Azoospermie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Azoospermie wird das Fehlen vitaler oder beweglicher Spermien im männlichen Ejakulat bezeichnet, das auf unterschiedliche Ursachen und Störungen zurückgeführt werden kann und mit einer Infertilität (Unfruchtbarkeit) des Mannes einhergeht. Eine Azoospermie kann in Abhängigkeit von den zugrunde liegenden Ursachen temporär oder permanent sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Azoospermie?

In den meisten Fällen liegt eine Störung bei der Synthese, Entwicklung oder dem ableitenden Transport der Spermien von den Hoden (Testis) vor. So kann die Spermatogenese (Spermienbildung) aufgrund einer Überwärmung der Testis (heiße Bäder, eng anliegende Unterwäsche) temporär gestört sein.
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Als Azoospermie wird eine Fertilitätsstörung (Fruchtbarkeitsstörung) bezeichnet, bei welcher dem männlichen Ejakulat lebende bzw. bewegliche Spermien (reife Samenzellen) fehlen.

Bei einem gesunden Mann weist das Ejakulat mehr als zwanzig Millionen reife Samenzellen pro Millimeter auf (Spermienkonzentration), wobei mindestens die Hälfte der Spermien über eine normale Spermienmobilität (Beweglichkeit) und Spermienmorphologie (Aussehen, Form) verfügt.

Bei einer Azoospermie liegen Störungen hinsichtlich dieser drei Kriterien (Spermienkonzentration, -mobilität und -morphologie) vor und der betroffene Mann gilt als unfruchtbar. Generell wird zwischen einer temporären (zeitweise auftretenden) und permanenten (bleibenden) Azoospermie unterschieden.

Ursachen

Eine Azoospermie kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. In den meisten Fällen liegt eine Störung bei der Synthese, Entwicklung oder dem ableitenden Transport der Spermien von den Hoden (Testis) vor. So kann die Spermatogenese (Spermienbildung) aufgrund einer Überwärmung der Testis (heiße Bäder, eng anliegende Unterwäsche) temporär gestört sein. Auch der Konsum von Medikamenten (Cimetidin), Alkohol, Nikotin sowie der Kontakt mit giftigen Substanzen (wie Pestiziden) oder eine Krebstherapie können die Spermatogenese negativ beeinträchtigen.

Entzündungen der Hoden (Orchitis) oder Nebenhoden (Epidymitis) können ebenfalls zu einer Störung der Spermatogenese führen. Infolge einer Gonorrhoe (Tripper) bedingten Epidymitis können die Samenleiter dauerhaft verkleben (Verschlussazoospermie).

Ferner kann eine Orchitis infolge einer postpubertären Mumpsinfektion eine permanente Azoospermie auslösen. Darüber hinaus kann eine Azoospermie genetisch bedingt sein (Klinefelter-Syndrom) oder in selteneren Fällen (1-8 Prozent) auf hormonelle Störungen (Störungen der Sexualhormonsynthese) zurückgeführt werden.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Azoospermie führt im Allgemeinen zu einer Unfruchtbarkeit bei einem Mann. Diese zeigt sich dadurch, dass die Partnerin nach dem Geschlechtsverkehr nicht schwanger werden kann, sodass der Kinderwunsch beider Parteien dadurch nicht erfüllt werden kann. In der Regel wirkt sich die Azoospermie allerdings nicht weiter negativ auf die Gesundheit oder das Leben des Betroffenen aus, sodass es nicht zu einer verringerten Lebenserwartung und in den meisten Fällen auch nicht zu anderen Beschwerden und Komplikationen kommt.

Die Betroffenen und ihre Partner leiden durch die Azoospermie allerdings häufig an Depressionen oder an anderen psychischen Beschwerden und Verstimmungen. Auch eine Spannung zwischen den Partner kann dabei auftreten und sich sehr negativ auf die Beziehung auswirken. Sollte ein Tumor für die Azoospermie verantwortlich sein, so hängen der weitere Verlauf und die möglichen Beschwerden und Komplikationen sehr stark von der genauen Position und Ausprägung des Tumors ab.

Eventuell wird dadurch dann auch die Lebenserwartung des Betroffenen verringert. Falls die Azoospermie durch einen hohen Konsum von Nikotin oder Alkohol auftritt, so wirkt sich der hohe Konsum in der Regel sehr negativ auf die gesamte Gesundheit des Betroffenen aus und kann dabei ebenso zu verschiedenen Beschwerden führen.

Diagnose & Verlauf

Zur Diagnose und Ursachenklärung einer Azoospermie sind neben einer gründlichen Anamnese unterschiedliche Test erforderlich. Im Rahmen eines Spermiogramms (mikroskopische Spermienanalyse) wird das Ejakulat des Betroffenen hinsichtlich der Spermienkonzentration, -mobilität und -morphologie analysiert.

Werden weniger als 20 Millionen Spermien pro Millimeter im Ejakulat festgestellt, liegt eine Oligozoospermie vor, werden hingegen keine Spermien beobachtet eine Azoospermie. Für die Ursachenklärung einer Azoospermie sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich. Hierzu gehören genetische und hormonelle Test sowie Antikörper-Screenings, Permeabilitäsprüfungen der Samenleiter (Durchgängigkeit) sowie eine Hodenbiopsie.

Bei einer temporären Azoospermie kann in der Regel nach der Beseitigung der auslösenden Faktoren wieder eine normale Spermatogenese stattfinden. Bei einer dauerhaften Azoospermie, die mit einer permanenten Infertilität (Unfruchtbarkeit) einhergeht, kann die Erkrankung bei Vorliegen eines Kinderwunsches psychisch belastend sein, so dass eine psychologische Betreuung erforderlich werden kann.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es aufgrund der Azoospermie zu einer Unfruchtbarkeit des Patienten. Diese kann dabei zu starken psychischen Beschwerden führen, sodass die Betroffenen an Depressionen und an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden. Auch Minderwertigkeitskomplexe können durch die Azoospermie entstehen.

Nicht selten sind auch die Partner von der Krankheit betroffen. Nicht in allen Fällen tritt diese allerdings permanent auf, sodass eine Heilung eintreten kann. Leider ist eine ursächliche Behandlung der Azoospermie nicht in allen Fällen möglich. Sollte der Betroffene hohe Mengen an Nikotin oder Alkohol einnehmen, so kann die Krankheit möglicherweise darauf zurückgeführt werden.

Dabei kann allerdings nicht garantiert werden, dass die Azoospermie von alleine verschwindet, wenn ein Entzug durchgeführt wird. Ebenso können bestimmte Medikamente diese Störung herbeirufen. Auch eine Überwärmung der Hoden kann für die Azoospermie verantwortlich sein, wobei die Azoospermie in diesem Fall nur temporär auftritt.

Falls die Transportwege verklebt sind, können diese mit Hilfe eines operativen Eingriffes gelöst werden. Falls eine vollständige Behandlung nicht möglich ist, können auch Spermien zur Befruchtung operativ eingenommen werden. Sollte die Ursache der Azoospermie ein Tumor sein, muss dieser behandelt und entfernt werden. Dabei können unterschiedliche Komplikationen auftreten, die vor allem von der Ausbreitung des Tumors abhängen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bleibt ein Kinderwunsch trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs über einen längeren Zeitraum unerfüllt, sollte ein Arzt die Ursachen abklären. Der Mediziner kann dann feststellen, ob eine Azoospermie vorliegt und gegebenenfalls die geeigneten Behandlungsmaßnahmen einleiten. Zeigen die verordneten Maßnahmen und Arzneimittel keine Wirkung, sollte dies mit dem zuständigen Arzt besprochen werden. Womöglich liegt der Azoospermie eine anderweitige Ursache zugrunde, die nicht behandelt werden kann.

Manchmal ist das Fehler männlicher Samenzellen genetisch bedingt oder wurde durch eine Viruserkrankung ausgelöst. Ist dies der Fall, kann der Arzt das betroffene Paar an einen Spezialisten für künstliche Befruchtung weiterleiten oder alternative Möglichkeiten aufzeigen, durch die der Kinderwunsch doch noch erfüllt werden kann.

Sollte es in Folge der Azoospermie zu psychischen Beeinträchtigungen kommen, empfiehlt sich das Gespräch mit einem Therapeuten. Wenn körperliche Beschwerden hinzukommen, muss ein Arzt konsultiert werden. Besteht grundsätzlich kein Kinderwunsch, ist eine Azoospermie unproblematisch. Ein Arztbesuch ist dann nur notwendig, um Gewissheit über die Unfruchtbarkeit zu bekommen.

Behandlung & Therapie

Die Therapie einer Azoospermie hängt von den jeweiligen Ursachen der Erkrankung ab, wobei nicht jede Azoospermie erfolgreich behandelt werden kann.

Bei annähernd der Hälfte der Fälle können zudem die Ursachen für eine Azoospermie nicht abschließend geklärt werden. Störungen der Spermatogenese können in manchen Fällen durch den Verzicht auf Alkohol, Nikotin oder auf eine Azoospermie begünstigende Medikamente minimiert werden.

Bei einer Azoospermie, die hormonell bedingt ist, können Hormonpräparate die hormonellen Ungleichgewichte ausgleichen, während bei einer Azoospermie infolge bakterieller Infektionen in der Regel Antibiotika verschrieben werden. Liegt der Azoospermie eine übermäßige Erwärmung der Hoden zugrunde, sollten die Ursachen für die Überwärmung vermieden werden, nach einem bestimmten Zeitraum normalisiert sich die Spermatogenese.

Sind die ableitenden Transportwege aus den Hoden verklebt, kann im Rahmen eines operativen Eingriffs in manchen Fällen diese Störung beseitigt werden. Liegt der Azoospermie eine Spermiogenesestörung zugrunde, können in 30-60 Prozent der Fälle den Hoden vitale Spermien im Rahmen einer Biopsie entnommen und für eine anschließende künstliche Befruchtung genutzt werden. Bei einer Verschlussazoospermie können die vitalen Spermien aus den Nebenhoden gewonnen werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose im Falle einer Azoospermie ist abhängig von der Ursache. So ist in Fällen, in denen sie genetisch bedingt ist, keine Therapiemöglichkeit gegeben und der Mann bleibt unfruchtbar. Gleiches gilt für Fälle, in denen die keimzellenbildenden Organe (Hoden) stark geschädigt oder degeneriert sind.

Außerdem kommen noch behebbare Ursachen einer Azoospermie in Betracht. Verengte oder verklebte Samenleiter lassen sich gegebenenfalls operativ beheben. Selbiges gilt für Obstruktion im Hoden selbst (nahe der Samenkanälchen). Hormonelle Schwankungen, die zu einer Störung der Samenproduktion führen, lassen sich häufig durch Hormongaben therapieren.

Es gibt zudem Umweltfaktoren, die die Spermienproduktion so weit einschränken können, dass es zu einer Azoospermie kommt. Hier sind etwa Alkohol, diverse Medikamente, Nikotin oder zu viel Wärme zu nennen. In solchen Fällen kann eine normale Spermienproduktion durch einen anderen Lebensstil häufig erreicht werden. Ausschlaggebend ist hierbei, was ursächlich ist.

Auch bakterielle Infektionen können die Spermienproduktion in den Samenkanälchen behindern. In solchen Fällen kann eine rasche Antibiotikatherapie zumeist verhindern, dass die Samenproduktionsstätten bleibend geschädigt werden.

Ist die Azoospermie nicht zu beheben, ist der Mann unfruchtbar. Allerdings besteht dennoch in den Fällen, in denen Samen noch gebildet (aber eben nicht abgegeben) werden, die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung durch eine direkte Entnahme der Samen aus den Hoden.


Vorbeugung

Einer Azoospermie kann nicht in jedem Fall vorgebeugt werden. Dennoch können einige Ursachen vermieden werden. So erhöht eine gesunde Ernährung und Lebensweise unter Verzicht auf Alkohol und Nikotin die Spermienqualität. Entzündungen der Hoden und Nebenhoden sollten durch eine Impfung (Mumps) oder Kondome (Gonorrhoe) vermieden werden.

Sind Therapiemaßnahmen für eine Krebserkrankung (Chemotherapie, Strahlentherapie) notwendig, sollte im Vorfeld über eine Entnahme und Aufbewahrung der Spermien nachgedacht werden, da hier ein erhöhtes Risiko für eine Azoospermie besteht.

Nachsorge

Lässt sich das Fehlen der Spermien im Ejakulat abschließend nicht beheben, kann die Nachsorge nur Alternativen wie eine Adoption aufzeigen. Ein Arzt ordnet bei einem großen seelischen Leiden meist eine Psychotherapie an. Das ist besonders bei genetischen Ursachen der Fall. Diese lassen sich meist nicht beheben.

In etwa der Hälfte aller Fälle können Betroffene einen Beitrag dazu leisten, die Spermienproduktion anzukurbeln. Der Kinderwunsch lässt sich mit einer gesunden Lebensweise realisieren. Der Arzt informiert hierüber. Gerade Nikotin und Alkohol gelten als schädlich für die Spermienproduktion. Patienten sollten deshalb unbedingt auf diese Suchtmittel verzichten.

Ein Mindestmaß an sportlicher Aktivität gilt ebenso als förderlich. Manchmal verhindern auch bestimmte Medikamente ein fruchtbares Ejakulat. Diese sind dann abzusetzen oder zu ersetzen. Die Suche nach einer Ursache für die fehlende Spermienproduktion kann zeitaufwändig sein. Auch nachdem Ursachen gefunden wurden, sind regelmäßige Nachuntersuchungen notwendig.

Dem Gespräch zwischen Arzt und Patienten kommt eine große Bedeutung zu. Der Betroffene muss mehrmals eine Probe seines Spermas erbringen, die anschließend ausführlich analysiert wird. Weitere Untersuchungen wie genetische Tests, Hormonanalysen sowie bildgebende Verfahren schließen sich teilweise an. Die Azoospermie führt zu keinen lebensbedrohlichen Komplikationen.

Das können Sie selbst tun

Die Azoospermie, bei der das Ejakulat des Mannes keine Spermien enthält, entwickelt sich völlig symptomlos und wird meist erst erkannt, wenn Kinderwunsch besteht und die Ursachen analysiert werden, warum die Frau nicht schwanger wird.

Besonderes Verhalten im Alltag ist deshalb nicht erforderlich. Selbsthilfe kann nur in bestimmten Fällen hilfreich und zielführend sein. Eine sehr einfache Selbsthilfe besteht im Schutz der Hoden vor zu hoher Temperatur. Eine dauerhaft erhöhte Temperatur der Hoden, die bereits durch ungeeignete, enge Kleidung entstehen kann, führt zu einer reversiblen Azoospermie, die durch entsprechende Wahl der Kleidung behoben werden kann. Über die Häufigkeit dieser Form der Azoospermie liegen keine Daten vor. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine eher seltene Form.

Falls die Krankheit durch eine hormonelle Störung verursacht wird, die beispielsweise durch eine unerwünschte Nebenwirkung der Medikamente ausgelöst wird, kann das Absetzen der Medikamente oder deren Substitution durch ein anderes Präparat die Azoospermie heilen. Arzneimittel, bei denen derartige Nebenwirkungen auftreten können, sind beispielsweise bestimmte Neuroleptika und Antidepressiva.

Auch in diesen Fällen kann die Selbsthilfe zusammen mit ärztlichem Rat die reversible Azoospermie überwinden. Liegt eine (physikalische) Blockierung der Samenleiter vor, ist keine Anpassung im Alltag erforderlich, und es ist keine Selbsthilfemaßnahme bekannt, die das Problem beheben könnte.

Quellen

  • Dormann, A., Luley, C., Heer, C.: Laborwerte. Urban & Fischer, München 2005
  • Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Reynard, J., Brewster, S., Biers, S.: Oxford handbook of urology. Oxford university press, Oxford 2006

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