Präimplantationsdiagnostik

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Präimplantationsdiagnostik bezeichnen Mediziner molekulargenetische Untersuchungen. Dabei wird nach Erbkrankheiten oder Anomalien der Chromosomen bei Embryonen geforscht, die im Rahmen von künstlicher Befruchtung entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Präimplantationsdiagnostik?

Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um medizinische Untersuchungen an Embryonen, die durch künstliche Befruchtung gezeugt werden.

Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um medizinische Untersuchungen an Embryonen, die durch künstliche Befruchtung gezeugt werden. Die Embryonen sind erst wenige Tage alt und werden untersucht, bevor ihre Verpflanzung in die weibliche Gebärmutter erfolgt. Auf diese Weise ist es den Ärzten u. a. möglich, Fehler an Chromosomen festzustellen, die ein Risiko für eine Fehlgeburt oder Totgeburt darstellen.

Die Eltern können dann entscheiden, ob die Verpflanzung in die Gebärmutter stattfindet oder nicht. Die Präimplantationsdiagnostik zählt zu den umstrittenen medizinischen Verfahren. Obwohl die Methode bereits seit den 90er Jahren zur Anwendung kommt, ist sie in Deutschland erst seit 2011 zugelassen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die Präimplantationsdiagnostik dient zum Aufdecken von genetischen Veränderungen, die Hinweise auf schwere Erkrankungen des ungeborenen Kindes liefern. Dabei wird das Erbgut künstlich befruchteter Eizellen auf Chromosomenstörungen und Erbkrankheiten überprüft. Durchgeführt wird die pränatale Diagnosemethode aber nur bei Risikogruppen, bei denen der Verdacht auf eine genetisch bedingte Erkrankung besteht.

Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Krankheit Chorea Huntington innerhalb einer Familie bereits mehrmals auftrat. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass die Frau schon mehrere gescheiterte künstliche Befruchtungen (In-vitro-Fertilisation) hinter sich hat.

Die Resultate der Präimplantationsdiagnostik fallen jedoch nicht immer absolut sicher aus. So sind in seltenen Fällen Fehldiagnosen durchaus denkbar. Zur Sicherung der Diagnose kann eine zusätzliche Pränataldiagnostik (PND) erfolgen wie eine Chorionzottenbiopsie oder eine Fruchtwasseruntersuchung. Zu den genetischen Krankheiten, bei denen eine Präimplantationsdiagnostik sinnvoll ist, gehören in erster Linie Chorea Huntington, die Sichelzellenanämie, Cystische Fibrose, Beta-Thalassämie sowie das Marfan-Syndrom.

Weitere Erkrankungen sind das Pätau-Syndrom (Trisomie 13), das Edwards-Syndrom (Trisomie 18), Monosomie 21 und die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne. Mittlerweile beschränkt sich die PID jedoch nicht nur darauf, ca. 200 Erbkrankheiten nachzuweisen. Sie dient ebenso zum Erhöhen der Erfolgsquote der künstlichen Befruchtung sowie zur Selektion der Geschlechter, wobei nicht unbedingt ein Krankheitsbezug bestehen muss. Außerdem ermittelt die Präimplantationsdiagnostik auch Krankheiten, die sich im Rahmen der Pränataldiagnostik untersuchen lassen, bei denen jedoch in der Regel keine Diagnose erfolgt.

Als häufigstes Anwendungsgebiet der PID gilt das Aneuploidie-Screening. Dieses kommt verstärkt bei unfruchtbaren Paaren zur Anwendung, die sich bereits in einem höheren Lebensalter befinden und bei denen schon mehrere erfolglose Versuche der In-vitro-Fertilisation oder Fehlgeburten zu verzeichnen waren. Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik sollen die Embryonen, die für die auftretenden Probleme verantwortlich sind, ausgesondert werden. Auf diese Weise lassen sich die Erfolgsaussichten, ein gesundes Kind zu bekommen, steigern.

In manchen Ländern dient die PID auch zum Identifizieren von sogenannten Rettergeschwistern. Damit sind Embryonen gemeint, die durch eine Spende an Nabelschnurblut oder Knochenmark älteren Geschwistern, die unter einer schweren Krankheit leiden, helfen können. Zu diesem Zweck selektiert die Präimplantationsdiagnostik im Anschluss an eine künstliche Befruchtung die passenden Gewebemerkmale.

Damit eine Präimplantationsdiagnostik stattfinden kann, muss zunächst eine künstliche Befruchtung erfolgen. Dabei kommt es zur Entstehung von mehreren Embryonen. Die Befruchtung der weiblichen Eizellen mit den Spermien des Mannes wird außerhalb des Körpers vorgenommen. Nach dem Absaugen der Eizellen aus dem Organismus der Frau werden diese in einem Reagenzglas zu Embryonen entwickelt. Rund drei Tage nach der Befruchtung lassen sich ein oder zwei Zellen entnehmen und im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik untersuchen, wofür unterschiedliche Techniken zur Anwendung kommen.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Eine Präimplantationsdiagnostik ist stets mit den Risiken verbunden, die bei einer künstlichen Befruchtung bestehen. So kann es bei diesem erheblichen Eingriff zu Nebenwirkungen wie Schmerzen, Atembeschwerden, Übelkeit und Blutgerinnungsstörungen kommen.

Darüber hinaus muss mit einer Komplikation gerechnet werden, die sich bei einer künstlichen Befruchtung im Zusammenhang mit der PID häufiger zeigt, als bei anderen Verfahren. Dabei handelt es sich um das ovarielle Hyperstimulations-Syndrom (OHSS). Es wird in leichte und schwere Verlaufsformen unterteilt. Bei den schweren Formen besteht mitunter sogar Lebensgefahr.

Grundsätzlich erhält die Frau während einer künstlichen Befruchtung zahlreiche Hormone, um die Eizellen in den Eierstöcken (Ovarien) heranreifen zu lassen. Bei der Präimplantationsdiagnostik muss die Menge der Hormone sogar noch höher ausfallen als bei einer einfachen Reagenzglasbefruchtung ohne PID. Dadurch besteht jedoch die Gefahr einer Überstimulation der Eierstöcke, was sich durch deren starke Vergrößerung bemerkbar macht. Innerhalb der Ovarien kommt es zur Entstehung von Zysten und der Umfang des Bauches nimmt zu. Bei manchen betroffenen Frauen kann sich zudem Flüssigkeit in der Bauchregion ansammeln. Außerdem nimmt das Blut an Dickflüssigkeit zu, was wiederum Durchblutungsstörungen an den Nieren hervorruft. Infolgedessen droht eine gefährliche Niereninsuffizienz.

Bei der Präimplantationsdiagnostik handelt es sich um ein Verfahren, welches schon seit Jahren auf der ganzen Welt heftig umstritten ist. Bei den Diskussionen werden grundsätzliche ethische und politische Fragen nach dem Wert des Lebens aufgeworfen. Kritiker halten der PID vor, gesellschaftliche Vielfalt nicht zu akzeptieren. Außerdem erhöhe sich der Druck auf die Eltern, unbedingt gesunde Kinder haben zu müssen. Durch die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland würde die Werteordnung des Grundgesetzes auf das Recht auf Würde beschädigt. Die Befürworter der PID sehen in dem Verfahren jedoch die Chance, Paaren und ihren Kindern schwere Erbkrankheiten zu ersparen.

Quellen

  • Goerke, K., Steller, J., Valet, A. (Hrsg.): Klinikleitfaden Gynäkologie und Geburtshilfe. Urban & Fischer, München 2012
  • Keck C.: Kinderwunschbehandlung in der gynäkologischen Praxis. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2014
  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010

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