CDAGS-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als CDAGS-Syndrom kennt die Medizin einen seltenen Komplex aus Fehlbildungen, der vor allem mit kranialen Anomalien assoziiert ist. Der Symptomkomplex hat eine erbliche Basis und entsteht durch Mutation auf Chromosom 22. Eine kausale Therapie existiert bislang nicht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das CDAGS-Syndrom?

Das Chromosom 22 ist das zweitkleinste Chromosom des Menschen und enthält zwischen 500 und 800 Genen, von denen bislang 508 bekannt sind. Mutationen der Gene auf Chromosom 22 sind an vielen verschiedenen Erkrankungen beteiligt.
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Das CDAGS-Syndrom wird auch als CAP-Syndrom bezeichnet und entspricht einer extrem seltenen Erbkrankheit. Die Prävalenz liegt schätzungsweise bei einem Fall auf 1.000.000 Menschen. Im 21. Jahrhundert wurde die Erkrankung erstmals beschrieben. Als Erstbeschreiber und Namensgeber gelten R. Mendoza-Londono und seine Mitarbeiter. Bei der Bezeichnung CDAGS-Syndrom handelt es sich um ein Akronym.

Dieses Akronym enthält die klinische Merkmalkombination, durch die sich der Symptomkomplex auszeichnet. Das C steht in diesem Zusammenhang für Craniosynostose, das D kürzt „delayed“ ab und bezieht sich auf einen verzögerten Verschluss der Fontanelle oder auch die „deafness“, also Taubheit der Patienten. A codiert die Anal-Fehlbildungen, die mit dem Syndrom einhergehen.

Das G erhält das Akronym aufgrund der genitalen Fehlbildung, mit denen die Erkrankung symptomatisch assoziiert ist und das S steht für „skin“ und deutet die dermalen Veränderungen im Rahmen des Krankheitsbilds an. Das Syndrom fällt in die Gruppe der nicht näher bezeichneten Fehlbildungssyndrome und entspricht einer angeborenen Erkrankung.

Ursachen

Dem CDAGS-Syndrom liegt eine genetische Basis zugrunde. Das Syndrom scheint nicht sporadisch aufzutreten, sondern einem autosomal-rezessiven Erbgang zu unterliegen. Bisher wurde der Komplex aus Symptomen lediglich innerhalb von vier Familien beschrieben. In allen davon lag eine familiäre Häufung vor, was die Vermutung einer genetischen Komponente bestätigt.

So fanden sich die Symptome innerhalb der vier Familien an ganzen sieben Individuen. Eine erbliche Mutation ist die Ursache für den Symptomkomplex. Trotz der bislang wenigen dokumentierten Fälle konnte die genetische Ursache mittlerweile mit bestimmten Genen in Verbindung gebracht werden. So betrifft die Mutation die Gene des Chromosoms 22 auf dem Gen-Locus 22q12-q13.

Das Chromosom 22 ist das zweitkleinste Chromosom des Menschen und enthält zwischen 500 und 800 Genen, von denen bislang 508 bekannt sind. Mutationen der Gene auf Chromosom 22 sind an vielen verschiedenen Erkrankungen beteiligt. Beispiele dafür sind die Trisomie 22, das Epstein-Syndrom und das Sebastian-Syndrom.

Welche Gene des Chromosoms für die Entstehung des CDAGS-Syndroms eine Rolle spielen können, ist Gegenstand der Forschung. Über die primär ursächlichen Faktoren des Syndroms kann derzeit nur spekuliert werden. Neben Giftexposition während der Schwangerschaft kommen zahlreiche weitere Faktoren als aktivierende Faktoren für die genetische Disposition infrage.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kraniale Anomalien prägen das klinische Bild des CDAGS-Syndroms. Dabei handelt es sich um Missbildungen, die den Schädel betreffen. Charakteristisch für das Syndrom ist vor allem die Synostose der Kranznaht. Mit dem Begriff der Synostose ist eine knöcherne Verschmelzung mehrerer Knochen gemeint, die ehemals knorpelig oder durch Bindegewebe verbunden waren.

Die Synostose der Schädelnaht geht bei Patienten des CDAGS-Syndroms mit weit offenen Fontanellen im vorderen und hinteren Bereich einher. Die Parietalforamina der Patienten sind außerdem auffällig groß. Das Foramen parietale gehört zum Os parietale und entspricht einer Öffnung am oberen Scheitelbeine, durch die die Vena emissaria parietalis tritt. Zusätzlich zu diesen Anomalien des Schädels leiden die Betroffenen meist an Keratinisierungs- und damit Verhornungsstörungen inform einer Porokeratose, die als dermales Exanthem in Erscheinung tritt.

Häufig sind die Betroffenen außerdem von Schallempfindungsschwerhörigkeit bis hin zur absoluten Taubheit betroffen. Anale und urogenitale Anomalien runden das Bild ab. Diese Symptome sind mit einer schweren Verzögerung der geistigen und motorischen Entwicklung vergesellschaftet. Unter Umständen liegt zusätzlich eine Unterentwicklung der Schlüsselbeine vor.

Diagnose

In der Regel erfolgt die Diagnose eines CDAGS-Syndroms bereits im Säuglingsalter. Der erste Verdacht ereilt den Arzt bereits durch Blickdiagnose. Um den Verdacht zu bestätigen, können Bildgebungen des Schädels angeordnet werden, die einen Beweis über die kranialen Anomalien erbringen.

Dermatologische Tests können im Rahmen der Diagnostik ebenso stattfinden. Um die Diagnose zweifellos zu sichern, kann der Arzt molekulargenetische Untersuchungen anordnen. Eine Mutation auf Chromosom 22 bestätigt den Verdacht auf das Syndrom.

Komplikationen

Durch das CDAGS-Syndrom ist der Patient von verschiedenen Fehlbildungen und Missbildungen betroffen. Diese wirken sich in diesem Fall vor allem auf den Schädel negativ aus und können zu Beschwerden an den Knochen führen. Der Kopf ist dabei auffällig groß, was zu einer verringerten Ästhetik führt. In vielen Fällen kommt es dabei vor allem bei Kindern zu Hänseleien und zu Mobbing.

Daraus kann es zu psychischen Beschwerden kommen. Nicht selten tritt beim CDAGS-Syndrom auch ein verringertes Hörvermögen oder sogar eine komplette Taubheit ein. Diese kann das Leben und den Alltag des Betroffenen ebenfalls stark belasten. Zu einer Verringerung der Intelligenz kommt es allerdings nicht, sodass der Betroffene Denkprozesse gewöhnlich versteht und diese nachvollziehen kann. Eine kausale Behandlung des CDAGS-Syndroms ist nicht möglich.

Es können lediglich die Beschwerden eingeschränkt werden, wobei es allerdings zu keinen weiteren Komplikationen kommt. Die Einschränkung der Beschwerden geschieht durch operative Eingriffe oder mit Hilfe von verschiedenen Therapien. Ob diese allerdings zu einem positiven Krankheitsverlauf führen, kann nicht vorausgesagt werden. Die Lebenserwartung wird in den meisten Fällen durch das CDAGS-Syndrom nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das CDAGS-Syndrom wird im Normalfall bereits im Säuglingsalter diagnostiziert. Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn die Fehl- und Missbildungen Komplikationen hervorrufen. Sollte das Kind beispielsweise unter Knochenschmerzen oder einem verringerten Hörvermögen leiden, muss der entsprechende Facharzt kontaktiert werden. Dasselbe gilt für alle kleineren und größeren Komplikationen, die mit dem CDAGS-Syndrom einhergehen Diese müssen in jedem Fall behandelt werden, um dem Kind trotz Erkrankung ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Bei schweren Missbildungen ist unter Umständen auch eine Operation möglich.

Ein solcher Eingriff muss frühzeitig stattfinden, denn andernfalls können sich dauerhafte Entwicklungsstörungen herausbilden. Besteht die Vermutung eines psychischen Leidens, ausgelöst etwa durch Hänseleien und Mobbing, sollte das Kind gemeinsam mit den Eltern eine therapeutische Beratung in Anspruch nehmen.

Generell gilt: Kinder und Erwachsene mit dem CDAGS-Syndrom müssen engmaschig durch einen erfahrenen Facharzt betreut werden. Da Erbkrankheiten unspezifische Symptome auslösen können, sollten verschiedene Mediziner hinzugezogen werden, die dem Betroffenen ein gutes Bild über die Beschwerden und mögliche Therapieverfahren geben können.

Behandlung & Therapie

Bislang stehen Patienten des CDAGS-Syndroms keine kausalen Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung. Zum einen ist zwar das Chromosom, aber nicht das verantwortliche Gen identifiziert. Zum anderen ist die Gentherapie bisher zwar ein Forschungsgegenstand, aber noch nicht anwendbar. Patienten des Syndroms werden aus diesem Grund symptomatisch behandelt.

Diese symptomatische Behandlung umgreift zum Beispiel Korrekturen der kranialen Anomalien, die in der Regel chirurgisch vorgenommen werden. Eine operative Lösung der Synostose erfolgt allerdings nur dann, wenn eindeutig auf die Verwachsung zurückgehende Probleme vorliegen. Das Gehirn erhält durch den Eingriff mehr Platz zum Wachstum. Wenn die Operation früh genug stattfindet, kann sie die Entwicklungsstörungen der Patienten abmildern.

Auch die analen und urogenitalen Anomalien der Patienten lassen sich meist durch eine Operation verbessern. Diese Schritte sind im Normalfall allerdings weniger dringlich als die Schädelkorrektur, da eingeschränktes Wachstum des Gehirns mit weitaus mehr Folgebeschwerden assoziiert ist.

Die Porokeratose der Betroffenen lässt sich auf konventionelle medikamentösem Weg behandeln, so zum Beispiel durch die Gabe von Keratolytika, die die Hornschicht lösen. Um die geistigen und motorischen Entwicklungsverzögerungen auszugleichen, können eine Frühförderung und eine Physiotherapie sinnvoll sein.

Aussicht & Prognose

Das CDAGS-Syndrom kann nicht durch eine kausale Therapie behandelt werden. Aus diesem Grund stehen dem Betroffenen nur symptomatische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die die Krankheit jedoch nicht vollständig einschränken können.

Die verschiedenen Fehlbildungen und Missbildungen können mit Hilfe chirurgischer Eingriffe korrigiert werden. Tritt keine Behandlung ein, so verbleiben diese Fehlbildungen und Verwachsungen und führen zu starken Einschränkungen im Leben des Betroffenen. Durch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung des CDAGS-Syndroms können Störungen in der Entwicklung des Betroffenen verringert und minimiert werden.

Sollte die Schädelkorrektur nicht stattfinden, so kann das Gehirn in der Regel nicht ohne Weiteres wachsen, sodass es zu geistigen Störungen und im schlimmsten Falle zu einem Hirntod kommen kann. Bei einer rechtzeitigen Behandlung können diese Beschwerden verhindert werden.

Die weiteren Beschwerden werden meist mit Hilfe von Medikamenten gelindert. Da das CDAGS-Syndrom auch zu einer verringerten Intelligenz und zu motorischen und geistigen Beschwerden führt, werden diese durch eine spezielle Förderung kompensiert. Dabei kann allerdings ebenfalls keine vollständige Heilung erfolgen. Bei einer frühen Therapie wirkt sich das CDAGS-Syndrom jedoch nicht negativ auf die Lebenserwartung des Patienten aus.


Vorbeugung

Dem CDAGS-Syndrom lässt sich bislang nicht vorbeugen. So sind die primär ursächlichen Faktoren derzeit beispielsweise nicht ausführlich bekannt, sodass sich der Handlungsspielraum in Grenzen hält.

Das können Sie selbst tun

Bevor Selbsthilfe-Maßnahmen ergriffen werden, sollten Betroffene des CDGAS-Syndroms zunächst mit dem zuständigen Arzt sprechen. Meist lassen sich die einzelnen Symptome und Leiden nur operativ behandeln, und Eigenmaßnahmen wie das Auftragen von Salben auf die Abszesse verursachen oftmals Folgesymptome. Deshalb gilt es, die nächsten Schritte mit einem Fachmann abzuklären.

Der Arzt wird in erster Linie einen gesunden Lebensstil und regelmäßige Bewegung empfehlen. Begleitend dazu sind physiotherapeutische Maßnahmen angezeigt. Krankengymnastik, Yoga und Co. helfen dabei, das Immunsystem zu stabilisieren und Spätfolgen wie zum Beispiel Hämorrhoiden am After oder Abszesse an der Schädeldecke zu vermeiden. Je nachdem, in welcher Ausprägung das CDGA-Syndrom auftritt, ist unter Umständen auch eine Förderung der geistigen Fähigkeiten vonnöten. Dies sollte immer unter fachlicher Aufsicht erfolgen. Allerdings können die Angehörigen und Freunde des Betroffenen die jeweilige Therapie unterstützen – auf welche Weise, hängt von den individuellen Beschwerden und der Konstitution des Erkrankten ab.

Wichtig ist auch seelische Unterstützung. Da die Betroffenen meist sehr unter den Anomalien leiden, ist seelischer Beistand umso wichtiger, insbesondere bei geistigen Einschränkungen oder einer schlechten Allgemeinprognose.

Quellen

  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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