Popliteales Entrapment-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von einem poplitealen Entrapment-Syndrom ist bei einer Verklemmung der Arteria poplitea in der Kniekehle die Rede. Meist ist eine Hypertrophie des Musculus gastrocnemius für die Kompression der Arterie verantwortlich. Die Therapie der Wahl besteht in einer operativen Dekompression des verklemmten Blutgefäßes.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das popliteale Entrapment-Syndrom?

Das popliteale Entrapment-Syndrom kann durch Fehlbelastungen bedingt werden. Aus diesem Grund lässt sich dem Syndrom insofern vorbeugen, als dass die Kniekehlenmuskeln mit Verstand belastet werden.
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Als Arteria poplitea betitelt die Medizin die Fortsetzung der Oberschenkelschlagader oder Arteria femoralis. Die Arteria poplitea zieht vom Hiatus adductorius aus durch die Fossa poplitea hindurch und erreicht so den unteren Anteil des Musculus popliteus, wo sie in die Endäste Arteria tibialis anterior und Arteria tibialis posterior aufzweigt.

Wie alle Arterien führt die Arteria poplitea Blut aus dem Herzen in die Körpergewebe der Peripherie, leitet also dementsprechend vom Herzen fort. Die Gewebeversorgung mit Blut entspricht wiederum einer Versorgung mit Sauerstoff, Nährstoffen und Botenstoffen, auf die alle Gewebe des Körpers zwingend angewiesen sind.

Das popliteale Entrapment-Syndrom ist eine Kombination aus verschiedenen Symptomen, die von einer Kompression der Arteria poplitea bedingt werden können. Die Symptomkombination tritt vorwiegend bei Kompressionen der Arterie in den Geweben der Kniekehle auf. In den meisten Fällen ist der Musculus gastrocnemius mit seinen Bandanteilen an der Kompression beteiligt. Die Verklemmung der Arterie kann zu einem vollständigen Poplitealarterienverschluss werden.

Ursachen

Das popliteale Entrapment-Syndrom hat eine Verklemmung der Arteria poplitea zur Ursache. In den meisten Fällen verklemmt sich die Arterie beim Sport. Häufig rutscht der Musculus gastrocnemius über die Arterie und ruft damit die Kompression hervor. Besonders gefährdet für die Verklemmung sind neben Sportlern vor allem Menschen mit einem hypertrophen Musculus gastrocnemius.

Hypertrophien sind Vergrößerungen von Geweben, die durch Zellvergrößerung verursacht werden. Grundsätzlich entwickeln sich die meisten Hypertrophien durch funktionell erhöhte Belastung. Der Musculus gastrocnemius kann demnach durch regelmäßiges Training hyperplasieren. Allerdings können Gewebe auch von Geburt an hypertroph ausfallen oder durch hormonelle Zusammenhänge größer werden.

Da die Arteria popliteale in der unmittelbaren Nachbarschaft des Muskels und seiner Bandapparate verläuft, kann es bei einer Muskelvergrößerung leicht zur Kompression kommen. Beide anatomischen Strukturen müssen die Kniekehle passieren, verlaufen also direkt benachbart durch eine anatomische Engstelle. Die Wahrscheinlichkeit einer Kompression innerhalb der Kniekehle ist so von Natur aus gegeben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das popliteale Entrapment-Syndrom äußert sich durch einen Komplex aus unterschiedlichen Symptomen. Am häufigsten handelt es sich bei den Betroffenen um junge Männer bis zu einem Alter von etwa 35 Jahren. Das Leitsymptom der Kompression ist ein pathologisch veränderter Fußpuls.

So verschwindet der Fußpuls der Betroffenen bei bestimmten Bewegungen und Aktivitäten beispielsweise oft ganz. Bei der Streckung des Knies lässt sich an Patienten mit dem poplitealen Entrapment-Syndrom in den meisten Fällen keinerlei Fußpuls detektieren. Auch bei der Dorsalflexion des betroffenen Fußes fällt der Fußpuls scheinbar aus.

Aufgrund der Kompression treten Durchblutungsstörungen ein, die sich beispielsweise in einem leicht einschlafenden Fuß manifestieren können. Schmerzen verursacht das Syndrom nur in den seltensten Fällen. Allerdings kann ein verändertes Warm-Kalt-Empfinden vorkommen. In vielen Fällen wurde von beidseitigen Kompressionen der Arterie berichtet. Abhängig von der Schwere und Dauer der Kompression können die Arterienwände zu Schaden kommen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Diagnose des poplitealen Entrapment-Syndroms kommen diagnostische Verfahren wie die Doppler- oder Duplexsonographie zur Anwendung. Der Arzt fordert den Patienten bei der Untersuchung zur Streckung des Knies oder zur Dorsalbeugung des Fußes auf und dokumentiert so bei Patienten mit dem Syndrom das Versiegen des arteriellen Strompulses an der Arteria poplitea.

Meist lässt sich die Diagnose nicht im Ruhezustand stellen. Das heißt, dass eine Sonographie am bewegungslosen Fuß keinerlei Hinweise auf das popliteale Entrapment-Syndrom vermittelt. Die Prognose für Patienten mit dem Syndrom ist günstig. In Einzelfällen löst sich die Kompression von selbst. In allen anderen Fällen muss der Arzt nach der Diagnose schnellstmöglich intervenieren, um Folgeerkrankungen auszuschließen.

Komplikationen

In erster Linie kommt es beim Entrapment-Syndrom zu einem veränderten Fußpuls. Diesen kann der Patient in den meisten Fällen auch fühlen. Vor allem bei Belastungen oder bei sportlichen Aktivitäten ist diese Änderung zu spüren. Weiterhin kann es durch die Kompression zu verschiedene Störungen der Durchblutung kommen, sodass die Füße einschlafen oder kribbeln.

Auch Lähmungen oder andere Störungen der Sensibilität können beim Entrapment-Syndrom auftreten und die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. Auch Krämpfe oder Schmerzen können dabei auftreten. In vielen Fällen verlieren die Betroffenen auch das Kalt-Warm-Empfinden und können diese Zustände nicht mehr richtig unterscheiden. Sollte es beim Entrapment-Syndrom nicht zu einer Behandlung kommen, kann es zu irreversiblen Schäden kommen, die nicht mehr behandelt oder wiederhergestellt werden können.

In der Regel kann das Entrapment-Syndrom mit Hilfe eines operativen Eingriffs behandelt werden. Dabei kommt es nicht zu Komplikationen oder zu anderen besonderen Beschwerden. Der Betroffene ist allerdings auch nach dem Eingriff auch Therapien angewiesen, sodass mehrerer Jahre vergehen können, bis der Fuß wieder in einer gewöhnlichen Art und Weise belastet werden kann. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch das Entrapment-Syndrom in der Regel nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich bei dieser Erkrankung um eine angeborene Krankheit handelt, bei welcher es nicht zu einer Selbstheilung kommt, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Ein Arztbesuch ist dann vonnöten, wenn der Betroffene an einem verringerten Fußpuls leidet. Dies kann sehr plötzlich und ohne erkennbaren Grund auftreten. Es kommt zu Störungen der Durchblutung und in vielen Fällen auch zu sehr starken Schmerzen, sodass die Patienten auch unter Gehbeschwerden leiden, die die Lebensqualität erheblich einschränken und verringern. Weiterhin können die betroffenen Arterien auch vollständig beschädigt werden, falls keine Behandlung eingeleitet wird.

Die Behandlung dieses Syndroms erfolgt meist durch einen Facharzt, wobei die Krankheit auch durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Orthopäden diagnostiziert werden kann. Besondere Komplikationen treten dabei nicht ein und die Beschwerden können meist gelindert werden. Auch die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch die Erkrankung nicht negativ beeinflusst. Da sich das Syndrom im Allgemeinen negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirkt, kann es auch zu psychischen Beschwerden kommen, sodass in einigen Fällen auch ein Besuch beim Psychologen sinnvoll sein kann.

Behandlung & Therapie

Das popliteale Entrapment-Syndrom wird kausal behandelt. Die Kompression der Arterie wird vom Arzt im Rahmen eines operativen Verfahrens aufgelöst. Zur Operationsplanung benötigt der Operateur einen umfassenden Überblick über die Verklemmung. Diesen Überblick verschafft er sich mit Verfahren wie der Angiographie, dem CT oder dem MRT.

Bei der Operation entfernt der Arzt einzelne Anteile des Musculus gastrocnemius, um die Arteria popliteale aus der Verklemmung zu befreien. Die operative Dekompression erfolgt oft relativ unmittelbar nach der Diagnosestellung, da die Verklemmung das Risiko für Thrombosen ansteigen lässt und deshalb so schnell wie möglich aufgelöst werden sollte. Nach der Operation ist das betroffene Bein zunächst zu schonen.

Um das Bein wieder zur normalen Belastbarkeit zu bringen, kann gezielte Physiotherapie nach der operativen Dekompression erforderlich sein. In Einzelfällen hypertrophiert der Muskel Jahre nach der Operation zum wiederholten Mal und eine zweite Dekompressionsoperation muss angesetzt werden. Im Regelfall erholen sich die Patienten nach der Dekompression schnell. Alle Symptome des poplitealen Entrapment-Syndroms erledigen sich in der Regel, sobald die Arterie aus der Verklemmung befreit wurde.


Vorbeugung

Das popliteale Entrapment-Syndrom kann durch Fehlbelastungen bedingt werden. Aus diesem Grund lässt sich dem Syndrom insofern vorbeugen, als dass die Kniekehlenmuskeln mit Verstand belastet werden. Bei der Neigung zu hormonellen Ungleichgewichten kann es zur Prävention außerdem sinnvoll sein, den eigenen Hormonstatus regelmäßig überprüfen zu lassen und, falls erforderlich, steigenden Wachstumshormon-Konzentrationen gegenzusteuern.

Nachsorge

Die Nachsorge ist hier nur limitiert möglich, da es sich bei dem poplitealen Entrapment-Syndrom um eine angeborene Krankheit handelt. Der Fokus liegt somit hauptsächlich auf der Linderung der Beschwerden durch eine symptomatische Nachsorge. Da bei dieser Krankheit ein operativer Eingriff notwendig war, sollte das betroffene Bein in der Zeit danach geschont und körperliche Anstrengungen vermieden werden.

Weiterhin kann auch Physiotherapie dabei helfen, die Belastbarkeit des Beins zu verbessern und wieder auf einen Normalzustand zu bringen. Hier ist es wichtig einen guten Mix aus Belastung und Ruhepausen zu beachten. Auch die Ernährung spielt in der Nachsorge eine wichtige Rolle, da Übergewicht die Beschwerden verstärken kann. Da die Erkrankung sich negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirken kann, vor allem auch bei sportlichen Menschen, ist in einigen Fällen eine psychologische Unterstützung notwendig.

Nach der Erkrankung mit poplitealen Entrapment-Syndrom ist eine Nachuntersuchung beim Hausarzt ratsam, um abzuklären, ob es eventuelle hormonelle Ungleichgewichte oder Probleme gibt. Hier müssen in einigen Fällen Wachstumshormone genommen werden. Die Prognose beim politealen Entrepment-Syndrom ist tendenziell positiv. Beschwerden können gelindert werden und die Lebenserwartung wird durch die Krankheit nicht beeinflusst.

Das können Sie selbst tun

Das popliteale Entrapment-Syndrom wird zumeist durch eine Operation geheilt. Danach wird der Unterschenkel wieder richtig durchblutet, wobei zusätzliche Therapien als Unterstützung dienen.

Im Anschluss an die OP dürfen die Patienten das Bein und den Fuß zunächst nur vorsichtig belasten. Nach der Schonungsphase folgt eine Physiotherapie, die das Knie beweglich macht und die normale Belastbarkeit wiederherstellt. Hier sollten die Betroffenen darauf achten, die richtige Balance zwischen Bewegungstraining, Belastung und Ruhepausen einzuhalten. Um eine erneute Hypertrophie des Muskels zu verhindern, können die physiotherapeutischen Maßnahmen kontinuierlich fortgesetzt werden. Neben der körperlichen Bewegung spielt auch die Ernährung eine gewisse Rolle, denn bei Übergewicht verstärken sich die Beschwerden.

Gerade bei Sportlern und aktiven Menschen ist die Diagnose oft eine psychische Belastung. Darum kann es sinnvoll sein, eine Selbsthilfegruppe zu finden. Hier ermutigen sich die Betroffenen und können ihre individuellen Erfahrungen austauschen. Bei den ersten Beschwerden und auch zu einem späteren Zeitpunkt sollten Fehl- und Überbelastungen unbedingt vermieden werden. Darum ist es so wichtig, dass die Kniemuskulatur in einem vernünftigen Maße beansprucht wird. Eine regelmäßige Kontrolle des Hormonstatus ist nicht nur bei Jugendlichen empfehlenswert.

Quellen

  • Engelhardt, M. (Hrsg.): Sportverletzungen – Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen. Urban & Fischer, München 2009
  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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