Zerrung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mehr oder weniger gewaltsame Einwirkungen auf den Bewegungsapparat, zu dem Muskeln, Sehnen, Faszien und Gelenke zählen, stellen Verstauchungen, Prellungen und Zerrungen dar. Eine Verstauchung kann nur an Gelenken erfolgen. Bevorzugt ist hier das Fuß- und Handgelenk. Prellungen dagegen betreffen mehr die Weichteile, die Muskulatur und die oft darüber liegenden sehnigen Platten, die Faszien. Zerrungen erleidet man nur an der Muskulatur und deren Enden, die man als Sehnen bezeichnet. Jede der genannten Verletzungen unterscheidet sich von den anderen durch spezifische Merkmale. Die Verhaltensweise und die Behandlung erfolgt deshalb auch unterschiedlich.
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Was ist eine Zerrung?
Eine Zerrung ist eine Muskelfaser- oder Sehnenverletzung, die durch Überdehnung oder plötzliche Kraftbelastung entsteht. Typischerweise bei Sport oder ungewohnten Bewegungen auftretend, sind vor allem unterer Rücken, Oberschenkel und Waden betroffen. Symptome variieren von leichtem Unbehagen bis zu starkem Schmerz, einschließlich Schwellungen und Bewegungseinschränkungen.
Zerrungen werden in drei Schweregrade eingeteilt: leicht (Grad 1), mäßig (Grad 2) und schwer (Grad 3), wobei Grad 3 einen vollständigen Riss bedeutet. Behandlung erfordert oft Ruhe, Eis, Kompression und Hochlagerung. In schweren Fällen sind Physiotherapie oder Chirurgie nötig. Eine angemessene Erholungszeit ist für die vollständige Genesung essenziell.
Ursachen
Was kann man nun selbst tun, wenn man eine Verletzung dieser Art erleidet?
Zerrungen treten an Muskeln und Sehnen auf infolge zu starker oder fehlgesteuerter Belastung, meistens dann, wenn sich die Muskulatur in einem schlecht trainierten Zustand befindet. Verletzungsbereitschaften sind auch dann gegeben, wenn Verletzungsrückstände nicht vollständig auskuriert wurden.
Aber auch vorliegende Fokalherden, also Eiterherden, wie sie meistens an Zähnen, Mandeln, Nasennebenhöhlen, Blinddarm usw. vorkommen können, werden durch sogenannte Streuherde an entfernten Teilen des Bewegungsapparates sich oft wiederholende Zerrungen beobachtet.
Symptome, Beschwerden und Anzeichen
Symptome einer Zerrung reichen von milden Beschwerden bis zu intensivem Schmerz und umfassen typischerweise Schwellungen, Blutergüsse und eine spürbare Steifigkeit im betroffenen Muskelbereich. Betroffene erleben oft einen plötzlichen Schmerz zum Zeitpunkt der Verletzung, gefolgt von einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit.
Die Schmerzen können sich bei Bewegung verschlimmern und in Ruhe abklingen. Zusätzlich kann ein Gefühl der Muskelschwäche oder Instabilität auftreten. Bei schweren Zerrungen ist möglicherweise ein Knacken oder Reißen spürbar, was auf einen vollständigen Riss der Muskelfasern oder Sehnen hindeutet. Diese Anzeichen erfordern eine schnelle medizinische Beurteilung, um die richtige Behandlung einzuleiten.
Komplikationen
Komplikationen bei einer Zerrung können die Erholung verzögern und langfristige Probleme verursachen. Chronische Schmerzen und wiederkehrende Verletzungen sind häufig bei unzureichender Behandlung oder vorzeitiger Rückkehr zu normalen Aktivitäten. Eine unvollständige Heilung kann zur Schwächung des betroffenen Muskels führen, wodurch das Risiko für zukünftige Zerrungen steigt.
In schweren Fällen kann es zu einem vollständigen Riss der Muskelfasern oder Sehnen kommen, der möglicherweise chirurgische Eingriffe erfordert. Verkalkungen innerhalb des verletzten Gewebes können ebenfalls entstehen, was Beweglichkeit und Funktion beeinträchtigt. Daher ist es entscheidend, den Heilungsprozess ernst zu nehmen und Empfehlungen für Ruhe, Rehabilitation und schrittweise Wiederaufnahme der Aktivität zu folgen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Zerrung ist ein Arztbesuch ratsam, wenn starke Schmerzen, anhaltende Schwellungen, deutliche Bewegungseinschränkungen oder ein nicht nachlassendes Taubheitsgefühl auftreten. Besonders bei Symptomen, die sich über mehrere Tage nicht bessern oder bei Verdacht auf einen Muskelfaserriss, ist fachärztlicher Rat einzuholen.
Der geeignete Facharzt für solche Verletzungen ist in der Regel ein Orthopäde oder ein Sportmediziner. Diese Spezialisten haben umfassende Kenntnisse über muskuloskelettale Verletzungen und können eine angemessene Diagnose stellen, den Schweregrad der Zerrung bewerten und einen entsprechenden Behandlungsplan erstellen, der von physiotherapeutischen Maßnahmen bis hin zu operativen Eingriffen reichen kann.
Diagnose
Die Diagnose einer Zerrung beginnt üblicherweise mit einer Anamnese und einer körperlichen Untersuchung, bei der der Arzt den betroffenen Bereich auf Schwellungen, Blutergüsse, Schmerzempfindlichkeit und Bewegungseinschränkungen prüft.
Der Arzt fragt nach dem Umstand der Verletzung und den Symptomen, um den Schweregrad einzuschätzen. Für eine genauere Diagnose können bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden.
Diese Methoden ermöglichen es, das Ausmaß der Schädigung an Muskeln und Sehnen detailliert zu betrachten und zwischen einer Zerrung, einem Riss oder anderen Verletzungen zu differenzieren. Auf Basis dieser Untersuchungen kann der Arzt eine angemessene Behandlungsstrategie entwickeln.
Behandlung & Therapie
Wenn hier keine Sanierung erfolgt, ist kaum mit einer dauerhaften Besserung zu rechnen. Zerrungen unterscheiden sich von Faserrissen dadurch, dass keine Trennung (Einrisse) von Gewebsfasern vorliegt, sondern nur eine Überdehnung. Diese Unterschiede werden deutlich erkennbar durch folgende Symptome:
Muskelzerrung
- Bei Belastung ansteigender Schmerz, der aber eine, wenn auch geminderte Bewegung zuläßt. Nach einer Ruhepause zuerst größere Beschwerden, die dann in der nachfolgenden Bewegungsphase merklich nachlassen.
- Es ist keine blaurote Verfärbung und kaum eine Anschwellung sichtbar.
- Eine schmerzempfindliche umschriebene Stelle, auf Druck reagierend, ist fühlbar und von härterer Konsistenz als das umliegende Gewebe. Auch ist der Dehnungsschmerz symptomatisch.
- Eine kontrollierte Bewegung ist bald wieder möglich, bei optimaler Behandlung kann die Wiederherstellungszeit relativ kurz sein.
- Die Verheilung erfolgt ohne eine fühlbare Gewebsnarbe bzw. Muskelschwiele an der betroffenen Stelle.
Muskelfaserriss
- Spontan auftretender Schmerz wie ein Messerstich oder Steinwurf an der verletzten Stelle, der meist einen weiteren normalen Bewegungsablauf unmöglich macht.
- Meist tritt ein sichtbarer Bluterguss auf, der nicht selten eine Verfärbung bis unterhalb der Verletzungsstelle zeigt.
- An der Verletzungsstelle ist eine Muskellücke tastbar, die auf Druck sehr schmerzhaft ist. Es tritt eine starke Bewegungsbehinderung und Abwehrspannung auf, besonders bei Dehnung der Muskulatur.
- Eine kontrollierte Bewegung und Belastung ist meist erst nach Abheilung der Rißstelle möglich. Die Wiederherstellungszeit dauert wesentlich länger als bei einer Muskelzerrung, ca. 4 - 8 Wochen.
- Nach Abheilung bleibt immer eine fühlbare Narbenschwiele.
Aussicht & Prognose
Die Aussicht und Prognose einer Zerrung hängen stark vom Schweregrad der Verletzung und der Qualität der durchgeführten Behandlung sowie der Einhaltung der Erholungszeit ab.
Leichte Zerrungen (Grad 1) heilen in der Regel innerhalb weniger Wochen vollständig ab, sofern eine angemessene Ruhezeit eingehalten und gegebenenfalls leichte Physiotherapie angewendet wird. Bei mäßigen Zerrungen (Grad 2) kann die Erholungszeit länger sein, und es kann eine intensivere physiotherapeutische Behandlung erforderlich sein, um die volle Funktionsfähigkeit wiederherzustellen.
Schwere Zerrungen (Grad 3) können mehrere Monate bis zur vollständigen Genesung benötigen und in manchen Fällen sogar chirurgische Eingriffe erfordern. Mit korrekter Behandlung und genügend Erholungszeit ist die Langzeitprognose jedoch oft gut, und viele Patienten können zu ihren normalen Aktivitäten zurückkehren, ohne langfristige Einschränkungen zu erleiden.
Vorbeugung
Zur Vorbeugung einer Zerrung ist es wesentlich, die Muskulatur durch regelmäßiges Training zu stärken und flexibel zu halten. Ein gezieltes Aufwärmprogramm vor jeder körperlichen Aktivität bereitet die Muskeln und Sehnen auf bevorstehende Belastungen vor und minimiert das Risiko von Verletzungen.
Dehnübungen nach dem Training oder der sportlichen Betätigung unterstützen die Flexibilität und Erholung der Muskeln. Es ist ebenso wichtig, die eigenen körperlichen Grenzen zu erkennen und Überbelastung zu vermeiden. Eine angemessene Hydratation und eine ausgewogene Ernährung tragen zur Gesundheit der Muskeln bei.
Die Nutzung adäquater Sportausrüstung und das Beachten sicherer Techniken beim Sport und bei körperlichen Tätigkeiten sind zusätzliche Maßnahmen, um Zerrungen vorzubeugen.
Nachsorge
Die Nachsorge einer Zerrung konzentriert sich auf die schrittweise Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit und Stärke des betroffenen Muskels, um eine vollständige Genesung zu gewährleisten und das Risiko einer erneuten Verletzung zu minimieren. Anfangs steht die Reduzierung von Schwellungen und Schmerzen durch Ruhe, Eis, Kompression und Hochlagerung im Vordergrund.
Nach Abklingen der akuten Symptome ist eine vorsichtige Wiederaufnahme von Bewegung unter Anleitung wichtig, beginnend mit leichten Dehnübungen und fortschreitend zu kräftigenden Übungen. Physiotherapeutische Behandlungen können unterstützen, um Beweglichkeit, Kraft und Koordination zu verbessern. Die Einhaltung eines individuell angepassten Rehabilitationsprogramms ist entscheidend für eine erfolgreiche Erholung und die Vorbeugung zukünftiger Zerrungen.
Das können Sie selbst tun
Bei einer Zerrung können Sie sofort selbst Maßnahmen ergreifen, um die Schmerzen zu lindern und den Heilungsprozess zu unterstützen. Beginnen Sie mit der PECH-Regel: Pause einlegen, um weitere Belastungen zu vermeiden, Eis auflegen für 20 Minuten alle paar Stunden, um Schwellungen zu reduzieren, den betroffenen Bereich mit einer elastischen Binde Komprimieren, um Schwellungen zu minimieren, und das verletzte Glied Hochlagern, um den Blutfluss zu verbessern.
Vermeiden Sie Wärme, Alkohol und Massagen in den ersten 48 Stunden, da diese die Schwellung verstärken können. Leichte Dehnübungen und Bewegungstherapie sollten erst nach Abklingen der akuten Symptome und nach Rücksprache mit einem Arzt begonnen werden. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und eine ausgewogene Ernährung unterstützen ebenfalls den Heilungsprozess.
Quellen
- Engelhardt, M. (Hrsg.): Sportverletzungen – Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen. Urban & Fischer, München 2009
- Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
- Rieger, H.: Sportverletzt – Was jetzt? Ursachen, Behandlung, Vorbeugung. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2010