentstehung und ist eine anwendungsorientierte Teildisziplin der Klinischen Psychologie.

Die Medizinische Psychologie ist eine selbständige und anwendungsorientierte Teildisziplin der Klinischen Psychologie, die innerhalb der Humanmedizin agiert. Das Fachgebiet ist in der Lehre und Forschung sowie in der Patientenversorgung strukturell und inhaltlich als Institut, Abteilung und personell vertreten.

Diese Teildisziplin ist neben der Medizinischen Soziologie nach der Approbationsverordnung für Ärzte (ÄAppoO) ein Pflichtfach im ersten Semester des Medizinstudiums. Die 1979 gegründete „Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie“ (DGMP) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft für alle in dieser Fachrichtung tätigen Mediziner.

Behandlungen & Therapien

Im Vordergrund steht die Arzt-Patienten-Beziehung. Weitere wichtige Themen sind die Kommunikation zwischen Arzt und Patient, die Krankheitsverarbeitung, Lebensqualität, Prävention, Gesundheitsförderung, Rehabilitation, Entwicklungspsychologie, Verhaltensforschung, Sozialpsychologie, medizinische Intervention, psychosoziale Versorgungsforschung und die psychobiologischen Zusammenhänge.

Um den richtigen Therapieansatz zu finden, definiert die Medizinische Psychologie im ersten Schritt den Begriff Krankheit, mit der das Vorliegen von Symptomen bezeichnet wird, die zu einer Abweichung des psychologischen Gleichgewichts führen. Auch die Abweichung von einer Norm (Regelgröße) wird als Krankheit definiert, die zu äußeren oder inneren Schädigungen führen kann. Abweichungen von einer Organfunktion, einer Regelgröße, einer Organstruktur oder einem psychologischen Gleichgewicht sind schwer zu diagnostizieren. Die Medizinische Psychologie fragt im zweiten Schritt nach der Gesundheit. Eine Person ist gesund, wenn sie sich im psychischen und physischen Gleichgewicht befindet.

Ihr soziales Umfeld und ihre Lebensbedingungen erlauben ihr, ihre Zielvorstellungen nach den eigenen Möglichkeiten zu verwirklichen. Es besteht ein subjektives und objektives Wohlbefinden. Die Medizinische Psychologie spielt eine wichtige Rolle in der ärztlichen Ausbildung und fragt nach den Zusammenhängen zwischen physiologischen und psychologischen Zusammenhängen, um die daraus resultierenden klinischen Prozesse besser zu verstehen. Die elementare Erkenntnis dieses Fachgebiets ist, dass Gesundheit immer das Fehlen von Krankheit bedeutet. Die Medizinische Psychologie ist eng verbunden mit der Medizinischen Soziologie. Die Idealnorm ist der angestrebte Sollwert, während die therapeutische Norm die Alltagstauglichkeit und die Behandlungsbedürftigkeit bei nicht normalen Zuständen sieht.

Laut statistischer Norm ist normal, was durchschnittlich ist. Der Patient erlebt seine Krankheit subjektiv als Einschränkung (Kontinuum) seines Handlungsvermögens und Wohlbefindens. Die Wahrnehmung entsteht aus der Körperhaltung (Interozeption) und Körperbewegung (Propriozeption), aus den inneren Organen (Viszerozeption) und aus einem Schmerzzustand (Nozizeption) heraus. Symptome werden durch emotionale, kognitive und motivationale Variablen beeinflusst. Die Lebensqualität hängt davon ab, wie hoch das Individuum diese einschätzt. Tatsächlich kann ein Krankheitszustand vorliegen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit der subjektiven Krankheitstheorie, die der Betroffene aus den Symptomen entwickelt.

Er legt sich über das Krankheitsbild, die Ursachen (Laienätiologie, Kausalattribution), den Krankheitsverlauf, die Konsequenzen und Behandlungsmethoden implizit (vorbewusst) eine Theorie zurecht. Die Medizinische Psychologie greift die subjektive Krankheitstheorie auf, weil sie das Verhalten und Erleben des Patienten beeinflusst. Die Palette reicht weit von der Hypochondrie bis zur Indolenz (Schmerzunempfindlichkeit). Symptome und Beschwerden werden durch den Akteur-Beobachter-Ansatz festgelegt. Die medizinische Psychologie gestaltet die Ursachenzuschreibung effektiver, indem sie sich in das Gegenüber hineinversetzt.

Je höher eine Person ihre Selbstwirksamkeitserwartung einschätzt, desto eher zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten, wenn sich herausstellt, dass sie eine bestimmte Situation nicht mit den eigenen Ressourcen bewältigen kann. Frauen leiden häufiger an Somatisierungsstörungen und Depressionen, während Männer oft Persönlichkeitsstörungen aufweisen und mit Herzinfarkten auf den psychologischen Stress reagieren.


Diagnose & Untersuchungsmethoden

Die Diagnose und Befunderhebung sind nicht einfach, denn die Diskrepanz zwischen dem subjektiven Krankheitsempfinden des Patienten und einer tatsächlich medizinisch festgestellten Erkrankung kann weit auseinander gehen (Dichotomie). Der Psychologe muss auf dem Weg zur Diagnose die vorliegenden Daten mit den Normen abgleichen, um festzustellen, ob eine reale Erkrankung vorliegt, oder ob sich der Patient diese aufgrund seines subjektiven Empfindens nur einbildet.

Da in diesem Moment sein psychisches, physisches und soziales Empfinden aus dem Gleichgewicht geraten ist, liegt bereits eine Erkrankung im psychologischen Sinn vor, die behandelt werden muss. Die Datenerhebung gestaltet sich einfach, da der Arzt den Patienten nach seiner vorliegenden Krankheitsgeschichte (Anamnese) befragt, ihn einer physiologischen Untersuchung unterzieht, sein Verhalten beobachtet und moderne technische Hilfsmittel wie die bildgebende Diagnostik zu Rate zieht. Anschließend fasst er identifizierte Symptome zu Syndromen zusammen, die zu einem abschließenden Befund führen. Multiaxiale Klassifikationssysteme ermöglichen eine nach Kriterien orientierte, operationale und kategoriale Diagnostik.

Die Kodierung der Befunde erfolgt nach einem Klassifikationsschlüssel, der die Dokumentation erleichtert. Das 3-achsige ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten, Unfall- und Todesfälle) deckt 3.500 Krankheiten in 21 Kategorien ab und listet soziale Funktionseinschränkungen und abnorme psychosoziale Situationen auf. Es wird ein praktischer und beschreibender (atheoretisch, deskriptiv) Ansatz verfolgt, mit dem die Einteilung entsprechend der Symptome und nicht hinsichtlich der Ätiologie erfolgt.

Die 5-achsige DSM-IV-TR-Klassifikation listet jährlich die statischen und diagnostischen psychologischen Störungen auf, die eingeteilt werden nach klinischen Befunden, psychosozialen Problemen, medizinischen Krankheitsfaktoren, Persönlichkeitsstörungen und der globalen Beurteilung des Funktionsniveaus. Das Fazit aus diesen Klassifikationen lautet dahingehend, dass der objektive Befund durch den Psychologen und das subjektive Befinden des Patienten divergieren können. Nach dieser Einteilung gibt es gesunde Kranke, die sich subjektiv als gesund empfinden, aber objektiv nach einem gesicherten Befund krank sind. Die zweite Gruppe sind kranke Gesunde, die das subjektive Empfinden haben, sich krank zu fühlen, tatsächlich aber gesund ist, da die physiologische und psychologische Untersuchung keinen gesicherten Befund feststellen konnte.

Bei der Therapie spielen die Lebenssituation, die Verhaltenserwartungen und das soziale Umfeld eine große Rolle. Psychiatrische Erkrankungen unterliegen nach wie vor einer Diskriminierung. Psychisch erkrankte Personen werden von ihrem Umfeld oft nicht ernst genommen und bei Fehlzeiten im Beruf als Drückberger und Faulpelze eingestuft. Ihre Erkrankung wird ihnen als Charakterschwäche und fehlende Disziplin ausgelegt. Diese Einstellung wirkt sich nachhaltig auf die Therapie und das Selbstwertgefühl der Patienten aus.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Berlin 2011
  • Davison, G.C., Neale, J.M., Hautzinger, M.: Klinische Psychologie. Beltz PVU, München 2007
  • Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014

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