Chiasma opticum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Chiasma opticum

Als Chiasma opticum wird eine Kreuzungsstelle des Sehnervs bezeichnet. An diesem Abschnitt kommt es zur Kreuzung der Nervenfasern der nasalen Augennetzhauthälften.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Chiasma opticum?

Das Chiasma opticum markiert einen wichtigen Bestandteil der Sehbahn. So werden aufgrund der teilweisen Sehnervenüberkreuzung von der rechten Hemisphäre des Großhirns nur die optischen Eindrücke aus der linken Hälfte des Gesichts verarbeitet.
© Alila Medical Media – stock.adobe.com

Das Chiasma opticum ist auch als Sehnervenkreuzung bekannt und bildet einen wichtigen Bestandteil der Sehbahn. In ihm kreuzen sich die Nervenfasern des Sehnervs (Nervus opticus) beider Augen. So erfolgt an dieser Stelle das Zusammentreffen der Sehnervenfasern der medialen Fasern, die in Richtung Nase liegen, während die äußeren (lateralen) Fasern auf ihrer ursprünglichen Seite bleiben.

Auf diese Weise können die Seheindrücke, die aus der linken Gesichtshälfte stammen, auf der rechten Hälfe des Gehirns verarbeitet werden. Die gleiche Prozedur verläuft umgekehrt auf der anderen Körperseite. Ob ein partieller oder sogar ein kompletter Wechsel der Fasern stattfindet, richtet sich nach der jeweiligen Wirbeltiergattung. So findet an der Sehnervenkreuzung von Amphibien ein vollständiger Wechsel beider Sehnerven statt. Bei Menschen und Primaten liegt der Anteil der sich kreuzenden Fasern dagegen bei ca. 50 Prozent. Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der Augenposition sowie dem menschlichen binokularen Sehen.

Anatomie & Aufbau

Angesiedelt ist das Chiasma opticum in der vorderen Schädelgrube. Dort liegt es im Sulcus chiasmatis des Keilbeins (Os sphenoidale). In diesem Bereich erfolgt das Zusammentreffen der Vorderwand sowie des Bodens des 3. Hirnventrikels. Unterhalb der Sehnervenkreuzung befindet sich der sogenannte Türkensattel (Sella turcica) samt Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Auf der dorsalen Seite ist der Hypophysenstiel angesiedelt.

Das Chiasma opticum stellt nur eine partielle Nervenfaserüberkreuzung dar. Die Axone (Nervenzellfortsätze), die aus der linken Hälfte beider Netzhäute stammen, verlaufen über den Thalamus (Sehhügel) zur linken Hälfte des Gehirns. Innerhalb der Sehnervenkreuzung wechseln die Nervenfasern der Netzhauthälfte, die auf der Nasenseite des rechten Auges liegt, auf die gegenüberliegende Seite, also nach links. Die Nervenfasern, die sich am Schläfenbereich des linken Auges befinden, verharren auf der linken Seite.

Auf der gegenüberliegenden Seite verhält es sich genau umgekehrt. Das bedeutet, dass die Axone, die von der rechten Seite der Netzhäute stammen, in die rechte Hälfte des Gehirns übergehen. So erfolgt innerhalb des Chiasma opticums der Wechsel der Nervenfasern aus der Netzhauthälfte des linken Auges, die sich auf der Nasenseite befindet, auf die rechte Seite. Dagegen bleiben die zur Schläfe hin gelegenen Nervenfasern des rechten Auges auf ihrer angestammten Position. Vom Chiasma opticum wird außerdem der Übergang von Sehnerv zum Tractus opticus (Sehstrang) gebildet.

Funktion & Aufgaben

Das Chiasma opticum markiert einen wichtigen Bestandteil der Sehbahn. So werden aufgrund der teilweisen Sehnervenüberkreuzung von der rechten Hemisphäre des Großhirns nur die optischen Eindrücke aus der linken Hälfte des Gesichts verarbeitet.

Dagegen bearbeitet die linke Großhirnhemisphäre ausschließlich die optischen Reize, die aus der rechten Gesichtsfeldhälfte stammen. Dabei stimmt sich der Anteil der kreuzenden Nervenfasern optimal auf das menschliche Sichtfeld ab. Eine bedeutende Rolle dabei spielt das binokulare Sehen, das einerseits das plastische Wahrnehmen von Objekten möglich macht und außerdem für das Einschätzen von Räumen und Entfernungen sorgt. Vom Chiasma opticum aus verlaufen die Nervenstränge, die dann die Bezeichnung Sehbahnen tragen, in Richtung Sehrinde des Großhirns.

Hier finden Sie Ihre Medikamente

Krankheiten

Das Chiasma opticum kann durch verschiedene Erkrankungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen der Sehnervenkreuzung gehört das Chiasma-Syndrom. Dabei zeigen sich drei Merkmale, die als typisch gelten. So leiden die betroffenen Personen unter bitemporalen Ausfällen des Gesichtsfelds.

Der Seheindruck fehlt nur auf der Außenseite, sodass eine Sicht wie beim Tragen von Scheuklappen besteht. Aus diesem Grund wird das Chiasma-Syndrom auch als Scheuklappen-Syndrom bezeichnet. Ferner kommt es zu einer verminderten Sehschärfe, die sich entweder nur auf einer Augenseite oder auch auf beiden Seiten bemerkbar macht. Ein weiteres Merkmal des Chiasma-Syndroms ist die Optikusatrophie, bei der der Untergang der Nervenzellen des Nervus opticus erfolgt.

Verursacht wird ein Chiasma-Syndrom in den meisten Fällen durch Raumforderungen, die oftmals durch Tumore entstehen, die sich in der Hirnanhangsdrüse bilden und auf das Chiasma Druck ausüben. Seltener ist ein Melingeom, ein von den Hirnhäuten ausgehender Tumor, für das Entstehen des Syndroms verantwortlich. Als weitere denkbare Ursache gilt ein Aneurysma. Dabei handelt es sich um eine Gefäßaufweitung, die zumeist die Halsschlagader (Arteria carotis) betrifft, wodurch die Sehnervenkreuzung komprimiert wird, was wiederum Beschwerden hervorruft. Mitunter wird ein Syndrom des Chiasma opticums auch von Raumforderungen des Sehnervs verursacht.

Zu den typischen Symptomen des Chiasma-Syndroms zählen das Sehen von Doppelbildern, chronische Kopfschmerzen sowie Störungen des Hormonhaushalts. Letztere werden durch Tumore an der Hirnanhangsdrüse ausgelöst. Drückt die Raumforderung auf den mittleren Bereich des Chiasma opticums, hat dies bitemporale Gesichtsfeldausfälle zur Folge. Dabei findet in erster Linie eine Komprimierung der nasalen Netzhauthälftenfasern statt.

Bei der Diagnose des Chiasma-Syndroms lassen sich durch Röntgenuntersuchungen oft auch Veränderungen an der Sella turcica ermitteln. Wird das Syndrom der Sehnervenkreuzung durch einen Tumor an der Hypophyse verursacht, muss ein operativer Eingriff zu dessen Entfernung erfolgen. Die dadurch entstehende Entlastung bewirkt eine Erholung von Gesichtsfeld und Sehschärfe. Allerdings sind langfristige Schädigungen nicht immer auszuschließen.

Bei einer Durchtrennung des Chiasma opticums auf der Medianebene, führt dies zum Ausfall der temporalen Gesichtsfeldhälften bei jedem Auge, was eine bitemporale Hemianopsie zur Folge hat. Im Falle einer Durchtrennung des Tractus opticus, entsteht eine homonyme Hemianopsie, die ein Wegfall der gegenseitigen Gesichtsfeldhälften der Augen nach sich zieht.

Quellen

  • Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007

Das könnte Sie auch interessieren