Rezeptorpotential

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Rezeptorpotential ist die Antwort von Sinneszellen auf einen Reiz und entspricht in aller Regel einer Depolarisation. Es wird auch Generatorpotential genannt und ist eine direkte Folge aus den Transduktionsprozessen, mit der der Rezeptor einen Reiz in Erregung überführt. Bei rezeptorassoziierten Erkrankungen ist dieser Prozess gestört.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Rezeptorpotential?

Das Rezeptorpotential ist die Antwort von Sinneszellen auf einen Reiz und entspricht in aller Regel einer Depolarisation.

Als Rezeptoren werden die Sinneszellen des menschlichen Körpers bezeichnet. Es handelt sich dabei um Proteine oder einen Proteinkomplex, an die Signalmoleküle binden. Im Inneren der Zellen werden so Signalprozesse ausgelöst. Rezeptoren nehmen Signale von außerhalb auf und verarbeiten sie zu bioelektrischer Erregung. Sie übersetzen Reize aus der Umwelt somit in die Sprache des zentralen Nervensystems. Die Rezeptoren sind hoch spezialisiert und gehören zu den Hauptinstanzen der menschlichen Wahrnehmung.

In unerregtem Zustand halten die Rezeptoren ein Ruhepotential inne. Dabei handelt es sich um eine Spannungsdifferenz, auf Basis einer ungleichen Verteilung von Natrium- und Kalium-Ionen, die den Intra- und Extrazellulärraum voneinander trennt. Ein eingehender Reiz aus der Umwelt bindet an die Rezeptorproteine und lässt den Rezeptor so sein Ruhepotential überschreiten. Dieser Prozess ist als Depolarisation bekannt. Das Rezeptorpotential ist die membranelektrische Antwort von Sinneszellen auf einen bestimmten Reiz. Manche Autoren differenzieren das Rezeptorpotential und das Generatorpotential. Die Depolarisation eines sensorischen Neurons verstehen sie als Generatorpotential. Ein Rezeptorpotential ist für sie dagegen ein Potential in der Membran der Rezeptorzelle.

Funktion & Aufgabe

Das Rezeptorpotential entsteht als Folge des Transduktionsprozesses. Dieser Prozess entspricht der Umwandlung von Reizenergien in körpereigene und daher verarbeitbare Erregung.

Im Zusammenhang mit dieser Umwandlung spielt der Begriff der Signalkaskade eine Hauptrolle. Die einzelnen Sinneszellen gehen bis zu einem gewissen Grad unterschiedliche Wege der Reizverarbeitung und Transduktion. Die Schritte der Bindung, der Umwandlung, der Weitergabe und der Regeneration sind ihnen aber gemein. Auch die Depolarisation der Sinneszelle ist ein gemeinsamer Schritt. Eine Ausnahme bilden die Fotorezeptoren des Auges. Licht ruft in ihnen als adäquater Reiz eine Hyperpolarisierung hervor.

Der Normfall ist allerdings die Depolarisation. Sie erfolgt in Relation zur jeweiligen Stärke des eingegangenen Reizes. Abhängig von der Reizstärke öffnen sich als Folge von Veränderungen in der Grundspannung zwischen Intra- und Extrazellulärraum die membranständigen Kationenkanäle. So wird ein reizschwellenabhängiges Aktionspotential in der Afferenz des Rezeptors generiert.

Als Afferenz wird das Nervengewebe verstanden, das auf den Zufluss von Informationen spezialisiert ist. Es handelt sich bei den Afferenzen also um Nervenbahnen, die dem Zentralnervensystem Erregungen zuleiten.

Der Verlauf des Rezeptorpotentials unterscheidet sich mit den jeweiligen Rezeptoren. Typischerweise wird das Potential aus einem Proportional- und einem Differentialanteil zusammengesetzt, sodass die Reizantwort der Rezeptoren ein Proportionalverhalten ist.

Das Rezeptorpotential ergibt sich in aller Regel aus der Öffnung der membranständigen Natriumkanäle. Sie schütten in der Zelle Natrium-Ionen aus, was als eigentliche Erregung verstanden wird. Die Hyperpolarisation der Fotorezeptoren entsteht dagegen mit der Schließung der Kanäle.

Das Rezeptorpotential unterliegt keinem Alles-oder-nichts-Gesetz, sondern nimmt mit der Reizstärke graduell zu. Wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht ist und das Schwellenpotential somit überschritten wird, generiert die Sinneszelle ein Aktionspotential. Wie fast alle Aktionspotentiale folgt auch das der Sinneszellen einem Alles-oder-nichts-Gesetz und besitzt in aller Regel keine regenerative Refraktärzeit.


Krankheiten & Beschwerden

Die Gruppe der rezeptorassoziierten Erkrankungen beeinträchtigt die Erregungsabläufe in Rezeptorzellen. Das hat ebenfalls Auswirkungen auf das Rezeptorpotential. In den vergangenen Jahren hat die medizinische Forschung verschiedene Rezeptor-Mutationen entdeckt. Diese Mutationen sind mittlerweile mit einem breiten Spektrum vererblicher und somatischer Krankheiten assoziiert.

Bei rezeptorassoziierten Erkrankungen sind die Rezeptoren defekt. Aus diesem Grund sind sie nicht mehr dazu fähig, an Signalmoleküle zu binden, Signale adäquat zu verarbeiten oder Signale weiterzugeben. Bei anderen Krankheiten aus dieser Gruppe lässt sich die Signaltransduktion kaum mehr oder überhaupt nicht mehr abschalten. Andere Mutationen können bestimmte Rezeptoren generell fehlen lassen oder falsch in die Membran einbauen.

Die meisten rezeptorassoziierten Erkrankungen haben ihre Ursache allerdings nicht in den Rezeptoren selbst, sondern in Autoantikörpern. Diese Autoimmunerkrankungen greifen mit ihren Autoantikörpern die Sinneszellen an und rufen Entzündungen hervor. Im Rahmen dieser Entzündungen werden die rezeptorinternen Strukturen zerstört und die Sinneszellen büßen ihre Funktionsfähigkeit ein.

Beispiele aus dieser Krankheitsgruppe sind die Myasthenia gravis und das Lambert-Eaton-Syndrom. Die Myasthenia gravis ist eine muskelneuronale Autoimmunerkrankung. Das Lambert-Eaton-Syndrom ist diesem Phänomen vergleichbar, kommt jedoch weitaus häufiger vor als die Myasthenia gravis.

Erkrankungen mit Rezeptordefekten werden nach ihrer Strukturklasse unterschieden. Bei Ionenkanal-Krankheiten ist beispielsweise die neuronale Struktur der Ionenkanälchen, und damit die biochemische Erregbarkeit der Rezeptoren, gestört.

Neben der Gruppe der rezeptorassoziierten Erkrankungen können auch Psychopharmaka Auswirkungen auf die Signalkaskade der Rezeptoren zeigen. Ihre Wirkstoffe setzen in diesem Fall direkt an Rezeptoren an und ahmen die Funktion des jeweiligen Neurotransmitters nach, um sich an den entsprechenden Rezeptor binden zu können. Andere Psychopharmaka blockieren die Rezeptoren für physiologische Neurotransmitter. Die beschriebenen Wirkungen verschiedener Psychopharmaka werden in der modernen Medizin gezielt zur Beeinflussung von Rezeptortätigkeiten angewandt.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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