Sick-Building-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Besonders bei Menschen, die in Büros arbeiten, zeigen sich oft nach einer längeren Zeit am Arbeitsplatz oder nach Feierabend Symptome wie Augenbrennen, Fließschnupfen und Kopfschmerzen. Nach Verlassen des Gebäudes bessern sich diese Symptome in absehbarer Zeit wieder. In der Fachwelt wird diese Symptomatik als Sick-Building-Syndrom bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Sick-Building-Syndrom?

Charakteristische Beschwerden sind Kopfschmerzen, Schwindel, Haut- und Schleimhautprobleme, Atemwegssymptome, Übelkeit, Müdigkeit und Erschöpfung. Es können ein oder mehrere Symptome kombiniert auftreten.
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Als Sick-Building-Syndrom (SBS) werden verschiedene gesundheitliche Beschwerden bezeichnet, die im Zusammenhang mit Gebäuden stehen. Beschwerden dieser Art nehmen in der Arbeitswelt zu. Der Hauptverband der Berufsgenossenschaften (HVBG) schätzt, dass circa 30 Prozent aller Büroangestellten der Industrieländer unter einem Sick-Building-Syndrom leidet und dieses einen wirtschaftlichen Verlust in Milliardenhöhe beschert.

Als typische Beschwerden eines Sick-Building-Syndroms gelten Kopfschmerzen, Augenreizungen, Haut- und Schleimhautreizungen, Konzentrationsprobleme, Schwindel und Husten. Da diese Symptome aber auch bei anderen Menschen auftreten, ist die zweifelsfreie Diagnose nicht so einfach.

Von einem Sick-Building-Syndrom wird gesprochen, wenn bei mindestens 20 Prozent der Angestellten die genannten Symptome auftreten und sich diese außerhalb des Gebäudes bessern. Neben Büros können auch Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser und Labore betroffen sein.

Ursachen

Als Ursachen für ein Sick-Building-Syndrom sehen Umweltmediziner eine Reihe von Faktoren in Gebäuden. Krank machen können Bodenbeläge, Tapeten, Wandfarben, Klebstoffe, Baustoffe, Möbel, Holzschutzfarben. Es können auch psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen, aber Beschwerden sollten nicht vorschnell als psychisch eingestuft werden.

Auch ungünstige Lichtverhältnisse, ein hoher Geräuschpegel und Luftfeuchtigkeit können zu Beschwerden führen, besonders Schimmelpilze und Hausstaubmilben können die Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit massiv einschränken und Allergien begünstigen. Da ein Sick-Building-Syndrom sich nicht zu 100 Prozent feststellen lässt, muss es von dem Begriff Building Related Illness (BRI) abgegrenzt werden.

Bei dem eindeutige Ursachen wie chemische Belastungen oder Belastungen durch Keime oder Allergene nachgewiesen sind. Eine große Rolle spielen auch Bildschirmtätigkeit, die oft mit einer schlechten Sitzhaltung verbunden sind, Passivrauchen oder Elektrosmog durch Computer, Faxgeräte oder Kopierer.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome, die bei einem Sick-Building-Syndrom auftreten können, hängen sehr vom Auslöser und von den körperlichen Voraussetzungen Betroffener ab. Charakteristische Beschwerden sind Kopfschmerzen, Schwindel, Haut- und Schleimhautprobleme, Atemwegssymptome, Übelkeit, Müdigkeit und Erschöpfung. Es können ein oder mehrere Symptome kombiniert auftreten.

Wenn für die Beschwerden auch nach ärztlicher Untersuchung keine andere Ursache gefunden werden kann, ist es immer sinnvoll, im Gebäude nach möglichen Ursachen zu suchen, besonders dann, wenn auch andere Hausbewohner oder Angestellte unter vergleichbaren Symptomen leiden. Typisch für die Symptomatik ist, dass die Beschwerden in den Räumlichkeiten zunehmen, nach Verlassen des Gebäudes wieder abklingen und bei einem erneuten Aufenthalt im Gebäude wieder zunehmen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Um ein Sick-Building-Syndrom feststellen zu können, empfiehlt sich zunächst eine Befragung der betroffenen Personen. Das Problem ist in den USA seit den 70er Jahren bekannt. Forscher der Universität Jena befragten zwischen 1994 und 2000 über 5000 Büroangestellte und führten an 1.500 Arbeitsplätzen Messungen durch. Dabei stellte sich heraus, dass offenbar psychosoziale Faktoren eine größere Rolle spielen als das Raumklima, weil subjektive Einschätzungen der Befindlichkeit sich nicht mit objektiven Mess-Ergebnissen deckten.

Zur genauen Diagnose ist eine gründliche Ursachenforschung durch Umweltmediziner sinnvoll, die feststellen können, ob nur Einzelne oder ganze Gruppen betroffen sind. Zunächst werden Betroffene befragt, welche Beschwerden wann und wo auftreten, bei welchen Tätigkeiten, ob es Veränderungen der Arbeitsplatzbedingungen oder des Betriebsklimas gab.

Erhärtet sich der Verdacht auf chemische Ausdünstungen oder ein ungünstiges Raumklima, werden Raummessungen durchgeführt. Zur Ermittlung der Verkeimung von Klimaanlagen gibt es Schnelltests. Beschwerden sollten immer ernst genommen werden, weil manche Schadstoffe bei Dauerbelastung häufige Krankmeldungen auslösen können. Dies kann ebenso zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führen.

Komplikationen

Das Sick-Building-Syndrom kann zu verschiedenen Symptomen führen. Diese hängen dabei stark von der jeweiligen Luftverschmutzung ab, sodass kein allgemeiner Verlauf vorhergesagt werden kann. In der Regel hat auch der Gesundheitszustand des Patienten einen hohen Einfluss auf die weiteren Komplikationen dieses Syndroms.

Die Betroffenen leiden mitunter an Müdigkeit und an Erschöpfung. Es treten Beschwerden beim Atmen auf, auch Übelkeit ist nicht selten. In den meisten Fällen verstärken sich die Beschwerden, wenn sich die Patienten im Gebäude aufhalten. Weiterhin kann es zu starken Kopfschmerzen oder zu Schwindelgefühlen kommen.

Bei Kindern wirkt sich das Sick-Building-Syndrom sehr negativ auf die Entwicklung aus und kann diese erheblich einschränken und verzögern. Auch schulische Beschwerden können dabei auftreten. Die Beschwerden verstärken sich in den meisten Fällen, wenn die Ursache des Sick-Building-Syndroms nicht bekämpft wird. In der Regel ist dafür ein Umzug oder eine umfassende Sanierung eines Wohnraumes notwendig.

Vor allem in Schulen oder in Kindergärten kann das Sick-Building-Syndrom zu schweren Atembeschwerden und zu einem deutlichen Konzentrationsverlust führen. Die Beschwerden des Sick-Building-Syndroms können nur mit Hilfe einer Sanierung oder häufigem Lüften bekämpft werden. Vor allem in schulischen Einrichtungen ist dieses Lüften notwendig. Ob sich das Sick-Building-Syndrom tatsächlich negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen auswirkt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Sick-Building-Syndrom muss immer durch einen Mediziner untersucht und behandelt werden. Es handelt sich hierbei um eine schwerwiegende Erkrankung, die sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken und diese deutlich verringern kann. Ebenfalls kommt es unbehandelt durch das Sick-Building-Syndrom zu einer deutlich verringerten Lebenserwartung des Betroffenen. Aus diesem Grund sollte bei den ersten Beschwerden des Sick-Building-Syndroms ein Arzt aufgesucht werden, wobei in der Regel auch ein Wohnungswechsel zu empfehlen ist. Ein Arzt ist daher dann aufzusuchen, wenn der Betroffene nach dem Aufhalten in Innenräumen an einer starken Müdigkeit oder an Atembeschwerden leidet.

Die Betroffenen wirken dabei sehr träge und können auch nicht mehr aktiv am Alltag teilnehmen. In einigen Fällen stellt sich eine dauerhafte Übelkeit ein, sodass die Patienten auch an Appetitlosigkeit leiden. Ein Arzt ist vor allem dann aufzusuchen, wenn diese Beschwerden nach dem Aufhalten in einem Raum auftreten und nicht wieder von selbst verschwinden. Beim Sick-Building-Syndrom kann in erster Linie ein Allgemeinarzt aufgesucht werden, der die Erkrankung diagnostizieren kann. Da eine direkte Behandlung der Krankheit nicht möglich ist, muss der Aufenthalt in den jeweiligen Räumen sofort unterbrochen werden, um weitere Schäden am Körper des Betroffenen zu verhindern.

Behandlung & Therapie

Da ein Sick-Building-Syndrom schwer und nicht eindeutig zu diagnostizieren ist, gibt es keine einheitliche Therapie, sondern sie richtet sich nach den individuellen Beschwerden und Voraussetzungen. Die beiden Hauptpfeiler der Behandlung bestehen in der Beseitigung der Ursachen und Linderung der Symptome. Beim Raumklima als Verursacher kann der Einbau eines besseren Luftfilters oder eine bessere Wartung zu einer Verbesserung beitragen.

Wenn bei der Diagnostik festgestellt wurde, dass schädliche Materialien verwendet wurden, müssen diese ausgetauscht werden und Räume saniert werden. Wenn in den Räumen keine klare Ursache und kein Verursacher ermittelt werden kann, helfen manchmal auch allgemeine Maßnahmen wie regelmäßiges Lüften der Räume und fachgerechtes Heizen. Zehn Minuten Stoßlüften sind sinnvoller als permanent gekippte Fenster.

Auch Zimmerpflanzen können sehr zur Verbesserung des Raumklimas beitragen, besonders Pflanzen wie Dieffenbachia und Farne sind in der Lage, Schadstoffe aus der Luft zu filtern, aber Pflanzen erhöhen gleichzeitig auch die Luftfeuchtigkeit, was Schimmelpilze begünstigen kann. Deshalb ist ein Ausgleich zwischen der erwünschten Filterwirkung und der Zunahme der Luftfeuchtigkeit sinnvoll.


Vorbeugung

Noch wichtiger als die Behandlung ist eine rechtzeitige Vorbeugung, damit es gar nicht erst zum Sick-Building-Syndrom kommt. Schon beim Bau oder der Renovierung sollte auf schadstofffreie Materialien und Raumausstattungen geachtet werden. Zur Verbesserung der Raumqualität empfiehlt sich regelmäßiges Lüften, am besten Stoßlüften. Pflanzen wirken wie ein natürlicher Luftfilter und tragen sehr zum Wohlbefinden in Räumen bei. Auch bei Büromöbeln und -geräten sollte auf die Schadstofbelastung geachtet werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Sick-Building-Syndrom in den meisten Fällen nur wenige und auch nur eingeschränkte Maßnahmen und Möglichkeiten der direkten Nachsorge zur Verfügung. Daher sollte der Patient idealerweise schon sehr früh einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von weiteren Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Im Allgemeinen sollte sich der Betroffene dabei nicht im Gebäude aufhalten, durch welches diese Beschwerden und Symptomen aufgetreten sind.

Dabei sind regelmäßige Untersuchungen und Kontrollen durch einen Arzt sehr wichtig, um andere Schäden und Beschwerden schon früh zu erkennen und damit auch früh zu behandeln. Eine Selbstheilung kann sich dabei in den meisten Fällen nicht einstellen. Vor allem die Lunge des Betroffenen sollte bei dieser Erkrankung besonders gut und häufig kontrolliert werden, um Schäden schon frühzeitig zu erkennen.

Dabei ist eventuell auch ein operativer Eingriff notwendig, um die Beschwerden des Sick-Building-Syndroms vollständig zu lindern. Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene auf jeden Fall ausruhen und schonen, wobei von Anstrengungen oder von stressigen und körperlichen Tätigkeiten abzusehen ist. Eventuell verringert das Sick-Building-Syndrom auch die Lebenserwartung des Patienten, wenn es erst spät erkannt wird, wobei der allgemeine Verlauf sehr stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig ist.

Das können Sie selbst tun

Der alltägliche Umgang mit dem Sick-Building-Syndrom wird dann problematisch, wenn sich der Aufenthalt in den Räumen, die die Symptome verursachen, nicht vermeiden lässt. Über eine Umfrage lässt sich feststellen, ob mehrere Personen unter Reizungen und Beschwerden leiden. Die Fragebögen für die Menschen in dem betroffenen Gebäude zielen darauf ab, die kollektiven Eindrücke zu sammeln. Wenn es nur eine Einzelperson ist, die sich über ein schlechtes Befinden beklagt, kann eine psychosomatische Ursache vorliegen. Ansonsten ist es Zeit, die Bedingungen in dem Gebäude bzw. am Arbeitsplatz genauer zu prüfen.

Die erste Selbsthilfe besteht darin, die Räumlichkeiten gründlich durchzulüften. Auch das Entfernen des erkannten Auslösers wirkt sich positiv auf das allgemeine Befinden aus. Neben dem geringeren Einsatz von Schadstoffen kann auch ein Austausch der Klimatechnik helfen.

Wenn die Zeichen auf psychosomatische Beschwerden hinweisen, dann benötigen die Patienten eine individuelle psychiatrische Therapie. Auch Konzentrationsübungen oder speziell entwickelte Strategien für die Bewältigung des Unwohlseins können im normalen Berufsleben sinnvoll sein. Damit verbessern sich neben den körperlichen Symptomen auch die Stimmung, die Motivation und das Selbstwertgefühl.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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