Dystonie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Dystonie ist eine nicht bewusst steuerbare und lang dauernde Muskelkontraktion. Sie kann unabhängig vom Alter eines Menschen auftreten. Therapieansätze zur Behandlung von Symptomen orientieren sich an der Form einer Dystonie und an den Beschwerden eines Betroffenen.
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Was ist eine Dystonie?
Die Dystonie ist eine Nervenstörung, die sich dadurch kennzeichnet, dass beim Betroffenen unwillkürliche (nicht durch den Willen zu steuern) Muskelkontraktionen auftreten. Welche Muskeln von einer Dystonie betroffen sind, unterscheidet sich je nach Einzelfall:
Liegt eine sogenannte generalisierte Dystonie vor, so kann die Muskulatur des ganzen Körpers oder eines Großteils des Körpers von Muskelkontraktionen betroffen sein. Eine sogenannte fokale Dystonie wirkt sich dagegen in der Regel nur auf einzelne Muskelgruppen aus.
Äußern können sich Muskelkontraktionen im Rahmen einer Dystonie beispielsweise durch bestimmte Bewegungen des Betroffenen oder auch durch Änderungen in der Körperhaltung. Eine Dystonie kann bei Menschen jeden Lebensalters auftreten; dabei liegt der Beginn einer generalisierten Dystonie häufig in der Kindheit, während es zu einer fokalen Dystonie oft im mittleren Erwachsenenalter kommt.
Ursachen
Häufig bleiben die Ursachen, die zu einer Dystonie geführt haben, unbekannt. Dabei unterscheiden sich die Ursachen grundsätzlich bei verschiedenen Formen der Dystonie: Während der sogenannten primären Dystonie in der Regel direkte Ursachen zugrunde liegen, tritt die seltener vorkommende sekundäre Dystonie als Symptom eines anderen zugrunde liegenden Faktors auf.
Die primäre Dystonie wird möglicherweise durch genetische Faktoren beeinflusst; allerdings kann die Nervenstörung bei verschiedenen Familienmitgliedern in unterschiedlichen Ausprägungen vorliegen. Mögliche Ursachen der sekundären Dystonie sind vielfältig: So kann diese Form der Dystonie etwa bedingt sein durch Grunderkrankungen wie beispielsweise Formen des Morbus Parkinson oder der Chorea Huntington-Erkrankung.
Eine sekundäre Dystonie kann außerdem als Nebenwirkung sogenannter Neuroleptika (Medikamente, die dämpfende Wirkung haben) auftreten. Erfahrungsberichte Betroffener nennen häufig Unfälle, an denen der Hals beteiligt war, vor Auftreten einer sekundären Dystonie.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
In den meisten Fällen kommt es bei einer Dystonie zu unwillkürlichen Zuckungen und Bewegungen von Muskeln. Davon sind in der Regel verschiedene Muskeln betroffen, sodass der Betroffene diese Region auch nicht steuern kann. Die Dystonie tritt dabei unabhängig vom Alter auf und kann daher auch verschiedene Menschengruppen betreffen.
Neben den Zuckungen leiden die Betroffenen dabei häufig auch an Krämpfen in den Muskeln oder an starken Verspannungen. Diese sind mit Schmerzen verbunden, sodass sich die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringert. Häufig können die Betroffenen durch die Dystonie keine anstrengenden Tätigkeiten oder Sportarten mehr durchführen und sind daher in ihrem Leben eingeschränkt.
Auch ein Zittern der Muskeln kann bei der Dystonie eintreten und den Alltag weiterhin erschweren. Bei Kindern kann die Erkrankung auch zu Störungen der Entwicklung führen, da Kinder aufgrund der Erkrankung zum Beispiel nicht am Spielen oder nicht an sportlichen Betätigungen teilnehmen können. Häufig treten dabei auch psychische Beschwerden oder Depressionen auf.
Kinder können dabei auch Opfer von Mobbing oder von Hänseleien werden. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Dystonie in der Regel nicht negativ beeinflusst. In einigen Fällen verheilen aufgrund der Zuckungen Wunden nicht richtig, wobei es im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung kommen kann.
Diagnose & Verlauf
Für die Diagnose einer Dystonie reichen häufig ein ärztliches Gespräch mit dem Betroffenen und eine körperliche Untersuchung aus. Gelegentlich wird die Diagnose Dystonie abgesichert durch Blutuntersuchungen, Magnetresonanztomogramme (per MRT) oder Elektromyogramme (per EMG).
Der Verlauf einer Dystonie ist individuell verschieden. In manchen Fällen beginnt eine primäre Dystonie mit relativ starken Symptomen (und beteiligten Schmerzen), die dann aber innerhalb eines Zeitrahmens von ca. 3 Jahren vollständig wieder abgeklungen sind. Eine Neuerkrankung nach erfolgtem Rückgang ist hier allerdings möglich.
In anderen Fällen können sich Symptome einer primären Dystonie beispielsweise über einen etwaigen Zeitraum von 3 - 5 Jahren verschlimmern, bevor sich der Krankheitsverlauf dann häufig stabilisiert. Der Verlauf einer sekundären Dystonie bei vorliegender Grunderkrankung hängt im Wesentlichen ab vom Verlauf dieser zugrunde liegenden Erkrankung.
Komplikationen
Da sich bei einer Dystonie Muskelgruppen oder auch nur einzelne Muskeln unkontrolliert bewegen, kann es auch in diesem Zusammenhang zu unterschiedlichen Komplikationen kommen. Viele betroffene Personen fügen sich an den Händen Verletzungen zu, die nur sehr schwer abheilen können.
Durch sich wiederholendes "Ausschlagen" oder durch Belastungen können entstandene Wunden nicht richtig abheilen. Nicht selten entsteht aus einer einfachen Wunde sogar eine Entzündung, die definitiv mit entsprechenden Medikamenten versorgt werden sollte. Andernfalls besteht sogar die Gefahr einer Blutvergiftung, falls die Entzündung einen Abszess bildet.
Spätestens dann sollte auf jeden Fall ein Mediziner aufgesucht werden. Weitere Komplikationen beziehungsweise Begleiterscheinungen sind starke und langanhaltende Kopfschmerzen, permanentes Zittern einzelner Gliedmaßen sowie Hämatome. Durch eine Dystonie wird zudem der menschliche Körper sehr geschwächt, sodass betroffene Personen viel schneller müde und erschöpft werden.
Wer unter ersten Anzeichen einer Dystonie leidet, darf einen Besuch beim Arzt nicht auf die lange Bank schieben. Nur mit einer frühzeitigen Diagnose können die oben genannten Komplikationen und Begleiterscheinungen behandelt werden. Eine vollständige Genesung ist nur sehr selten möglich. Allerdings können entsprechende Medikamente eine deutliche Besserung des Wohlbefindens hervorrufen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Dystonie ist eine Krankheit, bei der der menschliche Bewegungsablauf sehr stark eingeschränkt ist. Dabei verspannen sich einzelne Muskelgruppen sehr stark, sodass die betroffene Person einzelne Bewegungsabläufe nicht mehr richtig regulieren kann. Wenn der Gang zum Arzt an dieser Stelle nicht erfolgt, dann werden sich die Beschwerden innerhalb kurzer Zeit immens verstärken. Hinzu können weitere Begleiterscheinungen kommen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit oder Erbrechen. Wenn diese Symptome auftreten, dann sollte auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden.
Mit einer entsprechenden Behandlung und den richtigen Medikamenten können diese Begleiterscheinungen sehr gut und effektiv bekämpft werden. Wenn sich die betroffene Person für eine Behandlung durch einen Arzt entscheidet, dann können die auftretenden Beschwerden sehr gut gelindert und bekämpft werden.
Wer unter einer Dystonie leidet, der sollte sich definitiv in ärztliche und medikamentöse Behandlung begeben. Dadurch kann eine schnelle Besserung erzielt werden. Eine vollständige Heilung ist zudem nur möglich, wenn eine solche Behandlung frühzeitig stattfindet. Wer zu lange mit dem Besuch beim Arzt wartet, der muss unter Umständen mit Folgeschäden rechnen, die irreperabel sind.
Behandlung & Therapie
Eine wirkungsvolle Therapie richtet sich zunächst nach der Form einer Dystonie. Sind die Ursachen einer primären Dystonie unklar, so zielt eine Therapie in der Regel auf die Behandlung auftretender Symptome; eine Heilung der Dystonie ist in diesen Fällen derzeit meist nicht möglich. Je nach therapeutischen Anforderungen kann die Behandlung einer Dystonie ambulant oder auch in spezialisierten Zentren stattfinden.
Zur effektiven Behandlung einer fokalen Dystonie findet meist eine lokale Injektionsbehandlung statt. Dabei wird sogenanntes Botulinumtoxin in den von der Dystonie betroffenen Muskel gespritzt. Das Toxin hemmt die Kommunikation zwischen Nerven und Muskel, sodass die Muskelkontraktionen der Dystonie nachlassen. In der Regel werden die Injektionsbehandlungen im Dreimonats-Abstand fortgeführt.
Unterstützt werden kann die Injektionstherapie der Dystonie im Einzelfall durch die Gabe von Arzneimitteln, die in ähnlicher Richtung wirken wie das Botulinumtoxin. Bei einigen Betroffenen werden chirurgische Verfahren zur Therapie der Dystonie durchgeführt; möglich ist hier beispielsweise das Durchtrennen von Verbindungen zwischen Nerven und Muskeln oder das Einsetzen eines sogenannten Hirnschrittmachers.
Aussicht & Prognose
Bei einer Dystonie kommt es nicht zu einer Selbstheilung und in der Regel auch nicht zur Besserung der Beschwerden, falls keine Behandlung eingeleitet wird.
Die Dystonie ist mit starken Muskelzuckungen verbunden, die unwillkürlich auftreten und dabei die Lebensqualität des Betroffenen erheblich verringern. Weiterhin treten auch starke Verspannungen auf, wobei die Betroffenen häufig zittern. Durch die Dystonie wird der Alltag erschwert, was bei Kindern zu einer verzögerten Entwicklung führen kann. Die Beschwerden verstärken sich in vielen Fällen zunehmend mit dem Alter, sodass es auch im Erwachsenenalter zu Beschwerden und Komplikationen kommen kann. Nur in seltenen Fällen verschwinden die Beschwerden der Dystonie von alleine wieder im Kindesalter.
Die Behandlung kann dabei mit Hilfe von Medikamenten erfolgen und schränkt die Beschwerden deutlich ein, sodass für den Patienten eine gewöhnliche Entwicklung möglich ist. Weiterhin können auch verschiedene Therapien notwendig sein, um die Muskeln zu unterstützen. In der Regel kommt es jedoch zu einem positiven Krankheitsverlauf, falls die Krankheit behandelt wird. Dabei wirkt sich ein frühzeitiger Behandlungsbeginn sehr positiv auf die Erkrankung aus. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Dystonie nicht beeinflusst.
Vorbeugung
Aufgrund der fehlenden Kenntnis über die Ursachen, die zu den verschiedenen Formen der Dystonie führen können, ist ein entsprechendes Vorbeugen in der Regel kaum möglich. Der Entwicklung schwerer Symptome bei einer Dystonie kann vor allem vorgebeugt werden, indem die Erkrankung frühzeitig erkannt und angemessen behandelt wird.
Nachsorge
In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei einer Dystonie keine besonderen Möglichkeiten oder Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf eine frühzeitige Erkennung und die anschließende Behandlung der Krankheit angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen kommt. Der weitere Verlauf und der Erfolg der Behandlung hängen sehr stark von der genauen Grunderkrankung ab, sodass hierbei keine allgemeine Voraussage getroffen werden kann.
Unter Umständen ist dabei auch die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Dystonie eingeschränkt. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung mit Hilfe von Medikamenten, Krankengymnastik und einer Physiotherapie. Dabei kann der Betroffene viele der Übungen aus solch einer Therapie auch im eigenen Zuhause durchführen und dadurch die Beweglichkeit der Muskeln wieder steigern.
Bei der Einnahme von Medikamenten sollte sich der Patient immer an die genauen Anweisungen des Arztes halten. Bei Fragen oder Unklarheiten sollte dabei immer ein Arzt kontaktiert werden, damit es nicht zu Komplikationen und zu anderen Beschwerden kommt. Weiterhin ist auch die Unterstützung und die Pflege durch die eigene Familie und durch Freunde sinnvoll, um den Alltag des Betroffenen zu erleichtern.
Das können Sie selbst tun
Im Mittelpunkt der Therapie von Dystonien stehen medikamentöse und operative Verfahren. Was Patientinnen und Patienten selbst dazu beitragen können, um ihren Gesundheitszustand und ihre Lebensqualität zu verbessern, hängt von der Art der Störung ab.
Patienten, die an einer schweren Form des Blepharospasmus erkrankt sind, müssen dabei in so extrem kurzen Abständen blinzeln, dass viele alltägliche Tätigkeiten wie Bildschirmarbeit, Fernsehen oder ein Buch lesen nicht mehr möglich sind. Hier ist es oftmals sinnvoll, auf Angebote und Technologien auszuweichen, die für Blinde entwickelt worden sind, auch wenn der Patient das Augenlicht gar nicht verloren hat.
Spracherkennung kann das Arbeiten am Bildschirm erleichtern. Das Tragen einer dunklen Brille während des Fernsehens macht es leichter, sich auf den Ton zu konzentrieren und so zumindest noch Nachrichten oder politische Sendungen verfolgen zu können. Viele Bücher stehen auch als Hörbuch zur Verfügung.
Bei andauernden Fehlstellungen können physiotherapeutische und orthopädische Maßnahmen einer Schädigung der Gelenke und der damit verbundenen Bewegungseinschränkung vorbeugen. Kommt es durch eine zervikale Dystonie zu einem sogenannten Schiefhals, kann das Tragen einer Halskrause hilfreich sein.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016