Ehlers-Danlos-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei dem Ehlers-Danlos-Syndrom, das auch als EDS bekannt ist, handelt es sich um Bindegewebsstörungen, welche im Rahmen eines Gendefekts weitervererbt werden. Vor allem äußert sich das EDS durch überbewegliche Gelenke sowie auch eine Überdehnbarkeit der Haut. Mitunter können auch Gefäße, Bänder, Muskeln sowie Sehnen und innere Organe von EDS betroffen sein; die Prognose hängt davon ab, welcher Typ des Syndroms diagnostiziert wurde.
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Was ist das Ehlers-Danlos-Syndrom?
Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine sehr seltene Bindegewebserkrankung. Es handelt sich dabei um eine vererbbare Krankheit, die im Rahmen eines Gendefekts auftritt. Dabei liegt eine Kollagensynthese-Störung vor. Da das Bindegewebe im ganzen Körper vorhanden ist, können die Symptome und Anzeichen des Ehlers-Danlos-Syndroms sehr unterschiedlich und vielfältig sein.
Mitunter kann der Betroffene über eine überdehnbare Haut klagen; in einigen Fällen ist sogar von einem Reißen der Gefäße sowie inneren Organe die Rede. Es gibt zehn Typen des EDS, welche unterschiedliche Symptome sowie Verläufe mit sich bringen.
Ursachen
Das Ehlers-Danlos-Syndrom wird durch einen Gendefekt der Kollagensynthese ausgelöst. Rund 80 Prozent aller Erkrankten leiden an den Typen I bis III, die Typen IV bis VII machen nur einen Bruchteil aller Erkrankten aus; noch seltener kommen die Typen VIII bis X vor. Während bei den Typen I und II des Ehlers-Danlos-Syndroms das Kollagen V betroffen ist, handelt es sich bei Typ III um eine Störung des Kollagen III.
Folgende Gene können das Ehlers-Danlos-Syndrom auslösen: COL1A1 bis COL3A1 sowie COL5A1 und COL5A2 und TNXB. Mitunter können auch die Gene ADAMTS2 und PLOD1 für das Syndrom verantwortlich sein. Je nach Typ hängt auch der Vererbungsmodus ab. Viele Formen des Ehlers-Danlos-Syndroms werden autosomal-dominant vererbt.
Das bedeutet, dass nur eines der Allele von der Veränderung betroffen sein muss, damit das Ehlers-Danlos-Syndrom ausbricht. Es gibt aber auch Formen, die autosomal-rezessiv vererbt werden. Dabei müssen beide Allele eine Veränderung aufweisen, damit die Krankheit übertragen werden kann.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Auf Grund der Kollagensynthese-Störung sind die Blutgefäße, die Haut sowie die Gelenke ungenügend ausgebildet. Das bedeutet, dass der Patient unter einer fehlenden Festigkeit und in gleicher Folge unter einer Überdehnbarkeit des Bindegewebes leidet. Das führt im weiteren Verlauf zu einem leichten Zerreißen der schon betroffenen Strukturen. Vor allem können Blutgefäße zerreißen, Wirbelsäulenverkrümmungen oder auch Darmrupturen auftreten. Mitunter ist sogar eine rezidivierende Pneumothoraces möglich.
Bei den Typen I und II klagt der Patient über eine sehr leicht verletzbare und überdehnbare Haut. Er weist eine sehr abnorme Wundheilung auf, verfügt über sehr starke überbewegliche Gelenke, wobei in manchen Fällen auch die Gefäße sowie inneren Organe betroffen sein können.
Bei Typ III ist die Haut nur bedingt an der Störung betroffen; vor allem klagen jene Betroffenen über eine äußerst ausgeprägte Überbeweglichkeit der Gelenke. Bei Typ IV liegt eine sehr dünne, fast schon durchscheinende Haut vor. Der Patient weist eine ausgeprägte Hämatomneigung auf, verfügt ebenfalls über sehr stark überbewegliche Gelenke, wobei in diesem Stadium oftmals auch die Gefäße sowie inneren Organe von dem Ehlers-Danlos-Syndrom betroffen sind.
Der Typ VI klagt vorwiegend über eine mittelstarke Überdehnbarkeit der Haut. Die Wundheilung ist abnorm; mitunter sind auch innere Organe beteiligt. In vielen Fällen liegt auch eine Augenbeteiligung vor. Bei Typ VII A und B liegt eine Überdehnbarkeit der Haut vor, die mitunter äußerst dünn ist. Viele Patienten klagen des Weiteren über eine Hüftluxation. Bei Typ VII C hingegen berichtet der Patient über eine schlaffe Haut und eine Beteiligung seiner inneren Organe. Die Gelenke sind ebenfalls überbeweglich.
Diagnose & Verlauf
Der Mediziner stellt eine klinische Diagnose, wobei vorwiegend die Familienanamnese zu Rate gezogen wird. Des Weiteren überprüft der Mediziner die erhöhte Kapillarfragilität mittels Rumpel-Leede-Test und führt auch eine Hautbiopsie durch, nach welcher eine elektronenmikroskopische Untersuchung der gesamten Kollagenstruktur folgt. Mittels humangenetischer DNA-Amplifikation können die Typen herausgefunden werden.
Je nach Typ variieren die Prognose und der Krankheitsverlauf des Ehlers-Danlos-Syndroms. Während einige Patienten nur sehr geringe Einschränkungen aufweisen, haben andere Erkrankte Probleme im alltäglichen Leben. Vor allem sorgen Schmerzen, extreme Gelenkinstabilitäten sowie auch Deformationen der Wirbelsäule dazu, dass eine enorme Mobilitätseinschränkung gegeben ist.
Der Großteil der Patienten hat jedoch eine normale Lebenserwartung; nur bei sehr wenigen Patienten, die auch unter einer Beeinträchtigung der Gefäße leiden, treten im Rahmen des Ehlers-Danlos-Syndroms erhebliche Komplikationen auf.
Komplikationen
Die Komplikationen beim Ehlers-Danlos-Syndrom hängen stark vom diagnostizierten Typ ab. In den schweren Fällen kommt es zu Fehlbildungen an der Haut, den Muskeln und den Bändern. Auch können innere Organe betroffen sein. Die Haut ist bei den Patienten oft überdehnt und Gelenke können übermäßig bewegt werden.
Vor allem Kinder leiden stark durch das Ehlers-Danlos-Syndrom aufgrund von Mobbing und Hänseleien. Dabei kann es zu Depressionen und psychischen Problemen kommen.
Die Haut kann schon bei leichten mechanischen Einwirkungen geschädigt werden und zerreißt leicht. Dadurch besteht eine erhöhte Gefahr für Unfälle und Entzündungen.
Auch ist die Wirbelsäule durch das Ehlers-Danlos-Syndrom betroffen, sodass es zu Wirbelsäulenverkrümmungen kommen kann. Bei allen Typen kommt es mitunter zu einer abnormalen Wundheilung, sodass Infekte und Entzündungen mit besonderer Vorsicht behandelt werden müssen. Eine Behandlung oder Therapie ist beim Ehlers-Danlos-Syndrom nicht möglich.
Allerdings muss der Patient darauf achten, keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten auszuführen. Ebenso müssen Wunden und einfache Erkältungen mit großer Vorsicht behandelt werden. Durch das Ehlers-Danlos-Syndrom kommt es nicht zu einer verringerten Lebenserwartung. Komplikationen können vor allem durch die Verkrümmung der Wirbelsäule oder die verzögerte Heilung von Wunden auftreten.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei häufigen Hautrissen, einer abnormalen Wundheilung und anderen Beschwerden, die auf ein gestörtes Bindegewebe hindeuten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Das Ehlers-Danlos-Syndrom äußert sich außerdem durch Hämatome, eine übermäßig empfindliche Haut und mitunter auch durch Wirbelsäulenverkrümmungen und Darmrupturen. Im weiteren Verlauf können zudem Hüftbeschwerden und Erkrankungen der inneren Organe hinzukommen. Bei all diesen Beschwerden ist eine sofortige medizinische Abklärung vonnöten.
Da es sich bei dem Ehlers-Danlos-Syndrom um eine Erbkrankheit handelt, ist ein Blick auf die Familienanamnese sinnvoll. Werdende Eltern, die selbst an der Erkrankung leiden oder Fälle der Erkrankung in der Familie haben, sollten das Kind am besten direkt nach der Geburt untersuchen lassen.
Spätestens, wenn ernste Komplikationen wie Blutungen oder starke Schmerzen auftreten, muss ein Arzt die Ursache abklären. Weitere Ansprechpartner sind der Dermatologe, verschiedene Internisten oder ein Facharzt für Erbkrankheiten. Im medizinischen Notfall wird am besten umgehend der Rettungsdienst alarmiert bzw. sollte der Betroffene in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht werden.
Behandlung & Therapie
Es gibt weder eine symptomatische oder eine kausale Therapie. Aus diesem Grund dreht sich alles um die Prophylaxe von etwaigen Folgeschäden. Der Patient muss Acht geben, dass er Verletzungen sowie größere körperliche Belastungen meidet. Das bedeutet, dass etwaige Sportarten, die mitunter das Verletzungsrisiko erhöhen, gemieden werden sollten.
Im Rahmen von Schwangerschaften erhöht sich das Risiko; vor allem Personen, die von den Typen I, II, IV sowie VI betroffen sind, müssen daher eine engmaschige Überwachung über sich ergehen lassen. Auch bei Erkältungen ist es wichtig, dass eine hustenstillende Therapie erfolgt. Dies deshalb, da somit eine Dickdarmruptur und in weiterer Folge ein Pneumothorax verhindert werden können. Treten Wunden auf, müssen diese sorgfältig behandelt werden, damit die beeinträchtigte Wundheilung gefördert wird.
Aussicht & Prognose
Die Prognose des Ehlers-Danlos-Syndroms (EDS) ist abhängig vom Typ der Erkrankung. Außerdem ist sie auch bei jedem Betroffenen unterschiedlich. Patienten, die an einem hypermobilen Typ des EDS erkrankt sind, haben in der Regel eine normale Lebenserwartung. Beim vaskulären Typ des EDS bestehen größere Risiken für Komplikationen, die durch plötzlich auftretende innere Blutungen ausgelöst werden. Bei beiden Formen ist allerdings die Lebensqualität stark beeinträchtigt.
Des Weiteren beinhalten beide Formen des Ehlers-Danlos-Syndroms mehrere erblich bedingte Erkrankungen des Bindegewebes. Daher ist gegenwärtig keine kausale Therapie möglich. Selbst die Möglichkeiten für symptomatische Therapien sind begrenzt. Für die Patienten gilt daher, dass sie sich schonen und darauf achten müssen, keine Verletzungen zu erleiden. Selbst banale Operationen sollten zur Vermeidung von Verletzungen nicht durchgeführt werden. Es gibt jedoch Patienten, die kaum unter Einschränkungen leiden. Andere wiederum sind im täglichen Leben schwer beeinträchtigt.
Insgesamt verläuft das Ehlers-Danlos-Syndrom progredient. Im Laufe des Lebens nehmen die Einschränkungen zu. Es kann zu Gelenkinstabilitäten, Wirbelsäulendeformationen und starken Schmerzen kommen, welche die Mobilität stark reduzieren. Bei der vaskulären Form der Erkrankung besteht außerdem ständig die Gefahr, dass Blutgefäße zerreißen und es daher zu einer lebensbedrohlichen Komplikation kommt. Die schlimmste Folge des EDS ist aber die schwere Einschränkung der Lebensqualität durch die verringerte Mobilität und die ständige Angst vor schmerzhaften Rupturen.
Vorbeugung
Es gibt keine Vorbeugung. Mitunter können nur Untersuchungen im Rahmen einer Präimplantationsdiagnostik oder einer Polkörperdiagnostik die Weitervererbung des Ehlers-Danlos-Syndroms verhindern.
Nachsorge
Dem Betroffenen stehen beim Ehlers-Danlos-Syndrom in der Regel nur sehr wenige oder sogar gar keine Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Da es sich dabei um eine angeborene Krankheit handelt, kann diese auch nicht ursächlich, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden, sodass eine vollständige Heilung auch nicht eintreten kann. Aus diesem Grund steht beim Ehlers-Danlos-Syndrom die frühzeitige Erkennung im Vordergrund, damit es nicht zu weiteren Komplikationen und Beschwerden beim Betroffenen kommt.
Je früher das Syndrom von einen Arzt erkannt wird, desto besser ist meist auch der weitere Verlauf. Sollte beim Patienten ein Kinderwunsch bestehen, kann auch eine erbliche Beratung durchgeführt werden, um das Vererben des Syndroms an die Nachfahren zu verhindern. In den meisten Fällen ist die Lebenserwartung des Patienten durch dieses Syndrom nicht negativ beeinflusst.
Die Betroffenen sind in ihrem Alltag jedoch sehr auf die Hilfe von Freunden und der Familie angewiesen, um den Alltag meistern zu können. Ebenso sollten die Blutgefäße regelmäßig kontrolliert werden, damit es nicht zu Rissen kommt, welche für den Betroffenen lebensgefährlich sein können. Bei Kindern sollte beim Ehlers-Danlos-Syndrom eine umfassende Aufklärung erfolgen, um Unklarheiten zur vermeiden.
Das können Sie selbst tun
Der Patient kann mit eigenen Hilfsmitteln keine Heilung des Ehlers-Danlos-Syndroms erreichen. Die Erberkrankung gilt als nicht heilbar. Im Alltag können dennoch verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um eine Linderung der Beschwerden zu erreichen. Die unterstützenden Möglichkeiten müssen wiederholt angewendet werden, da eine dauerhafte Minimierung der Symptome damit nicht erreicht werden kann.
Die Bindegewebsschwäche kann über modische Schnitte der Kleidung und Accessoires kaschiert werden. Das Tragen von körperformender sowie stabilisierender Unterwäsche und einer gleichzeitig etwas locker sitzenden Kleidung helfen, damit die Mitmenschen die Störungen des Bindegewebes im Alltag nicht sehen können. Massagen, Cremes oder Wechselbäder regen die Durchblutung der Haut an und unterstützen den Organismus. Sportliche Aktivitäten helfen beim Aufbau der Muskulatur. Damit können einige Bereiche der Bindegewebsschwächen minimiert werden.
Eltern und Ärzte sollten Erkrankte über das Ehlers-Danlos-Syndrom detailliert aufklären und deren Symptome sowie den Krankheitsverlauf darstellen. Dem Kind kommt es zugute, wenn es umfassend informiert wird. Der digitale Austausch mit anderen Erkrankten kann ebenfalls bei der Bewältigung der Erkrankung im Alltag als hilfreich empfunden werden. Schon früh im Leben des Kindes sollte das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen gezielt unterstützt und gefördert werden. Ein starkes Selbstbewusstsein hilft dem Kind, um mit dem Syndrom eine gute Lebensqualität zu erzielen.
Quellen
- Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
- Passarge, B.: Taschenatlas Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2008
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015