Parathormon (Parathyrin)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Parathormon bzw. Parathyrin wird in den Nebenschilddrüsen gebildet. Das Hormon spielt bei der Regulation des Kalzium- und Phosphathaushalts eine bedeutende Rolle.
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Was ist das Parathormon?
Parathormon (Parathyrin, PTH) ist ein von den Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoideae, Epithelkörperchen) gebildetes, lineares Polypeptidhormon, das aus insgesamt 84 Aminosäuren besteht.
Das Hormon reguliert im Zusammenspiel mit Vitamin D sowie seinem direkten, in der Schilddrüse gebildeten Antagonisten (Gegenspieler) Calcitonin den Kalzium- und Phosphathaushalt des menschlichen Körpers.
Im gesunden Zustand beträgt der Referenzwert etwa 11 bis 67 ng/l im Blut.
Produktion, Bildung & Herstellung
In den hormonproduzierenden Hauptzellen der Epithelkörperchen wird das Peptidhormon synthetisiert und aufgrund fehlender eigenständiger Ausführgänge direkt ins Blut abgegeben (endokrine Sekretion). Hierbei wird das Hormon zunächst als eine aus 115 Aminosäuren bestehende Vorstufe (PräPro-Hormon) an den membrangebundenen Ribosomen gebildet. Ribosomen sind RNA-reiche Partikel, an welchen die Proteinsynthese in den Zellen erfolgt.
Anschließend wird die aminoterminale Sequenz cotranslational, d. h. während der Übersetzung von mRNA in die Aminosäuresequenz, abgespalten. Es entsteht eine weitere Vorstufe aus 90 Aminosäuren (Pro-Parathormon), die im Golgi-Apparat (proteinmodifizierendes Zellorganell) zum fertigen Parathormon prozessiert wird.
Funktion, Wirkung & Eigenschaften
Parathormon reguliert gemeinsam mit Vitamin D (Calcitriol) und dem Schilddrüsenhormon Calcitonin den Kalzium- und Phosphatspiegel des Blutes. Mithilfe spezifischer Rezeptoren auf der Membran der Nebenschilddrüsenzellen (sogenannte G-proteingekoppelte Kalziumrezeptoren) wird der Kalziumwert im Blut bestimmt.
Ein Absinken der Blut-Kalziumkonzentration stimuliert die Bildung und Ausschüttung von Parathormon in den Nebenschilddrüsen, während ein erhöhter Blut-Kalzium die Sekretion hemmt (negative Rückkopplung). Entsprechend bildet beispielsweise eine Hypokalzämie (erniedrigter Kalziumwert) den Reiz für die Freisetzung von Parathormon. Die direkten und indirekten Wirkungen des Hormons bedingen über eine Stimulation der Adenylatzyklase (Enzym) in Knochen und Nieren einen Anstieg der ungebundenen, freien Kalziumkonzentration im Blut.
Direkt werden hierbei die Osteoklasten der Knochen sowie eine Rückresorption von Kalzium in den Nieren (verminderte Ausscheidung über Nieren mit Urin) stimuliert. Zudem wird die Phosphatkonzentration im Blut durch eine erhöhte Ausscheidung über Nieren (gehemmte Rückresorption) gesenkt. Um einer Demineralisierung des Knochens vorzubeugen, wird parallel über den so abgefallenen Phosphatspiegel (Hypophosphatämie) die Vitamin-D- bzw. Calcitriol-Synthese stimuliert.
Calcitriol fördert über eine Erhöhung der Kalziumabsorption im Dünndarm die Remineralisierung der Knochen. Zugleich bedingt die dadurch erhöhte Kalziumkonzentration im Blut eine Hemmung der Parathormonfreisetzung. Eine analoge Funktion erfüllt Calcitonin, das bei einem Anstieg des Kalziumspiegels ausgeschüttet wird und den Kalziumeinbau in den Knochen bei gleichzeitiger Hemmung der Osteoklastenaktivität fördert.
Eine dauerhafte Stimulierung der Osteoklasten resultiert in einem schrittweisen Knochenmasseverlust. Daher wird beispielsweise ein sekundärer Hyperparathyreoidismus (Überproduktion von Parathormon) mit einer Altersosteoporose in Zusammenhang gebracht. Therapeutisch kommt hier ein Fragment des Parathormons (aus Aminosäuren 1 bis 34) als ein den Knochenaufbau stimulierendes Medikament zum Einsatz.
Krankheiten, Beschwerden & Störungen
Die Hormonkonzentration im Blut ist erhöht. Ist die Überfunktion auf eine Beeinträchtigung der Nebenschilddrüsen selbst zurückführbar, liegt ein primärer Hyperparathyreoidismus vor. Dieser wird in aller Regel durch gutartige (hormonproduzierende Nebenschilddrüsenadenome), in sehr seltenen Fällen durch bösartige Tumoren (Nebenschilddrüsenkarzinome) verursacht.
Daneben kann eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen im Zusammenhang mit Nieren-, Leber- oder Darmerkrankungen sowie einem Vitamin-D- oder. Kalziummangel auftreten (sekundärer Hyperparathyreoidismus). Ein Mangel an Vitamin D bzw. Kalzium führt zu einem erniedrigten Blut-Kalziumspiegel, der wiederum die Parathormonsynthese in den Nebenschilddrüsen anregt. Bei einem langfristig erniedrigten Kalziumspiegel, der sich beispielsweise auch infolge einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) manifestieren kann – synthetisieren die Nebenschilddrüsen dauerhaft vermehrt Parathormon.
Diese Überproduktion kann langfristig eine Nebenschilddrüsenhyperplasie (Wucherung von Gewebe der Nebenschilddrüsen) bedingen, die wiederum mit einem manifesten, primären Hyperparathyreoidismus einhergeht. Bei einem Hypoparathyreoidismus liegt hingegen eine verminderte Produktion und Freisetzung des Nebenschilddrüsenhormons vor und die Parathormonkonzentration im Blut ist erniedrigt. Reagieren die Nebenschilddrüsen trotz einer erniedrigten Kalziumkonzentration nicht mit einer erhöhten Parathormonausschüttung, kann dies in aller Regel auf eine Funktionsstörung der Nebenschilddrüsen zurückgeführt werden (primärer Hypoparathyreoidismus).
Ein primärer Hypoparathyreoidismus wird in vielen Fällen durch Autoimmunerkrankungen (u. a. Sarkoidose) oder eine teilweise Entfernung von Gewebe der Nebenschilddrüsen (Entfernung der Epithelkörperchen bzw. Parathyreoidektomie) verursacht. In einigen Fällen werden die Nebenschilddrüsen auch im Rahmen operativer Eingriffe an der Schilddrüse verletzt.
Progrediente (fortgeschrittene) Tumoren sowie eine Schilddrüsenüberfunktion können eine Hyperkalzämie (dauerhaft erhöhter Kalziumspiegel) bedingen, die wiederum mit einer erniedrigten Parathormonkonzentration einhergeht. Ebenso führt eine Überdosierung mit Vitamin D zu einer verminderten Freisetzung von Parathormon ins Blut.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Kleine, B., Rossmanith, W.: Hormone und Hormonsystem. Lehrbuch der Endokrinologie. Springer Verlag, Berlin 2013
- Vieten, M.: Laborwerte verstehen leicht gemacht, Trias, Stuttgart 2009