Blount-Krankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Blount-Krankheit

Die sogenannte Blount-Krankheit, auch Blount-Syndrom, Morbus Blount oder Erlacher-Blount-Syndrom genannt, bezeichnet ein gestörtes Wachstum des inneren Unterschenkelknochens (der Tibia). Hierdurch kommt es zu einer bogenförmigen Deformierung des Knochens, die sich meistens durch einen Knick direkt unterhalb des Knies zeigt. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen sind beide Beine deformiert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Blount-Krankheit?

Bei der Blount-Krankheit kommt es in der Regel zur Deformation der Beine. Es müssen allerdings nicht beide betroffen sein, in vielen Fällen treten auch einseitige Fehlbildungen und Deformationen auf.
© bilderzwerg – stock.adobe.com

Die Blount-Krankheit oder auch das Blount-Syndrom bezeichnet ein fehlerhaftes Wachstum des inneren Unterschenkelknochens. Bei dieser Fehlbildung kommt es in der Regel zu einer bogenförmigen Deformierung oder auch Verbiegung des Knochens. Meistens bildet sich hierbei zudem ein Knick oder ein Bogen direkt unterhalb des Knies.

Des Weiteren fallen Patienten, die unter der Blount-Krankheit leiden, häufig durch unterschiedliche Längen der unteren Gliedmaßen und durch ein sehr auffällig hervorstehendes Schienbein auf. Sehr häufig tritt das Blount-Syndrom bereits im Kleinkindsalter auf, wird jedoch erst später bemerkt – zum Beispiel im Grundschulalter. Zudem wird unter zwei Arten unterschieden: der infantilen und der adoleszenten (verspäteten) Form.

Erstere Form tritt überwiegend bei Kindern unter zehn Jahren auf und betrifft beide Beine. Von letzterer Form sind oft Jugendliche, gehäuft an nur einem Bein, betroffen. Übergreifend sind allerdings in rund 60 Prozent der Fälle beide Beine des Patienten betroffen. Die tatsächliche Häufigkeit (Prävalenz) des Syndroms ist jedoch bis dato nicht gänzlich bekannt. Aber: Die Blount-Krankheit gilt als relativ selten und kommt gehäuft in den südafrikanischen Staaten auf.

Ursachen

Das Blount-Syndrom wird verschiedenen Experten und Studien nach oftmals durch Übergewicht und/oder durch recht frühes Laufen begünstigt. Des Weiteren wird oft ein vorzeitiger Verschluss oder auch eine Verschmälerung der medialen Wachstumsfuge des Unterschenkelknochens vermutet.

In diesem Fall sind die Kräfte, die zum Beispiel beim Laufen, auf die Wachstumsfuge einwirken zu groß – es kommt zur Verformung. Dennoch scheint es mehrere Faktoren zu geben, die eine Verformung des oberen Anteils der Tibia begünstigen können. Welche Rolle eventuell genetische Veranlagungen spielen, ist bis dato unbekannt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Blount-Krankheit zeigt sich grundlegend durch eine ein- oder durch eine beidseitige Verformung oder auch Verbiegung des Unterschenkelknochens. In der Medizin wird meistens von einer Deformation des oberen Anteils der Tibia gesprochen. Es wird zwischen einer frühen Form und einer Spätform unterschieden. Von ersterer sind sehr häufig übergewichtige Kinder unter dem zehnten Lebensjahr betroffen.

Die Spätform tritt gehäuft im Jugendalter und meistens nur einseitig auf – nur selten wird die Krankheit hier allerdings nach dem 15. Lebensjahr diagnostiziert. Im Volksmund werden Beine, die durch das Blount-Syndrom verformt sind, übrigens oft auch als "O-Beine" bezeichnet. Schmerzen verspüren die betroffenen Kinder meistens zwar nicht, nicht behandelt kann die Verformung aber später zu starken Beeinträchtigungen führen.

Diagnose & Verlauf

Die Blount-Krankheit kann in der Regel erst ab dem zweiten Lebensjahr erfolgreich diagnostiziert werden, da eine leichte O-Form der Beine im sehr jungen Kindesalter nur schwer ersichtlich ist. Da die betroffenen Kinder zudem meistens keine Schmerzen und (zu Beginn) keine Beeinträchtigungen verspüren, wird die Krankheit ebenfalls häufig erst etwas später bemerkt.

Klinisch fallen betroffene Kinder meistens zwischen dem zweiten und zehnten Lebensjahr durch sichtliche "O-Beine" auf. Liegt der Verdacht vor, dass ein Patient unter dem Blount-Syndrom leidet, wird dieser Verdacht durch verschiedene Untersuchungen wie etwa Röntgenuntersuchungen bestätigt oder ausgeräumt. Ohne Behandlung kann die Deformation der Gliedmaßen übrigens schwere Ausmaße annehmen und schon recht früh zu Beschwerden oder Folgekrankheiten wie einer Arthritis der Kniegelenke führen.

Komplikationen

Bei der Blount-Krankheit kommt es in der Regel zur Deformation der Beine. Es müssen allerdings nicht beide betroffen sein, in vielen Fällen treten auch einseitige Fehlbildungen und Deformationen auf. Dabei ist vor allem der Unterschenkelknochen stark verbogen, sodass die Bewegung durch die Blount-Krankheit eingeschränkt ist. Der Patient ist in seiner Mobilität eingeschränkt und dabei auf Gehhilfen angewiesen.

Dies kann zu psychischen Problemen und einem verminderten Selbstwertgefühl führen. Nur in seltenen Fällen kommt es bei der Blount-Krankheit zu Schmerzen. Leider ist eine Diagnose der Krankheit erst ab dem zweiten Lebensjahr möglich, sodass eine verzögerte Behandlung eintritt. Die Behandlung selbst richtet sich nach der Einschränkung der Symptome.

Hierbei kommt es zu keinen weiteren Beschwerden oder Komplikationen. In der Regel werden Schienen eingesetzt, die mehrere Jahre lang getragen werden und die O-Beine gerade richten sollen. Auch Physiotherapien können die Blount-Krankheit einschränken und die Symptome lindern.

In vielen Fällen muss der Patient sportliche Aktivitäten betreiben, um der Krankheit entgegenzuwirken. Die Lebenserwartung wird durch die Blount-Krankheit nicht verringert. Sollten durch die Fehlbildungen Schmerzen auftreten, so können operative Eingriffe durchgeführt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eltern, die bei ihrem Kind O-Beine bemerken, sollten umgehend den Hausarzt konsultieren. Die Fehlstellung der Beine ist zwar nicht immer auf die Blount-Krankheit zurückzuführen, muss aber in jedem Fall behandelt werden. Sollte es sich tatsächlich um Morbus Blount handeln, ist eine Behandlung erforderlich. Es empfiehlt sich deshalb, bereits bei ersten Anzeichen einer Fehlstellung mit dem Arzt zu sprechen. Spätestens, wenn das Kind über Schmerzen klagt oder Probleme bei normalen Bewegungen hat, ist medizinischer Rat gefragt.

Bleibt das Blount-Syndrom unbehandelt, können sich Folgekrankheiten wie eine Arthritis der Kniegelenke oder chronische Schmerzen entwickeln. Typische Warnzeichen für einen solch schweren Verlauf sind unter anderem Kraftlosigkeit sowie Schwellungen und Steifigkeit der Kniegelenke.

Wird eines oder mehrere dieser Symptome bemerkt, gilt: sofort zum Hausarzt und eine Untersuchung veranlassen. In der Frühform kann Morbus Blount durch orthopädische Maßnahmen behandelt werden. Später sind chirurgische Eingriffe und langwierige krankengymnastische Maßnahmen erforderlich. Die Erkrankung sollte deshalb frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Liegt ein diagnostiziertes Blount-Syndrom vor, muss die orthopädische Behandlung jedem Kind und jedem Krankheitsbild spezifisch angepasst werden. Denn bei einer erfolgreichen Therapie kommt es vor allem auf den Typ, auf das Ausmaß der Erkrankung und der Verformung der oder des Unterschenkelknochens an.

Übergreifend erfolgt die Behandlung der Blount-Krankheit allerdings ganz konservativ mit Schienen. Diese müssen je nach Ausmaß der Erkrankung einige Wochen oder Monate, in manchen und eher wenigen Fällen einige Jahre getragen werden. Darüber hinaus können verschiedene orthopädische Maßnahmen (spezielle sportliche Übungen und mehr) die Therapie begleiten und optimieren.

Nur in wenigen, schwereren, ausgeprägten und/oder mit Schmerzen verbundenen Krankheitsfällen ist eine chirurgische Korrektur der Verformungen notwendig. Das ist häufiger bei der Spätform der Erkrankung notwendig als bei der Frühform.

Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einer Blount-Krankheit kann sehr unterschiedlich ausfallen. Sie hängt von der Schwere der Verformungen und vom Zeitpunkt der Diagnosestellungen ab.

So ist es etwa bei Kindern, bei denen diese Malformation der Beine festgestellt wird, so, dass sich mittels einer konservativen Therapie durch Schienung ein gutes Ergebnis erreichen lässt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Kinder noch im Wachstum sind und entsprechend besser auf ein gezieltes Einwirken auf das Knochenwachstum von außen ansprechen. Die Schienung kann Monate oder Jahre lang Bestand haben. Es ist dennoch möglich, dass im späteren Lebensverlauf Komplikationen - also wieder auftretende Schiefstellungen der Unterschenkel - auftreten.

Wird die Blount-Krankheit später diagnostiziert, kann ein Schienen ebenfalls sinnvoll sein. Allerdings kann sich hier das Bein nicht zurechtwachsen, weshalb die konservative Therapie mit speziellen Übungen ergänzt wird. Ein chirurgischer Eingriff wird zur Behandlung umso notwendiger, desto später das Problem erkannt wird.

Unbehandelt führt die Blount-Krankheit zu einer Reihe von Komplikationen, die Schmerzen, empfundene Instabilität und vieles mehr umfassen. Gehhilfen und eine generell eingeschränkte Bewegung sind die Folge. Die Lebenserwartung Betroffener ist allerdings nicht verringert und es besteht in den meisten Fällen die Möglichkeit, den Körper durch orthopädische Maßnahmen zu unterstützen.


Vorbeugung

Da das Zusammenwirken der einzelnen Ursachen und inwieweit genetische Veranlagungen eine Rolle spielen bei der Blount-Krankheit bis heute nicht gänzlich geklärt ist, ist es schwer, einer, Deformierung des Unterschenkelknochens vorzubeugen. Da verschiedenen Studien und Experten nach jedoch oft Kinder betroffen sind, die übergewichtig sind und früh mit dem Laufen begonnen haben, sollten Eltern auf diese beiden Faktoren verstärkt achten.

Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, umgehend einen Arzt zurate ziehen. Dieser kann, wenn eine Erkrankung naheliegt oder diagnostiziert werden kann, frühzeitig eine Therapie in die Wege leiten – etwa, indem er Schienen anpassen lässt oder weitere orthopädische Maßnahmen verordnet.

So lässt sich eine Deformierung des oberen Anteils der Tibia vielleicht nicht immer vermeiden, aber deren Auswirkungen in Grenzen halten. Dem Kind aus Angst vor einer Erkrankung, etwa weil eventuell die Eltern oder Geschwister betroffen sind oder waren, das Laufen zu untersagen, das ist allerdings kein guter Weg der Vorbeugung.

Nachsorge

Bei der Blount-Krankheit konzentriert sich auch die Nachsorge auf physiotherapeutische Maßnahmen. Durch Krankengymnastik und regelmäßigen Sport kann die Bewegungsfähigkeit des betroffenen Unterschenkelknochens stabilisiert werden. Massagen und Maßnahmen aus der alternativen Medizin, zum Beispiel Akupunktur, können die Genesung zusätzlich unterstützen.

Die ärztliche Nachsorge konzentriert sich auf Verlaufskontrollen. Diese finden zunächst monatlich und dann halbjährlich statt. Je nach Art und Ausprägung des Blount-Syndroms kann der Turnus jedoch stark variieren. Deshalb sollten die Patienten enge Rücksprache mit dem Arzt halten.

Wichtig ist dies auch im Hinblick auf etwaige Komplikationen, welche dem Arzt schnellstmöglich mitgeteilt werden sollten. Bei einem beidseitig auftretenden Blount-Syndrom sind unter Umständen weitere Nachsorge-Untersuchungen vonnöten. So muss überprüft werden, ob das Leiden zu Fehlstellungen und in der Folge zu Gelenkverschleiß und anderen Beschwerden geführt hat.

Ist dies der Fall, muss die Therapie mit Schmerzmitteln fortgesetzt werden. Zudem sind weitere physiotherapeutische Maßnahmen notwendig. Die Blount-Krankheit bei Kleinkindern kann effektiv behandelt werden. Die Nachsorge muss meist einige Jahre fortgesetzt werden, sollte sich langfristig jedoch zurückbilden.

Wenn die Krankheit bis ins Erwachsenenalter fortbesteht, ist nicht von einer vollständigen Genesung auszugehen. Dann werden auch im Rahmen der Nachsorge kurative Maßnahmen durchgeführt, um die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

Das können Sie selbst tun

Betroffene der Blount-Krankheit machen mitunter einen schweren Krankheitsverlauf durch, können durch orthopädische Maßnahmen jedoch gut behandelt werden. Einige Selbsthilfe-Maßnahmen können die schulmedizinische Behandlung begleiten und optimieren.

Empfohlen werden vor allem körperliche Übungen wie Yoga, Pilates oder klassische Krankengymnastik. Insbesondere die Fußgewölbe-Muskulatur sollte regelmäßig trainiert und gedehnt werden – etwa durch das wiederholte Anheben der Zehen und andere Dehnübungen aus dem Sport. Nach der Diagnose der Blount-Krankheit ist oft auch eine generelle Umstellung des Lebensstils sinnvoll.

Durch ein gesundes Körpergewicht und einen rundum gut versorgten Organismus können O-Beine und deren Folgen zumindest eingedämmt werden. Betroffenen empfiehlt sich die Verwendung eines Ernährungsplanes, der am besten in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt oder einem Ernährungsmediziner ausgearbeitet wird.

Der Fachmann kann auch Tipps gegen die charakteristischen Schmerzen geben. Neben den klassischen Arzneimitteln bieten sich hier beispielsweise auch Heilpflanzen wie Weidenrinde oder Pfefferminze an. Zuletzt gilt: regelmäßig mit dem Arzt sprechen und frühzeitig therapeutische Begleitmaßnahmen in Anspruch nehmen. Durch therapeutischen Rat und die Teilnahme an Selbsthilfe-Gruppen lassen sich auch die psychischen Beschwerden, die mit der Blount-Krankheit verbunden sein können, reduzieren.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009

Das könnte Sie auch interessieren