Nervenwurzel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Nervenwurzeln sind die Verbindung zwischen dem peripheren und zentralen Nervensystem. Sie liegen im Wirbelkanal des Rückenmarks, wo ein Spinalnerv je eine vordere und eine hintere Nervenwurzel trägt. Der Bandscheibenvorfall ist die bekannteste Erkrankung, die ein Nervenwurzelsyndrom mit Symptomen wie Gefühlsstörungen und Lähmungen bedingen kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Nervenwurzel?

Die Nervenwurzeln der Spinalnerven verbinden das zentrale Nervensystem mit dem peripheren Nervensystem. Diese Verbindung ist für jeden Körperprozess entscheidend.
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Das zentrale Nervensystem besteht aus dem Nervengewebe im Gehirn und den Spinalnerven des Rückenmarks. Die Fortsätze der Nervenzellen werden Axone genannt. Sie empfangen kommunizieren miteinander, empfangen Reize aus anderen Nervenzellen und leiten diese Reize vom Zellkörper der Nervenzelle, dem sogenannten Soma, fort.

Die Nervenzellen des Rückenmarks besitzen außerdem Nervenwurzeln. Dabei handelt es sich um Nervenfasern, die segmentweise aus den Rückenmark austreten oder ins Rückenmark eintreten. Die einzelnen Fasern vieler Nervenwurzeln treffen sich im Zwischenwirbelkanal in Form eines Spinalnerven. Jeder Spinalnerv besitzt zwei Wurzeln: eine vordere und eine hintere Nervenwurzel. Die vorderen Wurzeln sind Efferenzen zur Weitergabe von Signalen ans periphere Nervensystem. Die hinteren Wurzeln sind wiederum Afferenzen, die Signale aus dem zentralen ins periphere Nervensystem transportieren.

Ein Nervenzellkörper zählt im Rückenmark je zur Vorderwurzel eines Nervs und wird in diesem Fall auch als Wurzelzelle bezeichnet. Charles Bell und François Magendie erkannten die funktionale Trennung der beiden Nervenwurzeln jedes Spinalnervs erstmals und dokumentierten sie im Bell-Magendie-Gesetz. Ein gewisser Nervenwurzelbereich nahe der Eintrittsstelle ins Rückenmark gilt als Übergangszone von peripherem und zentralem Nervensystem und wird als Redlich-Obersteiner-Zone bezeichnet.

Anatomie & Aufbau

Nervenwurzeln liegen im Rückenmarkskanal. Jedes einzelne Segment der Wirbelsäule besitzt auf der rechten und linken Seite je zwei Nervenwurzeln. Diese beiden Wurzeln fusionieren im Rückenmarkskanal zum Spinalnerv und verlassen den Wirbelkanal durch die Foramina intervertebralia, die sogenannten Zwischenwirbel.

Pro Segment besitzt die menschliche Wirbelsäule vordere und hintere Nervenwurzeln. Hintere Nervenwurzeln entspringen mit ihren Fasen je aus dem Sulcus lateralis posterior zwischen dem Rückenmarksseitenstrang und dem Rückenmarkhinterstrang. Die vorderen Nervenwurzeln der Spinalnerven entspringen mit ihren Fasern aus dem Sulcus lateralis anterior zwischen Rückenmarksvorderstrang und Rückenmarksseitenstrang. Nahe der Eintrittsstelle ins Rückenmark trägt jede Nervenwurzel eine sogenannte Redlich-Obersteiner-Zone.

Diese Zone bildet die Grenze zwischen Zentralnervensystem und peripherem Nervensystem liegt je in dem Areal, in dem die Hinterwurzel eines Spinalnerven ins Rückenmarkhinterhorn eintritt. Die afferenten Nervenfasern wirken in diesem Areal marklos, tragen aber verdünnte Markscheiden. Der letzte Ranviersche Schnürring jedes Axons markiert den Übergang. Eine Basalmembran tragen die Hinterwurzeln an diesem Punkt nicht.

Funktion & Aufgaben

Die Nervenwurzeln der Spinalnerven verbinden das zentrale Nervensystem mit dem peripheren Nervensystem. Diese Verbindung ist für jeden Körperprozess entscheidend. Ohne die Nervenwurzeln würden Befehle aus dem Gehirn die Effektoren im Körper nicht erreichen und könnten so nicht von Muskeln, Drüsen oder Organen ausgeführt werden. Der Körper wäre damit nicht lebensfähig. Das zentrale Nervensystem steuert alle bewussten und unbewussten Körperprozesse und gibt dem Körper erst damit seine Überlebensfähigkeit.

Die Steuerung von Körperprozessen durch das zentrale Nervensystem ist nicht nur auf reizleitende Nerven in die Körperperipherie angewiesen, sondern hängt ebenso von zuleitenden Nervenbahnen aus dem peripheren Nervensystem ab. Erstere Nervenbahnen heißen Efferenzen. Die zweitgenannten werden als Afferenzen bezeichnet. Die afferenten Nervenfasern treten ins Rückenmark und damit das zentrale Nervensystem je über die vordere Nervenwurzel ein und versorgen das Zentralnervensystem so mit sensible Informationen aus der Peripherie, die in Form von Erregung transportiert werden. Diese sensiblen Informationen sind beispielsweise Benachrichtigungen über den aktuellen Spannungszustand der Muskulatur oder die Stellung von Gelenken.

Solche Information benötigt das zentrale Nervensystem zur Befehlsvergabe insofern, als dass es erst mit diesen Informationen zielgerichtete Bewegungsbefehle an die Muskeln verteilen kann. Die Nervenzellkörper der afferenten Fasern liegen im Spinalganglion, wo auch efferente Nervenfasern aus dem Rückenmark austreten. Efferente Fasern der Nervenwurzeln leiten motorische Befehle zur Muskulatur. Die zugehörigen Nervenzellkörper liegen innerhalb des Rückenmarkvorderhorns in der grauen Substanz. Die vorderen Nervenwurzeln sind die Wurzeln der efferenten Fasern.

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Krankheiten

Die bekannteste Nervenwurzelschädigung ist der Bandscheibenvorfall. Dabei handelt es sich um eine plötzlich eintretende oder langsam fortschreitende Verlagerung von Bandscheibengewebe des Nucleus pulposus. Bandscheibenvorfälle können das Rückenmark komprimieren und die Nervenwurzeln einklemmen.

Bei dem Krankheitsbild ist auch von einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung die Rede, da die Ursache eine degenerative Veränderung der Zwischenwirbelscheibe oder der anliegenden Strukturen ist. Der Anulus fibrosus reißt ein und der Gallertkern oder Nucleus pulposus fällt nach vorne. Bandscheibenvorfälle treten in der Regel in typischer Lokalisation auf und liegen dann in den unteren Lendenwirbelsäulenabschnitten, wo sie Nervenwurzelsyndrome hervorrufen. Dieser Symptomkomplex wird durch eine mechanische Reizung von Nervenwurzeln der Spinalnerven hervorgerufen.

Neben dem Bandscheibenvorfall können Tumore, Infektionen oder Frakturen der Wirbel an einem Nervenwurzelsyndrom beteiligt sein. Das wichtigste Symptom des Krankheitsbilds sind mehr oder weniger starke Schmerzen, die aus dem Bereich der Lendenwirbelsäule in sämtliche Körperregionen ausstrahlen können. Auch der Hexenschuss ist zum Beispiel ein Nervenwurzelsyndrom. Neben Schmerzen können Sensibilitätsausfälle und Parästhesien im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel auftreten, also Taubheitsgefühle und andere Missempfindungen. Diese Symptome sind auf die Schädigung von sensiblen Anteilen der Nervenwurzeln zurückzuführen.

Da jedes Segment der Wirbelsäule auch motorische Anteile in den vorderen Nervenwurzeln trägt, kann ein Nervenwurzelsyndrom zusätzlich mit Lähmungen einhergehen. Die Bewegungsstörungen treten in diesem Fall im Versorgungsgebiet der efferenten Nervenwurzelfasern auf.

Quellen

  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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