Alport-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Alport-Syndrom handelt es sich um eine Erbkrankheit. Betroffen davon sind in erster Linie die Nieren, die Augen und das Innenohr.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Alport-Syndrom?

Mediziner bezeichnen das Alport-Syndrom auch als progressive hereditäre Nephritis. Gemeint ist damit eine Erbkrankheit, bei der es zu einer progredienten Nephropathie kommt, die zu Nierenversagen führt.

Mediziner bezeichnen das Alport-Syndrom auch als progressive hereditäre Nephritis. Gemeint ist damit eine Erbkrankheit, bei der es zu einer progredienten Nephropathie kommt, die zu Nierenversagen führt.

Benannt wurde das Alport-Syndrom nach dem südafrikanischen Arzt Arthur Cecil Alport (1880-1959), der die Erkrankung erstmals im Jahr 1927 beschrieb. 1961 erhielt die Erbkrankheit die Bezeichnung „Alport-Syndrom“. Die seltene Erkrankung zeigt sich in erster Linie bei Jungen und Männern.

Ursachen

Das Alport-Syndrom bildet trotz seines seltenen Vorkommens die zweithäufigste Nierenerkrankung bei Kindern und jungen Erwachsenen, die genetisch bedingt ist. Ursächlich für die Erbkrankheit sind genetische Mutationen in Typ IV Kollagenen. Kollagene bilden einen überaus wichtigen Bestandteil des kollagenen Bindegewebes. Dieses sorgt wiederum für die Stabilität von Organ- und Zellstrukturwänden. Das Bindegewebe lässt sich fast im ganzen Körper finden.

So kommt es an der Haut, den Blutgefäßen, Nerven, Drüsen, Schleimhäuten, Sehnen und Muskeln vor. Typ IV Kollagen befindet sich zudem an der Basalmembran der Nierenkörperchen, den Augen und dem Innenohr. Aus diesem Grund sind auch diese Körperstrukturen vom Alport-Syndrom betroffen. Grund für die progressive hereditäre Nephritis ist die Vererbung von Gendefekten, die innerhalb der Familie bereits vorhanden sind.

Etwa 15 Prozent aller Erkrankungen entstehen aber auch durch Neumutationen. Da es beim Alport-Syndrom zu einer Übertragung des Gendefekts auf die geschlechtsbedingten X-Chromosomen kommt, gehören über 80 Prozent aller Erkrankten zum männlichen Geschlecht. So verfügen Jungen im Unterschied zu Mädchen über lediglich ein X-Chromosom.

Aus diesem Grund ist bei Jungen keine Kompensation des Gendefekts möglich. Bei Mädchen kommt es aufgrund einer Kompensation je nach Erbgang nicht zwangsläufig zum Ausbruch des Alport-Syndroms. Allerdings ist ein Übertragen der Krankheit auf spätere Kinder durchaus möglich.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bemerkbar macht sich das Alport-Syndrom zunächst an den Nieren durch das Auftreten von Blut im Urin (Hämaturie). Im weiteren Verlauf zeigt sich auch Eiweiß im Urin (Proteinurie). Der Urin ist bei Infekten rosa, dunkelrot, schwarz oder braun verfärbt, was trotz des erschreckenden Aussehens jedoch keine Gefahr bedeutet. Klingt der Infekt ab, normalisiert sich die Urinfarbe meist wieder.

Ebenfalls von der Erbkrankheit betroffen sind die Ohren in Form einer Innenohrschwerhörigkeit, die auf beiden Seiten auftritt. Sie zeigt sich bei ungefähr 50 Prozent aller Erkrankten ab einem Alter zwischen 9 und 12 Jahren. Rund zehn Prozent der Patienten leiden zudem unter Veränderungen an den Augen. Dabei handelt es sich um Augenhintergrundveränderungen, Grauen Star sowie eine kegelförmig aufgewölbte Augenlinse.

In seltenen Fällen zeigen sich zudem eine Leiomyomatose sowie eine fehlgebildete Speiseröhre. Ebenso sind Fehlbildungen an Darm und Luftröhre möglich. Folge davon können Symptome wie eine Speiseröhrenentzündung, Schluckbeschwerden, chronische Verstopfung oder Verschlucken von Nahrung im Baby- oder Kleinkindalter sein. Schließlich kommt es zu einer chronisch-progredienten Niereninsuffizienz. Aus diesem Grund ist ab der zweiten Lebensdekade häufig eine Nierenersatztherapie erforderlich.

Diagnose & Verlauf

Mithilfe von verschiedenen Verfahren lässt sich das Alport-Syndrom mittlerweile relativ frühzeitig diagnostizieren. Dazu gehören eine Nierensonographie (Ultraschalluntersuchung), eine Nierenbiopsie, bei der eine Gewebeprobe der Nieren entnommen wird, eine Blutuntersuchung zum Feststellen der Blutwerte, sowie eine Untersuchung des Urins, die zum Ermitteln der Eiweißmenge dient.

Ferner lasen sich in einem Labor Genanalysen durchführen. Eine weitere Diagnosemethode ist der Test von Seh- und Hörvermögen des Kindes. Eine bedeutende Rolle spielt zudem eine detaillierte Krankengeschichte der Familie. Die Diagnostik des Alport-Syndroms beginnt in der Regel erst dann, wenn die typischen Symptome oder Funktionsstörungen der Nieren vorliegen. Der Verlauf des Alport-Syndroms kann überaus unterschiedlich sein. Im jungen Erwachsenenalter muss allerdings häufig mit einer Niereninsuffizienz gerechnet werden, die eine Dialyse (Blutwäsche) nötig macht.

Komplikationen

Bei dem Alport-Syndrom können unterschiedliche Komplikationen auftreten. Diese hängen in erster Linie davon ab, ob das Alport-Syndrom vererbt wurde oder ob es durch ein Infekt entstanden ist. In der Regel tritt beim Alport-Syndrom eine veränderte Farbe des Urins auf. Der Urin ist rot gefärbt und beinhaltet Blut.

Für den Patienten sieht diese Farbe relativ erschreckend aus, hat aber keine gesundheitlichen Einflüsse auf den Körper. Wenn das Alport-Syndrom verschwindet, normalisiert sich auch wieder die Farbe des Urins. In den meisten Fällen führt das Alport-Syndrom zu einer Schwerhörigkeit. Vor allem Kinder sind von dieser Komplikation betroffen.

Sie führt zu einer verminderten Lebensqualität, was bei Kindern im jungen Alter zu schweren psychischen Problemen und Depressionen führen kann. Diese Schwerhörigkeit kann in vielen Fällen auch zum Mobbing übergehen. Nicht selten betrifft das Alport-Syndrom auch die Augen, sodass hier ein grauer Star oder eine verschlechterte Sehkraft entstehen kann.

Das Syndrom wirkt sich in einigen Fällen auch negativ auf den Hals und auf den Darm aus, sodass es hier zu Schluckbeschwerden oder zu Fehlbildungen im Darm kommen kann. Bei kleinen Kindern mit dem Alport-Syndrom kann vermehrt ein Verschlucken auftreten. Eine Behandlung kann frühzeitig erfolgen und die Symptome stark einschränken.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Alport-Syndrom muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden. In der Regel verringert sich durch das Syndrom die Lebensqualität des Patienten extrem, sodass ein gewöhnlicher Alltag nicht mehr möglich ist. Vor allem die Schwerhörigkeit muss von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Eventuell ist der Betroffene auf ein Hörgerät angewiesen. Ebenso kann der Graue Star auch von einem Augenarzt entfernt werden, sodass der Betroffene nicht mehr an Sehstörungen leidet.

Eine Behandlung ist auch dann notwendig, wenn es durch das Alport-Syndrom zu einer Niereninsuffizienz kommt. Hierbei kann es ohne Behandlung zum Tode des Patienten kommen. In der Regel ist der Betroffene allerdings auf eine Dialyse oder auf eine Spenderniere angewiesen. Auch bei Babys und kleinen Kindern ist eine ärztliche Untersuchung beim Alport-Syndrom notwendig, damit Schluckbeschwerden und damit ein Verschlucken vermieden werden.

Das Syndrom macht sich in erster Linie auch durch einen dunklen Urin bemerkbar, wobei ebenfalls ein Arzt aufgesucht werden sollte. In der Regel wird das Syndrom schon direkt nach der Geburt des Kindes erkannt. Die jeweiligen Beschwerden können allerdings beim Facharzt richtig behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Eine wirkungsvolle Behandlung des Alport-Syndroms ist bislang nicht möglich. Zwar werden derzeit intensive Forschungen betrieben, doch Aussicht auf Heilung der tückischen Erbkrankheit besteht auch in den kommenden Jahren nicht. Aus diesem Grund bleibt die Therapie auf das Behandeln der Symptome beschränkt. Um das Versagen der Nieren so lange wie möglich aufzuhalten, sollte die medizinische Versorgung bereits im frühesten Kindesalter beginnen.

Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung ist das Verabreichen von ACE-Hemmern wie Xanef oder Ramipril. Alternativ dazu lassen sich aber auch AT-Antagonisten verabreichen. Studien zufolge zögert die Gabe dieser Mittel eine Niereninsuffizienz um etwa 10 bis 15 Jahre hinaus. Da die Niereninsuffizienz zu einem Anstieg des Blutdrucks und damit zu einer weiteren gesundheitlichen Schädigung führt, ist es wichtig, frühzeitig mit einer entsprechenden Therapie zu beginnen.

Trotz aller Behandlungsmaßnahmen lässt sich eine terminale Nierenschwäche nicht gänzlich aufhalten. Schreitet die Niereninsuffizienz voran, ist eine Hämodialyse unbedingt erforderlich. Im weiteren Verlauf lässt sich auch eine Nierentransplantation vornehmen. Zur Behandlung der Innenohrschwerhörigkeit kann das erkrankte Kind Hörgeräte erhalten. Liegen Einschränkungen der Sehfähigkeit vor, bekommt es eine Brille oder Kontaktlinsen.

Im Falle eines Grauen Stars lässt sich eine operative Korrektur vornehmen. Wichtig ist, die symptomatische Behandlung von Ärzten aus mehreren Fachbereichen durchführen zu lassen. Dazu gehören ein Internist, ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt sowie ein Augenarzt. Als sinnvoll gilt zudem eine humangenetische Beratung der betroffenen Personen.

Aussicht & Prognose

Durch das Alport-Syndrom kommt es in erster Linie zu Beschwerden an den Ohren, den Augen und den Nieren. Der Alltag des Betroffenen wird durch diese Krankheit deutlich erschwert. Es kommt dabei zu einer Schwerhörigkeit, bei welcher die Betroffenen im schlimmsten Fall einen kompletten Hörverlust erleiden können. Ebenso kommt es teils zu Sehbeschwerden. Die Patienten können dabei an einem Grauen Star erkranken, wodurch es zu erheblichen Einschränkungen kommen kann.

Weiterhin kommt es durch das Alport-Syndrom auch zu einer Niereninsuffizienz. Diese kann unbehandelt zum Tode des Patienten führen. Der Betroffene ist dann auf eine Dialyse oder auf eine Transplantation angewiesen, um weiterhin zu überleben. In der Regel wird durch das Alport-Syndrom auch die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich verringert.

Die Behandlung des Alport-Syndroms richtet sich vor allem nach den Beschwerden und Symptomen. Ob es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht universell vorausgesagt werden. Oft leiden auch die Eltern der Betroffenen an starken psychischen Beschwerden und benötigen daher eine psychologische Begleitung.


Vorbeugung

Das Alport-Syndrom wird zu den Erbkrankheiten gezählt. Aus diesem Grund ist keine wirkungsvolle Vorbeugung möglich.

Nachsorge

Beim Alport-Syndrom sind die Möglichkeiten zur Nachsorge in der Regel sehr stark eingeschränkt. Es handelt sich dabei um eine erblich bedingte Erkrankung, die nicht kausal, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden kann. Eine vollständige Heilung kann daher nicht erreicht werden.

Sollte der Patient des Alport-Syndroms einen Kinderwunsch haben, kann auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das Vererben des Syndroms an die weiteren Generationen zu verhindern. Der Betroffene ist beim Alport-Syndrom auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Diese sollten regelmäßig eingenommen werden, um eine Niereninsuffizienz hinauszuzögern.

Allerdings verstirbt der Betroffene meist durch diese Insuffizienz, falls es nicht zu einer Transplantation kommt. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch das Syndrom daher extrem verringert und eingeschränkt. Ebenso sind regelmäßige Untersuchungen der Augen notwendig, um eine Erblindung zu vermeiden. Nicht selten führt das Alport-Syndrom auch zu psychischen Beschwerden oder zu starken Depressionen und anderen Verstimmungen.

Sollten auch diese Beschwerden auftreten, sind Gespräche mit der eigenen Familie, mit Freunden oder mit anderen Betroffenen des Syndroms sehr hilfreich. Dabei kann es auch zu einem Austausch an Informationen kommen, sodass auch der Alltag des Betroffenen erleichtert wird.

Das können Sie selbst tun

Bei dem Verdacht auf ein Alport-Syndrom muss zunächst der Arzt konsultiert werden. Die Erkrankung muss medizinisch abgeklärt und behandelt werden. Unterstützend dazu kann der Patient einige Maßnahmen ergreifen, um den Heilungsverlauf zu unterstützen.

Bewährt hat sich vor allem Schonung. Der Körper ist meist schon in den ersten Krankheitsstadien sehr geschwächt, weshalb größere Anstrengungen unbedingt vermieden werden sollten. Sollte die Erkrankung eine Schwerhörigkeit hervorgerufen haben, muss ein Ohrenarzt hinzugezogen werden.

Unter Umständen sind weitere therapeutische Maßnahmen angezeigt, um die Einschränkungen für den Erkrankten auf ein Minimum zu reduzieren. Bei Schluckbeschwerden helfen natürliche Mittel wie Kräutertees, Lutschpastillen, ätherische Öle oder das Inhalieren von Kochsalz. Etwaige Darmbeschwerden lassen sich oft durch eine Umstellung der Ernährung reduzieren.

Da das Alport-Syndrom eine schwerwiegende Erkrankung darstellt, die oft einen negativen Verlauf nimmt, ist eine begleitende Therapie sinnvoll. Der Betroffene sollte hierfür mit dem zuständigen Arzt sprechen oder direkt eine Fachklinik für Erbkrankheiten aufsuchen. Um ernste Komplikationen zu vermeiden, muss der Verlauf der Erkrankung ärztlich überwacht werden. Die genannten Selbsthilfe-Maßnahmen und Mittel werden am besten in Rücksprache mit dem Mediziner angewendet.

Quellen

  • Alexander, K., et al.: Thiemes Innere Medizin, TIM. Thieme, Stuttgart 1999
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die Innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2017

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