Abstehende Ohren (Segelohren)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem umgangssprachlichen Begriff der Segelohren, auch abstehende Ohren genannt, verstehen Mediziner eine Fehlbildung der Ohren. Diese stehen dabei deutlich sichtbar in einem nicht der Norm entsprechenden Maße vom Kopf ab. Die Hörfähigkeit wird davon allerdings nicht beeinträchtigt.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Segelohren?

Unter dem umgangssprachlichen Begriff der Segelohren, verstehen Mediziner eine Fehlbildung der Ohren.

Abstehende Ohren bzw. Segelohren bezeichnen eine Fehlbildung der Ohrmuscheln. Offiziell liegen Segelohren vor, wenn der Abstand zwischen einer oder beider Ohrmuscheln und dem Kopf mehr als 2 cm beträgt. Auch ein Abstehen der Ohrmuscheln in einem Winkel von über 30° wird medizinisch als Segelohren gewertet.

Experten sprechen von einer Dysplasie (Fehlbildung) 1. Grades. Die Hörfähigkeit oder der Gleichgewichtssinn des Betroffenen wird von den abstehenden Ohren nicht beeinträchtigt; es kann aber unter Umständen aufgrund der deutlichen optischen Merkmale zu psychischen Belastungen kommen. Eine Behandlung der Segelohren ist nur auf operativem Wege möglich.

Ursachen

Die unmittelbaren Ursachen für abstehende Ohren sind entweder eine mangelnde Ausbildung der Anthelix (der Ohrmuschel-Hauptfalte) oder eine allgemein zu groß ausfallende Ohrmuschel. In manchen Fällen liegt auch eine Kombination beider Faktoren vor.

Zu der Fehlbildung kommt es aufgrund von genetischen Voraussetzungen, die von den Eltern an ihre Kinder vererbt werden. Sind innerhalb einer Familie bereits mehrfach Segelohren aufgetreten, besteht eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, dass neugeborene Kinder ebenfalls davon betroffen sind. Allerdings werden abstehende Ohren nicht immer gleichermaßen vererbt. Die genauen Gründe für das Auftreten der Fehlbildung sind noch nicht bekannt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Beschwerden und Symptome bei Segelohren sind in der Regel relativ klar und deutlich zu erkennen. Die Betroffenen leiden dabei an abstehenden Ohren und damit häufig auch an einer verringerten Ästhetik. In vielen Fällen führen die Segelohren damit zu psychischen Beschwerden oder Verstimmungen und ebenso auch zu Depressionen.

Allerdings hat diese Erkrankung keine negative Auswirkung auf die Hörfähigkeit des Betroffenen, sodass diese dadurch nicht eingeschränkt wird. Neben den Segelohren leiden die Patienten häufig auch an anderen Fehlbildungen an den Ohren oder im Allgemeinen am Kopf. Die Segelohren können allerdings auch als alleinige Fehlbildung auftreten. Vor allem im jugendlichen Alter kann es durch die ästhetischen Einschränkungen zu einem verringerten Selbstwertgefühl oder zu Minderwertigkeitskomplexen kommen.

Die Beschwerde selbst tritt dabei in den meisten Fällen schon seit Geburt auf, kann allerdings auch erworben werden oder sich erst im höheren Alter zeigen. Da die Segelohren die Hörfähigkeit des Betroffenen nicht negativ beeinträchtigen, müssen sie auch nicht behandelt werden. Allerdings sind operative Eingriffe ratsam, falls die Segelohren zu schweren Depressionen oder zu anderen psychischen Einschränkungen führen. Vor allem Mobbing und Hänseleien treten dabei im Kindesalter auf und können die Lebensqualität des Betroffen deutlich verringern.

Diagnose & Verlauf

Bei Segelohren kann der behandelnde Arzt eine Diagnose oftmals bereits anhand der bloßen Optik stellen. Um die Diagnose zu unterstützen, können Messungen durchgeführt werden, welche das Vorliegen einer Fehlbildung bestätigen können.

Dabei wird entweder der Winkel zwischen Ohrmuschel und Kopf gemessen (dieser sollte zwischen 20 und 30° betragen) oder alternativ auch der Abstand der Ohrmuschel zum Kopf. Ergibt diese Messung einen Abstand von mehr als 2 cm, liegen der medizinischen Definition zufolge Segelohren vor. Grundsätzlich sind abstehende Ohren harmlos und haben einen Einfluss auf das Hörvermögen oder die körperliche Gesundheit des Betroffenen.

Da es besonders im Kindesalter aber zu Hänseleien kommen kann, können psychische Probleme wie Minderwertigkeitskomplexe oder sogar Depressionen entstehen. Aus diesem Grund wird häufig eine operative Behandlung erwogen.

Komplikationen

Bei abstehenden Ohren kommt es zu keinen medizinischen Komplikationen. Menschen, die abstehende Ohren besitzen, müssen nicht mit weiteren Beschwerden oder Problemen rechnen, da die Segelohren für den menschlichen Körper ungefährlich sind. Durch die bestehenden Ohren wird auch das Gehör nicht beeinträchtigt oder verbessert.

Die meisten Probleme treten in der Regel durch das nicht ästhetische Aussehen auf. In vielen Fällen schämt sich der Patient für die abstehenden Ohren, was zu einem verminderten Selbstwertgefühl führt. Damit können auch Depressionen und andere psychische Probleme entstehen, die von einem Psychologen behandelt werden müssen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen kommt es hier zu Hänseleien und zu Mobbing, was damit zu großen Problemen führen kann.

Die abstehenden Ohren können durch einen operativen Eingriff behandelt werden. Dieser Eingriff wird von der Krankenkasse übernommen, falls das Kind unter 14 Jahren alt ist. Bei der Operation treten keine Komplikationen auf. Sie ist nur mit dem gewöhnlichen Risiko einer Narkose oder einer Entzündung der Narbe verbunden.

Dieses Risiko ist bei einer örtlichen Narkose allerdings sehr gering. Ob die Ohren im Erwachsenenalter wieder abstehen werden oder nicht, kann nicht vorausgesagt werden. In den meisten Fällen führt die Operation allerdings zu einem Erfolg und die Ohren verändern ihre Form im Laufe des Lebens nicht mehr.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Abstehende Ohren sind natürlich kein Krankheitsbild, sondern lediglich eine Fehlstellung der Ohren. Eine ärztliche Behandlung ist nicht notwendig, denn mit abstehenden Ohren sind in ferner Zukunft keine Probleme oder Komplikationen zu erwarten. Anders sieht es jedoch aus, wenn die betroffene Person psychisch unter den abstehenden Ohren leidet. In einem solchen Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Die betroffene Person mit den abstehenden Ohren kann sich in psychologische Behandlung begeben oder sich die Ohren durch einen operativen Eingriff anlegen lassen.

Wird trotz psychischer Belastung auf einen Besuch bei einem entsprechenden Arzt verzichtet, geht die jeweilige Person ein Risiko ein. Die Belastung nimmt mit der Zeit zu, sodass es unter Umständen sogar zu Depressionen kommen kann. Somit gilt: Mit abstehenden Ohren muss nicht zu einem Arzt gegangen werden. Erst wenn die abstehenden Ohren die Person psychisch belasten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Nur so können weitere Komplikationen, die mit abstehenden Ohren verbunden sind, frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Abstehende Ohren können nur operativ behandelt werden; man spricht dabei vom sogenannten "Ohren anlegen" (in der Fachsprache Otopexie genannt). Ein nicht selten versuchtes frühkindliches "Ankleben" oder "Anbinden" der Ohren zeigt nicht den gewünschten Erfolg.

Operative Eingriffe dagegen verzeichnen allgemein gute Ergebnisse. Meist wird bereits im Kindesalter operiert, um den Betroffenen möglichst früh vor Hänseleien zu schützen. Es existieren verschiedene Operationstechniken, die meist von der Ohrmuschelrückseite her erfolgen. Die Eingriffe finden in Vollnarkose statt (bei Erwachsenen ist unter Umständen auch eine örtliche Betäubung möglich).

Bei der Fadenmethode wird die Ohrmuschel mit permanenten Kunststofffäden fixiert. Meist wird aber der Ohrknorpel freigelegt und dann in eine der optischen Norm entsprechenden Position gebracht. Nach dem chirurgischen Eingriff muss der Betroffene über einen Zeitraum von ca. zwei Wochen einen festen Kopfverband tragen. Wird die Operation bei Kindern unter 14 Jahren vorgenommen, übernehmen die Krankenkassen in den meisten Fällen die Kosten für den Eingriff.

Unter Umständen kann es im Erwachsenenalter zu einem Wiederabstehen der Ohren kommen, was einen erneuten Eingriff notwendig machen würde. Wird die Operation aber korrekt durchgeführt und kommt es zu keinerlei Komplikationen, ist das Anlegen der Ohren in den meisten Fällen erfolgreich.

Aussicht & Prognose

Abstehende Ohren sind kein Krankheitsbild, sondern lediglich eine kleine Fehlstellung der Ohren. Auch wenn diese Fehlstellung ohne jegliche Behandlung bleibt, ist mit keinerlei Problemen oder Komplikationen zu rechnen.

Wenn jedoch eine Anlegung der Ohren stattgefunden hat, dann ist eine genaue Aussicht und Prognose schwer. Im späteren Heilungsprozess kann es eventuell zu Komplikationen kommen, die von einem entsprechenden Arzt begutachtet werden müssen. Da es sich teils um offene Wunden handelt, sollten diese jederzeit sauber und rein gehalten werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer Entzündung.

Eine Entzündung erschwert die Aussicht auf eine rasche und schnelle Heilung erheblich. Wer daher erste Anzeichen einer Entzündung erkennt, der sollte sehr schnell einen Arzt aufsuchen. Er kann mit entsprechenden Medikamenten gegen eine Entzündung vorgehen. So wird sie schnell gehemmt und eine mögliche Blutvergiftung verhindert.

Somit gilt: Abstehenden Ohren müssen keineswegs von einem Arzt behandelt werden. Allerdings können betroffene Personen unter psychischen Belastungen leiden, die eine ärztliche Behandlung erfordern. Alternativ können die Ohren operativ angelegt werden. Dabei stehen die Prognosen für eine erfolgreiche Behandlung gut. Es kann jedoch unter Umständen zu einer Entzündung kommen, die entsprechend versorgt werden muss.


Vorbeugung

Da abstehende Ohren genetisch bedingt sind und vererbt werden, ist eine Vorbeugung nicht möglich. Es kann nur eine nachträgliche operative Behandlung erfolgen. Segelohren sind zwar für viele Betroffene ein optisches Problem; sie gefährden aber nicht die Gesundheit oder das Hörvermögen. Ob eine Behandlung erfolgen soll, liegt daher ganz im Ermessen der Betroffenen selbst bzw. deren Eltern. Viele Menschen stehen zu ihren abstehenden Ohren und erfahren dadurch keine Beeinträchtigungen in ihrem täglichen Leben.

Nachsorge

Nach einer Operation ergibt sich keine Notwendigkeit der Nachsorge. Ein Wiederauftreten der abstehenden Ohren ist ausgeschlossen. Neue Beschwerden sind ebenso nicht zu erwarten. Da eine Therapie meist aus ästhetischen Gründen erfolgt, fällt nach der Beseitigung der Segelohren die primäre Ursache der Erkrankung, die psychische Belastung, vollständig weg.

Somit fällt die Nachsorge in die Wochen nach einem chirurgischen Eingriff. Ärzte kontrollieren, ob die Heilung erfolgreich verläuft. In der ersten Woche ist meist ein Kopfverband zu tragen. In dem folgenden Monat schützt ein Stirnband die Ohren. Die Fäden sind gegebenenfalls zu ziehen, was oft der wichtigste Termin bei einem Arzt ist. Um ein Aufreißen der Wunden zu verhindern, sollte anfangs auf Sport verzichtet werden. Die Einweisung eines Arztes weist hierauf explizit hin.

Bei weniger stark ausgeprägten Segelohren verzichten Betroffene manchmal bewusst auf einen chirurgischen Eingriff. Da abstehende Ohren anders als bei manchen Tieren keine Probleme mit der Wahrnehmung begründen, kann ein solcher Entscheid durchaus sinnvoll sein. Ärzte können eine Therapie verschreiben und so das Selbstbewusstsein ihrer Patienten stärken. Kinder und Erwachsene erfahren die notwendige Unterstützung, die sie in ihrem sozialen Umfeld meist zu wenig vorfinden.

Das können Sie selbst tun

Abstehende Ohren sind meist ein rein kosmetisches Problem. Das wirksamste Mittel ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem die Ohren im Rahmen einer Operation an die Kopfhaut angelegt werden. Alternativ oder begleitend dazu können Segelohren durch einige Tricks und Hausmittel behandelt oder zumindest kaschiert werden.

So können abstehende Ohren durch lange Haare oder ein Stirnband gut verdeckt werden. Werden die Segelohren bereits im Säuglingsalter bemerkt, verspricht die Wickel-Methode Besserung. Dabei wird möglichst regelmäßig – allerdings ohne dabei das Baby zu beeinträchtigen - eine Art Mullbinde um den Kopf des Babys gewickelt. Kurzfristig können die Ohren mit Hilfe von Pflastern oder Klebeband angeklebt werden. Langfristig lassen sich abstehende Ohren jedoch nur durch chirurgische Maßnahmen oder die sogenannte Fadenmethode, bei der die Ohren unter lokaler Betäubung festgebunden werden, beheben.

Es empfiehlt sich deshalb, die körperlichen Merkmale zu akzeptieren und bei Kindern mit Segelohren das Selbstbewusstsein zu stärken. Sollten die abstehenden Ohren bereits zu psychischen Problemen geführt haben, sollte mit einem Therapeuten gesprochen werden. Wer aufgrund abstehender Ohren und Ausgrenzung leidet, sollte über einen Wechsel des Umfelds nachdenken.

Quellen

  • Arnold, W., Ganzer, U.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Müller, M., et al.: Chirurgie. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
  • Schumpelick, V., Bleese, N., Mommsen, U.: Kurzlehrbuch Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2010

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