Sehschärfe
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Sehschärfe ist die Schärfe, mit der ein visueller Eindruck aus der Umwelt auf der Netzhaut eines Lebewesens abgebildet und in seinem Gehirn verarbeitet wird. Faktoren wie die Rezeptorendichte, die Größe des rezeptiven Feldes und die Anatomie des dioptrischen Apparates beeinflussen die Sehschärfe im Einzelfall. Die Makuladegeneration ist eine der häufigsten Ursachen für einen Verlust der Sehschärfe.
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Was ist die Sehschärfe?
Die Sehschärfe ist unter dem medizinischen Terminus Visus bekannt. Mit dem Ausdruck bezieht sich die Medizin auf das Potenzial, mit dem ein Lebewesen durch sein Sehorgan die Strukturen seiner Umwelt wahrnehmen und identifizieren kann. Die Sehschärfe ist messbar und dient mitunter der Diagnostik.
Mit dem Visus sind diverse andere Ausdrücke der Medizin assoziiert. Das Minimum visibile bezeichnet die Grenze alles Sichtbaren. Das Minimum discriminibile ist die Erkennbarkeitsschwelle für Unterschiede zwischen einem Objekt und seiner Umgebung. Das Minimum separabile bezieht sich auf die Trennung von Nachbarkonturen aneinanderliegender Objekte.
Mit dem Minimum legibile ist die Lesesehschärfe gemeint. Sie ist von der eigentlichen Sehschärfe zu unterscheiden. Die Lesesehschärfe erfordert zusätzlich zum physiologischen Sehen ein Gedächtnis, das aus dem Buchstabenbestand logische Zusammenhänge formt.
Die Sehschärfe hängt vor allem von der Größe des rezeptiven Felds, von der Dichte der Netzhautrezeptoren und dem dioptrischen Apparat ab. Auch Objektbeschaffenheit und Form haben eine Auswirkung auf die Sehschärfe.
Funktion & Aufgabe
Innerhalb der Fovea centralis liegt eine Verschaltung der Zapfen auf Bipolarzellen und Ganglienzellen vor, die einer 1:1-Verschaltung entspricht. Jeder Zapfen ist so nur mit einer Zielzelle verbunden. Die Sehschärfe im zentralen Blickfeld ist durch die begrenzte Größe der rezeptiven Felder ideal. In der extrafovealen Region der Netzhaut projizieren mehrere Stäbchen auf eine Zelle und die Sehschärfe ist dementsprechend schlechter.
Nicht nur die Verschaltung der visuellen Rezeptoren, sondern auch ihre Dichte spielt für die Sehschärfe eine Rolle. In der Fovea centralis und damit dem zentralen Teil der Netzhaut ist die Dichte am höchsten. In den extrafovealen Netzhautregionen ist wiederum die Dichte der Stäbchen am größten. Da in der Papilla nervi optici überhaupt keine Photorezeptoren liegen, beträgt die Sehschärfe in diesem Bereich Null. Daher der Name 'Blinder Fleck'.
Ebenso wie die Faktoren Rezeptorendichte und Feldgröße spielt die Qualität und die Anatomie des dioptrischen Apparats eine zentrale Rolle für die Sehschärfe. So werden Strahlen am Rand der Hornhaut wesentlich stärker gebrochen als solche in der Achsengegend. In diesem Zusammenhang ist von der sphärische Aberration die Rede, die unscharfe Bilder auf der Netzhaut entstehen lassen kann.
Das Auge entspricht einem inhomogenen Medium, das Lichteinflüsse streut. Auch aus diesem Grund können Objekte zuweilen unscharf wirken. Neben dem Kammerwasser und dem Glaskörper beeinflussen die Linse und die Hornhaut die Schärfe, mit der ein Umgebungsbild auf der Netzhaut der Augen abgebildet wird. Die Hornhaut ist an ihrer Oberfläche in vertikale Richtung stärker verkrümmt als horizontal. Bei zu hohen Krümmungsunterschieden ist von Astigmatismus (einer Hornhautverkrümmung) die Rede, die unscharfe Bilder entstehen lässt.
Zum Teil beeinflusst auch die optische Beschaffenheit von Objekten und der Umgebung die Sehschärfe. Neben Kontrasten können in diesem Zusammenhang zum Beispiel Helligkeiten und Farben relevant sein. Genauso viel Einfluss auf den Visus hat die Form eines Objekts. So werden zum Beispiel rechte Winkel stärker vom Zentralnervensystem aufgelöst als im dioptrischen Apparat.
Krankheiten & Beschwerden
Emmetrope Patienten mit einem Visus von 1 erkennen eine Lücke mit einer Breite von einer Winkelminute. Falls ein Patient die Lücke nur ab der doppelten Breite erkennen kann, liegt ein Visus von 0,5 vor. Das Schrifttafel-Verfahren gestaltet sich etwas anders. Bei dieser Variante der Visus-Bestimmung liest der Patient Zahlen oder Buchstaben von einer Tafel ab.
Jede Zahlen- oder Buchstabenreihe ist durch eine bestimmte Entfernung gekennzeichnet. Wenn der Patient sie aus dieser angegebenen Entfernung entziffern kann, beträgt der Visus 1. Interessanterweise reicht eine Sehschärfe von 0,1 meist aus, damit sich ein Mensch im Freien und bei heller Beleuchtung orientieren kann. Zum Lesen ist dagegen mindestens ein Visus von etwa 0,5 erforderlich.
Sehbehinderungen mit einer Einschränkung der Sehschärfe treten physiologischerweise überwiegend im Alter ein und entsprechen zum Beispiel oft einer Degeneration der Makula. Die Ursachen für eine radikale Verminderung der Sehschärfe sind verschieden. So zählt neben der Makuladegeneration auch die diabetische Retinopathie zu den häufigsten Ursachen für verminderten Visus.
Auch mit Netzhautablösungen, einem Katarakt oder einem Glaukom können Beeinträchtigungen der Sehschärfe einhergehen. Außerdem tritt im Rahmen einiger angeborener Syndrome eine genetisch vorprogrammiert Degeneration der relevanten Strukturen ein, die einen Visusverlust verursacht. Bei einigen Erkrankungen können Sehhilfen die Sehschärfe wiederherstellen.
Quellen
- Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
- Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014