Spastische Paraplegien
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter spastischen Paraplegien werden neurodegenerative Erkrankungen verstanden. Sie entstehen entweder durch Vererbung oder treten spontan auf.
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Was sind spastische Paraplegien?
Spastische Paraplegien (SPG) ist die Bezeichnung für mehrere neurodegenerative Krankheiten. Mediziner nennen sie auch spastische Spinalparalysen. Unterteilt werden die Erkrankungen in spontane und erblich bedingte Formen. Erbliche spastische Paraplegien tragen die Bezeichnung Strümpell-Lorrain-Syndrom oder hereditäre spastische Paraplegie (HSP). Dabei handelt es sich um genetisch heterogene Krankheiten, deren Auslöser Mutationen in verschiedenen Genen sind.
Bemerkbar machen sich spastische Paraplegien durch Lähmungen in den Beinen. Dabei besteht die Gefahr, dass die Betroffenen für ihre restliche Lebenszeit einen Rollstuhl benötigen. Männer erkranken doppelt so oft an einer spastischen Paraplegie wie Frauen.
Ursachen
Spastische Paraplegien treten selten auf und zeigen sich bei zehn von 100.000 Menschen. Dabei stellt die spastische Spiralanalyse keine Einzelerkrankung dar. Stattdessen bildet sie eine Gruppe von verschiedenen Krankheiten, die eine Versteifung der Beinmuskulatur der betroffenen Personen zur Folge hat. In den letzten Jahren gelang es Wissenschaftlern, mehrere Gene aufzuspüren, die in Zusammenhang mit den spastischen Paraplegien stehen. Sogar die Produkte, deren Herstellung durch diese Gene erfolgt, ließen sich entdecken. Dadurch besteht die Hoffnung, die Krankheitsabläufe, die bislang noch nicht genau bekannt sind, zu verstehen und entsprechende Therapien zu entwickeln, die in der Lage sind, die tückische Krankheit zu beenden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Unterteilt werden die spastischen Paraplegien in eine unkomplizierte sowie eine komplizierte Form. Bei der unkomplizierten Form leiden die Patienten neben einer spastischen Erhöhung des Tonus innerhalb der Beinmuskeln unter leichten Gefühlsstörungen in Beinen und Füßen. Ebenso können leichte Blasenentleerungsstörungen auftreten. Die komplizierte Form zeigt sich seltener. Bei ihr leiden die Betroffenen oftmals auch unter Epilepsie, Störungen der peripheren Nerven, Augenkrankheiten, gestörten Zielbewegungen (Ataxie) oder Demenz.
Die ersten Symptome einer spastischen Paraplegie können zwischen Kindheit und hohem Lebensalter auftreten. In den meisten Fällen machen sie sich jedoch zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensjahrzehnt bemerkbar. Dabei kommt es in den Beinen zunächst zu einer Steifigkeit, an die sich Störungen des Gleichgewichts und des Ganges anschließen. Die Beschwerden sind auf eine spastische Tonuserhöhung zurückzuführen. Diese führt dazu, dass der Betroffene seine Gliedmaßen nicht mehr so leicht bewegen kann wie im gesunden Zustand.
Dabei streckt sich das Bein im Knie-Hüftgelenk, während der Fuß innerhalb des Sprunggelenks in die untere Richtung gedrückt wird. Infolgedessen fällt den Patienten das Gehen schwerer und sie stolpern häufiger. Im schlimmsten Fall gerät der Patient im weiteren Verlauf der Krankheit in die Abhängigkeit eines Rollstuhls. Bei einer unkomplizierten spastischen Paraplegie treten nur geringfügige Krafteinschränkungen auf.
Eine geringe Muskulaturverschmächtigung zeigt sich an den Beinen. An Unterschenkeln und Füßen sind zudem Vibrationsempfinden und Lagesinn beeinträchtigt. Etwa 30 bis 40 Prozent aller Patienten leiden unter Störungen der Blasenentleerung. Dabei verspüren sie häufigen Harndrang, können ihre Blase aber nur tropfenweise entleeren. Mitunter kommt es auch zu einer Inkontinenz.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnostik einer spastischen Paraplegie fällt nicht immer leicht. So lässt sich die Krankheit bislang nur durch eine positive genetische Untersuchung nachweisen. Weitere technische Diagnosemöglichkeiten gibt es nicht. Aus diesem Grund befasst sich der untersuchende Arzt zunächst mit der Krankengeschichte des Patienten und führt anschließend eine klinisch-neurologische Untersuchung durch. Zum Ausschluss von anderen möglichen Erkrankungen können eine Untersuchung des Nervenwassers, eine Magnetresonanztomographie (MRT) sowie eine neurophysiologische Untersuchung stattfinden.
Der Verlauf der spastischen Spinalparalyse hängt davon ab, ob es sich um eine unkomplizierte oder komplizierte Form handelt. Bei der unkomplizierten Variante sind die Symptome geringer ausgeprägt. Oftmals müssen die Patienten einen Rollstuhl benutzen. Da ihre Arme jedoch nicht von der Krankheit beeinträchtigt werden, sind sie zu einer Selbstversorgung in der Lage. Das Voranschreiten der spastischen Paraplegie erfolgt nur langsam. Das Ausmaß der Funktionsstörungen fällt individuell sehr unterschiedlich aus.
Komplikationen
Unkomplizierte spastische Paraplegien können unter anderem zu Gefühlsstörungen in den Beinen und Füßen führen. Die Patienten leiden manchmal außerdem unter leichten Blasenentleerungsstörungen, die ihrerseits mit Komplikationen verbunden sind. Die komplizierte Form kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Typischerweise leiden die Betroffenen unter Störungen der peripheren Nerven, Epilepsie oder Demenz.
Auch Augenkrankheiten und Ataxie sind denkbar. Im Allgemeinen sind die Zuckungen auch mit einem erhöhten Verletzungsrisiko verbunden. Die Beweglichkeit ist zumeist eingeschränkt, so dass die Patienten in den späteren Stadien der Erkrankung häufig auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Das Ausmaß der Funktionsstörungen fällt individuell sehr unterschiedlich aus und kann von leichten Einschränkungen bis hin zur kompletten Immobilität reichen. Bei der Behandlung treten meist keine größeren Komplikationen auf.
Im Rahmen der Krankengymnastik kann es allenfalls zu Muskelkater und harmlosen Verspannungen kommen. Lediglich bei Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder der Schilddrüse können ernste Beschwerden auftreten. Riskanter ist die Wärmetherapie, in deren Verlauf es zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder sogar einer Ohnmacht kommen kann. Bei Epileptikern besteht die Gefahr, dass die Behandlung die Erkrankung verschlimmert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei dieser Erkrankung muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden. Es kann dabei nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Betroffene daher immer auf die Behandlung durch einen Arzt angewiesen ist. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine erblich bedingte Erkrankung, sodass bei einem Kinderwunsch auch eine genetische Beratung durchgeführt werden kann, um das Vererben der Krankheit an die Nachfahren zu verhindern. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Patient an verschiedenen Gefühlsstörungen leidet. Es kann dabei auch zu einer Epilepsie kommen, wobei die meisten Betroffenen auch Symptome einer Demenz zeigen können.
Treten diese Beschwerden auf, sollte immer ein Arzt konsultiert werden. Weiterhin können auch plötzliche Beschwerden an den Augen oder Störungen am Gleichgewicht ebenfalls auf diese Krankheit hindeuten und sollten durch einen Arzt kontrolliert werden. Nicht selten zeigt sich die Erkrankung auch durch eine plötzlich auftretende Inkontinenz. Dabei kann in erster Linie ein Allgemeinarzt aufgesucht werden. Die weitere Behandlung wird dann von einem Facharzt durchgeführt. Ob es dabei zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht universell vorhergesagt werden. Im Falle eines epileptischen Anfalls sollte jedoch sofort ein Notarzt gerufen werden.
Behandlung & Therapie
Es ist nicht möglich, die Ursachen einer spastischen Paraplegie zu behandeln, da es sich bei ihr um eine Erkrankung handelt, die genetisch vererbt wird. Noch immer forscht die Gentherapie nach Optionen für eine wirksame kausale Behandlung. So beschränkt sich die Therapie der Krankheit auf die Symptome. Dabei unterzieht sich der Patient physiotherapeutischen Übungen und erhält Medikamente. Die Grundlage der Behandlung bildet die Krankengymnastik. Dabei werden die motorischen Funktionen gezielt trainiert.
Des Weiteren soll verhindert werden, dass es zu Kontrakturen von Gelenken, Sehnen und Muskeln kommt, die die Bewegungen des Patienten noch weiter einschränken. In leichten Fällen findet eine funktionserhaltende Physiotherapie statt, während in komplizierten Fällen eine Kontrakturprophylaxe erfolgt. Als Therapiemethode hat sich die Bobath-Methode bewährt, die in zahlreichen Kliniken zur Anwendung kommt. Bei diesem Verfahren findet eine gleichmäßige und langsame Dehnung der spastischen Muskelgruppen statt. Die Behandlung wird häufig mit einer Wärmetherapie kombiniert.
Vorbeugung
Spastische Paraplegien sind genetisch bedingt. Aus diesem Grund gibt es keine wirkungsvollen Vorbeugemaßnahmen.
Nachsorge
Bei spastischer Paraplegie ist die Nachsorge sehr eingeschränkt und abhängig von der Form der Ausprägung. Aktuell ist keine kausale, sondern nur eine symptomatische Behandlung möglich. Die Nachsorge erfolgt hier vor allem durch Physiotherapie. Ziel ist es, die motorischen Funktionen durch Krankengymnastik zu trainieren und eine weitere Einschränkung der Bewegungsfähigkeit zu verringern.
Vor allem die Bobath-Methode gilt als erfolgversprechend, da hier eine langsame Dehnung der Muskelgruppen erfolgt. Begleitend zur Physiotherapie wird auch oft eine Wärmetherapie genutzt. Im Alltag sollten Gefahrensituationen vermieden werden, vor allem bei Betroffenen mit epileptischen Anfällen oder auch kognitiven Einschränkungen. Hier kann es in schweren Fällen notwendig sein, dass die Person Hilfe im Alltag benötigt. Weiterhin sind Gehhilfen oder Rollstühle bei Gleichgewichtsstörungen angeraten.
In einigen Fällen ist eine psychologische Begleitung ratsam, um das Wohlbefinden zu fördern und eventuellen Depressionen zu verhindern. Auch regelmäßige Termine beim Facharzt zur Kontrolle der Erkrankung sind wichtig. Teilweise erhält der Erkrankte eine spezielle medikamentöse Behandlung mit antispastischen Oralmedikamenten oder auch kontinuierlichen Infusionen. Da es obendrein zu Störungen bei der Blasenentleerung kommen kann, sind spezielle Hygieneartikel notwendig.
Die spastische Paraplegie ist eine nicht heilbare Krankheit und schränkt die Lebensqualität ein. Es kann nicht generell von einer reduzierten Lebenserwartung gesprochen werden, da dies jeweils vom Grad der Erkrankung abhängt.
Das können Sie selbst tun
Im Alltag ist es besonders wichtig, dass sich der Betroffene keinen zusätzlichen Gefahren aussetzt. Insbesondere bei Betroffenen, bei denen ein sporadisches Auftreten der Beschwerden wahrgenommen wird, sollte darauf geachtet werden, dass sie stets Hilfe in ihrer Nähe haben. Bei einem epileptischen Anfallsleiden sollte der Betroffene sich keinerlei Gefahrensituation aussetzen. Risikobehaftete Situationen sollten ermittelt werden und im Alltag nach Möglichkeit entsprechend gemieden werden.
Kommt es zu kognitiven Einbußen sind ebenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die im Alltag weder eine Orientierungslosigkeit noch Angst auslösen. Bei Beeinträchtigungen des Sehvermögens ist besondere Vorsicht notwendig, damit der Betroffene keinen Unfällen ausgesetzt wird oder Gefahrensituation erlebt. Sobald erste Unregelmäßigkeiten auftreten, ist es besonders wichtig, Ruhe zu bewahren. Umstehende Personen sind zu informieren und Maßnahmen der Hilfe sollten eingeleitet werden.
Zum Schutz vor Einnässen können Hygieneartikel verwendet werden. Dies beugt möglichen Situation der Scham vor. Bei Störungen des Gleichgewichts ist die Nutzung von Gehhilfen anzuraten. Hektische Situationen sollten vermieden werden. Sportliche Aktivitäten sind den Möglichkeiten des Organismus anzupassen. Besonders wichtig ist es, gezielt das Wohlbefinden zu fördern und durch Freizeitaktivitäten die Lebensfreude zu unterstützen. Ein Rückzug aus der Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben kann Folgeerkrankungen auslösen, denen rechtzeitig entgegengewirkt werden sollte.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003