Zilien

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Sekundäre Zilien sind frei bewegliche Zellfortsätze, wie sie im Flimmerepithel der Lunge vorkommen. Ihre Bewegungen ermöglichen den Transport von Schleim und Flüssigkeiten. Bei Erkrankungen wie Asthma oder Mukoviszidose ist dieser Transport durch eine Zilienlähmung gestört.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Zilien?

Verschiedene Umstände können die Ziliarbewegung der sekundären Zilien lähmen. Vor allem im Bezug auf das Flimmerepithel der Lunge können solche Lähmungen auftreten.
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Als Zilien bezeichnet die Fachsprache frei bewegliche Zellfortsätze. Diese fünf bis zehn µm langen Plasmamembranausstülpungen sind rund 0,25 µm schlank und enthalten Zytoplasma. Ihr Skelett ist mit einem Axonem ausgestattet, das Mikrotubuli enthält. Alle Zilien sind durch feine Fasern fest im Basalkörpern des spitzwärtigen Zytoplasmas verankert.

Die Wimpern oder Kinozilien sind beispielsweise Zilien. Zilien kommen aber auch im Eileiter, in den Hoden oder in den Atemwegen vor. Neben primären Zilien gibt es sekundäre Zilien. Sie unterscheiden sich in der Anzahl der enthaltenen Mikrotubuli und in ihrer Bewegungsfähigkeit. Zusammen mit den Geißeln werden Zilien wegen ihres ähnlichen Bauprinzips auch unter den Sammelbegriff Undulipodium gefasst.

Bei Wimperntierchen heißen ganze Gruppen aus Zilien zuweilen auch Cirrus. Zu unterscheiden sind Zilien von Mikrovilli. Sie kommen beispielsweise im Darm vor und tragen kein Mikrotubuli-Gerüst. Auch die Flagellen von Bakterien lassen sich nicht mit Zilien vergleichen. Sie arbeiten wie eine Schiffsschraube, sind bedeutend kleiner als Zilien und sind nicht in Membran eingeschlossen.

Anatomie & Aufbau

Zilien werden außen von Plasmamembran umschlossen. Das Axonem setzt sie vom Zellkörper ab. Beim Axonem handelt es sich um Achsfäden aus den kontraktilen Proteinen Dynein und Kinesin. Die Proteine befähigen die Zilien zur Bewegung. Die Mikrotubuli sind feine Hohlfasern am Axonem. Sie bestehen aus Molekülverbunden mit elektrischer Ladung und weisen so je einen positiven und einem negativen Tubulus auf.

Damit gliedert sich jedes Mikrotubuli-Dublett in einen A- und einen B-Tubulus. Jeder A-Tubulus ist mit armartigen Strukturen ausgestattet. Diese Strukturen richten sich immer auf den B-Tubulus der Nachbarzilie aus. Die Mikrotubuli einer Zilie sind je doppelt angelegt. Diese Mikrotubuli-Dubletts des röhrenförmigen Zilienskeletts stehen in einer kreisförmigen Anordnung zueinander. In der Mitte dieses Kreises liegen bei manchen Zilien zusätzlich zwei zentrale Mikrotubuli. Diese Zilien heißen auch sekundäre Zilien.

Zilien ohne zentrale Mikrotubuli nennt die Medizin dagegen primäre Zilien. In ihrem Inneren liegt Zytoplasma, das je das Zytoskelett der Zilie bildet und das Axonem so erst generiert. Untereinander sind die einzelnen Mikrotubuli-Dubletts über Nexinbindeglieder verbunden. Bei sekundären Zilien sind die dezentralen Dubletts über Radialspeichen außerdem mit dem zentralen Dublett vernetzt.

Funktion & Aufgaben

Sekundäre Zilien sind in der Regel zu aktiver Schlag- oder Ruderbewegung fähig. Sie können sich strecken und verkrümmen, indem sie ihre Mikrotubuli anspannen. So tritt ein Gleitmechanismus ein. Die Biegung der Zilie entsteht, indem der Arm des A-Tubulus Kontakte zum B-Tubulus der Nachbarzilie herstellt und die Tubuli des Tubulindubletts gegeneinander verschiebt. Das höchst flexible Protein Nexin hält die Nachbardubletts der Zilie während dieser Verschiebung beieinander. Während die Zilie vorschlägt, ist sie gestreckt.

Während die rückschlägt, ist sie gebeugt. Sekundäre Zilien sind in der Regel in großen Massen angeordnet und bewegen sich nach dem eben beschriebenen Prinzip koordiniert hintereinander. Das heißt, die je gegenüber liegenden Reihen einer Zilienreihe schlagen je um einen Bruchteil später aus. Dieses Bewegungsprinzip heißt auch metachrone Bewegung. Dabei entsteht auf der Fläche der Ziliengruppe ein gleichmäßig schlagender Flimmerstrom, der wellenartig verläuft. Bei einem Warmblüter entspricht die Schlagfrequenz der Zilien etwa 20 pro Sekunde. Die koordinierten Bewegungen der sekundären Zilien dienen beim Menschen in der Regel dem Transport von Flüssigkeit und Schleimfilmen im Organismus.

So wird zum Beispiel die Eizelle im Eileiter oder der Schleim in den Bronchien transportiert. Bei Wimperntierchen dient die Bewegung der Fortbewegung der einzelnen Zelle. Auch in Zusammenhang mit dem Spermium höherer Tierarten ist die Zilienbewegung für die Zellfortbewegung verantwortlich. Manchmal dient die Bewegung der sekundären Zilien auch dem Herbeistrudeln von Nahrung. Primäre Zilien sind in der Regel nicht zur aktiven Bewegung fähig. Primäre Zilien bewegen sich anders als die sekundären in der Regel nicht, sondern übernehmen die Funktion einer sensorischen Antenne. Sie finden sich so vor allem im Sehapparat und dem Geruchssystem.


Krankheiten

Verschiedene Umstände können die Ziliarbewegung der sekundären Zilien lähmen. Vor allem im Bezug auf das Flimmerepithel der Lunge können solche Lähmungen auftreten. Wenn der pH-Wert zum Beispiel unter 6,4 fällt oder neun übersteigt, dann tritt eine Lähmung ein. Auch allergische Mechanismen können die Zilienbewegung aussetzen lassen. So passiert es beispielsweise bei Asthma, das die Flimmerhärchen in den Lungen momentan nicht schlagen lässt.

Bei der Stoffwechselstörung Mukoviszidose tritt ebenfalls eine solche Lähmung der Lungenzilien ein. Unter Umständen sind auch physikalische oder mechanische Schäden an den Zilien für eine Lähmung oder Bewegungsstörung verantwortlich. Hohe Temperaturen oder Kälte können eine physikalische Störung auslösen. Luftverwirbelungen sind dagegen die mit häufigste Ursache einer mechanischen Schädigung. Unter der Ziliendysfunktion versteht die Medizin eine allgemeine Funktionsstörung der Zilien.

Eine primäre Ziliendysfunktion kann beispielsweise im Rahmen von Erkrankungen, wie dem Kartagener-Syndrom auftreten. Eine sekundäre Ziliendysfunktion der Lungen könnte dagegen eintreten, wenn der Betroffene Schadstoffe inhaliert hat. Bei einer chronischen Lähmung der Zilienbewegung wandelt sich das Flimmerepithel unter Umständen in ein Plattenepithel um. Damit kann der Schleim nicht mehr aus der Lunge transportiert werden. Bei starken Rauchern kommt dieses Phänomen häufig vor, aber auch die eben genannten Krankheiten können damit in Zusammenhang stehen.

Quellen

  • Drenckhahn, D.: Anatomie. Band 1: Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie. Urban & Fischer, München 2008
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Schünke, M., et al.: PROMETHEUS Innere Organe. LernAtlas Anatomie. Thieme, Stuttgart 2018

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