Visuomotorik

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Durch die Visuomotorik werden Bewegungen des Körpers und der Extremitäten mit den Signalen des menschlichen Sehens koordiniert. Das ungestörte Zusammenwirken zwischen den Augen und der Motorik ist eine grundlegende Voraussetzung für beinah jede Handlungsabfolge. Wenn ein Sehender beispielsweise nach einem Gegenstand greift, werden seine Hände von dem Sehsinn im Gehirn gesteuert. Diese Koordination von visueller Wahrnehmung einerseits und den Aktionen des Bewegungsapparates andererseits ist ein Bestandteil der Sensomotorik, die das Ineinandergreifen aller sensorischen und motorischen Leistungen des Menschen umfasst. Ausschlaggebend für die Visuomotorik ist dabei die Auge-Hand-Koordination.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Visuomotorik?

Durch die Visuomotorik werden Bewegungen des Körpers und der Extremitäten mit den Signalen des menschlichen Sehens koordiniert.

Bei der Entwicklung des Wahrnehmungsvermögens von Kindern haben die visuomotorischen Leistungen eine große Bedeutung. In diesem Prozess können zahlreiche mögliche Störungen auftreten, die oft erst mit dem Schulbeginn zu Tage treten und das Lernen mehr oder weniger erschweren. Diese Kinder haben Schwierigkeiten bei der Koordination ihrer täglichen Bewegungen, können verschiedene Sinnesreize nur unzureichend verarbeiten und offenbaren oftmals übermäßige Angst, Aggressionsbereitschaft oder Passivität gegenüber anderen Personen und der unmittelbaren Umwelt.

Kinder können ihre Visuomotorik schulen, indem sie zum Beispiel ihre Fähigkeiten bei der sogenannten Figur-Grund-Wahrnehmung verbessern. Hier geht es darum, verborgene und sich kreuzende Figuren zu erkennen und diese von ihrem jeweiligen Hintergrund differenzieren zu können.

Wichtig ist es auch, die sogenannte Wahrnehmungskonstanz der Kinder auszubilden. Dies bedeutet zum Beispiel, spezielle Eigenschaften eines beliebigen Gegenstandes unter wechselnden Blickwinkeln unverändert zu erkennen, obwohl sich die Sinneseindrücke in den Augen je nach Perspektive verschieben. Für das Wahrnehmen geometrischer Formen unabhängig von Farbe, Größe und Lage ist diese Fähigkeit ausschlaggebend.

Später wird das Kind so auch Buchstaben erkennen können, selbst wenn diese in verschiedenen Worten oder in voneinander abweichenden Schriftarten oder Handschriften auftauchen.

Weiterhin ist für ein normal entwickeltes Kind die Wahrnehmung der Raumlage sehr bedeutsam. Dabei sieht es sich, rein räumlich betrachtet, als Mittelpunkt seiner Welt und beginnt alle Gegenstände entsprechend ihrer jeweiligen Lage zu ihm selbst einzuordnen.

Damit in engem Zusammenhang steht das Wahrnehmen der räumlichen Beziehungen zweier oder mehrerer Objekte zueinander sowie zur eigenen Person. In der Praxis benötigt das Kind diese Fähigkeit zum Beispiel beim Perlenauffädeln. Es ist gefordert, die Lage einer Perle zur Schnur sowie beider Elemente zu ihm selbst wahrzunehmen und stets neu zu definieren. Davon abgesehen wird das Kind hierbei seine Auge-Hand-Koordination auf direkte Weise entwickeln.

Funktion & Aufgabe

In der komplexen Körperkoordination eines Kindes wirken die Sinnesorgane, das Gehirn und die gesamte Muskulatur zusammen. Von Natur aus wollen Kinder diese koordinierten Fähigkeiten üben, indem sie spielen, klettern, Sport treiben usw. Unregelmäßigkeiten in diesem Koordinationsvermögen oder sogar Bewegungsunlust sind die absoluten Ausnahmen und können meist sehr kreativ therapeutisch behandelt werden.

Viele Verbesserungen lassen sich dabei auf spielerische Weise erreichen. Die Geschicklichkeit der Hände und speziell die Schreibbewegung (Graphomotorik) gehören zu den anspruchsvollsten Bewegungsabläufen, die der Mensch beherrschen kann. In der Kindheit lässt sich dieser dynamische Prozess (besonders der Visuomotorik) sehr anschaulich beobachten; vom Greifen des Babys bis zur Stiftführung des Schulkindes.

Primär liegt dieser Entwicklung das visuelle Wahrnehmen zu Grunde, dessen Kernorgan das Auge ist. Es erkennt die visuellen Reize und nimmt die entscheidenden Differenzierungen vor, indem es zwischen Nähe und Ferne, Tiefen und Farben unterscheiden kann. Seine vielseitigen Muskeln halten das Auge stets in der richtigen Position und sorgen für seine permanente Beweglichkeit sowie das notwendige Korrigieren der Sichtperspektive. Im Gehirn bildet sich aus den Seheindrücken der beiden Augen ein konkretes Bild. Dieses ist abhängig von weiteren Sinnessystemen, deren Informationen im Gehirn verarbeitet werden.

Die Visuomotorik stattet den Menschen mit der Fähigkeit aus, Bewegungen zu planen und miteinander zu verbinden. Ob ein Ball gefangen, nach einem Glas gegriffen oder komplizierte technische Abläufe athletischer Disziplinen perfektioniert werden, folgen diese Bewegungen immer dem gleichen Muster.

Dabei bringen visuelle und motorische Impulse unterschiedliche Einflüsse auf das Lernen von Bewegungen hervor. Ebenso nehmen sie zu verschiedenen Zeitpunkten auf diesen Lernprozess Einfluss. Das Bewegungslernen durch die visuellen Reize erfolgt weitgehend unabhängig von den motorischen Mechanismen und Eigenheiten. Das motorische Lernen beginnt in diesem Zusammenhang später und nimmt auch erst im Laufe der Zeit an Bedeutung zu.

Zielgerichtete Bewegungen bestehen genau betrachtet nicht aus einzelnen Teilbewegungen, sondern aus mannigfaltigen Sequenzen. Jede Bewegung ist eine geordnete Abfolge, zum Beispiel von mehreren Schritten bei Gehen. Besonders deutlich wird das bei sportlichen Bewegungsabläufen. Sie setzen sich komplex aus ihrer mechanischen Durchführung und gleichzeitig optischen Wahrnehmungen zusammen. Der Sprinter darf nicht die Bahn verlassen, wenn er gewinnen will. Möglichst schnell zu sein, reicht ihm nicht aus.


Krankheiten & Beschwerden

Forschungen haben ergeben, dass das Kleinhirn besonders wichtig für eine funktionierende Visuomotorik ist. Treten im Kleinhirn Schädigungen auf, beispielsweise durch einen Schlaganfall, wird das visuomotorische Agieren spürbar erschwert. Bereits Erlerntes kann nur mit Schwierigkeiten abgerufen werden. Weniger ist dabei die Durchführung der Bewegungsabläufe gestört, sondern mehr das Verarbeiten der Sinnesreize. Vergleichbar ist dieser Effekt mit dem Zustand der Trunkenheit. Alkohol beeinträchtigt in erster Linie das Kleinhirn, weshalb ein Betrunkener sich nur noch schwer auf den Beinen halten kann.

Quellen

  • Biel, A., Kolster, B. (Hrsg.): Trail Guide - Bewegung und Biomechanik. KVM - Der Medizinverlag, Berlin 2016
  • Raschka, C., Nitsche, L.: Praktische Sportmedizin. Thieme, Stuttgart 2016
  • Wonisch, M. et al.: Kompendium der Sportmedizin. Physiologie, Innere Medizin und Pädiatrie. Springer, Berlin 2017

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