Anophthalmus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Anophthalmus ist durch das Fehlen einer oder beider Augenanlagen gekennzeichnet. In vielen Fällen stellt er ein Symptom im Rahmen einer erblich bedingten Erkrankung dar. Er kann aber auch nach einer schweren Augenerkrankung oder einer Enukleation auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Anophthalmus?

Bei einem angeborenen Anophthalmus wird das Kind blind ohne Augenanlagen geboren. Dabei hat der Anophthalmus auch Auswirkungen auf das restliche Schädelwachstum.
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Ein Anophthalmus stellt das Fehlen der Augenanlagen dar. Synonym zu Anophthalmus kann auch der Begriff Anophthalmie verwendet werden. Es gibt sowohl eine einseitige als auch eine beidseitige Anophthalmie. Der Anophthalmus ist selten und kommt häufig im Rahmen angeborener Erkrankungen vor. Die angeborenen Erkrankungen können erblich bedingt sein oder durch Störungen während der Schwangerschaft hervorgerufen werden.

Zu den angeborenen Erkrankungen, bei denen sich möglicherweise ein Anophthalmus herausbildet, gehören unter anderem das sogenannte Pätau-Syndrom, die Holoprosencephalie oder auch das Fraser-Syndrom. Die Anophthalmie kann aber auch als Folge von Infektionen, Tumoren oder Traumata der Augen entstehen. In manchen Fällen müssen die Augäpfel im Rahmen einer schweren Augenerkrankung chirurgisch entfernt werden. Dieser Eingriff wird auch als Enukleation bezeichnet.

Ursachen

Die Ursachen für die Entwicklung eines Anophthalmus sind vielfältig. Dabei ist zu bedenken, dass die Augenentwicklung einen sehr komplizierten Prozess darstellt. So ist die Schwere der Missbildung auch davon abhängig, in welchem Entwicklungszustand des Embryos die Fehlentwicklung einsetzt. In der dritten bis siebten Schwangerschaftswoche findet die kritische Phase der Augenentwicklung statt.

Störungen zu diesem Zeitraum können zum vollständigen Fehlen der Augenanlagen führen. Manchmal sind aber trotzdem die höheren Bestandteile der Sehbahn bis zur Großhirnrinde angelegt. In dieser Entwicklungsphase haben Genmutationen, chromosomale Veränderungen oder auch intrauterine Infektionen einen großen Einfluss auf die Ausbildung der Augenanlagen.

Anophthalmien können sich unter anderem im Rahmen eines Pätau-Syndroms, eines Fraser-Syndroms oder einer Holoprosencephalie herausbilden. Das Pätau-Syndrom ist eine erblich bedingte Erkrankung, bei welcher eine Trisomie des Chromosoms 13 vorliegt. Hier ist also das Chromosom 13 dreimal vorhanden statt normalerweise zweimal. Neben vielfältigen Fehlbildungen kann hier auch ein Anophthalmus auftreten.

Auch das Fraser-Syndrom ist erblich bedingt und zeigt neben vielen Fehlbildungen als ein Hauptsymptom das Fehlen beider Augenanlagen. Die Holoprosencephalie ist wiederum durch eine pränatale Fehlentwicklung des Gesichts und Vorderhirns gekennzeichnet. Es gibt hier sowohl genetische als auch durch Umwelteinflüsse bedingte Ursachen. Dabei spielen Infektionen und Umweltgifte eine Rolle. Nachträgliche Erkrankungen an den Augen wie Infektionen, Tumoren oder Verletzungen können zu den erworbenen Formen der Anophthalmie führen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei einem angeborenen Anophthalmus wird das Kind blind ohne Augenanlagen geboren. Dabei hat der Anophthalmus auch Auswirkungen auf das restliche Schädelwachstum. Er stört nicht nur die Entwicklung der Augenhöhle (Orbita) samt Inhalt. Besonders der Gesichtsschädel kann nicht mehr richtig wachsen. Daher kommt es hauptsächlich im Bereich des Gesichtes zu weiteren Deformationen.

Es bildet sich eine Gesichtsasymmetrie heraus, die Auswirkungen auf den gesamten Kauapparat hat. Daher hängen die Veränderungen im Gesicht unmittelbar mit den fehlenden Augenanlagen zusammen. Bei einem angeborenen Anophthalmus ist deshalb die primäre Versorgung von Glasschalenprothesen nicht möglich. Die anderen Symptome sind abhängig von der jeweilig zugrunde liegenden Erkrankung. Folge eines Anophthalmus können auch psychische und psychosomatische Beschwerden sein.

Diagnose & Verlauf

Eine Anophthalmie ist als fehlende Augenanlage definiert und daher leicht festzustellen. Schwieriger ist es schon, die zugrunde liegende Erkrankung zu diagnostizieren. Für die Behandlung des Anophthalmus ist es jedoch entscheidend zu wissen, ob er angeboren oder erworben ist. Durch Röntgenuntersuchungen kann das Ausmaß der Fehlbildung bestimmt werden.

Komplikationen

Beim Anophthalmus kann es zu sehr schwerwiegenden Komplikationen kommen. An sich ist der Anophthalmus selbst eine schwere Komplikation, da der Mensch seit Geburt an blind ist. Dies führt zu erheblichen Einschränkungen im Alltag und im sozialen Leben.

Eine Blindheit führt in der Regel auch zu einer geringeren Lebenserwartung, da der Patient bestimmte Krankheiten oder gefährliche Situationen nicht richtig erkennen und voraussehen kann. Durch das Fehlen der Augen kommt es auch zu Fehlbildungen im Gesicht, da der Schädel nicht mehr ohne Einschränkungen wachsen kann. Die Anophthalmus kann nicht behandelt werden, da die Augen nicht einfach ersetzt werden können.

Der Patient muss daher sein gesamtes Leben ohne Augenlicht verbringen, was zu Depressionen und Verstimmungen führen kann. Aus diesem Grund beschränkt sich die Behandlung vor allem auf die kosmetischen Operationen, die Asymmetrien im Gesicht zu entfernen. Die leere Augenhöhle kann mit einem Kunstauge gefüllt werden.

Allerdings sind die Behandlungen nicht bei Kindern möglich, da sich bei diesen durch das Wachstum die Maße des Gesichtes und der Augenhöhle verändern. Es ist beim Anophthalmus nicht zu erwarten, dass die Krankheit ohne therapeutische Hilfe verschwindet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Anophthalmus beim Kind wird in der Regel bereits während der Schwangerschaft bei der routinemäßigen Ultraschalluntersuchung festgestellt. Der behandelnde Arzt kann das Fehlen einer oder beider Augenanlagen meist direkt sehen und wird dies den Eltern umgehend mitteilen. Die weiteren Behandlungsschritte umfassen meist Beratungsgespräche mit Fachärzten und anderen Betroffenen. Oft nehmen Mutter und Vater des Kindes weitere Therapiemöglichkeiten in Anspruch. Wird der Anophthalmus nicht direkt bemerkt, so kann er spätestens bei der Geburt diagnostiziert werden.

Eine umgehende ärztliche Untersuchung gibt Aufschluss über die Behandlungsmöglichkeiten. Meist können die fehlenden Augen durch eine Augenprothese ersetzt werden. Das Augenlicht selbst wird bei diesen gesichtskosmetischen Maßnahmen allerdings nicht wiederhergestellt. Dennoch sind weitere Arztbesuche erforderlich, bei denen die Prothese immer wieder angepasst wird.

Ob das betroffene Kind im späteren Leben ärztliche Unterstützung benötigt, hängt von vielen Faktoren ab. Therapeutische Maßnahmen können herangezogen werden, um das Selbstwertgefühl des Betroffenen zu steigern und den Anophthalmus langfristig zu akzeptieren. Psychotherapeutische Untersuchungen sind insbesondere in Fällen nötig, in denen sich die Anophthalmie erst im späteren Leben herausgebildet hat.

Behandlung & Therapie

Eine Behandlung des Anophthalmus dient der Gesichtskosmetik. Das Augenlicht kann dadurch nicht hergestellt werden. Fehlende Augen werden durch eine Augenprothese ersetzt. Dabei macht es jedoch einen Unterschied, ob der Anophthalmus angeboren oder erworben ist. Beim angeborenen Anophthalmus verändern sich noch während des Wachstums ständig die Proportionen.

Eine Prothese muss immer wieder angepasst werden. Dabei wird das Kunstauge je nach Größe der Augenhöhle individuell hergestellt. Allerdings muss dies ständig geschehen, weil sich die Größe der Augenhöhlen während des Wachstums ständig verändert. Gerade bei sehr jungen Patienten kann durch den unterentwickelten Lidapparat die Lage der Glasschale oft nicht stabilisiert werden.

Bereits leichte mechanische Beanspruchungen wie beispielsweise Reiben der Augen lockern die Prothese schnell und führen zu deren Lageveränderung. Durch chirurgische Eingriffe wird versucht, den Lidapparat zu stärken, um so die Lage der Augenprothesen zu stabilisieren. Das erweist sich oft als sehr kompliziert. Deshalb werden Verfahren entwickelt, mit einem sogenannten Gewebeexpander den Bindehautsack zu dehnen und diesen damit zum Wachstum anzuregen.

Allerdings sind diese Verfahren noch nicht ausgereift. Es konnten aber Verbesserungen erzielt werden. Bei einem erworbenen Anophthalmus durch Krankheit oder Unfall ist das Wachstum meist schon abgeschlossen, sodass sich die Maße der Augenhöhlen nicht mehr ändern. So ist es hier sehr einfach, einen stabilen Augenersatz einzusetzen.

Aussicht & Prognose

Es gibt bei dem Anophthalmus keine Aussicht auf eine Verbesserung der gesundheitlichen Gegebenheiten. Eine Wiederherstellung des Augenlichts oder ein funktionaler künstlicher Nachbau des gesamten Augenbereichs ist bei den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten nicht gegeben. Es handelt sich um einen Gendefekt, der weder wissenschaftlich noch aus rechtlichen Gründen behoben werden kann oder darf.

Eine Verkürzung der normalen Lebenserwartung ist bei dem Anophthalmus nicht gegeben. Dennoch kann es durch verschiedene Folgeerkrankungen zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes kommen. Das Fehlen des Augenlichts trägt zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags bei. Ohne eine Hilfe ist ein eigenständiges Leben nahezu unmöglich. Es besteht das Risiko, dass es zu seelischen und emotionalen Problemen kommt. Diese haben einen negativen Einfluss auf die Gesundheit. Stress und ein vermindertes Selbstbewusstsein kann zur Bildung von Angst vor Ablehnung führen.

In den meisten Fällen bestehen mit einer therapeutischen Unterstützung gute Aussichten für eine Bewältigung der alltäglichen Konflikte, da von Geburt an der Umgang mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen erlernt wird. Dennoch kann es auch zu dauerhaften psychischen Störungen kommen, bei denen nur wenig oder keine Linderung möglich ist. Neben den psychischen Belastungen können sich bei dem Einsetzen einer Augenprothese Entzündungen oder Beschädigungen der umliegenden Regionen ergeben. Diese schwächen das allgemeine Wohlbefinden zusätzlich.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung vor einem angeborenen Anophthalmus ist in der Regel nicht möglich. Sehr häufig handelt es sich um genetisch bedingte Erkrankungen, die in der Frühphase der embryonalen Entwicklung zu dieser Fehlbildung führen. Da aber auch bestimmte Umwelteinflüsse zu Missbildungen führen können, sollte während der Schwangerschaft besonders auf Rauchen oder Alkohol verzichtet werden.

Wichtig sind aber auch ständige ärztliche Untersuchungen während der Schwangerschaft, um fruchtschädigende Erkrankungen auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Da auch Diabetes ein Risikofaktor darstellt, wird eine ausgewogene Ernährung und viel Bewegung empfohlen.

Nachsorge

Die Nachsorge kann nicht darauf abzielen, ein Wiederauftreten der Erkrankung Anophthalmus zu verhindern. Das liegt daran, dass bei der Störung eine Heilung ausgeschlossen ist. Anophthalmus hat meist genetische Ursachen und liegt schon bei Neugeborenen vor. Darüber hinaus können auch Unfälle oder schwere Erkrankungen die typischen Beschwerden hervorrufen.

Die Nachsorge sollte in erster Linie den Alltag erleichtern. Um das Ausmaß der Augenbeeinträchtigung festzustellen, führen Ärzte ausgiebige Untersuchungen am Sehorgan durch. Auch durch Röntgenaufnahmen lässt sich das Ausmaß der Erkrankung erkennen. Ein fehlendes Auge wird meist durch eine Prothese ersetzt.

Da sich Kinder noch im Wachstum befinden, ist dieses Kosmetikprodukt regelmäßig anzupassen. Nicht immer sind geeignete Anlagen wie eine Augenhöhle vorhanden. Auch abseits des Aussehens ergeben sich Herausforderungen. Die eingeschränkte Wahrnehmung lässt sich in einer Therapie thematisieren. Es geht darum, den Alltag trotz des eingeschränkten Sehvermögens möglichst eigenständig zu bewältigen.

Viele Betroffene leiden mit zunehmendem Alter an psychischen Störungen. Stress und die Angst vor Ablehnung lassen sich in einer Psychotherapie abbauen. Manchmal helfen auch Gespräche in einer Selbsthilfegruppe. Die Nachsorge verfolgt somit vorrangig kosmetische und seelische Ziele.

Das können Sie selbst tun

Da der Anophtalamus angeboren ist, muss das Baby und später das Kleinkind schon von Anfang an speziell gefördert werden, insbesondere wenn die Anlage der Augen auf beiden Seiten fehlt. Einäugigkeit wird vom Gehirn so gut kompensiert, dass der erwachsene Mensch ein völlig normales Leben führen kann, bei beidseitigem genetischem Defekt, muss das Kind, und später der Erwachsene, lernen das Leben eines Blinden zu führen.

In den wenigen Fällen, bei denen sich der Anophtalamus durch Krankheit oder Unfall erst im Erwachsenenalter herausbildet, wird der Patient auf eine begleitende psychotherapeutische Behandlung nicht verzichten können. Ebenso existieren Selbsthilfegruppen für Blinde.

Auch die Eltern der „Kinder ohne Augen“ bieten eine deutschlandweite Selbsthilfegruppe für die betroffenen Angehörigen an. Um sich vor falschem Mitleid und inkompetenten Anmerkungen zu schützen, ist die Webseite hierfür nicht öffentlich. Es existiert aber eine E-Mail-Adresse über die man den Kontakt zur Gruppe herstellen kann. Da auch ein Kind mit einseitigem Anophtalamus nicht um zahlreiche kosmetische Operationen herumkommt, sind hier auch die Eltern, deren Tochter oder Sohn "nur" einseitig betroffen ist, an der richtigen Stelle.

Quellen

  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014
  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010

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