Eisenspeicherkrankheit (Siderose)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Eisenspeicherkrankheit oder Siderose ist ein Leiden, die einen stark erhöhten Gesamteisengehalt im menschlichen Körper zur Folge hat. Dieses im Körper angereicherte Eisen kann nach einer jahrzehntelangen Inkubationszeit unbehandelt zu schweren Organschäden, vor allem der Leber und der Bauchspeicheldrüse, führen. Die Eisenspeicherkrankheit steht also im Gegensatz zur Eisenmangelanämie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Eisenspeicherkrankheit?

Die allgemeinen Symptome äußern sich unter anderem in Müdigkeit, allgemeiner Schwäche, Unwohlsein, Bildung dunkler Hautflecken, Verringerung des Geschlechtstriebs sowie Gewichtsabnahme.
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Die Eisenspeicherkrankheit oder Siderose wird auch als Hämochromatose oder Siderophilie bezeichnet. Wenn sie erblich erworben wurde, redet der Mediziner von einer hereditären Siderose, wenn sie durch die Veränderung an den Erbanlagen entsteht (Genmutation), spricht man von einer primären Siderose.

Betroffene leiden unter einer erhöhten Aufnahme des essentiellen Spurenelements Eisen im oberen Dünndarm. Dies bedeutet, dass der Eisengehalt im gesamten menschlichen Körper den Normwert um ein Vielfaches überschreitet.

Im Verlauf der Jahre kann der Eisenüberschuss zu verschiedenen schwerwiegenden Schädigungen der Organe, insbesondere der Leber und der Bauchspeicheldrüse, aber auch der Milz, der Schilddrüse, der Hirnanhangsdrüse sowie des Herzens führen. Auch Gelenkschäden sowie Hauterkrankungen können durch eine Siderose verursacht werden.

Ursachen

Die genetische Vererbung der Eisenspeicherkrankheit ist an einen besonderen Umstand gebunden: Sowohl die Mutter als auch der Vater müssen jeweils ein verändertes Gen an ihren Nachwuchs weitergeben. Betroffene geben das veränderte Gen in jedem Falle an ihr Kind weiter – ob die Siderose bei diesem auch ausbricht, hängt davon ab, ob auch das andere Elternteil das Gen mit der Anlage für die Krankheit in sich trägt.

Neben den genannten Faktoren Vererbung und Veränderung des Erbgutes kann die Eisenspeicherkrankheit auch durch äußere Einflüsse erworben werden. Hier spricht man von einer sekundären Siderose. Auslöser können hier beispielsweise häufige Bluttransfusionen sein, ebenso bestimmte Vorerkrankungen wie zum Beispiel Hepatitis B oder C.

Auch Alkoholmissbrauch wird ursächlich mit der sekundären Eisenspeicherkrankheit in Verbindung gebracht. Wird die Eisenspeicherkrankheit durch Vererbung erworben, liegt die Anzahl der betroffenen Männer etwa ein Fünf- bis Zehnfaches höher als die der Frauen.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der erblich bedingten Eisenspeicherkrankheit treten am Anfang noch keine Symptome auf. In der Regel macht sich die Siderose erst ab einem Alter von 30 Jahren mit ersten Krankheitszeichen bemerkbar. Wenn der Gesamteisengehalt im Körper eine bestimmte Konzentration erreicht hat, kommt es zunächst zu allgemeinen Symptomen, die auch auf andere Erkrankungen hindeuten können. Danach verschlimmern sich die Beschwerden zunehmend.

Das Risiko für Komplikationen wächst. Die allgemeinen Symptome äußern sich unter anderem in Müdigkeit, allgemeiner Schwäche, Unwohlsein, Bildung dunkler Hautflecken, Verringerung des Geschlechtstriebs sowie Gewichtsabnahme. Später kommen vielfältige Symptome hinzu, die sich immer mehr verstärken. Dazu zählen Kurzatmigkeit, Gelenkbeschwerden, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche oder Milzvergrößerung.

Als Komplikationen können Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Leberkrebs und Nierenschädigungen auftreten. Die Eisenspeicherkrankheit ist sehr gut behandelbar. Allerdings hängt der Behandlungserfolg auch vom Zeitpunkt der Diagnose ab. Bei frühzeitiger Behandlung kommt es nicht zu einer Einschränkung der Lebensqualität und der Lebenserwartung.

Wenn allerdings die Therapie zu spät beginnt, können bereits irreversible Veränderungen an Leber, Herz, Bauchspeicheldrüse oder Gelenken vorhanden sein, sodass eine vollständige Heilung nicht mehr möglich ist. Bei circa 70 Prozent der Betroffenen, die zu spät behandelt werden, entwickelt sich ein Diabetes mellitus, der aufgrund der hohen Eisenkonzentration im Körper nur noch schwer zu behandeln ist. Außerdem ist das Risiko für Leberkrebs im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit um das 200-Fache erhöht.

Diagnose & Verlauf

Die Symptome der Eisenspeicherkrankheit sind zunächst unspezifisch. Müdigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit zählen ebenso dazu wie Unwohlsein und Schwäche. Im Laufe der Zeit können Symptome wie eine graubraune Hautverfärbung aufgrund einer Leberschädigung hinzukommen, Gelenkbeschwerden mit Steifheit und Schwellung der Gelenke sowie eine tastbar vergrößerte Leber und Milz.

Im fortgeschrittenen Status kann es zu einer Leberzirrhose kommen, Bauchwassersucht und Diabetes mellitus können ebenso folgen wie Herzrhythmusstörungen bis hin zu einer Herzinsuffizienz.

Die Diagnose der Eisenspeicherkrankheit erfolgt mittels einer kombinierten Untersuchung von Blut und Gewebe. Die Blutlaborwerte geben Aufschluss über den Serumeisenspiegel, über die die sogenannte totale Eisenbindungskapazität sowie die Transferrin-Sättigung mit Eisen. Durch das Serumferritins wiederum lässt sich der Wert des Gesamteisenbestandes im Körper bestimmen.

Untermauert werden die schon recht verlässlich auf eine Eisenspeicherkrankheit hindeutenden Blutwerte durch die Bestimmung spezieller Gewebe-Eiweiß-Typen. Seltener wird eine Computertomographie der Leber oder eine Leberbiopsie zur Diagnostik hinzugezogen.

Komplikationen

Die Siderose ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die ohne adäquate Behandlung zum Tod führen kann. Leidet der Organismus an einem Überschuss an Eisen, lagert sich dieser Stoff in unterschiedlichen Organen an. In weiterer Folge sind diese in ihrer Funktion eingeschränkt. Durch die Ablagerung kommt es zu Vergrößerungen bestimmter Organe wie etwa der Leber oder der Milz.

Unbehandelt können weitere schwerwiegende Komplikationen auftreten. Gelenkbeschwerden und Verfärbungen der Haut sind möglich. Betroffene können in weiterer Folge auch die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus erwerben. Infolgedessen sind sie ein Leben lang auf exogenes Insulin angewiesen. Ohne Insulinbehandlung verläuft diese Erkrankung tödlich. Aufgrund der Siderose können auch Probleme am Herzen entstehen.

Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz sind mögliche Komplikationen dieser Erkrankung. Weiterhin kann es dazu kommen, dass die Menstruation ausbleibt. In schwerwiegenden Fällen kann Siderose zu Impotenz führen. Besonders gefährdet bei einer unbehandelten oder unzureichend behandelten Siderose ist die Leber. In nicht wenigen Fällen treten Leberzirrhosen auf.

In diesem Fall ist die gesunde Struktur der Leber zerstört und von Bindegewebe ersetzt worden. Diese kann die vorherige Funktion der Leber als wichtiges Entgiftungs- und Stoffwechselorgan nicht mehr ausführen. Die Folge sind massive weitere Komplikationen. Im schlimmsten Fall führt sie zu einem Leberversagen und dieses letztlich zum Tod.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Müdigkeit, Gelenk- und Oberbauchschmerzen sowie Symptome eines Diabetes mellitus auftreten, liegt unter Umständen die Eisenspeicherkrankheit zugrunde. Ein Arztbesuch empfiehlt sich, wenn die Beschwerden nach einigen Tagen bis Wochen nicht abgeklungen sind.

Bei Frauen kann es außerdem zum Ausbleiben der Menstruation kommen, bei Männern führt die Krankheit zu Impotenz – in beiden Fällen ist eine sofortige ärztliche Abklärung anzuraten. Bleibt die Eisenspeicherkrankheit unbehandelt, stellen sich weitere Symptome wie Leberzirrhose, Herzrhythmusstörungen und Funktionsstörungen der Bauchspeicheldrüse ein.

Spätestens, wenn Anzeichen dieser Beschwerden bemerkt werden, ist medizinischer Rat gefragt. Gefährdet sind insbesondere Menschen, die eine längerfristige intravenöse oder intramuskuläre Eisenzufuhr hinter sich haben. Sollte aus anderen Gründen eine gestörte Blutbildung oder eine erhöhte Eisenzufuhr vermutet werden, muss bei genannten Anzeichen sofort ein Arzt konsultiert werden. Wird die Eisenspeicherkrankheit rechtzeitig behandelt, sind die Heilungsaussichten in der Regel sehr gut. Manchmal kann eine frühzeitige Diagnose durch einen Gentest den Ausbruch der Erkrankung gänzlich verhindern.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der Eisenspeicherkrankheit zielt in erster Linie darauf ab, das überschüssige Eisen im Körper abzubauen. Aderlasstherapien, auch unter dem Namen Eisenentleerungstherapien bekannt, bei denen den Betroffenen regelmäßig fünfhundert Milliliter Blut entnommen werden, sind hier an erster Stelle zu nennen.

Pro Sitzung wird dem Körper über den eisenhaltigen Blutfarbstoff Hämoglobin damit etwa zweihundertfünfzig Milligramm Eisen entzogen, welches sich dieser wieder aus den Eisenspeichern der Organge ins Blut zieht. So werden die Organe bei jedem Aderlass etwas mehr entlastet. Die Therapie der Eisenspeicherkrankheit mittels Aderlass dauert solange an, bis der Gesamteisenwert des Körpers wieder ein normales Maß erreicht hat.

Auch nachdem der Eisenüberschuss entfernt ist, muss der Patient regelmäßig seinen Serumferritin-Spiegel überprüfen lassen. Gegebenenfalls ist es nötig, die Aderlasstherapie zu wiederholen, um einer erneuten übermäßigen Eisenspeicherung entgegenzuwirken.

Früher wurde die Eisenspeicherkrankheit auch mit dem Medikament Desferrioxamin (Desferal®) behandelt. Dieses ist in der Lage, Eisen zu binden, sodass es ausgeschieden werden kann. Diese Eisenentleerungstherapie kommt heutzutage nur noch dann zum Einsatz, wenn der Patient nicht zur Ader gelassen werden kann – beispielsweise, wenn er seine Siderose durch zahlreiche Transfusionen bei Knochenmarkerkrankung erworben hat. Aderlässe würden hier nur zu weiterer Blutarmut führen.

Aussicht & Prognose

Wenn die Eisenspeicherkrankheit rechtzeitig erkannt und behandelt wird, gibt es keine Einschränkung der Lebensdauer und Lebensqualität. Leider wird eine Siderose häufig zu spät diagnostiziert, weil sie im Anfangsstadium noch keine Beschwerden verursacht. Folgeschäden einer zunächst unbehandelten Siderose sind unter anderem Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Leberkrebs, Herzschwäche und Gelenkprobleme.

Bei einer Eisenspeicherkrankheit lässt sich beispielsweise ein Diabetes nur sehr schwer einstellen. Auch die anderen Erkrankungen sind irreversibel. Das heißt, dass diese auch nach einer erfolgreichen Normalisierung des Eisenspiegels im Körper nicht mehr geheilt werden können. Je früher aber eine Reduzierung des Eisenspiegels erreicht wird, desto besser können bereits eingetretene Folgeschäden jedoch noch symptomatisch therapiert werden.

So ist bei einem normalen Eisenspiegel auch der Diabetes wieder besser beherrschbar. Eine Leberzirrhose kann zwar nicht geheilt werden. Allerdings trägt dessen intensive Behandlung nach Abbau des Eisenüberschusses dazu bei, dass sich das Risiko für Leberkrebs verringert. Auch die Gelenkveränderungen sind nicht mehr heilbar. Aber das Fortschreiten der Krankheitsprozesse kann auch hier nach einer Reduzierung des Eisenspiegels gestoppt werden.

Bei der primären oder erblich bedingten Siderose ist der Eisenüberschuss durch regelmäßige Aderlässe und eisenarme Ernährung gut abbaubar. Die sekundäre Siderose wird medikamentös mit Deferoxamin behandelt, welches durch eine vermehrte Eisenausscheidung den Eisenspiegel normalisiert. So ist eine erfolgreiche Behandlung des Eisenüberschusses im Gegensatz zu dessen Folgeschäden immer möglich.

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Vorbeugung

Da die Eisenspeicherkrankheit zum größten Teil erblich bzw. durch Genveränderung bedingt ist, lässt sich ihr durch eine allgemein gesunde Lebensweise nicht vorbeugen. Wichtig ist für die Risikogruppe – also beispielsweise Kinder von zwei Eltern mit entsprechender Genveränderung -, eine regelmäßige Kontrolle der oben beschriebenen Blutwerte schon im symptomfreien Frühstadium.

Dank einer rechtzeitig eingesetzten Aderlasstherapie kann die Eisenspeicherkrankheit heute recht erfolgreich unter Kontrolle gebracht werden, sodass es gar nicht erst zu Organschädigungen kommt und die Lebensqualität der Betroffenen kaum beeinträchtigt wird.

Nachsorge

Bei einer Eisenspeicherkrankheit sind in den meisten Fällen keine besonderen Maßnahmen der Nachsorge notwendig oder möglich. Die Krankheit kann dabei auch nicht vollständig oder kausal behandelt werden, da es sich dabei um eigenen angeborenen Defekt handelt. Sollte es daher beim Betroffenen zu einem Kinderwunsch kommen, kann auch eine genetische Beratung sinnvoll sein, um das Vererben der Eisenspeicherkrankheit möglicherweise zu verhindern.

In der Regel sind die Patienten dabei auf eine lebenslange Therapie angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern. Die Behandlung erfolgt dabei mit Hilfe von Medikamenten. Dabei muss der Betroffene auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung achten. Bei Fragen oder bei Unklarheiten sollte zuerst immer ein Arzt kontaktiert werden.

Weiterhin sollten auch Lebensmittel eingenommen werden, die viel Eisen enthalten, um dem Eisenmangel entgegenzuwirken. Weitere Maßnahmen sind in der Regel nicht notwendig, um die Beschwerden zu lindern. Wird die Eisenspeicherkrankheit schon früh erkannt, kommt es auch nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen. Nicht selten sind die Patienten jedoch auf Transfusionen von Knochenmark angewiesen. Daher sollten auch regelmäßige Untersuchungen des Körpers durchgeführt werden, um weitere Beschwerden frühzeitig zu erkennen.

Das können Sie selbst tun

Die Eisenspeicherkrankheit kann genetisch bedingt aber auch im Laufe des Lebens erworben sein. Patienten, bei denen die Ursache durch gründliche Anamnese vorliegt, können im Rahmen der Selbsthilfe ihren Therapieplan eingehend unterstützen. Das Problem des Symptoms liegt vorwiegend an der extrem überhöhten Eisen-Menge, welche im Körper bei Nahrungsverzehr oder einem Überschuss an künstlichen Eisenpräparaten verbleibt. Ist die Diagnose rechtzeitig gestellt und beherzigt der Betroffene im Alltag einige Regeln, kann dieser sein Lebensniveau weiterhin halten.

Ein wichtiger Punkt nimmt dabei die Ernährung ein. Eisenhaltige Produkte sollten auf ein Minimum reduziert werden, weil sie sich kontraproduktiv auf die vorgeschriebenen Medikamente zur Eisenausscheidung verhalten und die Leber massiv schädigen. Da der Dünndarm mit als Verursacher für die fehlerhafte Eisen-Einspeicherung im Körper gilt, ist eine fleischlose aber ballaststoffreiche Kost eine große Unterstützung bei der Verwertung. Zusätzlich sollten täglich bis zu drei Liter getrunken werden. Gerade im Hinblick auf die erworbene Eisenspeicherkrankheit ist es absolut ratsam, auf Alkohol zu verzichten.

Mit einem Teststäbchen kann der Patient seine Eisenwerte selbst kontrollieren und bestimmen. Dies ist gerade für Betroffene mit Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgesprochen ratsam.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006

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