Tight Junction

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Tight Junctions sind Proteinnetzwerke. Sie umgürten das Endothelgewebe des Darms, der Blase und des Gehirns und übernehmen neben stabilisierenden Funktionen zusätzlich Barrierefunktionen. Störungen dieser Barrierefunktionen wirken sich negativ auf die unterschiedlichen Milieus des Körpers aus.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Tight Junction?

Tight Junctions bilden abhängig von der Aufgabe und dem Epithel unterschiedlich enge Netzwerke. Im Darm sitzen die Membranproteine lose. Die der Blut-Hirn-Schranke bilden eine relativ dichte Barriere.
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Jede Zellmembran enthält verschiedene Proteine. Die einzelnen Membranproteine bilden ein mehr oder weniger dichtes Netzwerk. In diesem Zusammenhang ist eine "dichte Verbindung", auf Lateinisch "Zonula occludens" und auf Englisch "Tight Junction" genannt, eine Art proteinhaltige Schlussleiste, die zum Beispiel die Epithelzellen von Wirbeltieren umgürtet und mit Nachbarzellbändern in enger Verbindung steht.

Tight Junctions dichten die Zellzwischenräume ab. Sie entsprechen einer Barriere der Diffusion. Bei der Diffusion handelt es sich um einen Stofftransportweg im Körper von Lebewesen, der einzelne Moleküle in die Zellen aufnimmt. In Form einer Diffusionsbarriere kontrollieren Tight Junctions den Molekülfluss in das Epithel. Außerdem verhindern sie die Diffusion von Membranbestandteilen aus dem apikalen in den lateralen Bereich und andersherum. Durch letztere Funktion erhalten sie die Polarität der Epithelzellen aufrecht.

Tight Junctions umgürten das Nieren-, Harnblasen- und Darmepithel. Darüber hinaus sind sie ein funktionaler Bestandteil der sogenannten Blut-Hirn-Schranke und sorgen dafür, dass Stoffe aus dem Blut nichts ins Gewebe des Gehirns diffundieren können. Die Schlussleisten aus Membranproteinen können verschiedene Proteine enthalten. Vermutlich sind bisher noch nicht alle davon bekannt.

Anatomie & Aufbau

Die wichtigsten Membranproteine innerhalb der Tight Junctions sind Claudine und Occludin. Claudine wurden in Wirbeltieren mehr als 20 verschiedene dokumentiert. Alle integralen Membranproteine besitzen netzförmige Anordnung und verbinden die Membranen mehrerer Zellen inform eines Kopf-an-Kopf-Kontakts. Wässrige Poren machen die Anatomie aus.

Die Zusammensetzung der enthaltenen Membranproteine unterscheidet sich von Epithel zu Epithel und hängt von den funktionellen Anforderungen an die Tight Junctions ab. DAS Claudin 16 im Nierenepithel ist zum Beispiel an der Aufnahme von Mg2+-Ionen der Nieren ins Blut beteiligt. Tight Junctions bilden abhängig von der Aufgabe und dem Epithel unterschiedlich enge Netzwerke. Im Darm sitzen die Membranproteine lose. Die der Blut-Hirn-Schranke bilden eine relativ dichte Barriere.

Die Dichtigkeit des Netzwerks korreliert mit der Durchlässigkeit. Das Proteinnetzwerk besteht je aus schmalen Strängen. Vor allem die extrazellulären Bereiche der einzelnen Proteine verbinden sich zu einer Zellverbindung. Die intrazellulären Bereiche hängen am Zytoskelett von Zellen. Gürtelhaft umgeben die Tight Junctions so den Zellumfang eines Epithels und schmiegen sich damit an den Epithelzellverband.

Funktion & Aufgaben

Tight Junctions sind vorwiegend eine Diffusionsbarriere. Diese Funktion kann Moleküle ganz vom Intrazellularraum zurückhalten, oder mit einer selektiven Durchlässigkeit (Semipermeabilität) für Moleküle bestimmter Größe assoziiert sein. Das Netzwerk aus Tight Junctions bildet durch seine Funktion als Diffusionsbarriere die Voraussetzung für Transzytose. Die parazelluläre Diffusion von Molekülen oder Ionen durch den Epithelraum hindurch wird durch die Tight Junctions verhindert. Gleichzeitig halten die Schlussleisten Körperflüssigkeiten vom Ausströmen ab.

Die Membranproteine der Tight Junctions schützen den Organismus außerdem vor eindringenden Mikroorganismen und bilden so auch für lebendige Eindringlinge eine Barriere. Neben der Barriere-Funktion besitzen Tight Junctions eine sogenannte Zaunfunktion. Das Proteinnetzwerk verhindert die Bewegung einzelner Membrankomponenten und hält damit die Zellpolarität des Epithels aufrecht. Das Epithel wird durch die Netzwerke in apikale und basale Bereiche unterteilt. Die apikale Zellmembran des Epithels hat eine andere Biochemie als die basolaterale Zellmembran. Die Tight Junctions helfen bei der Aufrechterhaltung dieser biochemischen Milieuunterschiede und ermöglichen schon dadurch einen gerichteten Stofftransport.

Zu diesen Funktionen kommen mechanische Funktionen hinzu. So dienen Tight Junctions beispielsweise auch der Stabilisierung von Epithelzellverbänden. Sie verbinden die Zellen des Zytoskelettes miteinander und sorgen für die Gewebestatik des Epithels. Die Durchlässigkeit zwischen den Epithelzellen ist vorübergehenden Veränderungen unterlegen. Das Epithel ist damit in der Lage, auf parazellulär erhöhte Transportanforderungen zu reagieren. Zu diesem Zweck assoziieren die Claudine und Occludine der "dichten Verbindungen" mit den intrazellulären Membranproteinen, die eine Verbindung mit dem Aktin-Cytoskelett aufbauen.


Krankheiten

Die Tight Junctions können durch Mutationen verändertem Aufbau unterliegen und damit ihre Funktionen verlieren. Das Claudin 16 der Proteinnetzwerke im Nierenepithel liegt so nach Mutationen des proteinkodierenden Gens nicht in der erforderlichen Form vor. Derartige Mutationen können in einen Mg2+-Verlust resultieren.

Wegen dem Verlust der Barriere-Funktion werden zu wenig Mg2+-Ionen aus den Nieren ins Blut aufgenommen und zu viele mit dem Urin ausgeschieden. Auch Erkrankungen können die "Zonula occludens" beeinträchtigen. Das gilt insbesondere für das Gehirn. Die Blut-Hirn-Schranke ist eine natürliche Diffusionsbarriere zwischen Blut und Gehirn, die das Milieu des Gehirns aufrechterhält. Zu Störungen der Blut-Hirn-Schranke kommt es zum Beispiel im Rahmen der Multiplen Sklerose. Allerdings können auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus die Blut-Hirn-Schranke stören. Die Schutzwirkung der Schranke verliert sich auch bei verschiedenen Gehirnverletzungen und degenerativen Erkrankungen.

Bei Multiple Sklerose sind es die immer wiederkehrenden Entzündungen des Gehirns, die sich schädlich auf die Tight Junctions auswirken. Die Zellen der körpereigenen Immunabwehr überwinden im Rahmen der Autoimmunerkrankung die Blut-Hirn-Schranke. Bei einem ischämischen Schlaganfall werden Bestandteile der Tight Junctions innerhalb der Blut-Hirn-Schranke sogar abgebaut. Diese Form des Schlaganfalls geht mit einer Blutleere im Gehirn einher, die anschließend wieder mit Blut gefüllt wird. Die Endothelien der Blut-Hirn-Schranke verändern sich in zwei Phasen.

Da durch den krankhaften Prozess Oxidantien, proteolytische Enzyme und Zytokine freigesetzt werden, ändert sich die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke. Ein Ödem entsteht im Gehirn. Daraufhin setzen aktivierte Leukozyten sogenannte Matrix-Metalloproteasen frei, die zum Abbau der Basallamina und Proteinkomplexe in den Tight Junctions führen.

Quellen

  • Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009
  • Schünke, M., et al.: PROMETHEUS Innere Organe. LernAtlas Anatomie. Thieme, Stuttgart 2018

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