Akinetischer Mutismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Akinetischen Mutismus versteht der Neurologe eine schwere Antriebsstörung, die durch beharrliches Schweigen und Bewegungslosigkeit gekennzeichnet ist. Meist tritt dieses Phänomen in Folge einer Schädigung des Frontalhirns oder des Gyrus cinguli ein. Die Behandlung, aber auch die Prognose richtet sich nach den Ursachen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Akinetischer Mutismus?

Unter dem Akinetischen Mutismus versteht der Neurologe eine schwere Antriebsstörung, die durch beharrliches Schweigen und Bewegungslosigkeit gekennzeichnet ist.

Der Akinetische Mutismus ist ein Komplex aus neurologischen Symptomen, die sich in einer schwerwiegenden Antriebsstörung äußern. Die Patienten schweigen beharrlich, was auch als Mutismus bezeichnet wird. Außerdem führen sie keinerlei Bewegungen aus und zeigen keine emotionale Beteiligung. Ihre Bewegungslosigkeit wird auch als Akinese bezeichnet und erweckt äußerlich den Eindruck einer Lähmung.

Ihr Verhalten ist aber nicht auf physiologische Lähmungen oder Störungen des Sprachzentrums zurückzuführen, sondern ihnen fehlt zur Ausführung sämtlicher Aktionen der Antrieb. Die Wahrnehmung der Patienten bleibt erhalten. Obwohl sie eigentlich bei Bewusstsein sind, erreicht laut der aktuellen Forschung ein Großteil der Geschehnisse aber nicht ihr Bewusstsein. Das Gedächtnis ist von der Erscheinung nicht beeinträchtigt, obgleich sich die Patienten an die meisten Geschehnisse während ihrer Krankheitsperiode nicht erinnern können.

Ursachen

Dem akinetischen Mutismus geht in der Regel eine Verletzung des Gehirns voraus. Entweder ist das Frontalhirn oder der Gyrus cinguli beschädigt. Der Gyrus cinguli ist ein Anteil des Endhirns und zählt zum limbischen System. Diese Bereiche des Gehirns nehmen insbesondere bei einem Schlaganfall mit beidseitigem Verschluss der Großhirnarterie Schaden. Auch bei einem Schädel-Hirn-Trauma kann es zur Beschädigung des Frontalhirns und des Gyrus cinguli kommen.

Denkbare Ursachen sind außerdem Tumore oder ein Wasserkopf. Bei diesen Erkrankungen kann eine Druckwirkung auf das Zwischenhirn entstehen, die sich im akinetischen Mutismus äußert. Auch spongiforme Enzephalopathien wie die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit können den Symptomkomplex des akinetischen Mutismus hervorbringen. Allerdings wirken sich spongiforme Enzephalopathie in der Regel nur in einem sehr späten Stadium entsprechend aus.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Vielzahl von neurologischen Symptomen werden unter dem Begriff des akinetischen Mutismus zusammengefasst. Die Patienten wirken wie gelähmt, sind aber bei vollem Bewusstsein. Trotzdem zeigen sie an den Situationen um sie herum keinerlei emotionale Beteiligung. Sie bewegen sich weder selbstständig, noch lassen sie sich zum Sprechen bringen. Über lange Zeit vermutete die Forschung Bewusstseinsstörungen und Störungen der Wahrnehmung als Ursache für dieses Phänomen.

Neueren Forschungen zufolge ist das aber nicht der Fall. Der Neurowissenschaftler Damasio fand bei einem Gespräch mit Betroffenen des akinetischen Mutismus heraus, dass die Patienten die Situation um sich durchaus wahrnehmen und verstehen können, aber keinerlei Antrieb zur Aktion verspüren. Der Gyrus cinguli dient als eine Schnittstelle zwischen Kognition und Emotion. Diesem Teil des Gehirns kommen bei der Motivation wichtige Aufgaben zu, was die Ergebnisse Domasios bekräftigt.

Diagnose & Verlauf

Im Rahmen der Diagnose ist bei Verdacht auf akinetischen Mutismus vor allem ein MRT des Schädels anzuordnen. Durch eine Lumbalpunktion und die labordiagnostische Analyse des so gewonnenen Hirnwassers müssen entzündliche und infektiöse Ursachen ausgeschlossen werden. Mit einer Elektroenzephalografie lässt sich die elektrische Aktivität des Gehirns untersuchen.

Differentialdiagnostisch müssen vor allem die Katatonie und das Apallische Syndrom in Betracht gezogen werden. Wenn akinetischer Mutismus vorliegt, so ist die Prognose relativ günstig. Eine vollständige Erholung ist in der Regel möglich, solange es sich bei den Schädigungen des Gehirns nicht um schwere Verletzungen handelt. Auch nach Monaten ist noch eine Besserung zu erwarten, wenn sich die Ursache für die physiologisch bedingte Antriebslosigkeit zufriedenstellend behandeln lässt.

Komplikationen

Akinetischer Mutismus ist eine neurologische Erkrankung, die sich durch Schweigen, Antriebslosigkeit, keinerlei emotionale Beteiligung und Bewegungslosigkeit ähnlich einer Lähmung äußert. Gleichwohl scheinen Geschehnisse ins Bewusstsein vorzudringen, auch besitzen Betroffene durchaus Erinnerungen, sofern sie die Krankheitsperiode überwunden haben. Das Symptom weist auf eine Schädigung des Frontalhirns hin, kann aber auch die Gürtelwindung des limbischen Systems betreffen.

Es entsteht durch ein Schädel-Hirn-Trauma, als Folge eines Tumorbefalls im Gehirn, eines Schlaganfalls sowie des angeborenen Wasserkopfes. Kinder zeigen dabei starke kognitive Entwicklungsverzögerungen und wirken lethargisch. Die rasche medizinische Abklärung beugt bleibende Komplikationen vor.

Sofern Erwachsene schwere Wesenswandlungen aufweisen, die mit Verlust der aktiven Teilnahme sowie von Sprache und Motorik einhergehen, muss ärztliche Hilfe eingeschaltet werden. Die Komplikationsfolgen wären Orientierungslosigkeit, Wahrnehmungs-, Reaktions- und Wissensverlust sowie Fieberschübe und völlige Bewegungsunfähigkeit. Der Genesungsverlauf des akinetischen Mutismus ist durch die Ursache des Ausbruchs bedingt.

Bei ausreichend medizintherapeutischer stationärer Versorgung bestehen vollständige Erholungschancen. Sofern unfallbedingt schwere Gehirnverletzungen vorliegen, minimiert sich eine komplette Heilung. Liegt ein Tumorbefund vor, erfolgt die operative Entfernung sowie eine eventuelle Strahlentherapie.

Diese kann dem Betroffenen physische Probleme aufgrund von Verträglichkeit und Haarverlust bereiten. Bei der Verlegung einer Liquor-Drainage, erfahren Wasserkopf-Betroffene Belastungen durch den ungewohnten Fremdkörper sowie der partiell bedingten Haarentfernung. Creutzfeldt-Jakob-Patienten besitzen dagegen keine Heilungsaussichten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel stellt diese Krankheit keine gefährliche Situation für den Betroffenen dar. Auch die Lebenserwartung wird dadurch in der Regel nicht verändert, wobei der Patient allerdings nicht mehr spricht und sich in der Regel auch nicht mehr bewegt. Meistens ist dabei leider auch keine Behandlung möglich. In den meisten Fällen wird dieser Mutismus direkt im Krankenhaus schon festgestellt.

Der Betroffene wird vorher aufgrund einer Schädigung des Gehirns behandelt. Der Mutismus tritt dabei direkt durch diese Schädigung auf und wird direkt festgestellt und diagnostiziert. Aus diesem Grund muss kein Arzt aufgesucht werden. Hierbei können allerdings verschiedene Therapien eingesetzt werden, um die Beschwerden und Symptome zu lindern. Ob es allerdings zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht vorausgesagt werden. Sollte dieser Mutismus allerdings im Laufe der Zeit auftreten, so kann es sich um einen Tumor handeln. Dabei ist auf jeden Fall eine ärztliche Behandlung notwendig, falls die Beschwerden voranschreiten und die Lebensqualität des Betroffenen verringern.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des akinetischen Mutismus richtet sich nach der Ursache. Wenn zum Beispiel ein Tumor wie das Plexuspapillom vorliegt, dann wird der Tumor operativ vollständig entfernt. Falls der gutartige Tumor atypisch ist oder nicht vollständig entfernt werden kann, erfolgt eine zusätzliche Strahlentherapie. Bei einem Hydrozephalus wird der Hirndruck über eine Liquor-Drainage reduziert. Auch eine Ventrikulostomie ist denkbar. Bei einem Schlaganfall gilt es abzuwarten und auf eine selbstständige Erholung des betroffenen Bereichs zu hoffen.

Unter Umständen werden zur Vermeidung von Komplikationen nach einem Schlaganfall immunsuppressive Medikamente gegeben. Bei Schädelhirntraumen zweiten oder noch höheren Grades muss dem steigenden Hirndruck über die Gabe von Glucocorticoiden entgegengewirkt werden. Falls Sedierungen erforderlich sind, werden diese durch Medikamente wie Barbiturat, Benzodiazepin oder Propofol bezweckt. Auf diese Weise tritt zusätzlich zur Ruhigstellung eine Senkung des Hirndrucks ein.

Falls der Hirndruck trotz dieser therapeutischen Maßnahmen stark ansteigt, wird zusätzlich eine Entlastungskraniektomie durchgeführt. Im Rahmen dieses operativen Eingriffs entfernt der Operationsarzt Teile des Schädels, um dem Gehirn Platz zur Ausbreitung zu geben. Wenn die Schwellung zurückgegangen ist, werden die entfernten Teile des Schädels wieder angefügt. Bei Erkrankungen wie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit liegen keine Heilungschancen vor. In der Regel kommt es binnen weniger Monate zum Tod, wobei die Patienten über einige Zeit in der terminalen Endphase der Erkrankung gefangen bleiben.

Aussicht & Prognose

Bei dieser Krankheit kommt es zu einer extremen Einschränkung des Patienten im Alltag. Der Betroffene kann nicht sprechen und sich ebenso nicht bewegen, da das Gehirn starke Schäden aufweist. Diese Einschränkungen führen zu einer extremen Verringerung der Lebensqualität und die Betroffenen sind dabei in der Regel auf die Hilfe anderer Menschen im Alltag angewiesen. Der Patient ist weiterhin bei vollem Bewusstsein, kann sich allerdings in das Geschehnis nicht selbst einbringen. Weiterhin kann es auch zu Wahrnehmungsstörungen kommen.

Bei dieser Krankheit erfolgt die Behandlung in jedem Fall kausal. Dabei muss die Grunderkrankung therapiert werden, wobei es sich in den meisten Fällen um einen Tumor handelt. Hierbei kann allerdings nicht vorausgesagt werden, ob es in jedem Fall zu einem positiven Krankheitsverlauf kommen wird. In einigen Fällen ist keine Behandlung möglich und der Betroffene muss sein gesamtes Leben mit den Beschwerden verbringen.

Nach einem Schlaganfall können Medikamente möglicherweise die Beschwerden lindern. Im Allgemeinen ist allerdings keine universelle Voraussage des Krankheitsverlaufes möglich. Oft sind auch die Angehörigen des Patienten von der Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen und leiden dadurch teils an psychischen Beschwerden.


Vorbeugung

Dem akinetischen Mutismus durch Ursachen wie den Hydrozephalus oder das Schädelhirntrauma lässt sich nicht vorbeugen. Das Risiko für Schlaganfälle lässt sich allerdings durch ausreichend Bewegung, eine gesunde Ernährung, die Reduktion von Übergewicht und den Verzicht auf Zigaretten und Alkohol senken.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei dieser Krankheit keine oder nur sehr wenige Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Daher ist der Betroffene dabei in erster Linie auf eine frühzeitige Diagnose mit einer anschließenden Behandlung angewiesen, damit es zu keinen weiteren Kompplikationen oder Beschwerden kommt. Je früher die Krankheit dabei erkannt und behandelt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf.

Daher steht bei dieser Erkrankung im Vordergrund die frühzeitige Diagnose. Die Behandlung selbst erfolgt dabei in der Regel mit Hilfe einer Strahlentherapie, wobei die meisten Betroffenen auch auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind. Bei der Einnahme von Arzneimitteln ist zu beachten, dass die richtige Dosierung und auch die richtige Frequentierung eingehalten wird.

Bei Unklarheiten oder Fragen sollte dabei immer zuerst ein Arzt kontaktiert werden, damit es nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Weiterhin sind die meisten Patienten bei dieser Krankheit auf die Unterstützung und die Pflege durch die eigene Familie und durch Freunde angewiesen. Dabei ist auch eine psychotische Unterstützung sehr sinnvoll, um solche Beschwerden zu verhindern. In einigen Fällen ist die Lebenserwartung des Betroffenen durch diese Krankheit verringert.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen Patienten, die an einem akinetischen Mutismus leiden, selbst ergreifen können, hängt von der Ursache der Erkrankung und der jeweiligen Behandlungsstrategie ab. Grundsätzlich ist bei Tumorerkrankung eine engmaschige Überwachung notwendig. Der Patient sollte selbst auf ungewöhnliche Symptome wie Blutungen oder Druckschmerzen achten und diese bei der ärztlichen Untersuchung ansprechen.

Weiterhin müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die eigentlichen Beschwerden zu lindern. Druckschmerzen können, begleitend zur medikamentösen Therapie, durch kühle Auflagen oder sanfte Massagen gelindert werden. In Rücksprache mit dem Arzt können verschiedene Mittel aus der Natur eingesetzt werden. Bewährt haben sich zum Beispiel die schmerzstillende Teufelskralle und das homöopathische Mittel Belladonna, welches Entzündungen reduziert und Schmerzen lindert.

Sollten sich infolge der Tumorerkrankung neurologische Störungen einstellen, wird meist ein operativer Eingriff vorgenommen. Nach einer OP benötigt der Patient Ruhe. Die Operationswunde wird in den ersten Tagen im Krankenhaus versorgt und muss zu Hause sorgsam gepflegt werden, damit es nicht zu Wundheilstörungen oder Narbenbildung kommt. Begleitend dazu sind weitere ärztliche Untersuchungen angezeigt, um sicherzustellen, dass der Tumor keine Rezidive oder Metastasen gebildet hat.

Quellen

  • Diener, H.-C., Putzki, N.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Klingelhöfer, J., Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie. Urban & Fischer, München 2009

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