Nebenhoden

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Nebenhoden sind ein wichtiges Fortpflanzungsorgan des männlichen Organismus. In den Nebenhoden erhalten die aus den Hoden kommenden Spermien ihre Motilität (Beweglichkeit) und werden bis zur Ejakulation gespeichert.

Inhaltsverzeichnis

Was sind die Nebenhoden?

Die Nebenhoden spielen als Speicher- und Reifungsort eine wichtige Bedeutung bei der Fortpflanzung. Die noch nicht ausgereiften Spermien werden zur Reifung über die Ductuli efferentes (Ausführungsgänge) in die Nebenhoden geleitet.
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Die beiden Nebenhoden (Epididymis) liegen als wichtiger Bestandteil der männlichen Geschlechts- und Fortpflanzungsorgane im Scrotum (Hodensack) hinten oben den paarig angelegten Hoden auf. Die Nebenhoden können jeweils in einen Kopf-, Schwanz- sowie Schweif- bzw. Schwanzabschnitt untergliedert werden.

Sie dienen als Speicher- und Reifungsort für die Spermien, die innerhalb von ca. 12 Tagen den etwa 5 m langen, stark gewundenen Nebenhodengang vom proximalen Segment (Caput epididymidis bzw. Nebenhodenkopf) bis zum distalen Abschnitt (Cauda epididymidis bzw. Nebenhodenschweif) passieren, wo sie bis zur nächsten Ejakulation gespeichert werden.

Während ihrer Passage durch den Nebenhodengang erhalten die Spermien unter anderem ihre Motilität (Beweglichkeit), durch welche sie befähigt werden, sich selbstständig im weiblichen Genitaltrakt fortzubewegen.

Anatomie & Aufbau

Die jeweils etwa 5 cm großen Nebenhoden liegen im hinteren oberen Bereich den Hoden an und verjüngen sich halbmondförmig nach unten, wo sie in einem schmalen Kanal münden. Generell werden die Nebenhoden in ein Kopf-, Körper- und Schweifsegment unterteilt.

Etwa 12 bis 15 Ausführungsgänge der Testes (Hoden) münden in den Kopf der Nebenhoden (Caput epididymidis) und verbinden als Einzelgänge den Ductus epididymidis (Nebenhodengang) der Nebenhoden mit dem Rete testis des Hodens. Anschließend führen diese in den etwa 4 bis 5 m langen Ductus epididymidis (Nebenhodengang), der den gesamten Nebenhoden durchzieht und den die Spermien passieren müssen. Im Cauda epididymidis (Nebenhodenschweif) geht der Ductus epididymidis in den Ductus deferens (Samenleiter) über.

Die Nebenhodengänge sind durch ein zweischichtiges Zylinderepithel ausgekleidet, auf dessen Oberfläche sich eine Vielzahl von Stereovilli befinden, die eine Oberflächenvergrößerung sowie eine erhöhte Resorption und Sekretion gewährleisten. Die Nebenhoden sind von der sogenannten Tunica vaginalis testis (Peritonealhülle) umhüllt.

Funktionen & Aufgaben

Die Nebenhoden spielen als Speicher- und Reifungsort eine wichtige Bedeutung bei der Fortpflanzung. Die noch nicht ausgereiften Spermien werden zur Reifung über die Ductuli efferentes (Ausführungsgänge) in die Nebenhoden geleitet.

Die Spermien sind beim Eintritt in die Nebenhoden unter anderem nicht motil (bewegungsfähig) und entsprechend nicht zur Befruchtung einer Eizelle in der Lage. Während ihrer Passage durch die Nebenhoden bzw. den Nebenhodengang wird infolge des Kontakts mit der Nebenhodenwand, deren Epithelzellen Glykoproteine sezernieren, die von den Spermien adsorbiert werden, im Schwanz der Spermien ein Tunnelprotein (Eiweiß) aktiviert, das die Kalzium-Ionen-Aufnahme sicherstellt, durch welche die charakteristische kontraktiven Schwimmbewegung der Spermien gewährleistet wird.

Bevor die Spermien diese Motilität erhalten und sich eigenständig fortbewegen können, werden die unreifen Keimzellen peristaltisch, d.h. durch die kontraktile Tätigkeit des Bindegewebes (Myofibroblasten), durch den Kopf- und Körperabschnitt transportiert. Das leicht saure Milieu im Nebenhodengang hemmt dabei die Motilität der Spermien (Säurestarre).

Befruchtungsfähig werden die Spermien allerdings erst im Genitaltrakt der Frau durch die sogenannte Kapazitation (Aktivierungsprozess). Im Schweif der Nebenhoden werden die ausgereiften Spermien gespeichert und gesammelt, bis sie bei der Ejakulation aus den Nebenhoden in den Samenleiter abgegeben werden.

Krankheiten

Die häufigste Erkrankung der Nebenhoden besteht in einer akuten oder chronischen Entzündung, einer sogenannten Epididymitis, die auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden kann.

So können sich die Nebenhoden beispielsweise infolge einer sexuell übertragbaren Infektionserkrankung (u.a. Chlamydien, Gonorrhoe), die sich bis in die Nebenhoden ausgebreitet hat, entzünden. Epididymitiden können auch durch eine Ausbreitung von bakteriell bedingten Prostata- oder Blasenentzündungen (u.a. Escherichia coli, Proteus mirabilis, Enterokokken, Klebsiellen, Pseudomonas aeruginosa) über den Samenstrang sowie durch eine Vasektomie oder Prostataresektion verursacht werden.

Entzündungen der Nebenhoden manifestieren sich in aller Regel anhand von Schwellungen und ausgeprägten Schmerzen im Scrotum und Nebenhoden. Untherapiert können Epididymitiden zu einer Abszessbildung und/oder Degeneration der feinen Nebenhodenkanäle sowie letztendlich des Hodens führen und somit eine Unfruchtbarkeit bedingen.

In seltenen Fällen können im Rahmen eines Morbus Hippel-Landau, einer autosomal-dominant vererbten Tumorerkrankung, auch benigne (gutartige) Tumoren im Nebenhoden (Zystadenome) festgestellt werden, die bei einem beidseitigen Auftreten in einer Zeugungsunfähigkeit münden können. Der häufigste Tumor der Nebenhoden ist der zumeist kirschgroße Adenomatoidtumor (auch Mesotheliom), der ebenfalls gutartig ist.

Zudem kann in etwa 20 bis 30 Prozent eine Mumpserkrankung (Ziegenpeter) mit einer Orchitis (Hodenentzündung) assoziiert werden, die in sehr seltenen Fällen auch die Nebenhoden betreffen kann. Darüber hinaus können sich im Nebenhoden zystische Strukturen (Spermatozele) manifestieren, die lediglich dann operativ therapiert werden, wenn mit diesen Schmerzen einhergehen und die Familienplanung abgeschlossen ist.


Typische & häufige Hodenerkrankungen

Quellen

  • Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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