Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel stellt eine sehr seltene erblich bedingte Erkrankung dar, die sich durch das Fehlen von Noradrenalin und Adrenalin im Blut auszeichnet. Die Konzentration von Dopamin ist dabei erhöht. In der Folge kann sich der Körper äußerlichen Belastungssituationen und Stress nicht mehr anpassen.
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Was ist ein Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel?
Ein Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel ist neben einer erhöhten Konzentration an Dopamin auch durch das Fehlen der Neurotransmitter und Hormone Noradrenalin und Adrenalin gekennzeichnet. Diese beiden Hormone entstehen im Körper durch die Umwandlung von Dopamin. Die Bildung dieser Hormone erfolgt in mehreren Reaktionsschritten.
Im ersten Reaktionsschritt wird Dopamin mithilfe der enzymatischen Unterstützung von Dopamin-β-Hydroxylase unter Einfügung einer zusätzlichen OH-Gruppe am C3-Atom zu Noradrenalin oxidiert. Dabei reagiert Dopamin mit Sauerstoff und Ascorbinsäure. Neben Noradrenalin bilden sich dabei noch Wasser und Dehydroascorbinsäure.
Adrenalin entsteht dann aus Noradrenalin durch die Bindung einer Methylgruppe an die Aminogruppe. Bei einem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel findet der erste Reaktionsschritt nicht oder nur unzureichend statt. Die Bildung der beiden Hormone wird verhindert. Noradrenalin und Adrenalin fungieren als Stresshormone.
Bei steigenden körperlichen Belastungen muss der Organismus schnell Energiereserven aktivieren. Das geschieht durch die rasche Bereitstellung von Glukose aus den Glykogenspeichern und durch die Ankurbelung der Fettverbrennung. Besonders Adrenalin kann diese Vorgänge aktivieren.
Noradrenalin wirkt außerdem als Neurotransmitter und sorgt über die Bindung an Adrenozeptoren für eine Engstellung der Blutgefäße. Dadurch steigt der Blutdruck. Wenn diese Stresshormone fehlen, kann der Körper nicht mehr auf Belastungen reagieren. Ein defektes Enzym Dopamin-β-Hydroxylase verhindert aber ihre Bildung.
Ursachen
Der Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel ist erblich bedingt. Dabei handelt es sich um eine autosomal-rezessive Mutation eines Gens auf Chromosom 9, welches als DBH-Gen die Dopamin-β-Hydroxylase codiert. Die Erkrankung wurde bisher nur sehr selten beobachtet. So wird ihre Häufigkeit auf eins zu einer Million geschätzt.
Allerdings besteht auch die Vermutung, dass die eigentliche Prävalenz der Erkrankung in Wirklichkeit deutlich höher ist. Denn in vielen Fällen kommt es bereits pränatal zum Tod des Embryos. Da die Erkrankung autosomal-rezessiv vererbt wird, müssen bei betroffenen Personen beide Elternsteile das defekte Gen besitzen.
Weil es bei ihnen jeweils nur einmal vorkommt, leiden die Eltern jedoch nicht am Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel. Sie können die Erkrankung allerdings zu 25 Prozent auf ihre Nachkommen übertragen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome eines Dopamin-β-Hydroxylase-Mangels entsprechen dem Ausfall der Funktionen der beiden Hormone Noradrenalin und Adrenalin. In Stresssituationen muss der Körper die Energiereserven mobilisieren, um schnell auf Belastungen reagieren zu können. In der Evolution waren immer die Organismen im Vorteil, die sich schnell bei Gefahr auf Flucht oder Kampf einrichten konnten.
Auch bei weniger gefährlichen Belastungen müssen Energiereserven aktiviert werden. Wenn das nicht gelingt, kann sich der Körper nicht auf Belastungen einstellen, da nach dem Verbrauch der bereitgestellten Energiequellen zunächst keine Neuen mehr zur Verfügung stehen. So gehören die orthostatische Hypotonie und verschiedene kardiovaskuläre Störungen zu den wichtigsten Symptomen bei Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel.
Die orthostatische Hypotonie zeichnet sich dadurch aus, dass die Betroffenen beim Stehen unter Schwindel, Übelkeit, zu niedrigem Blutdruck und Kreislaufzusammenbrüchen (Synkopen) neigen. Weitere Symptome der orthostatischen Hypotonie sind verschwommenes Sehen, Standunsicherheiten, Ohrensausen, Kopfschmerzen, Benommenheit, Augenflimmern und Tunnelblick.
Oft zeigen sich innere Unruhe, Blässe, Schweißausbruch und Kältegefühl. Die Synkopen können zu schweren Stürzen und Unfällen führen. Die Symptome verschwinden weitgehend beim Hinsetzen, Hinlegen und Ruhe. Neben der orthostatischen Hypotonie ist der Blutdruck immer zu niedrig.
Neugeborene mit Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel leiden des Weiteren häufig an Hypothermie, Muskelhypotonie und Hypoglykämie. Bei der Hypothermie wird zu wenig Körperwärme produziert, wobei es schnell zur Auskühlung des Organismus kommen kann. Die Muskelhypotonie zeichnet sich durch verringerte Muskelkraft aus.
Da auch die Kohlehydratreserven nicht so schnell aktiviert werden können, kann sich eine gefährliche Hypoglykämie (Unterzuckerung) ausbilden. Wenn keine Behandlung erfolgt, verschlimmern sich die Symptome im Erwachsenenalter immer mehr.
Diagnose
Bei der Diagnose eines Dopamin-β-Hydroxylase-Mangels reicht es nicht aus, nur das Enzym Dopamin-β-Hydroxylase zu bestimmen. Bei circa vier Prozent der Bevölkerung kann dieses Enzym gar nicht nachgewiesen werden, obwohl kein Mangel vorliegt.
Der eindeutige Nachweis des Dopamin-β-Hydroxylase-Mangels erfolgt nur über die Konzentrationsmessung von Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. Wenn der Plasmaspiegel von Dopamin erhöht ist, ohne dass Noradrenalin und Adrenalin nachgewiesen werden kann, handelt es sich eindeutig um einen Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Werdende Eltern, die selbst an einem Dopamin-β-Beta-Hydroxylase-Mangel leiden und dies wissen, sollten eine vorgeburtliche Untersuchung veranlassen. Durch eine Messung des Dopamin-, Noradrenalin- und Adrenalin-Anteils im Blut kann zuverlässig festgestellt werden, ob der Mangel an das Kind weitergegeben wurde.
Ist das der Fall, sollten bereits vor der Geburt Vorkehrungsmaßnahmen getroffen werden, um etwaige Komplikationen einzugrenzen. Wenn das Neugeborene nach der Geburt rasch auskühlt und andere Anzeichen eines Dopamin-β-Beta-Hydroxylase-Mangels zeigt, sollte dennoch ein Arzt konsultiert werden.
Auch bei Symptomen wie Schwindel, Übelkeit und niedrigem Blutdruck ist eine frühzeitige Abklärung durch den Hausarzt oder einen Facharzt anzuraten. Sollte es in Folge der Beschwerden zu Stürzen oder Unfällen kommen, muss umgehend der Notarzt gerufen werden.
Selbiges gilt bei den typischerweise auftretenden Kreislaufzusammenbrüchen und bei Anzeichen einer zunehmenden Auskühlung. Eltern von betroffenen Kindern sollten darüber hinaus psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen, da die Erkrankung für die Angehörigen meist ebenso kräftezehrend ist wie für das betroffene Kind.
Behandlung & Therapie
Der Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel kann sehr gut medikamentös behandelt werden. Dabei wird das Medikament DOPS oder Droxipoda zwei bis drei Mal täglich oral verabreicht. Dieser Wirkstoff stellt ein sogenanntes Prodrug dar. Es ist aufgebaut wie Noradrenalin und enthält bereits die wichtige OH-Gruppe am C3-Atom. Das Enzym Dopamin-β-Hydroxylase wird daher überflüssig.
Am Molekülende dieses Wirkstoffs ist noch eine Carboxylgruppe gebunden. Im Körper erfolgt dann die Abspaltung der Carboxylgruppe unter direkter Bildung von Noradrenalin. Da Adrenalin aus Noradrenalin entsteht, ist deren Bildung dann auch gesichert. Die lebenslange Einnahme dieses Medikaments ermöglicht ein weitgehend normales Leben. Zur langfristigen Prognose der Erkrankung liegen noch keine auswertbaren Daten vor.
Aussicht & Prognose
Bei einem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel kommt es nicht zu einer Selbstheilung. Diese Erkrankung muss daher auf jeden Fall durch einen Arzt behandelt werden.
Sollte der Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel nicht behandelt werden, so kann der Betroffene in Stresssituationen nicht richtig reagieren. Es kommt daher zu Kreislaufbeschwerden, zu einem Bluthochdruck und im schlimmsten Falle auch zu einem Herzinfarkt. Ebenso leiden viele Patienten an starken Kopfschmerzen, Schwindel und Übereilt.
Dieser Mangel schränkt die Lebensqualität des Betroffenen extrem ein und kann zu Schwierigkeiten im Alltag führen. Auch Muskelbeschwerden treten dabei auf, wenn die Erkrankung nicht behandelt wird. Sollte es neben dem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel auch zu einer Unterzuckerung kommen, so kann diese zu einem Bewusstseinsverlust führen. Die Beschwerden verstärken sich dabei in der Regel mit zunehmendem Alter.
Die Behandlung des Dopamin-β-Hydroxylase-Mangels erfolgt mit Hilfe von Medikamenten. Dabei werden die Beschwerden vollständig gelindert und es treten keine besonderen Komplikationen auf. Da die Erkrankung nicht ursächlich geheilt werden kann, sind die Patienten auf eine lebenslange Einnahme der Medikamente angewiesen. Aufgrund der fehlenden Daten zu dieser Krankheit, kann keine langfristige Prognose gegeben werden. Allerdings wird bei einer frühzeitigen Behandlung die Lebenserwartung des Patienten nicht negativ beeinflusst.
Vorbeugung
Da der Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel eine erblich bedingte Erkrankung darstellt, können keine Empfehlungen zur Vorbeugung gegeben werden. Wenn in der Familie oder Verwandtschaft bereits Fälle dieser Erkrankung aufgetreten sind, können humangenetische Beratungen in Anspruch genommen werden. Sollten beide Elternteile das defekte Gen besitzen, besteht aufgrund der autosomal-rezessiven Vererbung für die Nachkommen eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, an einem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel zu leiden.
Nachsorge
Bei einem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel sind die Maßnahmen einer Nachsorge extrem stark eingeschränkt. In der Regel sind die Betroffenen zuerst auf eine richtige und frühzeitige Behandlung durch einen Arzt angewiesen, damit es nicht zu weiteren Beschwerden oder Komplikationen kommt. Erst nach einer richtigen Behandlung sollten die Auslöser der Erkrankung möglichst vermieden werden.
Da eine vollständige Heilung des Dopamin-β-Hydroxylase-Mangels in den meisten Fällen nicht möglich ist, ist der Betroffene auf eine lebenslange Therapie angewiesen. In den meisten Fällen müssen die Betroffenen beim Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel Medikamente einnehmen. Die Einnahme selbst erfolgt dabei meistens zwei oder drei Mal an einem Tag und sollte auch so eingehalten werden, wie sie vom Arzt verschrieben wurde.
Es ist dabei immer auf richtige Dosis zu achten. Im Zweifelsfall oder bei verschiedenen Unklarheiten sollte bei einem Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel immer Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden. In den meisten Fällen kann durch die Einnahme dieses Medikamentes ein gewöhnliches Leben ermöglicht werden, sodass es zu keinen besonderen Einschränkungen kommt.
Nicht selten kann beim Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Krankheit sinnvoll sein. Dabei kommt es häufig zu einem Austausch an Informationen, welcher den Alltag des Betroffenen erleichtern kann. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Krankheit meist nicht negativ beeinflusst.
Das können Sie selbst tun
Beim Dopamin-beta-Hydroxylase-Mangel handelt es sich um eine sehr seltene Form einer primären autonomen Funktionsstörung, die erblich bedingt ist. Der Patient kann keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen, um die Krankheit ursächlich zu behandeln. Paare, in deren Familien ein Dopamin-β-Hydroxylase-Mangel bereits aufgetreten ist, können eine humangenetische Beratung in Anspruch nehmen, sofern die Gründung einer Familie beabsichtigt wird.
Die Träger des defekten Gens, das den Dopamin-beta-Hydroxylase-Mangel verursacht, müssen selbst nicht an der Störung leiden, um sie zu vererben. Ist nur ein Elternteil betroffen, besteht kein Risiko für den gemeinsamen Nachwuchs. Sind aber beide Eltern Träger des defekten Gens, liegt das Risiko für den gemeinsamen Nachwuchs die Krankheit zu erben bei 25 Prozent.
Erschwerend kommt hinzu, dass es im Falle solcher Schwangerschaften häufig zu Fehlgeburten kommt, da die Erkrankung bereits pränatal zum Tod des Embryos führt. Betroffene Paare sollten darum sorgsam abwägen, ob sie gemeinsam ein Kind zeugen wollen.
Ein Dopamin-beta-Hydroxylase-Mangel kann durch die lebenslange Einnahme von Medikamenten behandelt werden. Viele Patienten sind dann weitestgehend beschwerdefrei. Es ist deshalb ein wichtiger Schritt zur Selbsthilfe bei Verdacht auf diese seltene Krankheit unverzüglich einen Arzt zuzuziehen. Sofern die Störung in der Familie bereits einmal aufgetreten ist, muss der behandelnde Arzt darauf unbedingt hingewiesen werden.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016