Miktionssynkope
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Miktionssynkope ist eine kurze Ohnmacht beim oder nach dem Wasserlassen. Diese Erscheinung stellt sich in der Regel im Rahmen einer Prostatahyperplasie ein. Zur Behandlung der Synkope kommen Medikamentengaben, aber auch Kreislauftrainings und blutdruckregulierende Anwendungen in Frage.
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Was ist Miktionssynkope?
Im Rahmen der Miktionssynkope stellt sich beim oder kurz nach dem Wasserlassen eine Bewusstlosigkeit ein. Die Bewusstlosigkeit ist lediglich von kurzer Dauer, kann aber schwere Sturzverletzungen zur Folge haben. Durchschnittlich sind die Betroffenen nur ein oder zwei Minuten bewusstlos. Frauen sind vergleichsweise seltener von der Erscheinung betroffen als Männer. In der Regel sind die Patienten jüngere Personen des männlichen Geschlechts.
Rund fünf Prozent aller Synkopen sind Miktionssynkopen. Auch die Ohnmacht bei oder unmittelbar nach der Stuhlentleerung wird im weitesten Sinne als Miktionssynkope verstanden. Rund ein Viertel aller nachts auftretenden Synkopen sind Miktionssynkopen. Trotzdem ist die Miktionssynkope eine eher seltene Erscheinung. Die Bewusstlosigkeit kurz nach dem oder sogar beim Wasserlassen wird zur vasovagalen Synkope gerechnet, die insgesamt die meisten Formen der Synkope umgreift.
Ursachen
Besonders oft stellt sich die Bewusstlosigkeit beim Urinieren nach Alkoholkonsum ein. Da die Erscheinung typischerweise nachts auftritt, steht sie zudem mit der Vasodilatation in Zusammenhang, wie sie durch Bettwärme verursacht wird. Wichtig sind vermutlich auch die orthostatischen Effekte, die sich beim Wechsel von liegender in stehende Position einstellen. Bei der Miktion wird der Blutdruck zudem nicht mehr durch die volle Blase gestützt. Auch diese Tatsache kann einen Kreislaufkollaps verursachen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Vor der Ohnmacht stellt sich im Rahmen einer Miktionssynkope ein diffuser Schwindel mit Desorientierung und Schwitzen ein. Manchmal rauschen ihnen zudem die Ohren. Die Erscheinung kommt abrupt und tritt unsystematisch auf. Die Dauer des Schwindels ist begrenzt und signalisiert den Betroffenen somit nicht rechtzeitig genug, dass sie gleich das Bewusstsein verlieren. Daher kommt es im Rahmen von Miktionssynkopen oft zu einem schweren Sturz, der schlimmstenfalls Knochenbrüche zur Folge hat.
Meist leiden die Betroffenen nach einem Wechsel von liegender oder sitzender Position in die stehende Position an einem allgemein schlechten Kreislauf. Ein Herzschlag von unter 60 Schlägen pro Minute kann bei der Miktionssynkope als symptomatisch bezeichnet werden. Dasselbe gilt für blasse Haut und klonische Zuckungen. An die Zeit der Bewusstlosigkeit erinnern sich die Betroffenen nicht. Nach der Ohnmacht reorientieren sie sich schnell und ihre Werte normalisieren sich binnen kurzer Zeit.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Der Arzt stellt die Diagnose auf eine Miktionssynkope mittels der Anamnese. Gegebenenfalls veranlasst er neurologische Untersuchungen, um eine neurologische Erkrankung als Ursache ausgeschlossen zu wissen. Bei der Ursachenforschung wird der Arzt zudem eine Prostatauntersuchung anordnen, um gegebenenfalls Hyperplasien zu erkennen. Diese Hyperplasien sind in der Regel gutartig, sorgen aber für einen vermehrten Blasenauslasswiderstand und sollten daher korrigiert werden.
Die Untersuchung entspricht in der Regel einer rektal digitalen Untersuchung oder dem Abtasten. Wenn die Prostatahyperplasie nicht der Grund der Ohnmachtsattacken ist, wird der Arzt weitere Untersuchungen in die Wege leiten. Der Verlauf einer Miktionssynkope wird von der Schwere des dadurch verursachten Sturzes bestimmt. Im Einzelfall hat eine Miktionssynkope schon zum Tod geführt, so zum Beispiel bei Seglern auf offener See, die durch die Bewusstlosigkeit über Bord gegangen sind.
Komplikationen
Nicht selten treten die Ohnmachtsanfälle sehr spontan und ohne besondere Symptome auf, sodass diese in der Regel nicht vermieden werden können. Die Betroffenen können sich dabei auch schwerwiegende Verletzungen oder sogar Knochenbrüche zuziehen. Durch diese Beschwerden schränkt die Miktionssynkope die Lebensqualität des Betroffenen deutlich ein.
Weiterhin leiden die Patienten an einem verringerten Puls und an einer blassen Haut. Es treten Zuckungen auf und die Patienten fühlen sich müde und abgeschlagen. Auch die Belastbarkeit des Patienten nimmt durch die Miktionssynkope erheblich ab, sodass anstrengende Tätigkeiten für den Betroffenen in der Regel nicht mehr möglich ist.
Die Behandlung der Miktionssynkope kann mit Hilfe von Kompressionsstrümpfen erfolgen, die den Blutdruck hoch halten und damit die Ohnmachtsanfälle verringern oder vollständig vermeiden. Komplikationen treten dabei nicht auf. Allerdings ist auch eine ursächliche Behandlung notwendig, falls die Miktionssynkope nicht von alleine wieder verschwindet.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es bei einer Miktionssynkope nicht zu einer Selbstheilung kommt, sollte die Erkrankung in jedem Falle von einem Arzt untersucht werden. Die Krankheit kann auf andere Erkrankungen oder Beschwerden hindeuten und sollte daher nicht ignoriert werden. Ein Arzt ist bei der Miktionssynkope dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an Schwindelgefühlen oder an Ohnmachtsanfällen leidet, welche vor allem nach dem Wasserlassen eintreten. Diese Beschwerden sind charakteristisch für die Miktionssynkope und deuten direkt auf die Erkrankung hin.
Die Stärke des Schwindels kann stark variieren. Sollten die Beschwerden jedoch über einen längeren Zeitraum eintreten und nicht wieder von alleine verschwinden, so ist ein Arzt aufzusuchen. Im Falle eines Bewusstseinsverlustes sollte der Notarzt gerufen werden. In erster Linie kann die Miktionssynkope durch einen Allgemeinarzt festgestellt werden. Die weitere Behandlung richtet sich dabei nach den genauen Ursachen der Krankheit und wird vom jeweiligen Facharzt durchgeführt. Neben den Schwindelgefühlen können auch Zuckungen oder eine blasse Haut auf die Beschwerde hindeuten.
Behandlung & Therapie
Verschiedene Behandlungswege stehen bei einer Miktionssynkope zur Auswahl. Zu den therapeutischen Möglichkeiten ist zum Beispiel die Vermeidungsstrategie zu rechnen. In der Regel treten die Synkopen stets in denselben Situationen ein. Wer die auslösende Situation vermeiden kann, wird somit nicht mehr unter Miktionssynkope leiden. Eine noch hilfreichere Strategie ist ein Kreislauftraining. Bei diesem Training lernen die Betroffenen, die Ohnmachtsattacken durch bewusste Atmung und andere Mittel zu vermeiden.
Die Verwendung von Kompressionsstrümpfen kann zudem das venöse Pooling minimieren und so zur Aufrechterhaltung des normalen Blutdrucks beitragen. Wenn der Blutdruck nicht mehr bedrohlich weit sinkt, wird auch keine Ohnmacht mehr eintreten. Auch Medikamentengabe kann bei der Therapie einer Miktionssynkope in Frage kommen. So kann zum Beispiel die vermehrte NaCl-Zufuhr gute Dienste leisten. Dasselbe gilt für die Behandlung mit Propranolol oder kreislaufstabilisierenden Medikamenten wie Fludrocortison.
Falls die Synkope in Wirklichkeit mit den orthostatischen Effekten bei der Bewegung aus der liegenden Position heraus in Zusammenhang steht, kann eventuell schon das langsame Aufrichten die Ohnmachtsattacken verhindern. Wenn der Patient vor dem Aufstehen die Beine bewegt, sich erst aufrichtet und in sitzender Position einige Zeit lang verharrt, dann tut sich sein Herz-Kreislauf-System mit der Anpassung leichter.
Aussicht & Prognose
Im Allgemeinen ergibt sich eine günstige Prognose. Das liegt daran, dass die Miktionssynkope plötzlich auftritt und dann spontan wieder abheilt. Eine medizinische Betreuung ist nicht zwingend notwendig. Risiken bestehen vor allem nach dem Alkoholkonsum. Junge Männer gehören nach Expertenschätzungen zu den häufigsten Betroffenen. Auf Schiffen sind Fälle denkbar, in denen Männer vom Deck aus in das Meer urinieren. Dann kann die Miktionssynkope sogar einen tödlichen Verlauf nehmen. Sie fallen ohnmächtig ins Wasser und ertrinken. Verletzungen und Beschwerden resultieren aus dem stattfindenden Sturz. Je nach örtlicher Gegebenheit ergibt sich daraus das größte Risiko.
Die wissenschaftliche Lage bezüglich der Miktionssynkope ist dürftig. Ein vorübergehender Blutdruckabfall sorgt dafür, dass das Gehirn unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird. Ein daraus resultierender Sturz wird meist dem Alkohol oder anderen Begleitumständen zugeschrieben. Deshalb ist die Erkrankung bei Ärzten weniger bekannt. Patienten stellen sich fast gar nicht vor. Einige Wissenschaftler gehen daher von einer nicht zu unterschätzenden Verbreitung und Dunkelziffer aus. Frauen sind für die Ohnmacht beim Wasserlassen übrigens weniger anfällig. Sie urinieren im Sitzen, was auch bei Männern negative Folgen verhindern kann.
Vorbeugung
Um Miktionssynkopen zu vermeiden, kann gezieltes Kreislauftraining helfen. Durch eine schnelle Reaktion auf den abrupt einsetzenden Schwindel und das rechtzeitige Setzen oder Hinlegen kann der Betroffene zudem das Risiko für Sturzverletzungen reduzieren.
Nachsorge
Bewusstlosigkeit erfordert eine schnelle Reaktion, mitunter ist es auch möglich, einer erneuten Ohnmacht vorzukommen. Insofern kann eine Nachsorge nur auf einer Vorbeugung aufbauen. Sofern sich eindeutige Signale einer Kreislaufschwäche abzeichnen, sollten Betroffene versuchen, sich hinzulegen oder zumindest eine Sitzgelegenheit zu finden. Dabei sollten die Beine so hoch wie möglich gelegt werden. Dadurch verhindern Sie zum einen, dass Sie im Falle einer Bewusstlosigkeit stürzen und sich schwerere Verletzungen zuziehen.
Versuchen Sie nicht, aus Scham in öffentlichen Situationen die Symptome zu ignorieren und nicht direkt zu handeln. Zu gefährlich ist eine nahende Bewusstlosigkeit am Steuer eines Autos oder beim Führen von großen Maschinen wie beispielsweise bei der Arbeit.
Da die Ohnmachtsanfälle mitunter unkalkulierbar auftreten, empfiehlt es sich, das nahestehende soziale Umfeld darüber aufzukären, so dass diese im Notfall eingreifen können. Der Kontakt zu anderen Betroffenen mit Miktionssynkope kann dabei helfen, einen selbstbewussten Umgang mit der Erkrankung zu erlernen und die Lebensqualität zu verbessern. Insofern konzentriert sich die Nachsorge auch auf die Verbesserung der psychischen Stabilität.
Das können Sie selbst tun
Die Betroffenen sollten aber immer auch mit einem Arzt sprechen. Der Mediziner wird die Beschwerden zunächst untersuchen und die ursächliche Erkrankung abklären. Abhängig vom zugrunde liegenden Leiden können dann weitere Maßnahmen ergriffen werden. Sind Blutdruckschwankungen ursächlich, kann die Verwendung von Kompressionsstrümpfen sinnvoll sein, denn diese stabilisieren den Blutfluss und verhindern somit eine Ohnmacht. Zudem sollte sich der Patient beim morgendlichen Aufstehen Zeit lassen, damit das Herz-Kreislauf-System sich an die Positionsveränderung anpassen kann. Es empfiehlt sich, zunächst die Beine zu bewegen, dann langsam den Oberkörper aufzurichten und in die sitzende Position überzugehen, bevor nach einigen Minuten des Verharrens aufgestanden wird.
Bei chronischen Beschwerden sollten im Badezimmer entsprechende Haltevorrichtungen montiert werden. Unter Umständen können auch Matten verlegt werden, um ernste Verletzungen nach einem Sturz zu verhindern.
Quellen
- Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Hautmann, R., Huland, H.: Urologie. Springer, Heidelberg 2010