Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn stellt eine Erkrankung dar, die nur mit einer sehr geringen Häufigkeit vorkommt. Die Krankheit wird im internationalen medizinischen Jargon oft auch mit der Abkürzung NBIA bezeichnet. Im Rahmen der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn kommt es zur neurologischen Degenerationen. Typisch für die Erkrankung ist dabei in erster Linie, dass sich Eisen in interzerebralen Bereichen ablagert, insbesondere in den sogenannten Basalganglien.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn?

Anhand diverser Untersuchungen ist die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn relativ sicher diagnostizierbar. Hierbei kommt oftmals eine MRT-Untersuchung des Hirns zum Einsatz.
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Die synonyme, aber in der heutigen Zeit veraltete Bezeichnung für die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn lautet Hallervorden-Spatz-Syndrom. Die Krankheit kommt relativ selten vor, wobei die Häufigkeit bei einem bis neun Fällen in einer Million Personen liegt.

Bei den betroffenen Patienten sind Ansammlungen von Eisen im Hirn nachweisbar, das sich in erster Linie auf die Basalganglien konzentriert. Dabei handelt es sich um ein spezielles Areal innerhalb des menschlichen Gehirns. Grundsätzlich stellt die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn eine degenerative Krankheit dar.

Die am stärksten von den Ablagerungen betroffenen Bereiche sind die Basalganglien, insbesondere die sogenannte Substantia nigra sowie der Globus Pallidus. Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn wird in der Regel auf autosomal-rezessive Weise an die Nachkommen vererbt. Prinzipiell wird die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn zur Kategorie der sogenannten neuroaxonalen Dystrophien gerechnet.

Die Erstbeschreibung der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn erfolgte im Jahr 1922 durch Hallervorden und Spatz. In Anlehnung an diese beiden Forscher erhielt die Erkrankung zunächst den Namen Hallervorden-Spatz-Syndrom. Die Statistik zeigt, dass in Deutschland derzeit etwa 45 Personen an der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn erkrankt sind.

Ursachen

Die Ursachen der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn sind in erster Linie genetischer Art. Ausschlaggebend für die Entstehung der Erkrankung ist ein Defekt auf einem bestimmten Gen. Grundsätzlich wird die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn autosomal-rezessiv weitergegeben.

Das für die Störung verantwortliche Gen ist die sogenannte Pantothenatkinase 2. Sie befindet sich auf dem 20. Chromosom. Das entsprechende Eiweiß ist essenziell für die Bildung des Coenzyms A. Störungen führen zu Ansammlungen der Stoffe Panthethein und Cystein.

Beide entfalten eine toxische Wirkung oder bilden freie Radikale, sobald sie mit Eisen in Kontakt kommen. Auf diese Weise wird das Hirn der betroffenen Person oxidativ beeinträchtigt. Sowohl Eisen als auch Neuromelanin lagern sich im Rahmen der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn in relativ großen Mengen ab.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn ist für die betroffenen Personen mit einer Vielzahl von Beschwerden verbunden. Im überwiegenden Teil der Fälle beginnt die degenerative Erkrankung bereits im Kindesalter. Schon bei Kindern, die jünger als zehn Jahre alt sind, ist unter Umständen eine typische Kombination von Krankheitsbeschwerden feststellbar.

Auf der anderen Seite ist es auch möglich, dass die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn erst im Erwachsenenalter beginnt. Am Anfang zeigen sich in der Regel Störungen der Bewegung extrapyramidaler Art. Besonders oft kommt es dabei zum Beispiel zu Störungen des Gangs, wobei die betroffenen Personen zu Stürzen oder einer sogenannten Beindystonie neigen.

Weniger häufig treten psychische Besonderheiten auf. Später weiten sich die Bewegungsstörungen aus und umfassen Symptome wie Tremor, Dystonie und Choreoathetose. Dabei sind zudem eine rigide Erhöhung des Muskeltonus, eine Retardierung sowie eine Hyperreflexie möglich. Unter Umständen zeigen die betroffenen Personen dementielle Anzeichen.

Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn ist außerdem häufig durch Dysphagie und Dysarthrie gekennzeichnet. Typisch ist zudem, dass die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn progressiv verläuft. Das heißt, dass sich die Beschwerden und der Gesundheitszustand der erkrankten Patienten allmählich immer weiter verschlechtern.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei charakteristischen Symptomen der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn ist umgehend ein entsprechender Arzt zu konsultieren. Zu Beginn der Diagnosestellung führt der behandelnde Facharzt eine sogenannte Anamnese durch, wobei der Patient über seine Beschwerden und seinen generellen Lebensstil berichtet. Danach rücken die klinischen Symptome und Anzeichen der Erkrankung in den Fokus.

Anhand diverser Untersuchungen ist die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn relativ sicher diagnostizierbar. Hierbei kommt oftmals eine MRT-Untersuchung des Hirns zum Einsatz. Dabei ist im Bereich des Globus pallidus eine Ablagerung von Eisen sichtbar, die auch als ‚Tigerauge-Zeichen‘ bezeichnet wird. Im Rahmen von genetischen Analysen der betroffenen Person sind außerdem unter Umständen entsprechende Mutationen nachweisbar, die zur Diagnose der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn geeignet sind.

Komplikationen

Durch die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn leiden die Patienten an verschiedenen Beschwerden. In der Regel hängen diese allerdings stark von der Ausprägung der Erkrankung ab. In vielen Fällen leiden die Betroffenen dabei an Gangstörungen und auch an Bewegungseinschränkungen. Es kommt nicht selten zu Stürzen und damit auch zu starken Unfällen bei den Betroffenen.

Auch Symptome einer Demenz können durch die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn auftreten und damit den Alltag der Betroffenen deutlich einschränken. Nicht selten sind die Patienten durch die Krankheit auch auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Es kommt zu einer Verwirrtheit und zu einer Vergesslichkeit, sodass auch die Lebensqualität des Patienten erheblich verringert wird.

Sollte die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn schon bei Kindern auftreten, so führt diese Krankheit auch zu erheblichen Einschränkungen und zu Verzögerungen bei der Entwicklung des Kindes, sodass es auch im Erwachsenenalter zu Beschwerden und Komplikationen kommen kann. Eine Behandlung der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn ist nicht möglich.

Mit Hilfe verschiedener Therapien können einzelne Beschwerden gelindert werden. Dabei treten keine Komplikationen auf. Allerdings kann ein positiver Krankheitsverlauf nicht in jedem Fall vorhergesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigen sich bei heranwachsenden Kindern und Jugendlichen Störungen des Körperbaus oder Beeinträchtigungen der Bewegungsabläufe, ist ein Arztbesuch anzuraten. Gangunsicherheiten, Einschränkungen der natürlichen Gelenkbewegungen oder eine erhöhte Unfall- und Verletzungsgefahr sind von einem Arzt untersuchen zu lassen. Kann der Betroffene aufgrund der vorhandenen Beschwerden nicht mehr an den üblichen sportlichen Aktivitäten oder der gewohnten Freizeitgestaltung teilnehmen, besteht Anlass zur Besorgnis.

Bei einer Versteifung der Extremitäten, einem Tremor oder einer Verzögerung der natürlichen Reflexbewegungen, ist ein Arztbesuch notwendig. Kommt es zu Verhaltensauffälligkeiten, Antriebslosigkeit oder Apathie, wird ein Arzt benötigt. Bei Stimmungsschwankungen oder anderen Besonderheiten des Auftretens sowie einer verminderten Leistungsfähigkeit ist die Abklärung der vorhandenen Beschwerden notwendig. Es können sich aufgrund der körperlichen Unregelmäßigkeiten psychische Belastungen entwickeln, die frühzeitig behandelt werden sollten.

Erste Anzeichen sind ein vermindertes Wohlbefinden, ein gedrücktes Gemüt, ein Rückzug aus dem sozialen wie gesellschaftlichen Leben und eine erhöhte Konfliktbereitschaft. Nehmen die vorhanden Beschwerden über mehrere Wochen und Monate langsam an Intensität zu, besteht Handlungsbedarf. Ein Arzt muss konsultiert werden, damit eine Verbesserung der Lebensqualität durch einen gezielten Therapieplan eingeleitet werden kann. Zeigen Betroffene eine Verwirrtheit oder Veränderungen der üblichen Lernfähigkeit, sind dies besorgniserregende Hinweise. Sie müssen unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden.

Behandlung & Therapie

Laut dem aktuellen Forschungsstand gibt es noch keine kausale Therapiemöglichkeit der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn. Jedoch wurde bereits versucht, den Defekt des Enzyms zu behandeln. Hier wird derzeit der Wirkstoff Eisenchelator Ferriprox erprobt.

Hyperkinesie und Dystonie lassen sich unter Umständen mittels einer Stimulation des Tiefenhirns lindern. Um die Muskeln zu entspannen, kommen in zahlreichen Fällen Benzodiazepine und Baclofen zum Einsatz. Diese dienen gleichzeitig auch der Linderung von Schmerzen.


Aussicht & Prognose

Bei Menschen mit einer Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn konnte als Ursache der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein genetischer Defekt festgestellt werden. Dieser hat zur Folge, dass die Prognose ungünstig ist. Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen und rechtlichen Stand darf keine Veränderung der menschlichen Genetik vorgenommen werden. Daher ist eine Heilung der Erkrankung bis zum heutigen Tage auszuschließen.

Forscher und behandelnde Ärzte konzentrieren sich darauf, die individuell stark auftretenden Beschwerden bestmöglich zu therapieren. Ziel ist es, die Lebensqualität des Betroffenen zu optimieren. Wird keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen, kann diese Entscheidung zu zahlreichen Komplikationen führen. Zustände der Verwirrtheit und Vergesslichkeit lösen starke Probleme bei der Bewältigung des Alltags aus.

Der Betroffene ist auf die Hilfe und Unterstützung von anderen Menschen angewiesen, da andernfalls eine vollständige Selbstversorgung nicht ausreichend gewährleistet werden kann. Aufgrund von vorhandenen Störungen des Gleichgewichts sowie Einschränkungen des Bewegungsapparates ist das Risiko für Unfälle erhöht. Dies kann zu Folgeerkrankungen und damit zur weiteren Einbußen der Gesundheit führen.

Bei einer frühzeitigen Diagnosestellung und einem unverzüglichen Therapiebeginn können zahlreiche Verbesserungen der allgemeinen Verfassung erreicht werden. Die benötigten Behandlungsmaßnahmen werden individuell ausgewählt. Allen Patienten gemein ist, dass sie über die Lebensspanne kontinuierlich in eine ärztliche Behandlung müssen und Langzeittherapien erhalten.

Vorbeugung

Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn ist eine angeborene Erkrankung, die auf einem genetischen Defekt beziehungsweise einer Mutation beruht. Deshalb ist eine wirksame Vorbeugung der Krankheit mit den derzeit verfügbaren Mitteln nicht möglich.

Nachsorge

Die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn kann derzeit noch nicht kurativ behandelt werden und stellt daher hohe Anforderungen an die Nachsorge. Da die Erkrankung Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat, umfassen die Nachsorgemaßnahmen mehrere Bereiche. Generell geht es darum, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Je nach Symptomatik kommen langfristig Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie zum Einsatz. Diese Therapien sorgen dafür, dass unter anderem die Bewegungsfunktionen, die Feinmotorik oder die Sprachfunktionen erhalten bleiben oder im Rahmen der Möglichkeiten gar verbessert werden. Viele Patienten benötigen außerdem Hilfsmittel, die im Laufe der Zeit immer wieder individuell angepasst werden müssen.

So kommen bei Fehlhaltungen oder Spastiken Hilfsmittel (Orthesen) zum Einsatz, die den Körper und die entsprechenden Gelenke ruhigstellen und stabilisieren. Auch die Orthesen erfordern eine ständige Kontrolle und Anpassung an den Krankheitsverlauf. Bei fortschreitender Erkrankung wird im Rahmen der Nachsorge eruiert, welche zusätzlichen Hilfsmittel eventuell noch notwendig sind.

Zur Schmerzlinderung oder Reduzierung von Spastiken müssen außerdem die geeigneten Medikamente verabreicht werden. Dabei kann es manchmal längere Zeit in Anspruch nehmen, die Balance zwischen möglichst wirkungsstarken und nebenwirkungsarmen Medikamentenkombinationen zu finden. Neurologisch wirksame Medikamente erfordern außerdem die langsame Einschleichung bis zur vollen Wirksamkeit. Zur Nachsorge gehört auch eine psychologische Begleitung der Patienten, die ihnen dabei helfen kann, besser mit der Erkrankung umzugehen.

Das können Sie selbst tun

Da die Erkrankung mit Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten verbunden ist, sollten tägliche Übungseinheiten zur Stabilisierung des Gangs stattfinden. Die Bewegungsabläufe sowie die Koordination sollten gefördert und gezielt trainiert werden. Wenngleich die Erkrankung einen fortschreitenden Verlauf hat, besteht die Möglichkeit, dass durch diese Maßnahmen der Entwicklungsfortschritt verzögert wird.

Die Neurodegeneration tritt bereits im Kindesalter auf. Damit Patienten auf die weitere Entwicklung der Erkrankung vorbereitet sind, sollten Ärzte und Eltern das Kind so früh wie möglich umfassend aufklären. Offene Fragen sollten stets ehrlich und umfangreich beantwortet werden. Eine emotionale und seelische Unterstützung ist wichtig, damit der Patient im Alltag auf Ereignisse und schwierige Situationen gut reagieren kann. Darüber hinaus kann ein Austausch mit anderen Betroffenen als sehr hilfreich wahrgenommen werden. Über Selbsthilfegruppen oder Internetforen können Patienten miteinander kommunizieren und wichtige Informationen austauschen.

Zur Stärkung der mentalen Kraft ist es hilfreich, wenn Erfolgserlebnisse in anderen Bereichen aufgebaut werden. Durch gezielte Freizeitaktivitäten sind die Lebensfreude und das Wohlbefinden des Kindes zu fördern. Gemeinsame Erlebnisse tragen dazu bei, dass ein Gefühl des Zusammenhalts entsteht. Wenngleich die Gestaltung der Freizeit Einschränkung erleben muss, gibt es verschiedene Optionen, die trotz der Erkrankung genutzt werden können. Dadurch wird der Fokus auf andere Bereiche als die Erkrankung gerichtet.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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