Hypospadie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Hypospadie ist eine Fehlentwicklung im Urogenitaltrakt. Bei betroffenen Jungen sitzt die Harnröhre nicht an der Penisspitze. Dies führt zu verschiedenen funktionellen Einschränkungen, die operativ behandelt werden können.
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Was ist eine Hypospadie?
Bei einer Hypospadie liegt die Harnröhrenöffnung auf der Unterseite des Penis und mündet nicht an der Penisspitze. Die Harnröhre ist dabei verkürzt.
Je nach Schweregrad kann die Harnröhre dann unterhalb der Eichel oder sogar am Perineum enden. Dadurch ist es für den betroffenen Jungen bzw. den betroffenen Mann schwer im Stehen zu urinieren, da der Strahl nach hinten verläuft. Die Hypospadie zählt zu den häufigsten genetisch bedingten Fehlbildungen des männlichen Urogenitaltrakts. Sie geht nicht selten mit einer enormen psychischen Belastung der Eltern sowie des betroffenen Jungen einher.
Es wird zwischen glandulärer, peniler und skrotaler Hypospadie unterschieden. Am häufigsten tritt die leichteste Form, nämlich die glanduläre Hypospadie, auf. Dabei liegt die Harnröhrenöffnung an der Unterseite der Eichel. Bei der penilen Hypospadie mündet die Harnröhre in den Penisschaft, was therapiebedürftig ist und zu Funktionseinschränkungen führen kann.
Die schwerste Form ist die skrotale Hypospadie, hier liegt die Harnröhrenöffnung an der Penisbasis bzw. am Perineum.
Ursachen
Neben dem erblichen Faktor spielen auch endokrinologische und umweltbedingte Einflüsse eine Rolle. So konnte ein Defekt der Rezeptoren für Testosteron nachgewiesen werden. Nimmt die Mutter während der Schwangerschaft das Hormon Progesteron ein, kann dies das Risiko des Babys eine Hypospadie zu entwickeln, erhöhen.
Darüber hinaus scheinen untergewichtig geborene Babys überdurchschnittlich häufig an einer Hypospadie zu leiden. Die genauen Faktoren, die zu diesem Krankheitsbild führen, sind jedoch noch nicht vollständig geklärt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Eine Hypospadie kann in erster Linie anhand der verkürzten Harnröhrenöffnung erkannt werden. Bei Jungen endet die Harnröhrenöffnung meist unter der Eichel, bei Mädchen endet sie in der Vaginalwand. Personen, die an Hypospadie leiden, haben Probleme beim Urinieren und beim Ejakulieren. Beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr kann es zu Schmerzen und Brennen kommen, das meist nach einigen Sekunden bis Minuten wieder abklingt.
Weiterhin äußert sich die Fehlbildung durch wiederholte Infektionen und Entzündungen im betroffenen Bereich. Die Betroffenen sind in ihrem Alltag im Allgemeinen stark eingeschränkt und leiden neben den eigentlichen Beschwerden auch an Vermeidungsverhalten und den Folgen, die daraus resultieren. So kann regelmäßiger Harnverhalt Entzündungen verursachen und im schlimmsten Fall zu Inkontinenz führen.
Die Vermeidung von Geschlechtsverkehr hat unter anderem auch seelische Probleme zur Folge. Oft fühlen sich die Betroffenen extrem unwohl mit der Erkrankung und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Die oft chronisch auftretenden Beschwerden können bei den Patienten psychische Beschwerden hervorrufen und beispielsweise zur Entstehung von Minderwertigkeitskomplexen und depressiven Verstimmungen führen. Aus diesem Grund muss eine Hypospadie frühzeitig diagnostiziert und im Rahmen eines operativen Eingriffs behoben werden.
Diagnose & Verlauf
Die Basisdiagnose stellt der behandelnde Urologe nach einer ausführlichen körperlichen Untersuchung. Danach wird in den meisten Fällen eine Sonographie der Harnröhre angeordnet. Dies dient unter anderem auch der Abklärung des Schweregrads.
Ist die Ultraschalluntersuchung auffällig, wird in weiterer Folge ein Urogramm angefertigt. Dabei handelt es sich um ein Kontrastmittelröntgen der Nieren sowie der Harnwege. Neben diesen diagnostischen Maßnahmen kann auch eine Miktionszystourethrographie (MCU) durchgeführt werden, dabei wird die Blase vor und nach dem Urinieren einer Röntgenuntersuchung unterzogen. Im Rahmen der Diagnosestellung ist es auch wichtig den Schweregrad der Hypospadie zu bestimmen.
Grundsätzlich ist der Verlauf einer Hypospadie mit der richtigen Therapie absolut positiv. In vielen Fällen kann die Fehlentwicklung durch geeignete Maßnahmen sowohl kosmetisch als auch funktionell behoben werden.
Komplikationen
Durch diese Schmerzen können sich oft psychische Beschwerden entwickeln, sodass es zu Minderwertigkeitskomplexen oder zu einem verringerten Selbstwertgefühl kommt. Weiterhin kann es auch zu Depressionen und zu anderen psychischen Beschwerden kommen. Die Hypospadie muss nicht in jedem Fall behandelt werden.
Sollte der Patient nicht an starken Beschwerden leiden oder sich in seinem Alltag eingeschränkt fühlen, so muss auch nicht zwingend eine Behandlung erfolgen. In diesem Falle treten damit auch keine Komplikationen ein. Eine Behandlung ist dann notwendig, wenn die Hypospadie zu Schmerzen oder zu starken psychischen Komplikationen führt.
Dabei ist in der Regel ein operativer Eingriff notwendig. Bei diesem Eingriff treten ebenfalls keine besonderen Komplikationen auf. In seltenen Fällen können sich die Schnittstellen nach der Operation entzünden und müssen daher mit Hilfe von Antibiotika behandelt werden. Die Lebenserwartung wird durch die Hypospadie nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine Hypospadie wird meist unmittelbar nach der Geburt festgestellt. Ob weitere Arztbesuche erforderlich sind, hängt unter anderem von der Ausprägung der Fehlbildung und etwaigen Begleiterscheinungen ab. Eine leichte Harnröhrenöffnung kann direkt nach der Geburt geschlossen werden und bedarf anschließend lediglich einiger Kontrolluntersuchungen.
Größere Fehlbildungen, die möglicherweise mit Problemen beim Urinieren und beim Ejakulieren verbunden sind, bedürfen einer umfassenden ärztlichen Behandlung. Die Eltern sollten das Kind zum Arzt bringen, wenn es über Schmerzen beim Wasserlassen klagt oder Fiebersymptome zeigt. Sollte sich die Harnröhrenöffnung entzünden, ist eine weitere ärztliche Behandlung angezeigt. Der Betroffene sollte umgehend zu einem Urologen gebracht werden.
Eine frühzeitige Behandlung senkt das Risiko für ernste Komplikationen. Darum sollte eine Hypospadie möglichst sofort abgeklärt und behandelt werden, unabhängig davon, ob weitere Beschwerden hinzukommen. Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft das Hormon Progesteron einnehmen, werden besonders häufig mit einer Hypospadie geboren. Darum sollten werdende Mütter, die regelmäßig Medikamente einnehmen, regelmäßig mit dem Arzt sprechen und den Gesundheitszustand des Kindes prüfen lassen.
Behandlung & Therapie
Bei leichten Fällen einer glandulären Hypospadie ist meist keinerlei therapeutisches Eingreifen notwendig. Nicht selten sind sich Betroffene mit sehr leichten Formen ihrer Hypospadie gar nicht bewusst.
Liegen jedoch funktionelle Einschränkungen vor, ist ein operativer Eingriff meist empfehlenswert. Dieser findet optimalerweise ab dem ersten Lebensjahr des betroffenen Jungen statt. Ist die Harnröhre verengt, kann eine Operation bereits bei Säuglingen nötig sein. Es handelt sich um eine komplizierte Operation, die mehrere Stunden dauern kann. Der Eingriff findet immer unter Vollnarkose statt.
Um eine Hypospadie zu korrigieren, gibt es verschiedene chirurgische Herangehensweisen, die sich nach dem vorliegenden Schweregrad der Fehlentwicklung richten. Die Chirurgen müssen auch andere häufig zusammen mit der Hypospadie auftretende Fehlbildungen im Urogenitaltrakt beachten. Dazu zählen unter anderem Fehlentwicklungen der Schwellkörper im Penis oder eine Penisschaftverkrümmung.
Nicht selten liegt auch ein gespaltenes Präputium vor, das bedeutet, dass die Vorhaut auf der einen Seite länger ist und auf der anderen Seite des Penis fehlt. Bei einer Operation wird die Harnröhre an die Penisspitze gesetzt. Dadurch soll normales Urinieren bzw. eine normale Erektion ermöglicht werden. Die Chirurgen versuchen darüber hinaus den Penis zu Begradigen.
Vorbeugung
Da es sich bei einer Hypospadie um eine genetisch bzw. endokrinologisch bedingte Fehlentwicklung im Urogenitaltrakt handelt, die während der frühen Schwangerschaft entsteht, ist eine Vorbeugung nicht möglich.
Nachsorge
Wenn die Hypospadie behandelt wurde, können sich kleine Blutergüsse und Schwellungen bilden. Diese sind jedoch nach etwa vier Wochen abgeheilt. Die operierten Kinder benötigen regelmäßige Kontrolltermine. Meistens bleiben sie für zwei bis drei Tage im Bett und behalten den Verband drei bis sieben Tage lang. Nach dem vorsichtigen Entfernen und dem Abklemmen des Bauchdeckenkatheters darf das Kind wieder normal Wasser lassen.
Abhängig von der Behandlungsmethode dauert der Heilungsprozess eventuell auch etwas länger. Kamillenbäder beschleunigen das Abheilen. Spätestens nach vier bis sechs Wochen sollte der Penis wiederhergestellt sein. Bei den Kontrolluntersuchungen überzeugt sich der Arzt von dem Zustand der Patienten.
Direkt im Anschluss an die Operation spüren die Kinder oft leichte Schmerzen. Wenn der Penis abgeheilt ist, bleibt eine Narbe zurück, die sich ringförmig unter der Eichel und manchmal auch an der Unterseite entlangzieht. Hier zeigt sich die Ähnlichkeit mit der klassischen Beschneidung.
Die Nachsorge zuhause beinhaltet eine gewisse Vorsicht beim Gehen und bei anderen Bewegungen. Oft achten die Kinder automatisch darauf, sich nicht zu heftig zu bewegen. Doch auch die Eltern können aufpassen, dass ihr Nachwuchs nicht zu früh Sport treibt. Die einwöchige Krankschreibung ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Unterstützung.
Das können Sie selbst tun
Bei größeren Beschwerden ist unter Umständen eine Operation vonnöten. Nach einem solchen Eingriff können die Betroffenen die Genesung fördern, indem sie auf entsprechende Hygienemaßnahmen achten und den Bereich, an dem die Operation stattgefunden hat, für einige Tage schonen. Auf Tätigkeiten, die den Penis und generell den Intimbereich belasten könnten, sollte in der ersten Zeit nach dem Eingriff verzichtet werden.
Da eine Operation meist in den ersten beiden Lebensjahren stattfindet, müssen die Eltern auf etwaige Auffälligkeiten achten und bei Anzeichen von Schmerzen und ähnlichen Symptomen den zuständigen Arzt kontaktieren. Weitere Maßnahmen beschränken sich darauf, die Operationsnarbe gut zu pflegen, um die Entstehung einer größeren Narbe zu verhindern. Das Kind sollte so gut wie möglich über die Gründe für den Eingriff informiert werden.
Quellen
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
- Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014