Nursing-Bottle-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Nursing-Bottle-Syndrom betrifft vor allem Babys und Kleinkinder. Denn Karies kann schon im Babyalter entstehen und es sind mehrere oder sogar alle Milchzähne von Karies befallen.
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Was ist das Nursing-Bottle-Syndrom?
Das Nursing-Bottle-Syndrom ist umgangssprachlich auch als Nuckelflaschenkaries oder Fläschchenkaries bekannt. Es ist eine Form von frühkindlicher Karies, die schon mit dem ersten Milchzahn entstehen kann. Bei falscher Ernährung in Form von zu kohlenhydratreichen, zucker- und fruchtsäurehaltigen Getränken, die mit einer Flasche getrunken werden und unzureichender Mundhygiene entsteht die Fläschchenkaries. Am häufigsten befallen sind die Backen- und Schneidezähne.
Ursachen
Besonders in der Nacht, wenn ein Kind mit der Nuckelflasche im Mund einschläft, steigt die Kariesgefahr. In dieser Zeit ist die Speichelproduktion eingeschränkt, die die Zähne auf natürliche Weise schützt, indem der Speichel die Säure neutralisiert.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die oberen Schneidezähne sind bei dieser Form von Karies als Erstes betroffen. Dadurch, dass die Zunge die unteren Schneidezähne schützt, ist es eher selten, dass diese befallen sind. Die ersten Anzeichen von Karies sind bräunliche Verfärbungen an den Zähnen.
Die Zähne sind gegen Süßes und Kälte empfindlich, wenn eine kariöse Zerstörung beginnt. Die ersten Anzeichen sind, wenn das Kind beim Trinken oder Essen über Schmerzen klagt, sofern es diese schon äußern kann. Oft verweigern die Kinder auch zu Trinken oder Essen, wenn sie schon Schmerzen haben. Ändert sich am Trinkverhalten nichts, kann sich die Karies auf das gesamte Kindergebiss ausbreiten.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Entdecken die Eltern die ersten Anzeichen von frühkindlicher Karies, ist ein Gang zum Kinderarzt oder Zahnarzt unumgänglich. Mit nur einem Blick in den Mundraum kann der Arzt die Diagnose stellen. Dazu gehört auch die Analyse mit den Eltern über das gewöhnliche Trink- und Essverhalten des Kindes. Am Anfang ist nur der Zahnschmelz (äußerste Schicht der Zähne) betroffen.
Schreitet die Karies aber weiter voran, kann sie bis in den Zahnnerv (Pulpa) vordringen. Das führt zu starken Schmerzen und kann in besonders schlimmen und hartnäckigen Fällen zu einem Abszess (Vereiterung) im Knochen führen. Dadurch kann der Zahnkeim des darunterliegenden Zahns Schaden nehmen. Das Nursing-Bottle-Syndrom kann so weit fortschreiten, dass die Zähne nicht mehr als über das Zahnfleischniveau hinausreichen.
Brechen die zweiten, bleibenden Zähne durch, wenn noch eine unbehandelte Karies im Mundraum besteht, ist das Risiko hoch, dass die neuen Zähne schneller von Karies befallen werden. Für die Kinder kann diese Art der Erkrankung im Mundraum auch zu Folgeerkrankungen führen.
So kann das Fehlen von Zähnen zu einer späteren Sprachstörung führen. Vor allem das Fehlen der Schneidezähne ist in der Sprachentwicklung von großer Bedeutung um die s-Laute richtig aussprechen zu können. Auch verliert das Gebiss damit einen wichtigen Platzhalter für die nachkommenden zweiten Zähne. Eine Zahnfehlstellung kann die Folge dessen sein.
Komplikationen
Auch kalte und heiße Nahrung kann Schmerzen hervorrufen und die Lebensqualität des Kindes und der Eltern deutlich negativ beeinflussen. Weiterhin kann es auch zu einer Verweigerung des Essens kommen, wenn die Schmerzen aufgrund des Nursing-Bottle-Syndroms zu stark sind. Dadurch kommt es zu einer Unterernährung und zu verschiedenen Mangelerscheinungen.
Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, kann sich das Nursing-Bottle-Syndrom auch auf die anderen Zähne ausbreiten. In der Regel erfolgt die Behandlung des Nursing-Bottle-Syndroms mit Hilfe eines Zahnarztes. Der Eingriff erfolgt ohne Komplikationen und die Beschwerden werden dabei vollständig entfernt. Auch die Lebenserwartung des Kindes wird aufgrund des Nursing-Bottle-Syndroms nicht beeinflusst. In schwerwiegenden Fällen müssen einige Zähne möglicherweise entfernt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Nursing-Bottle-Syndrom ist ein dringender Fall für einen erfahrenen Zahnarzt. Bereits der Kinderarzt kann erkennen, dass es sich um Kariesbefall handelt, er kann allerdings keine Behandlung anbieten. Wichtig bei der Wahl des passenden Zahnarztes ist seine Eignung für junge Patienten. Das liegt nicht an der Art der Behandlung des Nursing-Bottle-Syndroms mit den eventuell schon vorhandenen Schäden an den bleibenden Zähnen. Aus rein medizinischer Sicht kann jeder Zahnarzt auch bei einem (kleinen) Kind schon Karies behandeln. Vielmehr kommt es darauf an, dass das Kind nicht durch die Behandlung Angst davor bekommt, den Zahnarzt aufzusuchen.
Die Behandlung von Karies ist unangenehm und je nach Ausprägung und Fortschritt des Zahnverfalls kann es sein, dass Bohrlöcher gemacht, Füllungen eingesetzt oder sogar zerstörte Milchzähne gezogen werden müssen, damit die darunterliegenden bleibenden Zähne so wenig Schaden wie möglich nehmen. Ein kindererfahrener Zahnarzt arbeitet so, dass die kleinen Patienten davon so wenig Schmerzen und unschöne Erinnerungen wie möglich mitnehmen.
Andernfalls kann es zu Angstproblemen beim Zahnarztbesuch kommen, die noch im Erwachsenenalter Folgen wie die völlige Vermeidung der notwendigen Kontrolluntersuchungen haben. Viele Zahnarztpraxen haben sich inzwischen auf die Behandlung von Kindern oder ängstlichen Patienten spezialisiert, sodass ein Nursing-Bottle-Syndrom auch ohne unangenehme Erfahrungen und Schmerzen möglich ist. Die Eltern sollten das bereits bei der Terminfindung offen ansprechen.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung bei den Kleinen erweist sich häufig als schwierig. Dadurch, dass starke Schmerzen die Folge einer Behandlung sind und die Kinder Angst haben erfolgt diese meist in Vollnarkose. Ist die Zerstörung durch die Karies eher oberflächlich und noch nicht tief in den Zahn eingedrungen, werden diese Zähne aufgebohrt und mit einer Füllung versehen. Das Ziehen von Zähnen versucht der Zahnarzt so gut wie möglich zu vermeiden, da ansonsten ein wichtiger Wegweiser für die nachkommenden Zähne fehlt.
Eine Wurzelbehandlung ist dann nötig, wenn die Karies sich schon bis zum Zahnnerv fortgeschritten ist. So wird versucht den Zahn möglichst lange zu erhalten, ohne ihn ziehen zu müssen. Es ist möglich den Zahn anschließend mit einer Füllung zu versorgen, um eine weitere Infektion zu vermeiden. Das muss in Absprache mit den Eltern erfolgen, denn wenn keine Zahnpflege durchgeführt wird, ist diese Methode unbrauchbar. Zudem muss die Milchzahnwurzel fast vollständig wieder intakt sein. In vielen Fällen ist es allerdings unumgänglich, die Zähne zu entfernen.
Vorbeugen
Um das Auftreten des Nursing-Bottle-Syndroms zu vermeiden ist besondere Aufmerksamkeit seitens der Eltern und des Kinderarztes gefragt. Da in diesem Alter noch keine Untersuchung beim Zahnarzt gängig ist, sollte der Kinderarzt bei der ersten Unauffälligkeit eine Überweisung zum Zahnarzt ausstellen. Um sein Kind vor frühkindlicher Karies zu schützen, sollte darauf geachtet werden, dass die Kinder nicht dauerhaft an der Flasche nuckeln.
Die Flasche vor dem Einschlafen aus dem Mund nehmen und nach dem ersten Lebensjahr sollte die Flasche abgesetzt werden. Es werden keine gesüßten Flüssigkeiten angeboten, sondern Wasser oder ungesüßter Tee. Auch die tägliche Zahnreinigung (morgens und abends) ab dem Durchbruch des ersten Zahnes mit einer Bürste ist eine wichtige Vorbeugungsmaßnahme um Karies gegen zu wirken.
Vom Kinderarzt wird empfohlen, Fluortabletten zu geben oder später mit einer fluorhaltigen Zahnpasta zu putzen. Die Eltern sollten gut über die Prophylaxe informiert werden und animiert werden diese auch durchzuführen.
Nachsorge
Betroffenen stehen beim Nursing-Bottle-Syndrom in den meisten Fällen nur eingeschränkte Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Bei dieser Krankheit ist in erster Linie eine schnelle und frühzeitige Diagnose der Erkrankung notwendig, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Je früher ein Arzt kontaktiert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung.
In den meisten Fällen sind die betroffenen Kinder auf einen operativen Eingriff am Mund angewiesen, bei welchem die Zähne entfernt werden. Es kommt in der Regel nicht zu besonderen Komplikationen oder zu anderen Beschwerden, sodass dieser Eingriff im Allgemeinen ohne Schwierigkeiten verläuft und dabei die Beschwerden vollständig lindert.
Nach einem solchen Eingriff sind regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Zahnarzt sehr wichtig, um Entzündungen und Infektionen zu vermeiden. Weitere Maßnahmen der Nachsorge sind beim Nursing-Bottle-Syndrom in der Regel nicht mehr notwendig. Im Allgemeinen sollten die Eltern bei ihren Kindern auf eine richtige und intensive Pflege der Zähne achten, um das Auftreten des Nursing-Bottle-Syndroms zu vermeiden. Die Lebenserwartung der Kinder ist davon unberührt.
Aussicht & Prognose
Die Prognose des Nursing-Bottle-Syndrom ist unter optimalen Bedingungen günstig. Wird in regelmäßigen Abständen ein Arzt konsultiert, können erste Unregelmäßigkeiten schnell bemerkt werden. Im Anschluss wird unverzüglich eine Behandlung eingeleitet, damit eine Linderung der Beschwerden stattfinden kann. Betroffen von dieser Erkrankung sind Säuglinge und Kleinkinder. Daher sollten für eine gute Prognose die Eltern in kontinuierlichen Zeitabständen mit ihrem Nachwuchs bei einem Arzt vorstellig werden. Sind diese Zeitabstände zu lang oder wird ein Zahnarztbesuch vermieden, kann es zu irreversiblen Schäden der Zähne kommen. Die im Mund vorhandenen Keime zerstören den Zahnschmelz, führen zu Vereiterungen oder beschädigen Zähne und Zahnfleisch.
Bei einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium muss ein Zahnersatz eingesetzt werden, da andernfalls der Verlust der Zähne oder ein Fortschritt der Erkrankung drohen. Bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf kann die Bildung von Eiter im Mund zu einer Blutvergiftung führen. Dabei handelt es sich um eine potentielle Gefährdung des menschlichen Lebens. In akuten Fällen ist daher die Zusammenarbeit mit einem Notfallteam besonders wichtig, um ein Überleben des Kindes zu sichern.
Für einen verbesserten Verlauf sollte die Ernährung umgestellt und optimiert werden. Die Eltern sind verantwortlich für die aufgenommenen Nahrungsmittel des Kindes. Sie können daher unmittelbar Einfluss nehmen und sollten für langfristige Verbesserungen Optimierungen vornehmen.
Das können Sie selbst tun
Wenn das Nursing-Bottle-Syndrom diagnostiziert wurde, muss in erster Linie die Ernährung des Kindes angepasst werden. Zunächst gilt es, Zucker, Fruchtzucker und Kohlenhydrate zu streichen. Der Kinderarzt kann, falls notwendig, geeignete Nahrungsergänzungsmittel verschreiben. Das Trinkverhalten muss ebenfalls angepasst werden. Das Kind muss ausreichend Mineralwasser aufnehmen (mindestens ein bis zwei Liter pro Tag) und sollte zudem ausreichend Tee, Milch und Schorlen trinken.
Nach der Diagnose dürfen die Kinder keine allzu süßen oder kalten Lebensmittel mehr verzehren, da die Zähne empfindlich auf diese Reize reagieren. Je nachdem, wie weit die Schädigungen bereits fortgeschritten sind, müssen entweder medikamentöse oder operative Maßnahmen eingeleitet werden. Bei leichteren Schäden genügt eine leichte Schmerzmedikation, da sich die geschädigten Milchzähne nach einigen Jahren von selbst lösen.
Bei schweren Schädigungen, die womöglich bereits auf die Zahnwurzeln übergriffen haben, ist ein operativer Eingriff vonnöten. Nach einem solchen Eingriff müssen unbedingt die Vorgaben des Arztes bezüglich diätetischer Maßnahmen und Mundhygiene eingehalten werden. Die Eltern sollten sicherstellen, dass das die Wunden nicht übermäßig aufkratzt, damit diese gut abheilen können. Sollte es trotz aller Maßnahmen zu einer Zunahme des Karies kommen, empfiehlt sich ein Besuch beim Kinderarzt.
Quellen
- Gängler, P., et al.: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Meyer-Lückel, H., et al.: Karies. Thieme, Stuttgart 2012
- Meyer-Lückel, H., Paris, S., Ekstrand, K. (Hrsg.): Karies: Wissenschaft und Klinische Praxis. Thieme, Stuttgart 2012