Ösophagusatresie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Ösophagusatresie ist eine angeborene Beeinträchtigung der Speiseröhre, die meist operativ behandelt werden muss. Die Therapieerfolge sind dabei häufig gut.
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Was ist Ösophagusatresie?
Bei der Ösophagusatresie handelt es sich um eine Fehlbildung der Speiseröhre. Gekennzeichnet ist die Ösophagusatresie unter anderem durch eine stark verengte oder gänzlich fehlende Verbindung zwischen Speiseröhre und Magen.
In der Folge kann vom Betroffenen aufgenommene Nahrung nicht auf natürlichem Weg in den Magen gelangen. Die bereits angeborene Ösophagusatresie kann je nach Patient verschiedene Formen annehmen; bei der großen Mehrheit der Betroffenen (in ca. 85% der Fälle) geht die Ösophagusatresie mit einer nicht der gesunden Anatomie entsprechenden Verbindung (Fistel) zwischen Speise- und Luftröhre einher.
Ein solcher Fall wird in der Medizin als Ösophagusatresie mit tracheo-ösophagealer Fistel bezeichnet. Diese tracheo-ösophageale Fistel kann die Problematik mit sich bringen, dass Speichel oder Magensaft in die Atemwege gelangt oder dass Luft aus den Atemwegen zu einer Aufblähung des Magens führt.
Verschiedene Formen der Ösophagusatresie treten im Schnitt bei ca. 1 von 3.000 Neugeborenen auf. Jungen weisen die Entwicklungsstörung dabei geringfügig häufiger auf als Mädchen.
Ursachen
Angenommen wird allerdings, dass die Ausbildung der Ösophagusatresie bereits beim Fötus während der ersten Schwangerschaftswochen beginnt. Die Entwicklungsstörung führt hier dazu, dass die Trennung zwischen Speise- und Luftröhre beim betroffenen Fötus nur eingeschränkt stattfindet.
Gestützt wird diese Annahme unter anderem durch die hohe Anzahl der Patienten, die neben der Oesophagusatresie auch eine Fistel zwischen Speise- und Luftröhre aufweisen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Alle Formen der Ösophagusatresien bereiten den betroffenen Neugeborenen heftige Beschwerden und führen ohne Behandlung zum Tod. Die an Ösophagusatresie leidenden neu geborenen Säuglinge fallen zunächst durch verstärkten Speichelfluss auf. Des Weiteren leidet das Baby unter extremer Atemnot und starkem Husten.
Durch Fistelbildung sind Speiseröhre und Luftröhre miteinander verbunden. Dadurch gelangen Nahrungsreste beim Füttern der Kinder immer in die Luftröhre. Es kommt zu einer Blaufärbung der Haut und der Schleimhäute (Zyanose), weil der Körper nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt werden kann. Die künstliche Ernährung über eine Magensonde ist nicht möglich.
Sie scheitert an einem Widerstand, weil die Verbindung von Speiseröhre und Magen entweder fehlt oder nur unzureichend ausgebildet ist. Bei bestimmten Formen der Ösophagusatresie kommt es häufig zu den sogenannten Aspirationspneumonien, die sich durch vermehrte Sekretion und Krämpfe der bronchialen Muskulatur mit verstärkter Atemnot bis zur Zyanose äußern.
Da der Zustand bei einer Ösophagusatresie für den Säugling lebensbedrohlich ist, müssen die Verengungen und Fisteln dringend operativ entfernt werden. Durch die operative Behandlung kann das Überleben des Kindes bis zu 90 Prozent gesichert werden. Allerdings hängt der Erfolg der Behandlung auch von möglichen weiteren organischen Fehlbildungen ab, die neben der Speiseröhre auch den Magen-Darm-Trakt, das Herz, die Nieren, die Wirbelsäule oder die Extremitäten betreffen können.
Diagnose & Verlauf
Der Verdacht auf eine vorliegende Ösophagusatresie ist in vielen Fällen bereits im Rahmen einer Pränataldiagnostik (Untersuchungen am Fötus im Mutterleib) zu stellen.
Vor allem Aufnahmen mithilfe von Ultraschall werden zu diesem Zweck eingesetzt. Auf eine Ösophagusatresie kann in diesem Zusammenhang beispielsweise eine erhöhte Menge von Fruchtwasser (in der Medizin auch als sogenanntes Polyhydramnion bezeichnet) bei der werdenden Mutter hinweisen.
Die endgültige diagnostische Bestätigung einer Ösophagusatresie kann in der Regel aber erst aufgrund einer Untersuchung des Neugeborenen mithilfe einer Magensonde und/oder Röntgenbildern erfolgen. Zu den Symptomen, die bei einem Neugeborenen auf eine Ösophagusatresie hindeuten können, zählen beispielsweise erhöhte Mengen schaumigen Speichels und starker Husten während Fütterungsversuchen.
Eine erfolgreich behandelte Ösophagusatresie beim Neugeborenen erfordert meist einige Jahre der Nachbehandlung. Zu den möglichen Komplikationen nach einer Behandlung zählen beispielsweise Erschlaffungen der Luftröhre oder erneute Verengungen im behandelten Speiseröhrenbereich. Vor allem bei Säuglingen mit einem Geburtsgewicht von über 1500 g und einem intakten Herzen ist die Ösophagusatresie in den meisten Fällen erfolgreich zu behandeln.
Komplikationen
Ist die Speiseröhre so stark deformiert, dass die Nahrung nicht mehr auf natürlichem Wege in den Verdauungstrakt gelangen kann oder fehlt die Verbindung zwischen Ösophagus und Magen vollständig, ist diese Störung für den Betroffenen tödlich, sofern sie unbehandelt bleibt. In der Regel kann die Fehlbildung aber operativ behoben werden.
Bei einer stark ausgeprägten Ösophagusatresie ist der Eingriff bereits im Kindesalter erforderlich. Komplikationen werden bei dieser Operation bei Kindern häufiger beobachtet, als bei Erwachsenen. Zum einem ist mit einer Schrumpfung der Nahtstelle zu rechnen, die eine Striktur und eine dadurch bedingte Behinderung bei der Nahrungsaufnahme zur Folge haben kann.
Kommt es infolge der Operation zu einer Narbenbildung am Ösophagus, kann dies einen ähnlichen Effekt bewirken. Des Weiteren droht das Risiko einer Nahtinsuffizienz, was vor allem dann der Fall ist, wenn ein größerer Defekt korrigiert werden musste. In diesem Fall steigt außerdem das Risiko, dass sich Fisteln bilden, die im schlimmsten Fall sogar die Lunge beeinträchtigen können.
Darüber hinaus tritt auch ein weiteres für Kinder spezifisches Risiko gehäuft auf. Nach der operativen Korrektur der Ösophagusatresie werden oftmals Folgeeingriffe erforderlich, weil die Kinder Fremdkörper verschluckt haben und diese, häufiger als sonst, die Speiseröhre blockieren.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei der Ösophagusatresie handelt es sich um eine angeborene Störung der Speiseröhre. Daher treten die ersten Störungen und Auffälligkeiten bereits unmittelbar nach der Geburt auf. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten während der Nahrungsaufnahme oder zeigen sich Störungen der Atemtätigkeit, benötigt das Neugeborene eine schnellstmögliche medizinische Versorgung. Bei einer Blaufärbung der Haut, einem blassen Erscheinungsbild sowie Beeinträchtigungen der Atmung besteht schnellstmöglicher Handlungsbedarf. Eine Kraftlosigkeit oder Einschränkungen der Bewegungen des Säuglings sind als Warnsignal zu verstehen. Tritt eine Atemnot auf, sind von anwesenden Personen Maßnahmen der Ersten Hilfe zu ergreifen, da andernfalls das vorzeitige Ableben droht.
In den meisten Fällen findet die Niederkunft in Anwesenheit von Geburtshelfern oder medizinisch ausgebildetem Personal statt. Daher werden die ersten Unregelmäßigkeiten bereits von dem Pflegeteam bemerkt und notwendige Schritte automatisch eingeleitet. Wird beim Füttern des Säuglings eine Auffälligkeit wahrgenommen, kommt es zu Unregelmäßigkeiten des Schluckaktes oder einer verstärkten Speichelbildung, besteht Handlungsbedarf. Da es bei dieser Erkrankung zu einem vorzeitigen Ableben kommen kann, muss grundsätzlich schnell und unverzüglich professionell gehandelt werden. Kommt es zum Husten oder werden aufgenommene Nahrungselemente unverzüglich erbrochen, benötigt der Säugling medizinische Hilfe. Besonderheiten des Herzrhythmus, optische Auffälligkeiten des Körperbaus sowie Fehlbildungen müssen näher untersucht und behandelt werden.
Behandlung & Therapie
Die Ösophagusatresie erfordert in der Regel einen möglichst frühzeitigen chirurgischen Eingriff beim betroffenen Säugling. Im Vorfeld einer entsprechenden Operation erfolgt meist eine Hochlagerung des Oberkörpers eines erkrankten Kindes. Mithilfe einer Sonde werden dann konstant Speichel und andere Sekrete abgesaugt, die aufgrund der vorliegenden Ösophagusatresie nicht geschluckt werden können.
Welche Operationsmethoden zur Behandlung einer Ösophagusatresie im Einzelfall angewendet werden, hängt vor allem von der vorliegenden Form und Ausprägung der Fehlbildung ab. Fehlt die Verbindung zwischen oberem und unterem Anteil der Speiseröhre beispielsweise nur auf einer vergleichsweise kurzen Strecke, so ist dieser Defekt häufig im Rahmen eines einmaligen Eingriffs zu beheben.
Ist im Rahmen der Ösophagusatresie eine Verbindung der Speiseröhrenanteile über weitere Strecken notwendig, so ist es beispielsweise möglich, die Speiseröhre zunächst über eine gewisse Zeitspanne hinweg zu verlängern oder fehlende Anteile durch Gewebe aus Darm oder Magen zu ersetzen. Vorliegende Fisteln zu den Atemwegen müssen verschlossen werden, um die Atmung nicht durch eindringende Fremdkörper zu gefährden.
Vorbeugung
Da die genauen Ursachen einer Ösophagusatresie unbekannt sind, ist der Entwicklungsstörung kaum vorzubeugen. Regelmäßige pränatale Kontrolluntersuchungen können allerdings dazu beitragen, Hinweise auf eine Ösophagusatresie frühzeitig zu entdecken. So können nach der Geburt eines betroffenen Kindes auf schnellem Wege notwendige medizinische Maßnahmen ergriffen werden.
Das können Sie selbst tun
Beim Vorliegen einer Ösophagusatresie sollte zeitnah ein Krankenhaus oder eine Fachklinik aufgesucht werden. In akuten Fällen ist der Notarzt zu alarmieren, da womöglich sofort eine Notoperation eingeleitet werden muss. Nach einem operativen Eingriff muss das erkrankte Kind sich schonen. Moderate Bewegung ist in Rücksprache mit dem Kinderarzt möglich, wobei der Gesundheitszustand entscheidend ist.
Zudem sollten die Eltern sich an die Vorgaben des Arztes bezüglich der Wundpflege halten. Sollten Komplikationen auftreten, wird am besten umgehend der Arzt informiert. Neben- und Wechselwirkungen gilt es ebenfalls mit dem Fachmann abzusprechen.
Daneben ist es wichtig, die Ursache für die Ösophagusatresie zu ermitteln und in Zusammenarbeit mit dem Arzt sicherzustellen, dass es nicht erneut zu einem medizinischen Notfall kommt. Meist ist das Syndrom angeboren, weshalb hier die üblichen Neugeborenen-Screenings als Diagnosemethode genügen. Die Eltern des betroffenen Kindes sollten dennoch auf ungewöhnliche Symptome achten und im Zweifelsfall den Arzt informieren.
Daneben kann es sinnvoll sein, den mit dem Leiden verbundenen Stress im Rahmen einer Therapie aufzuarbeiten. Notwendig ist dies insbesondere bei einem schweren Verlauf der Erkrankung.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Kurz, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2015