Bewusstsein
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Bewusstsein wird durch komplexe neurophysiologische Prozesse eines Individuums bestimmt. Bis heute ist es schwierig, die Ursachen für das bewusste Wahrnehmen der Welt zu erklären. Bewusstseinsstörungen äußern sich in vielfältigen psychologischen Erkrankungen.
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Was ist das Bewusstsein?
Es ist gar nicht so einfach, zu klären, was Bewusstsein überhaupt ist und wie es entsteht. Deshalb gibt es für das Bewusstsein auch keine einheitliche Definition. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es die Gesamtheit der mentalen Zustände eines Individuums, welche durch komplexe neurophysiologische Prozesse getragen sind.
Wie allerdings diese neurophysiologischen Prozesse zu Bewusstseinszuständen führen können, ist umstritten. Wie kann es also möglich sein, dass Nervenreizweiterleitungen oder Hirnaktivitäten bestimmte Empfindungen oder Gefühle auslösen? Wie und warum können diese mentalen Zustände bestimmten neuronalen Prozessen zugeordnet werden?
Die physiologischen Vorgänge unterliegen chemischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Wie kommt es also zur Feinabstimmung dieser Vorgänge und warum erzeugen sie Zustände, die dem Individuum seine Rolle in der Umwelt bewusst machen?
Die Rätselhaftigkeit des Bewusstseins beschäftigt sowohl Wissenschaftler als auch Philosophen. So wurden bis heute verschiedene Theorien entwickelt, die jedoch keine endgültige Erklärung geben können. Alle Erklärungsversuche sind bis heute nur Annäherungen. Folglich gibt es auch bei der Beschreibung des Bewusstseins unterschiedliche Auffassungen.
Funktion & Aufgabe
Nach der wissenschaftlichen Definition gehören zu den mentalen Zuständen alle Empfindungen, Gefühle, Wahrnehmungen und kognitive Fähigkeiten (also Denken). Beim Menschen hat sich das Bewusstsein im Laufe der Evolution am stärksten ausgebildet. Besonders die Komponente Denken spielt bei ihm eine große Rolle.
Entwicklungsgeschichtlich scheint bei einer Spezies der Primaten für ihr Überleben die Notwendigkeit bestanden zu haben, vorausplanend zu agieren. Wahrscheinlich waren die Lebensbedingungen so hart, dass allein instinktgesteuertes Handeln zum Aussterben des Menschen geführt hätte.
Gleichzeitig hat sich die Sprache zur besseren Kommunikation der Individuen entwickelt. Auf dieser Grundlage konnten früher gemachte Erfahrungen an nachfolgende Generationen weitergegeben werden.
In den letzten Jahren sind auch bei einigen Tierarten kognitive Fähigkeiten bekannt geworden. So wurde bei Affen, Schweinen, Delfinen, Elefanten und diversen Rabenvögeln festgestellt, dass sie sich im Spiegel selbst erkennen können. Einige Tierarten zeigen auch vorausschauendes Handeln.
Jedes Tier hat bestimmte Empfindungen wie Schmerz, Hunger, Durst oder Sättigung. Diese Empfindungen sind Voraussetzung für das Überleben. Wann hier jedoch von Bewusstsein gesprochen werden kann, ist umstritten. Die Grenzen sind je nach Definition fließend. Wenn sich zu den Empfindungen bereits Gefühle wie Angst oder gar Trauer und Freude gesellen, kann von beginnendem Bewusstsein gesprochen werden. Aus der Tierwelt ist dies bereits jedem Hundebesitzer gut bekannt, der den Gefährten mit wedelndem Schwanz beobachtet.
Oftmals handeln Individuen (auch der Mensch) unbewusst nach Instinkt. Hier sind die Verhaltensweisen entweder angeboren oder werden unbewusst im Gehirn gespeichert.
Zum Bewusstsein gehört auch die Wahrnehmung der natürlichen Umwelt. Die Wahrnehmung umfasst beim Menschen Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Die komplexen Vorgänge des Bewusstseins dienen dem Menschen zur Verarbeitung dieser Wahrnehmungen unter Entwicklung von Handlungsstrategien zu seinem Vorteil.
Krankheiten & Beschwerden
Bei Drogen- und Alkoholabhängigkeit sowie bei Schizophrenie kommt es häufig zur Entwicklung von Psychosen, die mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen verbunden sind. Der betroffene Mensch kann sich nicht mehr deutlich mit seinem "Ich" identifizieren.
Psychosen können auch im Rahmen von anderen Erkrankungen wie Demenz, schweren Traumata oder komatösen Zuständen entstehen. Auch schwere Erkrankungen der Leber, der Nieren oder des Herzens können unter Umständen zu Psychosen führen.
Es wird zwischen quantitativen und qualitativen Bewusstseinsstörungen unterschieden. Quantitative Bewusstseinstörungen äußern sich in der Eintrübung der Vigilanz (Wachheit). Das erfolgt über vier Stufen. Diese äußern sich angefangen mit einfacher Benommenheit über Somnolenz (dauernde Schläfrigkeit), Sopor (schlafgleicher Zustand) bis zum Koma.
Die Ursachen für quantitative Bewusstseinsstörungen sind vielfältig. Dazu zählen unter anderem eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Epilepsie, erhöhter Hirndruck, Schädel-Hirn-Traumata, Vergiftungen oder Entzündungen des Nervensystems sowie Unter- oder Überzuckerung.
Von qualitativen Bewusstseinsstörungen wird bei Bewusstseinseintrübungen, Bewusstseinseinengungen und Bewusstseinsverschiebungen gesprochen. Bewusstseinseintrübungen beschreiben Zustände von Verwirrtheit in Denken und Handeln. Dazu zählen solche Symptome wie Desorientiertheit, Halluzinationen oder Angst. Diese Zustände können bei Schizophrenie, Demenz, Drogen-, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch oder metabolischen Erkrankungen auftreten.
Bei der Bewusstseinseinengung ist der Patient nur vermindert ansprechbar. Oft bildet sich dieser Zustand bei Schädel-Hirn-Traumen, Epilepsie oder Hirnentzündungen heraus. Bewusstseinsverschiebungen äußern sich in veränderter Wahrnehmensfähigkeit, die mit einer gesteigerten Wachheit gepaart ist. Das ist ein typischer Zustand einer beginnenden Manie, bei Drogenmissbrauch oder gar bei einer intensiven Meditation.
Ursachen für qualitative Bewusstseinsstörungen stellen neben Alkohol und anderen Drogen auch Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Erkrankungen des Gehirns, Vergiftungen, Schlafentzug oder Stoffwechselprobleme dar.
Bei straffälligem Verhalten wird im Rahmen des Strafrechts bei Begehen der Tat im Zustand eingeschränkten Bewusstseins auf schuldunfähig oder vermindert schuldfähig plädiert.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Gleixner, C., Müller, M., Wirth, S.: Neurologie und Psychiatrie. Für Studium und Praxis 2015/16. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2015
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015