Droge Internet: Wenn das Surfen im Netz süchtig macht
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Neben Drogen, Alkohol und Nikotin macht ein weiteres Suchtmittel zunehmend von sich reden, welches oftmals völlig unterschätzt wird: das Internet. Im heutigen Leben ist es für die meisten Menschen kaum mehr wegzudenken und gehört zum Alltag als ständiger Begleiter selbstverständlich mit dazu: auf dem Tablet, mit dem Smartphone oder vor dem Laptop – viele Menschen sind rund um die Uhr online, manche privat, manche sogar im Rahmen ihres Berufs.
Eine Gefahr birgt es für beide Nutzergruppen, denn so viele Vorteile und Arbeitserleichterungen das weltweite Netz auch zu bieten haben mag, es hält für jeden User mindestens genauso viele gefährliche Verführungen parat. Hierzu gehören Online-Rollenspiele, Chatrooms, Foren und andere soziale Netzwerke, welche den Nutzer in ihren Bann ziehen und dabei den Sog einer Droge ausüben können.
Das Bundesministerium für Gesundheit verbucht hierbei mittlerweile erschreckende Zahlen: Über 560.000 Menschen in Deutschland gelten mittlerweile als internetsüchtig, etwa zwei Millionen Deutsche sind gefährdet. Betroffen sind hierbei vor allem junge Erwachsene im Alter von 14 bis 24 Jahren. Doch nicht nur in Europa kann dieser negative Trend beobachtet werden, in Asien – vor allem in Südkorea und in China – liegen die Zahlen weitaus höher.
Wie Sie eine Internetsucht erkennen
Die Anzeichen für eine bestehende Internetsucht zu erkennen, ist nicht immer leicht, da die Betroffenen ihre Symptome meist zusätzlich verschleiern. Eines der signifikantesten Merkmale ist natürlich der exzessive Internetgebrauch, welcher oftmals nicht nur Stunden, sondern auch mehrere Tage andauern kann und sich nicht mehr mit normalen Tätigkeiten wie Arbeiten rechtfertigen lassen.
Betroffene entwickeln zudem oftmals regelrechte Entzugserscheinungen, sollte ihnen der Internetzugang einmal verwehrt bleiben – dies reicht von Nervosität über Ängstlichkeit bis hin zu schwerer Reizbarkeit oder gar Depressionen. Das ständige Verlangen, online zu sein, beschäftigt die Betroffenen oftmals sogar in der Nacht – viele Internetsüchtige schlafen schlecht oder nur unregelmäßig, da die Gedanken auch im Bett ständig um den nächsten Spielzug beim Online-Game oder den nächsten Chat kreisen.
Dies führt jedoch nicht nur zu Schlafstörungen, sondern hat auch im Alltag weitreichende Konsequenzen: Bei den Betroffenen macht sich oftmals ein starker Leistungsabfall bemerkbar; sie können sich nicht mehr richtig konzentrieren und versagen zunehmend in Schule, Studium oder Beruf. Hier fällt oftmals dem Umfeld oder dem Freundeskreis erstmals auf, dass etwas mit der betroffenen Person nicht stimmt.
Wird der Süchtige durch andere mit dem Problem konfrontiert, reagiert er zumeist ausweichend, greift zu Ausreden und Notlügen, um seinen exzessiven Internetkonsum zu rechtfertigen. In der Folge kommt es oftmals zum Verlust sozialer Kontakte; Freundschaften werden nicht mehr gepflegt, oftmals zieht sich auch die Familie zurück.
In besonders schweren Fällen zeigen Betroffene ab einem gewissen Zeitpunkt zudem äußere Anzeichen ihrer Internetsucht: Das tagelange Surfen geht nicht selten auch mit einer mangelhaften Körperhygiene einher, ebenfalls leidet die Ernährung darunter.
Ursachen einer Computersucht
Eine Internetsucht kann vielerlei Ursachen haben. Oftmals reizen die Betroffenen die Flucht vor der Realität sowie der Aufbau einer eigenen virtuellen Realität. Im Netz muss sich derjenige nicht mit eventuellen sozialen Problemen konfrontieren, kann sich ein eigenes soziales Netzwerk ausbauen und sich sein virtuelles Ich designen.
Oftmals flüchten die Betroffenen dabei vor negativen Erlebnissen aus dem Alltag, vielfach leiden sie unter Minderwertigkeitskomplexen, Schüchternheit, Einsamkeit oder sogar einer Sozialphobie. Vielfach können die Süchtigen ihr Bedürfnis nach sozialer Nähe oder dem Austausch mit Gleichgesinnten nur im Netz befriedigen und verbringen deshalb Stunden und Tage in Chatrooms oder Foren.
Eine weitere denkbare Ursache für eine Internetsucht sind die vielen Arbeitserleichterungen und Handlungsoptionen, die das weltweite Netz bietet: Nahezu alles kann online bestellt und nach Hause geliefert werden. In Expertenkreisen wird das Experimentieren mit der eigenen Identität oftmals als Zeitphänomen betrachtet, das der in der heutigen Berufswelt üblichen Forderung nach Flexibilität entspricht.
Junge Arbeitnehmer sind heutzutage mit einem häufigen Wechsel des Arbeitsplatzes, mit neuen Geschlechterrollen, mit finanzieller und perspektivischer Unsicherheit konfrontiert. Diese Umstände erfordern eine erhöhte Anpassungsfähigkeit, der Einzelne muss flexibel und beweglich bleiben. Dies versinnbildlicht sich an den Strukturen des Internets – hier ist alles meist nur von kurzer Dauer, jeder kann seine virtuelle Persönlichkeit nach Belieben verändern.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Internet gehört längst zum Alltag und wird von vielen Menschen genutzt. In einigen Fällen entwickelt sich das Surfen im Internet jedoch zu einer regelrechten Sucht. Die Betroffenen haben das ständige Bedürfnis online zu gehen und können dieses Verlangen nicht mehr kontrollieren. Dies hat negative Folgen sowohl für die psychische als auch für die physische Gesundheit.
Zu den typischen Symptomen einer Internetsucht gehören eine verminderte Aufmerksamkeit und Konzentrationsstörungen. Außerdem führt die Sucht oft zu einer sozialen Isolation. Der Betroffene verbringt einen Großteil seiner Freizeit vor dem Computer und vernachlässigt dabei den Kontakt zu Familie und Freunden.
Auch körperliche Symptome gehen mit der Onlinesucht einher. Stundenlanges Sitzen führt zu Muskelverspannungen und Schädigungen der Wirbelsäule. Die Augen nehmen Schaden durch das ständige Stieren auf den Bildschirm. Der unkontrollierte Konsum des Internets beeinträchtigt den geregelten Tagesablauf.
Oft sitzen die Betroffenen bis spät in die Nacht vor dem Rechner und leiden dadurch unter Schlafstörungen. Auch andere Bedürfnisse werden vernachlässigt. Da das Zubereiten von Mahlzeiten von den meisten als zu zeitaufwendig empfunden wird, ernähren sich die Betroffenen häufig überwiegend von Fast Food und Süßigkeiten. Die ungesunde Ernährung und der Bewegungsmangel führen dann zu Übergewicht.
Wenn der Alltag nicht mehr bewältigt werden kann
Jeder Mensch ist verschieden und so kann auch eine Internetsucht bei jedem Betroffenen einen unterschiedlichen Verlauf annehmen. In den meisten Fällen wiederholen sich jedoch gewisse Charakteristika: Der zunächst noch normal erscheinende Internetkonsum steigert sich täglich, die Betroffenen surfen meist bis spät in die Nacht im Netz.
Es kommt zur sozialen Isolation, der Betroffene beginnt zunehmend, sich von Freunden und Familie zu entfremden. Und auch im Berufs- oder Schulleben hinterlässt die Sucht alsbald ihre Spuren: Internetsüchtige leiden meist unter Konzentrationsschwächen, sind nervös oder gereizt. Betroffene schwänzen alsbald die Schule, kommen nicht mehr zur Uni oder lassen sich Woche für Woche krankschreiben. Nicht selten wird das Studium abgebrochen oder es droht gar der Verlust des Arbeitsplatzes.
Und auch im Privaten verlieren die Betroffenen meist jegliche Form der Kontrolle. Nicht selten schaffen sie nicht mehr, den Haushalt zu bewältigen, vernachlässigen das Waschen und Kochen und vermüllen oftmals zusehends die Wohnung. Je mehr der Alltag entgleist, desto mehr gesellen sich zu den sozialen Problemen der Süchtigen auch starke Wesensveränderungen.
Diese werden oftmals durch die virtuelle Realität, oftmals aber auch durch die veränderte Wahrnehmung des Betroffenen bedingt: Nahezu jeder, der hinter dem Internetkonsum die Sucht erkennen und eventuell sogar Maßnahmen ergreifen könnte, wird als potentieller Gegner betrachtet und auch so behandelt. Hinzu kommt, dass die Patienten in der Regel auch unter körperlichen Symptomen wie Gewichtszunahme, Kopf- oder Rückenschmerzen leiden, die es ihnen zusätzlich erschweren, ihren Alltag zu meistern.
Komplikationen
Immer mehr Menschen werden internetsüchtig. Wenn Nutzer nicht mehr vom Computer loskommen, keine Pausen einlegen, stundenlang Online-Spiele spielen, Glücksspiel betreiben, im Online-Kaufrausch sind oder sich mit Online-Jobs auf Online-Portalen überarbeiten, sollten sie zum richtigen Zeitpunkt die Reißleine ziehen und einen Arzt aufsuchen.
Viele nehmen sich Arbeit mit nach Hause oder surfen nach dem Arbeitstag weiter im Internet. Kommen häufige Smartphone-Nutzung und Spielekonsolen hinzu, kann Dauerstress entstehen, der unter Umständen behandelt werden muss. Wird ein Arzt aufgesucht, kann dieser Verhaltenstipps geben und eine weitere Behandlung austarieren.
Einige Internetsüchtige surfen bis spät in die Nacht hinein oder sogar bis zum nächsten Morgen. Es gibt auch Fälle, bei denen Menschen tagelang vor dem Computer sitzen, mitunter sogar mit Hilfe von Aufputschmitteln oder Drogen. Dadurch kann der gesamte Schlaf- und Biorhythmus durcheinandergeraten. Auch dann sollte unbedingt ein Arzt oder sogar ein Facharzt aufgesucht werden, idealerweise ein Psychiater.
Als Therapieformen gelten Gesprächstherapien, Ergotherapie, Gesprächsgruppen oder gezielte Entspannungsmethoden. Viele Kommunen bieten Therapiegruppen für Internetsüchtige an. Die Problematik erzeugt mittlerweile einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden, da beispielsweise neben Schlafstörungen auch Augen- oder Rückenproblemen entstehen können, was die Krankenkassen viel Geld kostet.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Surfen ist heute zu einer Alltagsbeschäftigung geworden. Kaum ein Mensch mittleren oder jungen Alters, der sich nicht für das Internet und seine Möglichkeiten interessiert. Insofern muss auch Surfen, welches einen weiten Teil des Tages einnimmt, nicht per se ungewöhnlich oder gar krankhaft sein. Ärztliche Hilfe ist dann angeraten, wenn Surfen im Netz einen geregelten Alltag unmöglich macht.
Kennzeichen einer Sucht sind gegeben, wenn der normale Tagesablauf zusammenbricht, da Betroffene alles dafür tun, um möglichst viel Zeit im Internet zu verbringen. Dagegen ist solange nichts einzuwenden, wie der Tag in seiner gewohnten Struktur weiterläuft. Bemerken Betroffene aber, dass sie ihre beruflichen Pflichten oder ihre Familie zugunsten des Netzes vernachlässigen, steht die Gefahr im Raum, dass ein normaler Alltag bald zusammenbrechen wird. Auch wenn die Sucht soweit ist, dass ganz gewöhnliche Dinge wie Körperpflege oder Nahrungsaufnahme vernachlässigt werden, besteht dringender Handlungsbedarf. Hier kann eine ärztliche Therapie helfen, dem Surfen im Netz wieder den Stellenwert zuzuordnen, der ein normales Leben erlaubt.
Hilfe & Therapiemöglichkeiten für Betroffene
Derzeit gibt es keine standardisierte Therapie gegen Internetsucht, da es sich hierbei noch um ein recht neues Phänomen handelt. Dennoch gilt – ähnlich wie bei fast allen Abhängigkeitserkrankungen – dass die Betroffenen zunächst einmal ihre Sucht einsehen und akzeptieren sowie sich über die Gründe hierfür klar werden müssen. Erst dann können mit professioneller Hilfe entsprechende Gegenmaßnamen eingeleitet werden.
Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Verhaltenstherapie. Hierbei werden gemeinsam mit den Betroffenen Techniken entwickelt, mit Hilfe derer sie einen verbesserten Umgang mit dem Internet erlernen können. Oftmals wird hierbei zunächst der Internetgebrauch zeitlich eingeschränkt. Ebenfalls kann es hilfreich sein, bestimmte Seiten, welche für die betroffenen Personen ein besonders hohes Suchtpotential enthalten, zu meiden.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Therapie ist es, alternative Freizeitbeschäftigungen zu entwickeln, welche dem Suchtverhalten so wenig Raum wie möglich lassen. Hierzu gehören in erster Linie Hobbys, aber auch die Reaktivierung des alten Freundeskreises oder auch das Knüpfen neuer sozialer Kontakte. Insofern können auch Angehörige oder Freunde ein wichtiger Faktor sein, der maßgeblich über Erfolg und Misserfolg der Therapie entscheidet.
Wichtig ist deshalb, dass Internetsüchtige immer das Gespräch suchen und sich vor einem Rückfall zunächst an Freunde, die Familie oder entsprechende Beratungsstellen wenden. Hierzu gibt es spezialisierte therapeutische Anlaufstellen, welche beispielsweise Online-Beratungen für Süchtige oder deren Angehörige anbieten.
Die Tatsache, dass diese Form der Beratung ausgerechnet im Internet stattfindet, hat einen plausiblen Hintergrund: Auf der Suche nach Hilfe ist besonders für Internetsüchtige das Netz meist der erste Anlaufpunkt – hierbei handelt es sich um ihre gewohnte Umgebung und die Hemmschwelle ist niedriger, da sie zur Außenwelt oftmals keinen Kontakt mehr haben.
Aussicht & Prognose
Die Internetsucht gilt nicht als eigenständige Erkrankung. Daher kann sie in dieser Form nicht diagnostiziert werden. Dennoch ist ein auffälliges Verhalten des Betroffenen nicht zu unterschätzen und sollte frühzeitig mit einem Arzt besprochen werden.
Da sich der Krankheitsverlauf schleichend über ein längeres Zeitfenster erstreckt, findet der Behandlungsbeginn oftmals sehr spät statt. Dies hat Auswirkungen auf die Prognose. Erlebt der Patient einen Leidensdruck, zeigt er häufig eine Einsicht und wünscht sich eine Besserung seines gesundheitlichen Zustands. In diesen Fällen sind die Heilungsaussichten am günstigsten.
In einer Therapie können kognitive Muster bearbeitet und verändert werden. Die Besserung kann über mehrere Wochen, Monate oder Jahre erfolgen. Eine einheitliche Prognoseaussicht gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Zudem besteht die Möglichkeit des Rückfalls. Ein vollständiger Verzicht auf die Nutzung des Internets ist aufgrund beruflicher Verpflichtungen zunehmend unmöglich. Dies beeinflusst die Therapie und kann eine negative Wirkung haben.
Der Patient benötigt ein diszipliniertes und kontrolliertes Verhalten beim Surfen im Internet, so dass eine Linderung eintreten kann. Da durch die häufige Nutzung des digitalen Datenaustausches mit einer Zunahme der Betroffenen zu rechnen ist, befinden sich verschiedene Therapieansätze mit unterschiedlichem Erfolg in der Testphase. Derzeit kommt es zur Anwendung individueller Behandlungspläne, mit unterschiedlichen Prognoseaussichten.
Warum wir öfter offline als online sein sollten
Alles in allem ist das Internet Fluch und Segen zugleich. So viele Vorteile sich dem Nutzer auch bieten, so sehr ist das Netz auch potentielle Bedrohung für die Aufrechterhaltung von wirtschaftlichem und sozialem Leben. Wer nur noch surft oder zockt, verliert alsbald die Anbindung an seinen Freundeskreis und wird zunehmend isoliert.
Es gilt somit ein gesundes Verhältnis zum Internetgebrauch zu entwickeln – und dies gestaltet sich vor allem für Personen, welche beruflich damit zu tun haben, als sehr schwierig. Wichtig ist somit, das richtige Maß für sich zu finden, sich beispielsweise feste Zeiten zu setzen und im Zweifelsfalle lieber mal off – statt online zu sein.
Nachsorge
Da Multimedia und Mobilität mit mobilen Endgeräten unser Zeitalter bestimmen und daher überall präsent sind, ist Nachsorge rund um die Internetsucht besonders wichtig. Diese kann in Zusammenhang mit dem behandelnden Psychologen oder Psychotherapeuten erfolgen, aber auch mit Unterstützung des Hausarztes durchgeführt werden. Selbsthilfegruppen eignen sich ideal für eine nachhaltige Nachsorge.
Gespräche mit Gleichgesinnte und erfahrenen Psychologen sorgen für Stabilität durch den Austausch mit Betroffenen und können die Rückfallgefahr rund um die Internetsucht auf diese Art und Weise deutlich mindern. Auch Angehörige und Freunde können in die Nachsorge mit eingebunden werden, indem sie auf den Betroffenen und dessen Freizeitverhalten achten sollen.
Die Nachsorge bei der Internetsucht heißt nicht, dass dem Betroffenen das Internet verboten wird. Surfen im Internet ist aus privaten und beruflichen Gründen in den meisten Fällen erlaubt. Das Entscheidende ist der bewusste Umgang. Das bedeutet, dass der Betroffene sein Surfverhalten bewusst unter die Lupe nimmt: Sind die Zeiten im Internet im normalen Maß? Wird das Internet aus Zweck oder Langeweile genutzt? Kann das Internet jederzeit ausgeschaltet werden?
Dies sind Fragen, die der Psychologe dem Betroffenen mit in die Nachsorge geben könnte. Freizeitverhalten ist ein wichtiger Faktor in der Nachsorge. Sie ist abwechslungsreich und motivierend zu gestalten und achtet auch auf die Geselligkeit mit anderen außerhalb des Netzes.
Das können Sie selbst tun
Die Abhängigkeit vom täglichen Surfen im Internet stellt Betroffene mittlerweile vor besonders große Herausforderungen. Das liegt daran, dass ein Online-Zugang nahezu überall verfügbar ist. Für Betroffene liegt die beste und sinnvollste Selbsthilfe-Maßnahme in einer möglichst umfangreichen Ablenkung. Es ist nützlich, das eigene Leben abseits des Internets wieder aufzubauen. Freundschaften sollten besonders gefördert werden. Auch Hobbys haben eine große Bedeutung. Sport kann Stresshormone abbauen und erleichtert die Loslösung von der Online-Sucht. Er setzt Glücksgefühle frei, die die Abhängigkeit und die Lösung von dieser erträglicher machen.
In einigen Fällen kann auch ein Urlaub helfen, wobei bei diesem im Idealfall keine Langeweile aufkommt. Wer sich der Herausforderung gewachsen fühlt, kann sich einem kleineren oder größeren Abenteuer stellen - selbstverständlich ohne die Unterstützung eines Smartphones.
Weiterhin sollte der Zugang zum Internet zumindest für einige Monate lang möglichst weit eingeschränkt werden. Das Smartphone wird durch ein einfaches Handy ersetzt, das nur über Telefonie- und SMS-Funktion verfügt. Wenn ein Computer nicht für Beruf oder Ausbildung benötigt wird, sollte dieser ebenfalls vorübergehend abgeschafft oder zumindest vom Internet getrennt werden. Es existieren weiterhin Hilfsprogramme, die die Online-Zeit oder die Computer-Zeit insgesamt automatisch begrenzen. Diese müssen durch einen Dritten eingerichtet und verwaltet werden.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
- Möller. H.-J., Laux, G., Deister, A., Braun-Scharm, H., Schulte-Körne, G.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013