Fluorid
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Fluoride sind den meisten Menschen bekannt aus der Zahnpflege. Viele Zahnpasten enthalten heute einen Anteil an Natriumfluorid, es gibt Fluoridtabletten und eine Trinkwasserfluoridierung, seit einigen Jahren auch Speisesalz mit einem Fluoridanteil. Fluorid als Mineral ist für den Aufbau von Knochen und Zähnen unverzichtbar, aber eine Fluoridierung ist dennoch nicht unumstritten im Bereich der Gesundheitsprophylaxe.
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Was ist Fluorid?
Fluoride sind Verbindungen von Fluor, einem hochgiftigen Gas, das als chemisches Element den Halogenen zugeordnet wird. Weil Fluor schnell mit anderen Stoffen reagiert, kommt es in reiner Form in der Natur eigentlich nicht vor, sondern verbindet sich mit anderen Stoffen, die man dann Fluoride nennt.
Solche Verbindungen sind z. B. Natriumfluorid, bekannt aus Zahnpasten, oder Calciumfluorid.
Verabreichung & Dosierung
Fluorid ist ein wichtiger Mineralstoff, der vor allem zur Vorbeugung von Zahnkaries eingesetzt wird. Es stärkt den Zahnschmelz und macht die Zähne resistenter gegen Säureangriffe, die durch Bakterien im Mund verursacht werden. Fluorid kann auf verschiedene Weisen verabreicht werden, darunter über das Trinkwasser, Zahnpasta, Mundspülungen oder als Tabletten. Die korrekte Dosierung und Verabreichung von Fluorid ist essenziell, um den maximalen Nutzen zu erzielen und potenzielle Risiken zu minimieren.
Dosierung:
Trinkwasser: In vielen Regionen wird dem Trinkwasser Fluorid zugesetzt. Die empfohlene Konzentration im Trinkwasser liegt üblicherweise zwischen 0,7 und 1,2 Milligramm pro Liter, abhängig von den klimatischen Bedingungen und dem durchschnittlichen Wasserverbrauch der Bevölkerung.
Zahnpasta: Für Kinder unter sechs Jahren wird eine erbsengroße Menge Zahnpasta mit einem niedrigeren Fluoridgehalt (weniger als 1000 ppm Fluorid) empfohlen. Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren können Zahnpasten mit üblichem Fluoridgehalt (1000-1500 ppm) verwenden.
Mundspülungen und Gele: Diese Produkte sollten gemäß den Anweisungen auf der Verpackung verwendet werden, typischerweise einmal oder zweimal täglich. Kinder unter sechs Jahren sollten fluoridhaltige Mundspülungen nur unter Aufsicht verwenden, um das Verschlucken zu minimieren.
Fluoridtabletten: Die Verwendung von Fluoridtabletten sollte individuell nach ärztlicher Anweisung erfolgen, besonders bei Kindern, basierend auf dem vorhandenen Fluoridgehalt im Trinkwasser und der allgemeinen Fluoridaufnahme.
Vorsichtsmaßnahmen:
- Zu viel Fluorid, besonders bei jungen Kindern, kann zu Dentalfluorose führen, einer Veränderung, die weiße Flecken oder Streifen auf den Zähnen verursacht. In seltenen Fällen können höhere Dosen zu Skelettfluorose führen, einer Erkrankung, die die Knochen betrifft.
- Die Fluoriddosierung muss sorgfältig abgestimmt werden, besonders in Regionen, wo kein Fluorid im Trinkwasser vorhanden ist.
Es ist wichtig, dass die Fluoridzufuhr aus allen Quellen (Wasser, Nahrung, Zahnpflegeprodukte) berücksichtigt wird, um eine Über- oder Unterdosierung zu vermeiden. Die Einhaltung von Empfehlungen von zahnmedizinischen Fachkräften und Gesundheitsbehörden ist dabei essenziell.
Pharmakologische Wirkung
Die genaue Wirkungsweise des Fluorids auf den Körper lässt sich nicht ganz ermitteln. Es scheint aber wohl so zu sein, dass das Fluorid den Zahnschmelz härtet.
Normalerweise ist dieser tagtäglich Säureangriffen durch Speisen und Getränke ausgesetzt. Durch diese werden Mineralien aus dem Zahnbein herausgelöst und dieser Prozess führt dazu, dass langfristig Löcher im Zahnschmelz entstehen. Fluorid verhindert diesen Prozess, auch wenn man nicht genau sagen kann wie, wahrscheinlich durch ein Zusammenspiel verschiedener Wirkungen. Der harte Zahnschmelz, der das Zahnbein umhüllt, besteht aus dem Mineral Apatit.
Wenn Fluorid zugeführt wird, verbindet es sich mit dem Apatit des Zahnschmelzes zu Fluorapatit, das säureresistenter ist als der normale Zahnschmelz. Darüber hinaus hemmt Fluorid den Stoffwechsel der Bakterien, die in den Zahnzwischenräumen Säuren produzieren. Und nicht zuletzt hilft Fluorid, dass sich Mineralien wieder in den Zahnschmelz einlagern können, die ihm durch Säuren entzogen wurden. Durch diese Dreifachwirkung werden die Zähne besser geschützt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Verfahren zur Kariesprophylaxe:
Systemische Fluoridierung
Hierzu gehört die Trinkwasserfluoridierung. Hier wird dem Trinkwasser Fluorid hinzugefügt und so erreicht, dass alle Menschen eine Mindestmenge an Fluorid erhalten. Seit einigen Jahren gibt es auf dem Markt auch Zusätze im Speisesalz, die den gleichen Effekt haben.
Bis zum 12. Lebensjahr wird Kindern in Form von Fluoridtabletten vorbeugend Fluorid hinzugefügt, um den Zahnschmelz resistenter zu machen. Die systemische Fluoridierung kann aber wegen der geringeren Konzentration weniger gut Karies verhindern.
Lokale Fluoridierung
Die lokale Fluoridierung erfolgt über die Zähne. Hierzu gehört die Verwendung von fluoridhaltigen Zahnpasten mindestens zweimal pro Tag. Darüber hinaus kann einmal wöchentlich ein Fluoridgel auf die Zähne aufgetragen werden, das noch wirksamer ist als Zahnpasten.
Besonders bei einer höheren Anfälligkeit für Karies und Empfindlichkeit der Zahnhälse ist diese Methode wirksamer als das reine Putzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta. Noch wirksamer als die Gels sind Fluoridlacke, die weitaus länger am Zahn haften bleiben und höher konzentriert sind. Die werden in Zahnarztpraxen lokal an den Zähnen aufgetragen.
Bei Kindern werden vorbeugend die Fissuren an den Backenzähnen mit Fluoridlack gefüllt, um eine vorzeitige Fissurenkaries zu verhindern. Fluoridierte Mundwasserlösungen helfen ebenfalls und sind von der Konzentration mit den Gels vergleichbar.
Risiken & Nebenwirkungen
Fluor an sich ist ein toxisches Element und kann in höheren Dosen zu Vergiftungen führen. Über die Schädlichkeit des als gesundheitlich unbedenklich geltende Prophylaxe scheiden sich die Geister. Befürworter weisen durch entsprechende Studien den Nutzen und die Unbedenklichkeit der Fluoridprophylaxe nach, Kritiker sehen in ihr alle möglichen Krankheitsursachen und Nebenwirkungen.
Natürlich reagiert jeder Mensch individuell auf jegliche Art von Medikation. Eine unbestrittene Nebenwirkung der Zahnfluoridierung ist die Zahnfluorose, eine unschöne, gelblich-fleckige Verfärbung der Zähne durch eine Überdosierung von Fluorid.
Bei einer längerfristigen, hohen Überdosierung können auch Störungen im Aufbau der Knochen auftreten. Aber ob die Fluoridierung auch für Krankheitsbilder wie Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle, hohen Blutdruck, rheumatische Erkrankungen, etc. auch verantwortlich gemacht werden kann, das konnte bisher in Studien weder bewiesen noch widerlegt werden.
Kontraindikationen
Fluorid ist weit verbreitet in der Prävention von Zahnkaries und wird in vielen Produkten wie Zahnpasta, Mundwasser und sogar im Trinkwasser verwendet. Obwohl es für die meisten Menschen sicher und wirksam ist, gibt es einige Kontraindikationen und Situationen, in denen die Verwendung von Fluorid eingeschränkt oder vermieden werden sollte.
Typische Kontraindikationen für die Verwendung von Fluorid umfassen:
Dentalfluorose: Bei Kindern, insbesondere unter sechs Jahren, die noch ihre permanenten Zähne entwickeln, kann eine übermäßige Fluoridaufnahme zu Dentalfluorose führen. Dieser Zustand verursacht milde bis schwere Verfärbungen, weiße Linien oder Streifen auf den Zähnen. Daher sollten Fluoridprodukte, wie hochdosierte Mundspülungen und Tabletten, bei jungen Kindern mit Vorsicht verwendet werden, um eine übermäßige Aufnahme zu vermeiden.
Skelettfluorose: Dies ist eine seltene Erkrankung, die durch langfristige Exposition gegenüber hohen Mengen an Fluorid entstehen kann, insbesondere durch kontaminiertes Trinkwasser. Sie führt zu Schmerzen und Schäden an Knochen und Gelenken. Personen, die in Gebieten mit fluoridreichem Trinkwasser leben, sollten darauf achten, ihre Gesamtaufnahme von Fluorid zu überwachen.
Hypersensibilität: Obwohl selten, können einige Personen eine Überempfindlichkeit gegen Fluorid aufweisen. Bei Auftreten von allergischen Reaktionen wie Hautausschlägen, Magenbeschwerden oder anderen Symptomen nach der Verwendung von fluoridhaltigen Produkten sollte die weitere Verwendung eingestellt und ein Arzt konsultiert werden.
Nierenerkrankungen: Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen können anfälliger für Fluoridtoxizität sein, da ihre Fähigkeit, Fluorid auszuscheiden, möglicherweise eingeschränkt ist. Eine hohe Fluoridaufnahme kann die Krankheit verschlimmern oder das Risiko für weitere Komplikationen erhöhen.
In allen Fällen ist es wichtig, die Anwendung und Dosierung von Fluorid individuell anzupassen, besonders wenn es um Kinder, Personen mit bestimmten gesundheitlichen Bedingungen oder Personen in Gebieten mit hohem natürlichen Fluoridgehalt im Trinkwasser geht. Professionelle Beratung durch einen Zahnarzt oder Arzt kann helfen, die Vorteile von Fluorid zu maximieren und potenzielle Risiken zu minimieren.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Obwohl Fluorid überwiegend sicher ist, gibt es einige Medikamenteninteraktionen, die beachtet werden sollten, besonders wenn Fluorid in Form von Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen wird.
Wichtige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten:
Antazida: Aluminiumhaltige Antazida können die Aufnahme von Fluorid im Körper beeinflussen. Aluminium bindet Fluorid im Magen-Darm-Trakt, was die Menge an Fluorid, die absorbiert und genutzt werden kann, verringert. Dies kann die Wirksamkeit von Fluorid bei der Kariesprävention reduzieren.
Tetracyclin-Antibiotika: Die Einnahme von Fluorid zusammen mit Tetracyclin-Antibiotika kann die Bindung von Fluorid an Kalzium im sich entwickelnden Zahnschmelz junger Kinder beeinflussen. Dies kann zu dauerhaften Zahnverfärbungen führen, besonders wenn die Einnahme während der Zeit der Zahnentwicklung erfolgt.
Kalziumergänzungen: Kalzium kann ebenfalls die Absorption von Fluorid beeinträchtigen. Wenn Fluorid und Kalzium zusammen konsumiert werden, können sie miteinander interagieren und die Bioverfügbarkeit von Fluorid verringern, was seine Effektivität einschränkt.
Kortikosteroide: Langfristige Nutzung von Kortikosteroiden kann den Mineralgehalt in den Knochen reduzieren, was das Risiko von Knochenfluorose in Gebieten mit hohem Fluoridgehalt im Wasser erhöhen könnte. Dies ist besonders relevant für Patienten, die bereits große Mengen an Fluorid aus ihrer Umgebung aufnehmen.
Es ist ratsam, dass Personen, die regelmäßig Medikamente einnehmen, ihren Arzt konsultieren, bevor sie Fluorid in Form von Supplementen einnehmen. Dies hilft, mögliche negative Wechselwirkungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle Behandlungen komplementär und sicher sind.
Alternative Behandlungsmethoden
Für Personen, die Fluorid nicht vertragen oder es vermeiden möchten, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Förderung der Zahngesundheit und zur Vorbeugung von Zahnkaries.
Xylitol: Dieser natürliche Zuckeralkohol ist bekannt für seine karieshemmenden Eigenschaften. Xylitol kann das Wachstum von kariesverursachenden Bakterien im Mund hemmen, da es von diesen Bakterien nicht metabolisiert werden kann. Xylitol ist in vielen zuckerfreien Kaugummis und Zahnpflegeprodukten enthalten und kann helfen, den pH-Wert im Mund zu neutralisieren und den Zahnschmelz zu stärken.
Calciumphosphat-Produkte: Produkte, die Calciumphosphat enthalten, wie z.B. amorphes Calciumphosphat (ACP) oder Caseinphosphopeptid-amorphes Calciumphosphat (CPP-ACP), können helfen, den Zahnschmelz zu remineralisieren und zu stärken. Diese Stoffe liefern essenzielle Mineralien direkt an die Zahnoberfläche, was den Wiederaufbau von Zahnschmelz fördert.
Hydroxyapatit: Hydroxyapatit ist eine biomimetische Substanz, die eine Alternative zu Fluorid darstellt. Es ist eine Form des Kalziumphosphats, das dem natürlichen Baustein des Zahnschmelzes sehr ähnlich ist. Zahnpflegeprodukte, die Hydroxyapatit enthalten, tragen zur Remineralisierung des Zahnschmelzes bei und können helfen, die Zähne vor Karies zu schützen.
Teebaumöl und andere ätherische Öle: Einige natürliche Öle, einschließlich Teebaumöl, haben antimikrobielle Eigenschaften, die bei der Reduktion von Plaque und Bakterien im Mund helfen können. Diese Öle finden sich häufig in natürlichen Mundspülungen und Zahnpasten.
Neem: Neem, bzw. Niembaum wird in vielen natürlichen Zahnpflegeprodukten verwendet, da es antibakterielle und antiseptische Eigenschaften besitzt, die die Mundgesundheit fördern können.
Diese Alternativen bieten verschiedene Möglichkeiten, die Zahngesundheit zu unterstützen, ohne auf Fluorid angewiesen zu sein. Wie bei allen Zahnpflegeprodukten ist es jedoch wichtig, regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen durchführen zu lassen und die Zahnpflegeprodukte zu verwenden, die am besten zu den individuellen Bedürfnissen passen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor