Replikation
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Replikation bezeichnet die Biologie die Verdoppelung der Erbinformationen, die der menschliche Körper in Form von Desoxyribonukleinsäure (DNS) speichert. Bestimmte Enzyme kopieren die Gene, wobei die Hälfte des ursprünglichen DNS-Strangs erhalten bleibt. Die Biologie spricht deshalb auch von semikonservativer Replikation.
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Was ist die Replikation?
Die Replikation ist ein biologischer Prozess, der die Desoxyribonukleinsäure (DNS) vervielfacht. Bei der DNS handelt es sich um eine lange Kette, die aus vier Arten von Nukleosiden besteht. Ein Nukleosid setzt sich aus einem Zucker (Desoxyribose) und einer Kernsäure zusammen.
Im Zellkern liegt die DNS in Form von Chromosomen vor, die aus aufspiralisierter DNS und Eiweißmolekülen bestehen. Für die Replikation entspiralisieren sich die Chromosomen und der DNS-Doppelstrang glättet sich. Anschließend trennen sich die beiden komplementären DNS-Stränge voneinander, wie die Zahnreihen eines Reißverschlusses. Erst dann kann die eigentliche Replikation beginnen.
Alle Lebewesen vervielfachen ihre Erbinformationen semikonservativ: Die eine Hälfte des Doppelstrangs bleibt bestehen, während eine zweite Hälfte von Enzymen neu gebildeten wird. In der ersten Tochtergeneration besitzt deshalb jede Kopie die Hälfte der Original-DNS der Elternzelle, in der zweiten Tochtergeneration macht sie noch ein Viertel der Gene aus.
Bereits 1958 konnten die Forscher Meselson und Stahl die semikonservative Replikation beweisen. Sie verwendeten dazu einen biochemischen Marker, mit dem sie die DNS von Bakterien kennzeichneten. Die Analysen bestätigten das Mengenverhältnis von ursprünglicher und neuer DNS, wie die Wissenschaftler es für die semikonservative Replikation vorausgesagt hatten.
Funktion & Aufgabe
In der menschlichen DNS kommen vier verschiedene Nukleinsäuren vor: Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Jeweils zwei von ihnen bilden ein sogenanntes Basenpaar; sie passen wie zwei Puzzleteile zueinander. Die Reihenfolge der Nukleoside stellt den genetischen Code dar, der alle erblichen Informationen des menschlichen Körpers beinhaltet. Die Kombination der einzelnen Nukleoside ist dabei mit der Kombination von Buchstaben vergleichbar: Obwohl das Alphabet nur eine begrenzte Anzahl von Buchstaben umfasst, können daraus nahezu unendlich viele Wörter gebildet werden.
Theoretisch benötigen Zellen nur einen einzelnen Strang der DNS, um darin Informationen zu speichern und weiterzugeben. Die DNS besitzt jedoch zwei Stränge, die einander ergänzen. Jede Information ist dadurch doppelt gespeichert. Den komplementären DNS-Strang bezeichnen Wissenschaftler auch als Matrize. Die beiden Ketten winden sich umeinander und bilden die charakteristische Doppelhelix. Hochspezialisierte Enzyme kopieren die DNS im Zellkern. Diese Katalysatoren sind in der Biologie als DNS-Polymerasen bekannt und setzen sich aus Eiweißmolekülen zusammen.
Bislang konnten Wissenschaftler drei verschiedene DNS-Polymerasen identifizieren, die leicht in ihren ausgeführten Funktionen voneinander abweichen. Die DNS-Polymerasen docken an einem DNS-Strang an einer ganz bestimmten Stelle an, die mit einem Primer gekennzeichnet ist. Bei einem Primer handelt es sich um ein Startmolekül, mit dem die Polymerasen das ersten Nukleosid des neuen DNS-Strangs verbinden.
Die Energie für ihre Arbeit gewinnen die Enzyme, indem sie zwei Phosphatreste von den Nukleosiden abspalten, die sie als Bausteine verwenden. Vom Primer aus arbeiten die Polymerasen vom 5'-Ende zum 3'-Ende. Dies geschieht an beiden DNS-Strängen der Original-Gene gleichzeitig. Bei einem der Stränge können die Enzyme kontinuierlich vorgehen und die komplementären Nukleinbasen eine nach dem anderen ergänzen. Da der gegenüberliegende Strang jedoch gespiegelt ist und dadurch in „falscher“ Reihenfolge verläuft, findet dort die Replikation als diskontinuierliche Synthese statt.
Die Polymerasen kopieren auch an der Matrize vom Primer ausgehend die DNS; sie können allerdings nur Fragmente synthetisieren, da sie den Vorgang immer wieder unterbrechen. Diese sogenannten Okazaki-Fragmente werden später von einem weiteren Enzym – ebenfalls einer DNS-Polymerase – verbunden. Diese DNS-Polymerase füllt dazu die Lücken zwischen den Okazaki-Fragmenten auf, indem sie ebenfalls die komplementären Nukleoside zum Matrizen-Strang ergänzt. Anschließend wandert eine DNS-Ligase über den neuen Doppelstrang und verknüpft die aneinandergereihten Nukleoside zu einer festen Kette.
Krankheiten & Beschwerden
Bei einer anderen Mutationsart, der Insertion, fügen die Enzyme während der Replikation ein Nukleosid zu viel ein. Dadurch verschiebt sich das Raster, welches die Nukleoside in Dreiergruppen teilt. Eine Dreiergruppe bildet ein Gen.
Auch die Deletion verschiebt das Leseraster. Im Gegensatz zur Insertion überspringen die Enzyme bei der Replikation ein Nukleosid: Es erscheint in der DNS-Kopie gelöscht. Dieser Fehler führen dazu, dass andere Enzyme die DNS nicht korrekt auslesen können; die Folge sind fehlerhaft produzierte Zellbausteine oder Botenstoffe. Infolgedessen können Stoffwechselstörungen auftreten, die potenziell eine Vielzahl von körperlichen Erkrankungen nach sich ziehen.
Allerdings müssen Mutationen nicht immer Krankheiten zur Folge haben. Vor allem Punktmutationen stellen ein geringeres Risiko dar, wenn sie innerhalb von DNS-Abschnitten stattfinden, die keine praktische Bedeutung für die Proteinsynthese haben.
Replikationsfehler sind vor allem kritisch, wenn die mangelhafte DNS in Ei- oder Samenzellen landet. Ein Embryo, der aus dieser DNS entsteht, besitzt neben der mutierten DNS keine fehlerfreie: Jede neue Kopie seiner DNS enthält dann ebenfalls die Mutation.
Quellen
- Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
- Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011