Enterokokken

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Enterokokken

Enterokokken spielen eine bedeutende Rolle für die Darmflora und entsprechend für das Immunsystem. Allerdings sind nosokomial (im Krankenhaus) erworbene Infektionserkrankungen in vielen Fällen auf Enterokokken-Stämme zurückführbar.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Enterokokken?

Die gesunde Darmflora wird von bis zu 200 intestinalen Bakterien und ebenso vielen Pilzen besiedelt, die sich gegenseitig im Gleichgewicht halten, so dass keine pathogene Besiedelung stattfinden kann.
© fotoliaxrender – stock.adobe.com

Als Enterokokken wird eine eigenständige Gattung grampositiver Milchsäurebakterien mit kugelartiger (kokkoider) Morphologie bezeichnet, die der Familie der Streptococcaceae zugeordnet wird.

Mikroskopisch gesehen bilden sie zumeist kurze Ketten oder sind in Paaren angeordnet. Enterokokken, insbesondere die Stämme Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium, kommen physiologischerweise in der Darmflora von Mensch und Tier vor, wo ihnen eine unterstützende Funktion bei der Verdauung zugesprochen wird.

Enterokokken können über eine Schmierinfektion den Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsapparat) infizieren und Harnwegsinfekte sowie Eileiterentzündungen bedingen. Generell wird zwischen den Enterokokken-Stämmen Enterococcus durans, Enterococcus avium, Enterococcus faecalis, Enterococcus faecium, Enterococcus gallinarum sowie Enterococcus solitarius als wichtigste Vertreter der mehr als 30 bekannten Arten differenziert.

Bedeutung & Funktion

Die gesunde Darmflora wird von bis zu 200 intestinalen Bakterien und ebenso vielen Pilzen besiedelt, die sich gegenseitig im Gleichgewicht halten, so dass keine pathogene Besiedelung stattfinden kann. Die Darmflora spielt entsprechend eine unterstützende Rolle für das Immunsystem und reguliert zudem die Synthese essenzieller Vitamine.

Für das Verdauungssystem physiologisch bedeutend sind vor allem die Enterokokken-Stämme Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium, die aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit (Unempfindlichkeit gegenüber einem hohen und niedrigen pH-Wert sowie gegenüber Galle) im Intestinaltrakt überleben können. Enterokokken-Arten wie Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium sind darüber hinaus nicht nur in der Darmflora, sondern auch in der Muttermilch anzutreffen.

Dadurch wird der Verdauungstrakt des zu stillenden Kindes postnatal mit physiologisch wichtigen Mikroorganismen versorgt und kann sich sukzessiv eine gesunde Darmflora aufbauen, die den kindlichen Organismus gleichzeitig vor pathogen wirkenden Keimen schützt. Enterokokken sorgen darüber hinaus für ein saures Milieu in ihrer Umgebung, wodurch wiederum das Wachstum einer Vielzahl von pathogenen Keimen, die zur Zellteilung einen höheren pH-Wert benötigen, gehemmt wird.

Infolge dieser positiven Charakteristika werden Enterokokken in Milchprodukten wie Joghurts, Ziegenkäse, Rohwürsten oder Camemberts als probiotische Fermentationsmittel zum Schutz vor pathogen wirkenden Mikroorganismen und zum Aufbau der Darmflora eingesetzt.

Vor allem im Anschluss an antibiotische Therapien, im Rahmen derer nicht nur die infektionsauslösenden Bakterien, sondern auch die physiologisch bedeutenden Bakterien der Darmflora abgetötet werden, können Enterokokken als Probiotika (insbesondere Enterococcus faecalis ) prophylaktisch zum Schutz vor Durchfall und somit vor einem erhöhten Flüssigkeitsverlust eingesetzt werden.

Krankheiten

Als fakultativ pathogene Keime können Enterokokken allerdings bei einem Austritt aus dem Darm mit anschließender Besiedelung benachbarter Strukturen Beschwerden und Infektionen hervorrufen.

Enterococcus faecalis sowie Enterococcus faecium werden für eine Reihe nosokomial bedingter Erkrankungen verantwortlich gezeichnet. Insbesondere Harnwegsinfektionen, septische Infektionen, Endo- und Peritonitiden (Entzündungen der Herzinnenhaut und des Bauchfells) sowie intraabdominale Abszesse, Wundinfektionen und katheterassoziierte Infektionen stehen in diesem Zusammenhang im Vordergrund.

Harnwegsinfektionen sind in den meisten Fällen auf eine bakterielle Besiedelung der ableitenden Harnwege zurückzuführen. Dies gilt im besonderen Maße für Frauen, da bei diesen die Harnröhren- und Darmöffnung vergleichsweise nahe beieinander liegen. Zudem besteht bei Frauen aufgrund der kürzeren Harnröhre ein erhöhtes Risiko für eine Infektionsausbreitung auf die Harnblase (Zystitis).

Vor allem Menschen mit einem geschwächtem Immunsystem infolge einer HIV-Infektion, einer chemotherapeutischen, antibakteriellen und/oder immunsuppressiven Therapie sowie mit einer Grunderkrankung mit schwerem Verlauf oder einer Herz- bzw. Thoraxoperation weisen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für nosokomial bedingte Enterokokken-Infektionen auf.

Schätzungsweise bis zu 15 Prozent der Endokarditiden und etwa 30 Prozent der septischen Infektionen können bei Erwachsenen auf Enterokokken zurückgeführt werden, während akute Harnwegsinfektionen in 10 bis 20 Prozent der Fälle mit Enterokokken assoziiert werden. Insbesondere Infekte mit den sogenannten Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) können bei chemotherapeutisch behandelten Krebspatienten letal verlaufen.

Vancomycin-resistente Enterokokken stellen außerdem die häufigste Ursache für eine Bakteriämie im Anschluss an antibiotische Behandlungsmaßnahmen dar. In seltenen Fällen können vornehmlich die Erregerstämme Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium eine (beatmungsassoziierte) Enterokokkenpneumonie, eine Lungenentzündung mit zumeist subakutem Verlauf, bedingen. Daneben sind Enterokokken oftmals an Mischinfektionen wie Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) beteiligt.


Quellen

  • Alberts, B. et al: Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, Weinheim 2003
  • Darai, G., Handermann, M. et al: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2011
  • Wiedenmann, M.: Hygiene im Rettungsdienst. Urban & Fischer, München 2011

Das könnte Sie auch interessieren