Anaphylaxie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Anaphylaxie ist eine plötzlich auftretende pathologische, das heißt krankhafte, Sofortreaktion des Immunsystems auf bestimmte Antigene, die normalerweise für den menschlichen Körper nicht gefährlich sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Anaphylaxie?

Bei Kontakt mit dem Allergen reagieren die Antikörper und dabei wird Histamin ausgeschüttet, welches Entzündungsreaktionen im Körper hervorruft.

Die Anaphylaxie ist eine allergische Reaktion vom sogenannten Typ I (Soforttyp). Eine Allergie ist eine Überempfindlichkeit gegen im Normalfall vollkommen ungefährliche Umweltstoffe (Allergene).

Erworben wird die Allergie durch einen ersten Kontakt mit den Antigenen, kleinen Molekülen, die sich auf der Oberfläche des Allergens befinden. Auch Bakterien tragen Antigene auf ihrer Oberfläche. Vereinfacht gesagt bewirken diese Antigene eine Abwehrreaktion des Immunsystems. Im Falle von Bakterien ist dies eine vollkommen physiologische, das heißt gesunde, Reaktion. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem jedoch über und bildet Antikörper gegen die eigentlich harmlosen Antigene des allergieauslösenden Stoffes.

Ursachen

Beim ersten Kontakt mit dem Allergen passiert außer dieser Antikörperbildung noch nichts. Kommt es dann zu einem erneuten Kontakt mit dem Allergen, wird eine allergische Reaktion ausgelöst. Wann sich eine Überempfindlichkeit zeigt, ist nicht vorhersehbar. Oft tritt sie auch erst Jahre nach dem ersten Allergenkontakt auf.

Prinzipiell können fast alle Umweltstoffe zum Allergen werden. Besonders weit verbreitete Allergene sind Pollen, Wohnungsstaub, Nüsse und Penicillin. Eine spezielle Ursache für Allergien wurde bisher noch nicht ausgemacht. Es scheinen aber sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle zu spielen.

Bei allergischen Reaktionen vom Soforttyp reagiert der Organismus beim Erstkontakt mit dem Allergen mit einer sehr starken Bildung von Antikörpern, die sich an die Oberfläche der sogenannten Mastzellen setzen. Bei einem erneuten Kontakt kommt es zu einer Reaktion dieser Antikörper mit dem Allergen.

Die Mastzellen, auf denen die Antikörper sitzen, schütten innerhalb kürzester Zeit ihre Inhaltsstoffe, darunter vor allem Histamin, aus. Histamin ist ein Gewebshormon, das im Körper Entzündungsreaktionen hervorruft.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Beschwerden einer Anaphylaxie sind zwar sehr unangenehm und schränken die Lebensqualität des Betroffenen deutlich ein, wirken sich allerdings nicht direkt negativ auf die Gesundheit des Betroffenen aus und sind damit meistens ungefährlich. Die Patienten leiden dabei in erster Linie an einem starken Juckreiz und damit auch an Rötungen der Haut. Durch das Kratzen verstärkt sich der Juckreiz meist nur.

Ebenso kann es zu Erbrechen, Durchfall oder zu einer starken Übelkeit kommen. Die Betroffenen weisen ebenso eine Nesselsucht auf und können in einigen Fällen auch an Asthma leiden. Durch die Atembeschwerden kann es dabei in schwerwiegenden Fällen zu einem Bewusstseinsverlust kommen, bei welchem sich der Betroffene verletzen kann. Ebenfalls stellt sich eine dauerhafte Müdigkeit und Abgeschlagenheit aufgrund der Atembeschwerden ein.

Es kommt auch zu Schwellungen an verschiedenen Körperregionen und damit möglicherweise zu Einschränkungen in der Bewegung. Meistens kann der Betroffene durch die Anaphylaxie seiner gewöhnlichen Tätigkeit nicht mehr nachkommen und ist dadurch in seinem Alltag deutlich eingeschränkt. Auch Angstgefühle oder Schwindelgefühle können durch die Anaphylaxie eintreten. Die Symptome werden meist von starken Kopfschmerzen begleitet, wobei auch der Blutdruck des Betroffenen stark abfällt.

Diagnose & Verlauf

Eine anaphylaktische Reaktion lässt sich in fünf Stadien einteilen. Wie heftig diese Reaktion abläuft, hängt von der Allergenwirkung auf den Organismus ab. Äußere Kontakte z.B. über die Haut führen meist eher zu örtlich begrenzten Reaktionen. Bei einer Aufnahme des Allergens über die Blutbahn reagiert der Körper generalisiert.

Allgemein lässt sich die Anaphylaxie in fünf Stadien gliedern. Jedes Stadium erfordert eine spezifische Maßnahme. Da eine Anaphylaxie lebensbedrohlich sein kann, ist schnelles Handeln unabdingbar.

Im Stadium 0 kommt es innerhalb von Sekunden nach Allergenkontakt zu lokalen Reaktionen am Ort des Allergiekontakts. So können Schwellungen, Rötungen und Juckreiz auftreten. In diesem Stadium ist meist noch keine Behandlung nötig. Ein erneuter Kontakt mit dem Allergen sollte allerdings zwingend vermieden werden.

Im ersten Stadium breiten sich diese lokalen Reaktionen aus. Das heißt, dass z.B. die Rötungen oder der Ausschlag nicht mehr nur am Ort des Allergiekontakts auftreten, sondern zusätzlich bevorzugt im Gesicht, an den Händen und am Oberkörper. Zudem zeigen sich weitere Allgemeinsymptome wie Angst, Schwindel, Kopfschmerzen. Schwillt der Rachen an, klagt der Betroffene auch über Luftnot.

In diesem Stadium muss schnellstmöglich der Notarzt verständigt werden. Der Betroffene sollte beruhigt und Puls und Atmung kontrolliert werden. Im Stadium II reagieren nun auch die Organe auf den Allergenkontakt. Es kommt zu asthmatischen Beschwerden, Bauch- oder Unterleibskrämpfen, einem Pulsanstieg und einem Blutdruckabfall. Sollte der Notarzt noch nicht verständigt worden sein, ist jetzt höchste Eile geboten. Die Beine des Betroffenen sollten hoch gelagert werden.

Stadium III entspricht dem anaphylaktischen Schock. Der Puls beschleunigt auf mehr als 100 Schläge in der Minute und der Blutdruck fällt ab. Der Betroffene verliert das Bewusstsein. Bewusstlose Betroffene sollten in die stabile Seitenlage gebracht werden. Wenn möglich sollten die Beine dabei leicht erhöht liegen.

Am Ende der Anaphylaxie (Stadium IV) stehen Kreislauf- und Atemstillstand. Erfolgt keine Reanimation oder bleibt diese erfolglos verstirbt der Betroffene.

Komplikationen

Eine Anaphylaxie entsteht im Rahmen einer allergischen Reaktion und hat verschiedene Komplikationen. Eine Allergie allgemein schränkt die Lebensqualität stark ein, da der auslösende Stoff umgangen werden muss, um eine Reaktion zu vermeiden. Bei Kontakt mit dem Allergen kann es im harmlosesten Falle zu einer starken Hautrötung und einem Juckreiz kommen, nicht selten kommen auch Quaddeln hinzu.

Auch eine Schwellung der Atemwege kommt häufig hinzu und führt zu massiven Atemproblemen beim Betroffenen, so dass dieser schnellstmöglich zu einem Antiallergikum greifen muss. Neben der Atemnot kommen auch Schluckbeschwerden dazu. Im Rahmen eines Quincke-Ödems kommt es zu einer stärkeren Schwellung der Atemwege, hierbei schwellen auch tiefere Hautschichten an, so dass dieses schwerer zu behandeln ist.

Im Verlaufe der Allergie kann es auch zu sogenannten Kreuzallergien kommen. Das Allergen hat eine molekulare Struktur, die bei anderen Stoffen ähnlich aussehen können. Dadurch können andere Stoffe auch eine Anaphylaxie auslösen. Eine Anaphylaxie kann zudem in einen anaphylaktischen Schock enden, da die Blutgefäße weit geöffnet werden und so wichtige Organe wie vor allem Niere und Lunge nicht mehr richtig durchblutet werden.

Dies kann in ein Nieren- oder Lungenversagen enden. Auch ein Herzinfarkt ist eine mögliche Komplikation bei einem anaphylaktischen Schock. In einem Prozent der Fälle verläuft eine Anaphylaxie tödlich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Anaphylaxie muss unverzüglich ein Notarzt gerufen werden. Bereits bei ersten Anzeichen einer allergischen Schockreaktion sind Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten. Abhängig von den jeweiligen Symptomen kann es beispielsweise nötig sein, eine Herzdruckmassage (bei Herzstillstand) oder eine Mund-zu-Mund-Beatmung (bei Atemnot) durchzuführen. Bei Erbrechen muss der Körper in die stabile Seitenlage gebracht werden. Kommt es im Zusammenhang mit einem Insektenstich oder dem Verzehr bestimmter Lebensmittel zum Kreislaufkollaps oder einem Herzanfall, liegt wahrscheinlich eine Anaphylaxie vor.

Zuvor deuten Krämpfe, Herzrasen oder intensive Schmerzen auf eine allergische Reaktion hin, die umgehend behandelt werden muss. Begleitend dazu sollte geprüft werden, ob der Betroffene einen Anaphylaxiepass bei sich hat. Ist dies nicht der Fall, sollte das Dokument beim nächsten Arztbesuch angefordert werden. Eine ärztliche Behandlung ist bei einer Anaphylaxie in jedem Fall erforderlich. Nach der Genesung sollte der Betroffene weitere Beratungstermine in Anspruch nehmen und sich über Vermeidungsstrategien und Hilfsmittel informieren. Durch eine gute Vorbereitung können die Risiken, die mit einem anaphylaktischen Schock verbunden sind, erheblich reduziert werden.

Behandlung & Therapie

Eine Therapie der Allergie, und damit eine sichere Verhinderung einer anaphylaktischen Reaktion ist nicht möglich. Schutz bietet allein das sorgfältige Meiden des Anaphylaxie-Auslösers. Bei einer bekannten starken Allergie auf Nahrungsmittel oder Insektengifte kann der Arzt ein Notfallset verschreiben.

Dieses enthält Medikamente die eine schnelle Hilfe bis zum Eintreffen des Notarztes gewährleisten können. Betroffene von einer schweren Allergie sollten immer einen Anaphylaxie-Pass bei sich tragen. Dieser kann im Notfall Leben retten.

Aussicht & Prognose

Das Ausmaß und die Behandlung der anaphylaktischen Reaktion sind entscheidend für die Prognose. Je schneller im Falle einer stärkeren Reaktion gehandelt wird, desto eher ist mit einem Abklingen der Reaktion und somit mit einer Zustandsbesserung des Betroffenen zu rechnen. Dies gilt bis zu dem Punkt, bis die anaphylaktische Reaktion so starke Auswirkungen auf den Organismus hat, dass dieser nachhaltig durch einen anaphylaktischen Schock geschädigt wird.

Leichte Reaktionen, die durch die Initialphase einer anaphylaktischen Reaktion bedingt sind, sind als harmlos zu erachten, insofern sie binnen einiger Stunden von allein vergehen. Folgeschäden sind nicht zu erwarten. Verschlimmert sich der Zustand des Betroffenen hingegen, ist ein Abklingen der Reaktion oftmals ohne Gabe von Medikamenten nicht mehr möglich. Eine zügig behandelte anaphylaktische Reaktion ist zumeist ohne Folgeerscheinungen.

Unbehandelt führt eine anaphylaktische Reaktion, die über das Stadium von vergänglichen Minimalsymptomen hinausgeht, oftmals zu einem lebensbedrohlichen Schock, der ohne entsprechende Maßnahmen zum Tod des Betroffenen führt.

Die allergische Reaktion wird sich für viele Betroffene immer dann wiederholen, wenn sie dem entsprechendem Allergen ausgesetzt sind. Nach einem zügig behandelten anaphylaktischem Schock folgt eine Überwachung im Krankenhaus, um eventuelle Schäden am Organismus festzustellen. Die Letalitätsrate im Falle eines schweren Schocks beträgt circa einen Prozent. Bei leichten anaphylaktischen Reaktionen ist sie deutlich geringer.


Vorbeugung

Wichtige Maßnahme zur Allergie-Prävention ist eine allergenarme Umgebung im Kindesalter, dazu gehört das Vermeiden von Pflegeprodukten mit vielen Zusatzstoffen. Ein wichtiges Ziel sollte zudem der Aufbau eines intakten Immunsystems sein.

Hier gilt: Zu viel Sauberkeit schadet mehr als sie nützt. Auch im Mutterleib kann schon der Weg für eine Allergie geebnet werden. Studien zeigen, dass Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft geraucht haben häufiger Allergien ausgesetzt sind. Entwickelt sich trotz aller Prävention eine Allergie, lässt sich einer Anaphylaxie fast ausschließlich durch Meiden des Allergens vorbeugen.

Nachsorge

Nach der Diagnose Anaphylaxie kommt Patienten die Verantwortung zu, eine allergische Reaktion zu vermeiden. Der behandelnde Arzt informiert nach einer ersten Erkrankung über gefährliche Stoffe und Substanzen. Nur in seltenen Fällen wird eine erneute Diagnose notwendig. Mediziner stellen eine Erkrankung per Blut- und Hauttest fest. Die Anaphylaxie besteht ein Leben lang.

Betroffene erwerben nach einer Reaktion keine Immunität gegen bestimmte Stoffe. Damit kann die Nachsorge anders als bei weiteren Erkrankungen nicht darauf zielen, eine Früherkennung zu gewährleisten. Um lebensbedrohlichen Komplikationen zu entgehen, müssen Betroffene Allergene im Alltag meiden. Diese kommen in unterschiedlichen Lebensbereichen vor.

Lebensmittel können genauso zu einer Reaktion führen wie Kleidung. Einige Patienten erkranken auch durch Insektenstiche. Gerade auf Reisen empfiehlt es sich, notwendige Medikamente mitzuführen. Dadurch lassen sich lebensrettende Sofortmaßnahmen unmittelbar einleiten. Ein Allergiepass und spezielle Hals- und Armbänder informieren Ersthelfer über die Grunderkrankung.

Sie sollten bei schweren Formen der Anaphylaxie stets mitgeführt werden. Allergiker sollten grundsätzlich ihr nächstes Umfeld über die Erkrankung informieren und Anweisungen für den Notfall bereithalten. Ist die Atmung betroffen, muss sofort der Notarzt informiert werden. Die eigentliche Nachsorge fällt damit dem Patienten zu.

Das können Sie selbst tun

Die beste Variante um einem anaphylaktischem Schock bzw. einer Anaphylaxie vorzubeugen, ist es das betreffende Allergen grundsätzlich zu meiden. So sollten seitens des Betroffenen beim Kauf von Lebensmitteln, vor allem bei verarbeiteten, stets die Inhaltsstoffe geprüft werden. Bei starken Reaktionen auf spezielle Insekten sollten bestimmte Gegenden, in denen diese zahlenmäßig oft vorkommen, nach Möglichkeit gemieden werden.

Eine wichtige Handlungsweise um Allergien vorzubeugen, ist ein allergenarmes Umfeld im Kindesalter. Auch die Verwendung von Pflegeprodukten mit vielen Zusätzen ist zu vermeiden. Der Aufbau eines intakten Immunsystems kann ebenfalls dazu beitragen das Auftreten einer Anaphylaxie zu vermeiden. Zu viel Sauberkeit kann sich hierbei sogar als schädlich erweisen.

Werdende Mütter sollten zwingenderweise auf das Rauchen verzichten. Verschiedene Studien konnten darlegen, dass bereits im Mutterleib der Weg für eine spätere Allergie geebnet werden kann. Entwickelt sich eine Allergie erstmal, ist die einzig wirksame Prävention die konsequente Meidung des spezifischen Allergens.

Starke Allergiker können jedoch spezielle Hand- oder Halsbänder tragen, um im äußersten Notfall anderen Menschen die richtigen Informationen zukommen zu lassen und so schneller Hilfe zu erhalten. Außerdem empfiehlt es sich für Betroffene jederzeit ein Notfallset, mit entsprechenden Medikamenten, bei sich zu tragen, um im Ernstfall gewappnet zu sein.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Röcken, M., Schaller, M., Sattler, E., Burgdorf, W.: Taschenatlas Dermatologie. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Trautmann, A., Kleine-Trebbe, J.: Allergologie on Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013

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