Aminosäuren
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eiweiß mit seinen Aminosäuren ist neben Wasser der wichtigste Baustein für unsere Körperzellen. Auch unsere Nahrung besteht aus Eiweiß und ist somit wichtiger Lieferant der für den Körper zwingend notwendigen Eiweißversorgung.
Was sind Aminosäuren?
Aminosäuren sind, kurz gesagt, Bestandteile von Eiweiß (Protein). Insgesamt gibt es 20 verschiedene Aminosäuren. Je nachdem, in welcher Zusammensetzung und Reihenfolge sie miteinander verbunden sind, bilden sie unterschiedliche Proteine.
Man bezeichnet das auch als „Sequenz“ oder „Primärstruktur“ der Aminosäuren. Sie ist genetisch vorgegeben und somit kennzeichnend für das jeweilige Protein. Von den 20 Aminosäuren sind 9 sogenannte essentielle Aminosäuren. Das heißt, sie können vom Körper nicht selbst hergestellt werden und müssen somit zwingend durch die Nahrung aufgenommen werden.
Das sind die Aminosäuren (in alphabetischer Reihenfolge) Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin. Die übrigen können mit Hilfe der Nahrung vom Körper selbst gebildet werden und heißen nichtessentielle Aminosäuren.
Wofür braucht der Körper Aminosäuren?
Aminosäuren sind lebenswichtige Bausteine für den Körper, da sie als Grundelemente für die Bildung von Proteinen dienen, die nahezu alle biologischen Prozesse unterstützen. Der Körper verwendet Aminosäuren, um Muskeln, Gewebe, Haut, Haare und Nägel aufzubauen und zu reparieren. Darüber hinaus sind sie entscheidend für die Herstellung von Enzymen, die biochemische Reaktionen im Körper steuern, sowie von Hormonen, die das Wachstum, den Stoffwechsel und andere wichtige Funktionen regulieren.
Bestimmte Aminosäuren wirken auch als Neurotransmitter oder deren Vorstufen und sind somit entscheidend für die Kommunikation im Nervensystem. Zum Beispiel ist die Aminosäure Tryptophan eine Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin, der das Wohlbefinden und die Stimmung beeinflusst.
Einige Aminosäuren spielen eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel, besonders in Situationen, in denen der Körper mehr Energie benötigt, wie beim Sport oder in Stressphasen. Essenzielle Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann, müssen über die Nahrung aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass der Körper optimal funktionieren kann. Darüber hinaus tragen Aminosäuren zur Immunabwehr bei und unterstützen die Bildung von Antikörpern, die den Körper vor Infektionen schützen.
Wie hoch sind normale Referenzwerte
Die Referenzwerte für Aminosäuren variieren je nach Alter, Geschlecht, Aktivitätslevel und Gesundheitszustand, da Aminosäuren essentielle Bausteine für Wachstum, Erhalt und Reparatur des Körpers sind. Für die meisten essenziellen Aminosäuren existieren empfohlene tägliche Mindestwerte, die sicherstellen, dass der Körper optimal versorgt ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt etwa folgende Mindestwerte für essenzielle Aminosäuren pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag an:
- Leucin: 39 mg
- Isoleucin: 20 mg
- Valin: 26 mg
- Lysin: 30 mg
- Phenylalanin und Tyrosin: 25 mg
- Threonin: 15 mg
- Tryptophan: 4 mg
- Histidin (für Erwachsene bedingt essenziell): 10 mg
Diese Werte beziehen sich auf die Mindestaufnahme zur Vermeidung von Mangelerscheinungen und decken den Grundbedarf für gesunde, inaktive Erwachsene ab. Höhere Werte können erforderlich sein, wenn der Körper mehr Aminosäuren benötigt, wie zum Beispiel bei intensiver körperlicher Aktivität, Stress, im Wachstumsalter oder während der Genesung nach Krankheiten. Ein ausgewogener Speiseplan, der eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse enthält, hilft, die benötigten Mengen aller essenziellen Aminosäuren zu erreichen.
Können zu viele Aminosäuren schaden?
Ein Übermaß an Aminosäuren kann, wie bei vielen Nährstoffen, potenziell schädlich sein, besonders wenn sie als Nahrungsergänzungsmittel in hohen Dosen konsumiert werden. Zwar verarbeitet der Körper Aminosäuren, die er nicht benötigt, normalerweise über die Leber und die Nieren, doch eine übermäßige Zufuhr kann diese Organe belasten. Besonders bei Menschen mit bereits bestehenden Nieren- oder Leberproblemen kann eine hohe Proteinzufuhr zu zusätzlichen Komplikationen führen, da die Abbauprodukte der Aminosäuren (wie Ammoniak) den Körper belasten.
Einige Aminosäuren können bei Überdosierung spezifische Nebenwirkungen verursachen. Zu viel Tryptophan kann beispielsweise zu Schläfrigkeit, Übelkeit oder Kopfschmerzen führen, da es die Serotoninproduktion stark beeinflusst. Methionin in hohen Mengen kann die Bildung von Homocystein fördern, einem Stoff, der mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist.
Hohe Dosen von verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs) wie Leucin, Isoleucin und Valin können zudem den Blutzuckerstoffwechsel beeinflussen und in manchen Fällen die Insulinempfindlichkeit senken. Ein übermäßiger Konsum einzelner Aminosäuren kann auch das Gleichgewicht der Aminosäuren im Körper stören, da diese oft zusammenarbeiten, um ihre Funktionen optimal zu erfüllen. Es ist daher wichtig, Aminosäuren in ausgewogenen Mengen und vorwiegend über die Nahrung aufzunehmen, um das natürliche Gleichgewicht im Körper zu erhalten.
Können zu wenige Aminosäuren schaden?
Ein Mangel an Aminosäuren kann erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben, da sie für nahezu alle Körperfunktionen essenziell sind. Wenn dem Körper nicht ausreichend Aminosäuren zur Verfügung stehen, kann dies die Bildung von Proteinen beeinträchtigen, die für den Aufbau und die Reparatur von Gewebe notwendig sind. Dies führt zu einer verminderten Muskelmasse und Muskelschwäche, da der Körper nicht genug Bausteine für die Muskulatur bereitstellen kann. Besonders bei Kindern und Jugendlichen, die sich im Wachstum befinden, kann ein Aminosäuremangel das gesunde Wachstum und die Entwicklung beeinträchtigen.
Darüber hinaus sind Aminosäuren entscheidend für die Produktion von Enzymen und Hormonen. Ein Mangel kann deshalb auch den Stoffwechsel und die hormonelle Balance stören, was sich auf das Energieniveau, die Verdauung und die Stimmungsregulation auswirken kann. So kann ein Defizit an Tryptophan, einer Vorstufe des Serotonins, zu Stimmungsschwankungen und einem erhöhten Risiko für Depressionen beitragen.
Das Immunsystem ist ebenfalls auf Aminosäuren angewiesen, insbesondere auf Glutamin, das Immunzellen als Energiequelle dient. Ein Mangel schwächt die Abwehrkräfte und macht den Körper anfälliger für Infektionen. Da essenzielle Aminosäuren nicht vom Körper selbst hergestellt werden können, müssen sie über die Nahrung aufgenommen werden. Eine unausgewogene Ernährung oder Mangelernährung kann daher schnell zu Defiziten führen, die vielfältige gesundheitliche Probleme verursachen.
Medizinische & gesundheitliche Funktionen, Aufgaben & Bedeutungen
Bedenkt man, dass die essentiellen Aminosäuren unbedingt mit der Nahrung aufgenommen werden müssen, so wird die große Bedeutung dieser Eiweißbestandteile für die Gesundheit schnell klar.
Fehlt auch nur eine einzige dieser Aminosäuren, kann der Körper seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Das Zellwachstum, insbesondere von Knochen, Muskeln, Haut und Haaren sowie die Wiederherstellung von Gewebe wären nicht mehr möglich. Zudem ist Eiweiß – und somit die Aminosäuren – auch an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Hierzu zählen der Aufbau von Hormonen, Antikörpern und Enzymen.
Auch Mineralien und Spurenelemente, etwa Zink, Eisen und Kupfer, werden durch gleichzeitige Zufuhr bestimmter Aminosäuren besser vom Körper aufgenommen. Eiweiß wird darüber hinaus zum Transport von Nährstoffen, Wasser und Sauerstoff durch den Körper benötigt. Bleibt nach Wahrnehmung all dieser Aufgaben noch ein Überschuss an Eiweiß, so wird es zur Energiegewinnung genutzt. Bei sämtlichen Körperfunktionen würden im Falle einer Fehlversorgung mit Aminosäuren also sofort negative Folgen spürbar.
Über die Höhe einer optimalen Versorgung mit Aminosäuren wird diskutiert. Gängige Empfehlung ist, dass etwa 10-15 % der täglichen Kalorienmenge durch Protein abgedeckt werden sollte (D-A-CH-Referenzwert). Kleinkinder und Senioren haben sehr wahrscheinlich einen höheren Bedarf. Auch im Krankheitsfall (bei schweren Infekten, nach Operationen und allgemein in der Rekonvaleszenz) kann sich der Bedarf ändern: So werden die Aminosäuren Arginin, Cystein und Tyrosin dann zu sogenannten semi-essentiellen Aminosäuren, die gezielt zugeführt werden sollten.
Tierische Nahrungsmittel besitzen ein relativ ausgewogenes Verhältnis an Aminosäuren, die gut verstoffwechselt werden können. Pflanzliche Nahrungsmittel haben ihren besonderen Wert dadurch, dass sich die essentiellen Aminosäuren sehr gut ergänzen können. Eine ausgewogene Mischkost sorgt dafür, dass möglichst alle 9 essentiellen Aminosäuren gleichzeitig über den Darm aufgenommen werden und sich somit der gewünschte Ergänzungseffekt einstellt.
Krankheiten, Beschwerden & Störungen
In der Medizin gelten Aminosäuren bei verschiedenen Erkrankungen und zur Prävention inzwischen als gute Alternative zu herkömmlichen pharmakologischen Medikamenten.
Studien belegen positive Effekte etwa bei Diabetes, Osteoporose, Fettstoffwechselstörungen, Herzerkrankungen (Herzinfarkt) und Potenzproblemen. Bei Abwehrschwäche spielen beispielsweise die Arminosäuren Arginin, Glutamin, Lysin, Taurin und Methiosin eine gesundheitsfördernde Rolle. Arginin unterstützt auch die Arteriosklerosetherapie und gilt als wirksames natürliches Potenzmittel. Die Aminosäure Tryptophan ist zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen.
Da es zudem die Bildung von Serotonin, dem „Glückshormon“, beeinflusst, wird es auch bei depressiven Verstimmungen und Stimmungsschwankungen eingesetzt. Histidin wird in der Rheumatherapie eingesetzt, wenn ein niedriger Spiegel dieser Aminosäure festgestellt wird. Auch im Bereich des Anti-Aging werden heute gerne Aminosäuren in Form von Nahrungsergänzungsprodukten eingesetzt. Sportler schätzen die muskelaufbauenden Wirkungen spezieller Präparate mit Aminosäuren.
Der Einsatz von Nahrungsergänzungen mit Aminosäuren sollte auf keinen Fall unkontrolliert erfolgen, auch wenn diese Produkte frei verkäuflich sind. Wie bei allem, was eine gute Wirkung erzielt, können auch hier Neben- und Wechselwirkungen auftreten. Eine langfristige Einnahme von L-Tryptophan beispielsweise greift in den Dopaminstoffwechsel ein, und die Aminosäure kann mit bestimmten Schmerzmitteln reagieren. Die Rücksprache mit einem erfahrenen Mediziner ist also stets empfehlenswert.
Tipps für eine optimale Versorgung mit Aminosäuren
Eiweißreiche Lebensmittel in die Ernährung integrieren
Aminosäuren sind die Bausteine von Proteinen, daher ist eine eiweißreiche Ernährung der Schlüssel zu einer optimalen Versorgung. Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Tofu und Hülsenfrüchte bieten alle essenziellen Aminosäuren und sorgen für eine umfassende Versorgung.
Auf vollständige Proteine achten
Vollständige Proteine enthalten alle essenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge. Besonders tierische Produkte sowie Quinoa, Soja und Chiasamen gehören dazu. Für Vegetarier und Veganer ist es wichtig, pflanzliche Proteinquellen geschickt zu kombinieren, um ein vollständiges Aminosäureprofil zu erhalten.
Proteinquellen kombinieren
Pflanzliche Proteine sind oft unvollständig, doch durch Kombination verschiedener Quellen können sie sich ergänzen. Beispielsweise bilden Reis und Bohnen oder Mais und Erbsen zusammen ein vollständiges Aminosäureprofil, das alle essenziellen Aminosäuren abdeckt.
Regelmäßig proteinreiche Snacks einbauen
Mehrere proteinreiche Snacks wie Joghurt, Nüsse oder Hummus über den Tag verteilt halten den Aminosäurespiegel konstant. Dies unterstützt die kontinuierliche Proteinversorgung, die wichtig für den Muskelaufbau und die Regeneration ist.
Auf Qualität und Vielfalt setzen
Die Auswahl an verschiedenen Proteinquellen sorgt für eine ausgewogene Aufnahme aller Aminosäuren. Wechseln zwischen tierischen und pflanzlichen Proteinen und der Konsum verschiedener Lebensmittelgruppen stellt sicher, dass alle Aminosäuren in ausreichender Menge verfügbar sind.
Supplemente bei erhöhtem Bedarf nutzen
In speziellen Fällen, etwa bei intensiver körperlicher Aktivität oder Mangelernährung, können Protein- oder Aminosäure-Supplemente sinnvoll sein. Besonders verzweigtkettige Aminosäuren (BCAAs) werden im Sport eingesetzt, um die Muskelregeneration zu fördern.
Auf eine ausgewogene Kalorienzufuhr achten
Eine zu niedrige Kalorienzufuhr zwingt den Körper, Protein als Energiequelle zu nutzen, was die Versorgung mit Aminosäuren für andere Funktionen beeinträchtigt. Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Kalorien hilft, die Proteine für den Aufbau und die Reparatur im Körper zu erhalten.
Auf Proteinverwertung im Alter achten
Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit des Körpers ab, Aminosäuren zu verwerten. Eine höhere Proteinzufuhr, insbesondere von leicht verdaulichen Quellen wie Fisch und Eiern, unterstützt die Muskelmasse und die allgemeine Gesundheit im Alter.
Frühstück nicht vergessen
Ein proteinreiches Frühstück gibt dem Körper die nötigen Aminosäuren nach der Nacht. Lebensmittel wie Eier, griechischer Joghurt oder ein Smoothie mit Proteinpulver unterstützen den Start in den Tag und versorgen den Körper mit den notwendigen Bausteinen.
Stress und Schlaf beachten
Stress und Schlafmangel erhöhen den Bedarf an bestimmten Aminosäuren, insbesondere Glutamin, das zur Stressbewältigung beiträgt. Eine gute Schlafhygiene und das Vermeiden von chronischem Stress unterstützen den natürlichen Aminosäurehaushalt und fördern die Regeneration.
Eine Kombination aus ausgewogener Ernährung, abwechslungsreichen Proteinquellen und der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse hilft, den Körper optimal mit allen wichtigen Aminosäuren zu versorgen und so die Gesundheit und Leistungsfähigkeit langfristig zu unterstützen.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
- Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001