Akrorenales Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Akrorenalen Syndrom handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die mit Missbildungen der Nieren und Gliedmaßen einhergehen. Das Akrorenale Syndrom besteht bei den betroffenen Menschen von Geburt an und zeichnet sich durch einen autosomal-rezessiven Vererbungsgang aus. Das Akrorenale Syndrom kommt relativ selten vor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Akrorenale Syndrom?

Beim Akrorenalen Syndrom handelt es sich um eine erblich bedingte Erkrankung, die sich in Fehlbildungen an den Gliedmaßen und Nieren äußert.

Das Akrorenale Syndrom stellt eine angeborene Krankheit dar, die mit äußerst geringer Häufigkeit in der Bevölkerung auftritt. Derzeit sind erst etwa 20 Personen mit dem Akrorenalen Syndrom bekannt. Neben einer seltenen Erbkrankheit handelt es sich beim Akrorenalen Syndrom allerdings auch um den Sammelbegriff für angeborene Anomalien an den Gliedmaßen und Nieren, die weitaus häufiger vorkommen.

So liegt die geschätzte Prävalenz derartiger Defekte bei aktuell circa 1:20 000. Statistische Untersuchungen von Patienten zeigen, dass Missbildungen an den Extremitäten in über 90 Prozent der Krankheitsfälle auch mit Anomalien an den Harnwegen und anderen inneren Organen einhergehen. Eine erstmalige Beschreibung des Akrorenalen Syndroms erfolgte 1969 durch die beiden Mediziner Opitz und Dieker.

Eine Verbindung zwischen Fehlbildungen an den Gliedmaßen und Defekten der Niere scheint vergleichsweise häufig vorzukommen. Die entsprechenden Störungen bestehen dabei bereits bei der Geburt. Mitunter treten weitere Missbildungen am Körper der neugeborenen Babys in Erscheinung. Das eigentliche Akrorenale Syndrom kommt mit einer Prävalenz von etwa 1:1.000.000 vor. Dabei gehen Mediziner von einem autosomal-rezessiven Erbgang aus.

Ursachen

Beim Akrorenalen Syndrom handelt es sich um eine erblich bedingte Erkrankung, die sich in Fehlbildungen an den Gliedmaßen und Nieren äußert. Dabei weisen die Patienten bestimmte genetische Mutationen auf, die zur Manifestation der typischen Beschwerden des Akrorenalen Syndroms führen.

Die für die Pathogenese ursächlichen genetischen Mutationen finden auf dem Genlocus 15q13-q14 statt. In der Folge dieser Gendefekte bilden sich Extremitäten und Nieren fehlerhaft aus, sodass die Defekte schon bei der Geburt der Patienten vorliegen.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei den Beschwerden der Krankheit ist zwischen dem Akrorenalen Syndrom als Sammelbegriff für verschiedene Missbildungen und dem eigentlichen Akrorenalen Syndrom zu unterscheiden. Bei ersterem leiden die Patienten neben Fehlbildungen der Nieren und Gliedmaßen auch an anderen Störungen. Die betroffenen Personen weisen zum Beispiel Spalthände oder -füße, eine Metatarsalia sowie eine Metakarpalia auf.

Mitunter bestehen eine Oligodaktylie, Polydaktylie, Ektrodaktylie sowie eine Brachydaktylie. Möglich sind zudem knöcherne Verbindungen zwischen Phalangen, Missbildungen am Harnleiter und eine Nierenagenesie. Darüber hinaus leiden einige Patienten an einer bilateralen Hypoplasie der Nieren, einer Obstruktion des Blasenhalses, Doppelnieren oder Missbildungen am Harnblasendreieck.

Darüber hinaus zeigen einige Personen Beschwerden wie Hypertelorismus, ein Kolobom, Störungen des körperlichen Wachstums und eine Hypoplasie der Helix. Außerdem liegen mitunter eine psychomotorische Behinderung, eine Klinodaktylie und eine Aortenisthmusstenose vor. Auch zeigen sich unter Umständen Symptome wie eine Coxa valga, eine Hypoplasie des Zahnschmelzes sowie eine Hypospadie.

Das Akrorenale Syndrom selbst äußert sich üblicherweise in einer Hypoplasie oder Agenesie der Niere, einer Ektrodaktylie sowie Hypoplasien von Tibia, Ulna und Radius. In seltenen Fällen liegen Zystennieren vor. Grundsätzlich versterben die meisten Patienten mit dem Akrorenalen Syndrom bereits kurze Zeit nach der Geburt durch eine mangelhafte Nierenfunktion. Zudem kommt ein Großteil der betroffenen Kinder tot auf die Welt.

Diagnose & Verlauf

Zahlreiche Fehlbildungen, die im Rahmen des Akrorenalen Syndroms auftreten, sind schon bei der Geburt der Säuglinge ersichtlich. Deshalb erfolgt eine Diagnose meist unmittelbar nach der Entbindung. Auch wenn viele Kinder mit dem Akrorenalen Syndrom tot zur Welt kommen, ist eine Diagnose der Krankheit notwendig.

Dabei arbeiten verschiedene medizinische Spezialisten zusammen, etwa Orthopäden und Fachärzte für innere Medizin. Bei der Untersuchung des neugeborenen Patienten sind die Sorgeberechtigten meist mit anwesend. Die typische Kombination an körperlichen Missbildungen weist auf das Akrorenale Syndrom hin. Zur Sicherung der Diagnose führt der Arzt eine röntgentechnische Untersuchung durch.

Dabei sind zahlreiche anatomische Anomalien, etwa an den Gliedmaßen, erkennbar. In der heutigen Zeit ist zudem eine pränatale Diagnose des Akrorenalen Syndroms möglich. Zu diesem Zweck führt der behandelnde Arzt einen Feinultraschall im Uterus der werdenden Mutter durch. Bestimmte Fehlbildungen sind auf diese Weise bereits nachweisbar.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel wird dieses Syndrom schon vor der Geburt oder auch direkt nach der Geburt in verschiedenen Untersuchungen diagnostiziert. Aus diesem Grund ist es für die Eltern meistens nicht notwendig, gezielt einen Arzt aufzusuchen, da eine Behandlung in jedem Fall direkt nach der Geburt erfolgen muss. Da die Betroffenen an Missbildungen der Nieren leiden, müssen diese Organe besonders überwacht oder geschont werden. Sollte es daher zu Nierenbeschwerden kommen, so muss sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Auch eine psychische oder motorische Einschränkung des Patienten kann dabei auf das Syndrom hindeuten. Auch in diesem Falle muss eine Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt stattfinden. Auch bei auffälligen Störungen des körperlichen Wachstums muss ein Arzt aufgesucht werden. In den meisten Fällen ist es leider nicht möglich, eine Behandlung dieses Syndroms durchzuführen. Die Betroffenen können nur Palliativ unterstützt werden.

Schließlich kommt es zum Tod des Kindes. Nicht selten benötigen allerdings auch die Eltern der Kinder eine Behandlung durch einen Psychologen. Sollte es daher zu Depressionen oder zu anderen psychischen Verstimmungen kommen, so sollte ebenfalls ein Psychologe aufgesucht werden.

Behandlung & Therapie

Es ist nicht möglich, das Akrorenale Syndrom ursächlich zu therapieren. Denn die Erkrankung ist angeboren und entzieht sich einem postnatalen Einfluss, zumal die meisten Patienten spätestens nach der Geburt versterben. Auch symptomatische Behandlungsansätze des Akrorenalen Syndroms gestalten sich schwierig.

Bedingt durch die Fehlbildungen der Nieren leiden die meisten Patienten mit dem Akrorenalen Syndrom an einer ausgeprägten Nierenschwäche. Die Niereninsuffizienz stellt im überwiegenden Teil der Fälle die Todesursache dar. Oftmals ist lediglich eine palliative Betreuung der Säuglinge möglich.

Für Familien mit entsprechenden Genmutationen ist eine genetische Beratung bei der Familienplanung dringend zu empfehlen. Statistische Auswertungen weisen darauf hin, dass das Akrorenale Syndrom gehäuft bei konsanguinen Verbindungen entsteht.

Aussicht & Prognose

Bei diesem Syndrom kommt es in der Regel zu verschiedenen Fehlbildungen und Missbildungen am Körper des Patienten. Diese treten direkt während der Entwicklung des Fötus auf und werden nicht erst im Laufe der Erkrankung erworben. In vielen Fällen leiden auch die Eltern und die Angehörigen des Patienten an den psychischen Belastungen ausgelöst durch das Syndrom.

Der Betroffene weist Anomalien an den Händen und Füßen auf, die in der Regel zu Bewegungseinschränkungen führen. Damit ist der Alltag des Patienten eingeschränkt und oft sind die Betroffenen auf die Hilfe anderer Menschen im Alltagsleben angewiesen. Weiterhin sind auch die Nieren von Fehlbildungen betroffen, sodass es zu Störungen und Schmerzen kommt. Im schlimmsten Falle kommt es zu zum Nierenversagen.

Das Wachstum des Körpers ist durch die Krankheit ebenso eingeschränkt. In der Regel ist auch keine direkte und kausale Behandlung des Syndroms möglich, sodass nur die Schmerzen des Kindes gelindert werden können.

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Vorbeugung

Eine Vorbeugung der genetischen Ursachen des Akrorenalen Syndroms ist nicht möglich. Mittels pränataler Methoden der Untersuchung ist das Akrorenale Syndrom allerdings meist schon bei Embryonen im Mutterleib nachweisbar. Zu diesem Zweck setzt der Arzt ein Feinultraschall-Verfahren ein, bei dem er auf die Extremitäten und die Nieren fokussiert.

Das können Sie selbst tun

Wenn das Kind an einem Akrorenalen Syndrom leidet, bedeutet dies für die Eltern eine große Belastung. Das Kind ist meist nicht in der Lage, selbstständig zu essen oder die Toilette aufzusuchen. Zudem können geistige Behinderungen, Wachstumsstörungen und diverse Fehlbildungen hinzu kommen.

Das komplexe Symptombild bedeutet für die Angehörigen meist eine große Ungewissheit, denn oftmals entwickeln sich im Verlauf des Lebens weitere Symptome, welche das Kind zunehmend einschränken. Um die körperliche und seelische Belastung zu reduzieren, sollte frühzeitig eine Pflegekraft hinzugezogen werden, die das Kind rund um die Uhr betreuen kann. Unterstützend dazu bietet sich für die Angehörigen eine psychologische Betreuung an.

Neben diesen allgemeinen Maßnahmen, die langfristig die Lebensqualität für Kind und Eltern verbessern, müssen diverse organisatorische Aufgaben erledigt werden. Hierzu zählen die Anmeldung in Sonderkindergärten und- schulen, Umbauten im Haushalt und die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel (Krücken, Rollstuhl, u.a.). Der Arzt kann die Eltern bei diesen Schritten unterstützen und Tipps an die Hand geben, um die verschiedenen Aufgaben zu bewältigen und dem Kind trotz der Erkrankung ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen.

Quellen

  • Battegay, E. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose. Thieme, Stuttgart 2012
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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