Vaginale intraepitheliale Neoplasie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie handelt es sich um Gewebeveränderungen an der Vagina der Frau. Diese dysplastischen Veränderungen können in manchen Fällen ein Vaginalkarzinom hervorrufen.
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Was ist eine vaginale intraepitheliale Neoplasie?
Als vaginale intraepitheliale Neoplasie werden dysplastische Veränderungen des Gewebes an der Schleimhaut der weiblichen Vagina (Scheide) bezeichnet. Die Gewebeveränderungen tragen auch die Kurzform VAIN. Bei einigen Frauen lösen die Veränderungen ein Vaginalkarzinom aus.
Die vaginale intraepitheliale Neoplasie zählt zu den Neoplasien aus atypischem Plattenepithel, das in der Schleimhaut der Scheide vorkommt. Ein invasives Wachstum findet dabei nicht statt. Es bestehen Ähnlichkeiten zu den intraepithelialen Neoplasien am Gebärmutterhals (Zervix) und an der Vulva. Allerdings kommt eine vaginale intraepitheliale Neoplasie deutlich seltener vor.
So erkranken von einer Million Frauen lediglich zwei bis drei daran. In den meisten Fällen zeigt sich eine vaginale intraepitheliale Neoplasie im oberen Abschnitt der Scheide. In der Medizin wird zwischen drei Schweregraden der vaginalen intraepithelialen Neoplasie unterschieden. Sie tragen die Bezeichnung VAIN 1 bis VAIN 3.
- Bei VAIN 1 handelt es sich um eine geringfügig ausgeprägte Dysplasie. Während sich die Zellen atypisch verändern, bleibt die Epithelschichtung noch intakt.
- Von VAIN 2 ist die Rede, wenn die Atypien mäßig ausfallen. Sie treten im mittleren sowie im basalen Epitheldrittel auf.
- Liegt VAIN 3 vor, bestehen schwere Dysplasien, die sich im gesamten Epithel bemerkbar machen. Außerdem liegt ein erhöhtes Risiko vor, dass die vaginale intraepitheliale Neoplasie in ein Vaginalkarzinom übergeht.
Ursachen
Weiterhin werden sich wiederholende Entzündungen, ein Vorfall der Gebärmutter, Feigwarzen oder eine dauerhaft bestehende Druckbelastung durch Scheidenpessare als Auslöser für die Neoplasie verantwortlich gemacht. Dies gilt auch für eine Weiterentwicklung zu einem Vaginalkarzinom.
Welche Form der vaginalen intraepithelialen Neoplasie auftritt, richtet sich nach dem Lebensalter der betroffenen Frauen. So zeigt sich VAIN 1 in der Regel zwischen 40 und 50 Jahren, während VAIN 3 vor allem bei Frauen um die 60 Jahre vorkommt. Bei rund fünf Prozent aller Patientinnen geht die Neoplasie in Scheidenkrebs über.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Da die Gewebeveränderungen bei einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie gering ausfallen und sich keinerlei Symptome dabei zeigen, bleibt die Erkrankung oft lange Zeit unbemerkt. Entartet die Neoplasie dagegen zu einem Vaginalkarzinom, kann es zu unregelmäßigen Blutungen und Ausfluss kommen.
Dabei treten die Blutungen oft nach dem Geschlechtsverkehr auf und sind in der Regel schmerzlos. Der Ausfluss zeigt sich bräunlich-blutig und findet erst in einem fortgeschrittenen Stadium statt. Breitet sich der Tumor auf benachbartes Gewebe oder angrenzende Organe aus, sind Schmerzen im Unterleib sowie Organstörungen am Darm oder der Harnblase möglich.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Festgestellt wird eine vaginale intraepitheliale Neoplasie in der Regel im Rahmen einer gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung. Dabei kontrolliert der Frauenarzt Scheide und Muttermund durch den Einsatz eines Kolposkops. Dabei handelt es sich um eine Art Mikroskop, das speziell zu gynäkologischen Untersuchungen dient. Das Gerät ist imstande, Aufnahmen von der inneren Vaginaschleimhaut anzufertigen.
Außerdem wird ein Abstrich aus der Vagina entnommen. Mithilfe von unterschiedlichen Anfärbemethoden lässt sich innerhalb des Abstriches atypisches Gewebe erkennen. Dazu gehören das Auftragen einer Jodtinktur, von Essigsäure, Toluidinblau sowie einer PAP-Färbung. Der Verlauf einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie ist zumeist positiv, wenn die Gewebeveränderungen rechtzeitig entfernt werden. Bei manchen Frauen besteht jedoch die Gefahr von Scheidenkrebs.
Komplikationen
Eine vaginale intraepitheliale Neoplasie kann sich unter Umständen zu einem Vaginalkarzinom entwickeln. Eine Entartung der Gewebeveränderungen hat zunächst unregelmäßige Blutungen und Ausfluss zur Folge. Begleitend dazu tritt ein körperliches Unwohlsein auf, dass mit dem Fortschreiten der Neoplasie zunimmt und sich sehr negativ auf Lebensqualität und Wohlbefinden auswirkt.
In späteren Stadien kann der Tumor auf benachbartes Gewebe oder angrenzende Organe übergreifen und Schmerzen, Organstörungen an Harnblase und Darm sowie Funktionsstörungen der Gefäße hervorrufen. Bleibt die vaginale intraepitheliale Neoplasie unbehandelt, streut der Krebs unter Umständen im gesamten Körper und kann sogar einen tödlichen Verlauf nehmen. Die Behandlung birgt ebenfalls gewisse Risiken.
Eine Vereisung kann Erfrierungen und Gewebenekrosen hervorrufen. Bei der Strahlen- oder Chemotherapie können schwerwiegende Knochenschädigungen sowie weitere Karzinome auftreten. Eine solche Behandlung hat zudem Auswirkungen auf den körperlichen und psychischen Zustand der betroffenen Frau.
Eine normale Teilnahme am Alltag ist bei einer Bestrahlung oder einer chemotherapeutischen Behandlung normalerweise nicht möglich, wodurch sich unter Umständen depressive Verstimmungen entwickeln können. Ein operativer Eingriff kann mit Infektionen und Verletzungen im Bereich der Scheide verbunden sein. Wird eine partielle Entfernung der Scheide durchgeführt, führt dies oft zu einer Unfruchtbarkeit.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Geschlechtsreife Mädchen und Frauen sollten in regelmäßigen Abständen ein Kontrollbesuch bei einem Frauenarzt vornehmen. Grundsätzlich ist die Teilnahme an den angebotenen Vorsorgeuntersuchungen anzuraten. Auffälligkeiten oder Veränderungen der inneren Geschlechtsorgane können dabei wahrgenommen werden und ein Behandlungsplan erstellt werden. Treten Besonderheiten oder Störungen der Monatsblutung auf, besteht Handlungsbedarf. Plötzliche Blutungen, die nicht im Zusammenhang mit der Menstruation stehen, deuten in vielen Fällen auf vorhandene Störungen oder Erkrankungen hin.
Treten die Blutungen wiederholt auf, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Schmerzen im Unterleib, Einschränkungen von gewohnten Bewegungsmöglichkeiten oder ein allgemeines Unwohlsein sind untersuchen und abklären zu lassen. Auffälligkeiten beim Geschlechtsakt, Störungen der Libido oder ein ungewöhnlicher Ausfluss aus der Vagina sind Anzeichen einer Erkrankung. Halten die Beschwerden an oder nehmen sie an Intensität zu, sollte ein Arztbesuch erfolgen.
Da es ohne eine Diagnose oder Behandlung im schlimmsten Fall zu einer Tumorbildung kommen kann, sollte frühzeitig bei ersten Auffälligkeiten oder Veränderungen des gesundheitlichen Zustandes ein Arzt konsultiert werden. Kommt es zu Besonderheiten während des Toilettengangs, Unregelmäßigkeiten im Bereich des Darms oder der Blase und stellt sich ein Krankheitsgefühl ein, wird eine Klärung der Ursache benötigt. Verschiedene medizinische Tests müssen durchgeführt werden, um die gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten diagnostizieren zu können.
Behandlung & Therapie
Die Therapie der vaginalen intraepithelialen Neoplasie hängt auch vom jeweiligen Stadium ab. So reicht bei VAIN 1 und VAIN 2 zunächst eine Beobachtung aus. Darüber hinaus sind der Einsatz von topischem 5-Fluoracil sowie eine Entfernung mit einem Kohlendioxid-Laser möglich. Allerdings haben diese Verfahren den Nachteil, dass sie kein histologisches Aufarbeiten ermöglichen.
Setzt bei VAIN 1 oder VAIN 2 eine Verschlechterung des Zustands ein, werden der Patientin Medikamente mit immunmodulierenden oder zytostatischen Wirkstoffen verabreicht. Auch eine Vereisung (Kryotherapie) lässt sich vornehmen. Als sicherstes Verfahren gilt jedoch das partielle Entfernen der Scheide. Bei unbehandelten Läsionen ist das Risiko groß, dass eine weitere Entartung stattfindet. Ebenso möglich ist allerdings auch eine spontane Normalisierung.
Liegt bereits VAIN 3 vor, handelt es sich um eine echte Krebserkrankung, die jedoch noch begrenzt ist. In solchen Fällen müssen eine komplette Operation sowie eine Bestrahlung durchgeführt werden. Sinnvoll kann zudem eine Chemotherapie sein. Als Behandlung der ersten Wahl gilt die Bestrahlung, die entweder vor oder nach dem chirurgischen Eingriff durchgeführt wird.
Eine Operation findet jedoch nur dann statt, wenn der Vaginaltumor noch klein genug ist. Je nach Ausmaß und Stadium des Tumors wird dieser aus der Schleimhaut der Scheide herausgeschnitten. Aber auch das Entfernen von Teilen der Scheide sowie der Gebärmutter kann erforderlich sein.
Vorbeugung
Um einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie und damit auch Scheidenkrebs vorzubeugen, wird empfohlen, einmal im Jahr eine Früherkennungsuntersuchung beim Frauenarzt vornehmen zu lassen. Blutungen, die außerhalb des Menstruationszyklus auftreten, sollten unbedingt ernstgenommen werden. Dies gilt besonders für Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr.
Nachsorge
Nach der erfolgreichen Behandlung einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie sollte immer eine intensive Nachsorgebehandlung stattfinden, um Folgeerkrankungen, die aus der Erkrankung und der Behandlung resultieren können, rechtzeitig zu erkennen und behandeln zu können. Die Nachbehandlung richtet sich dabei an der Art der Schwere der vaginalen intrepithelialen Neoplasie aus.
Allgemein sollten an die Behandlung einer vaginalen intraepithelialen Neoplasie immer regelmäßige gynäkologische Nachsorgeuntersuchungen anschließen, bei denen auch Koloskopien der Vagina stattfinden müssen. Hierdurch kann rechtzeitig erkannt werden, ob sich erneut Gewebeveränderungen in der Vaginalschleimhaut finden. Ist dies der Fall, muss eine erneute Behandlung stattfinden.
Wurden Teile der Vagina entfernt, kann dies zusätzlich eine psychische Belastung für die betroffene Patientin darstellen, aus der, insbesondere wenn dadurch eine sexuelle Einschränkung oder eine dauerhafte Unfruchtbarkeit entstanden ist, psychische Erkrankungen resultieren können. In solch einem Fall muss neben der gynäkologischen Behandlung von Unfruchtbarkeit und sexuellen Einschränkungen auch eine Psychotherapie erfolgen.
Diese sollte neben einer psychatrischen, medikamentösen Therapie auch eine tiefenpsychologische therapeutische Begleitung umfassen. Daneben kann aber auch eine Verhaltenstherapie helfen, mit den Einschränkungen zurecht zu kommen, die aus der Erkrankung resultieren. Ist der Liebespartner von der Erkrankung ebenfalls belastet, sollte dieser möglichst in alle therapeutischen Nachbehandlungen mit einbezogen werden und gegebenenfalls ebenfalls eine Psychotherapie erhalten.
Das können Sie selbst tun
Die vaginale intraepitheliale Neoplasie ruft in der Regel keine Symptome hervor, die Auswirkungen auf den Alltag der betroffenen Frauen haben. Um zu verhindern, dass sich durch die Gewebeveränderungen ein Vaginalkarzinom bildet, empfiehlt es sich jedoch, einige Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen.
Betroffene Frauen sollten aufmerksam auf äußerliche Veränderungen im Bereich der Vagina achten. Regelmäßige gynäkologische Untersuchungen sind nach Absprache mit dem behandelnden Arzt unbedingt wahrzunehmen. Insbesondere beim Auftreten von Schmerzen und Blutungen außerhalb der Regelblutung ist dies notwendig. In diesen Fällen sollten die Patientinnen zudem für einige Zeit auf Geschlechtsverkehr verzichten. Generell ist bei der vaginalen intraepithelialen Neoplasie die Verwendung von Kondomen ratsam. Die betroffenen Frauen sollten ihr Immunsystem durch einen gesunden Lebensstil stärken, um dem Entstehen einer Krebserkrankung vorzubeugen. Ungesunde Angewohnheiten wie Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum sollten daher eingestellt werden. Übergewicht sollte gegebenenfalls reduziert werden.
In schwerwiegenden Fällen wird die vaginale intraepitheliale Neoplasie operativ mittels einer Teilentfernung der Vagina behandelt. Dies kann für die betroffene Frau sowie auch den Partner eine große Belastung darstellen. Hilfe können die Patientinnen in Selbsthilfegruppen erhalten. In manchen Fällen empfiehlt sich auch das Hinzuziehen eines Paartherapeuten oder eines Seelsorgers.
Quellen
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
- Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006