Sensomotorik

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Sensomotorik

Das Akronym Sensomotorik setzt sich aus den beiden Begriffen Sensorik und Motorik zusammen und beschreibt eine Motorik der Muskeln, die weitestgehend unbewusst von sensorischen Eindrücken gesteuert werden. In der Regel handelt es sich um erlernte komplexe Bewegungsabläufe wie aufrechtes Gehen, Fahrrad fahren, mit Bällen spielen, Auto steuern und vieles mehr. Während des Lernprozesses entstehen in bestimmten Zentren des Gehirns Verknüpfungen (Synapsen), die im multisensorischen Bewegungsgedächtnis abgespeichert werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Sensomotorik?

Das Akronym Sensomotorik setzt sich aus den beiden Begriffen Sensorik und Motorik zusammen. In der Regel handelt es sich um erlernte komplexe Bewegungsabläufe wie aufrechtes Gehen, Fahrrad fahren oder ein Auto steuern.

Die Bezeichnung Sensomotorik ist ein Akronym und setzt sich aus den Begriffen 'Sensorik' und 'Motorik' zusammen. Unter Sensorik werden alle sensorischen Leistungen zusammengefasst, die bewusst erfahrbar sind, wie Sehen, Hören, vestibuläre und propriozeptive Sinneseindrücke und viele weitere.

Ein wesentliches Merkmal der Sensomotorik besteht darin, dass die komplexen Bewegungsabläufe auf multi-sensorischen Meldungen beruhen, die zum Teil unbewusst aufgenommen werden können. Auch die komplexen sensomotorischen Bewegungsabläufe selbst können weitestgehend unbewusst ablaufen, nachdem sie genügend intensiv trainiert wurden. Das hat den Vorteil, dass motorische Anweisungen an die Muskeln sehr viel schneller, nahezu reflexartig, zustande kommen.

Die Korrekturmotorik, die auf Inputs bestimmter Sensoren beruht, kann dadurch in der Feinmotorik sehr viel flüssiger, eleganter und feinfühliger einsetzen und ablaufen. Typisch ist das Erlernen des aufrechten Ganges bei einem Kleinkind, das sehr viel Zeit und intensives Üben benötigt, um flüssig und unbewusst aufrecht gehen zu können.

Das Gebiet der Sensomotorik betrifft sowohl die Neurowissenschaften, die sich neben der Reizweiterleitung mit der Reizverarbeitung im Gehirn und der Umsetzung in motorische Reize beschäftigt, wie auch die Sportwissenschaften, die sich mit der Optimierung des Bewegungsapparates befasst.

Funktion & Aufgabe

Komplexe Bewegungsabläufe sind zur Steuerung in Grob- und Feinmotorik auf Inputs unserer Sinne angewiesen. Die Verarbeitung der „Eingangssignale“, die von den Augen, dem Gleichgewichtssinn, den Ohren und der Propriozeption geliefert werden, nimmt dabei den größten Raum ein.

Eine systematische Verschaltung zwischen Sensorik und Motorik bildet daher die Voraussetzung nicht nur für sehr komplexe Bewegungsabläufe, sondern auch für Bewegungsabläufe, die ein normales Leben erst ermöglichen. Komplexe Verschaltungen der einzelnen Sensoren untereinander ermöglichen es sogar, auch bei vorübergehendem Ausfall eines Sensors den Bewegungsablauf fortzusetzen.

Beispielsweise ist der aufrechte Gang auch bei Dunkelheit möglich, da die Steuerung des aufrechten Ganges nur über das Vestibularsystem (Gleichgewichtsorgan) in Verbindung mit der Propriozeption möglich ist. Die Rückmeldungen der Propriozeptoren in den Füßen reichen aus, um aufrecht gehen zu können. Hingegen ist das Fahrradfahren bei völliger Dunkelheit nicht möglich, weil die Propriozeptoren in den Füßen keine Rückmeldung über die Lage des Fahrrads geben können und das Vestibularsystem nur Beschleunigungen melden kann.

Andererseits ist auch das Auge auf vestibuläre Meldungen angewiesen, da vestibuläre Reize schneller sind als die komplexe Bildverarbeitung im Gehirn. Das macht sich beispielsweise bei einem Flugsimulator ohne Bewegungssystem bemerkbar. Viele Piloten kommen mit einem feststehenden Flugsimulator ohne Bewegungsplattform nur schwer zurecht, da die schnellen, vestibulären Reize für feinfühlige und rechtzeitige Steuerkorrekturen fehlen. Aus dem multisensorischen Bewegungsablauf wird dann ein eindimensionaler Bewegungsablauf, der ausschließlich auf das Auge angewiesen ist.

Auch die meisten Schutzreflexe, wie der Lidschlussreflex oder der Patellarsehnenreflex beruhen auf einem sensomotorischem Vorgang, der z. T. nur über ein einziges Ganglion geschaltet ist, zugunsten einer Reduzierung der Reaktionszeit zwischen Reiz und Ausführung des Reflexes. Beim Lidschlussreflex, der verhindern soll, dass beispielsweise ein anfliegendes Insekt auf das ungeschützte Auge trifft, können wenige Millisekunden über Erfolg oder Misserfolg des Reflexes entscheiden.


Krankheiten & Beschwerden

Der zusammengesetzte Begriff Sensomotorik lässt bereits erahnen, dass Probleme entweder auf der sensorischen oder auf der motorischen Seite auftreten können. Aufgrund der neuronalen Komplexität der Gesamtsensorik und der neuronalen Verschaltung verwundert es nicht, dass Probleme und Krankheiten auf der sensorischen Seite häufiger anzutreffen sind als auf der motorischen, muskulären Seite.

Sensomotorische Funktionseinbußen werden häufig durch neuronale Primärerkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson, Hirnblutungen, Demenz oder durch Beeinträchtigungen der neuronalen afferenten sensorischen Übertragungswege oder der efferenten motorischen Nerven verursacht.

Bei Schlaganfällen kommt es durch den Verschluss einer Arterie zu einem Sauerstoffmangel des Hirnareals, das durch die betroffene Arterie versorgt wurde. Das kann auf die sensomotorische Leistung gravierenden Einfluss haben, falls die entsprechenden Zentren von dem Infarkt betroffen sind.

Die Erkrankung an einer Polyneuropathie betrifft periphere Nerven, auch sensible Nerven, so dass die Sensomotorik gravierend eingeschränkt sein kann. Erhöhte Risiken für das Auftreten einer Neuropathie besteht bei Diabetikern, bei chronischem Alkoholmissbrauch und bei Nikotinsucht.

Die Polyneuropathie ist ein Beispiel für eine Funktionseinbuße der Sensomotorik aufgrund einer Erkrankung der peripheren Nerven bzw. der Übertragungsleitungen der sensorischen Meldungen. Das Zentralnervensystem ist bei einer Neuropathie nicht betroffen. Morbus Parkinson ist eine nicht ansteckende neuronale Erkrankung, die sich in ihrem Verlauf sehr früh in einer Beeinträchtigung des sensomotorischen Leistungsvermögens durch eine deutliche Verlangsamung der Bewegungen bemerkbar macht.

Eine Beeinträchtigung der Sensomotorik kann auch genetische Ursachen haben, die sich in schwach ausgeprägten Fällen erst bei dem Heranwachsenden bemerkbar machen. Häufig sind die taktilen Sensoren der Haut betroffen, die zu bestimmten Fehlleistungen und Defiziten in der Sensomotorik führen.

Auf der muskulären Seite können verschiedene Muskelerkrankungen eine Beeinträchtigung der Motorik verursachen. Typische Erkrankungen sind Muskelentzündungen (Myopathien) und Muskeldystrophien sowie verschiedene Stoffwechselerkrankungen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

Das könnte Sie auch interessieren