Bluttransfusion
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Bluttransfusion ist ein medizinisches Verfahren, bei dem einem Patienten Blut oder Bestandteile davon, wie Blutkörperchen oder Plasma, verabreicht werden. Da die Transfusion trotz moderner Technologie und Testverfahren schwerwiegende Risiken und Nebenwirkungen haben kann, darf sie nur in Notfällen oder bei chronischen Blutbildungsstörungen durchgeführt und in jedem Fall nur von einem Arzt angeordnet und realisiert werden.
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Was ist eine Bluttransfusion?
Unter einer Bluttransfusion versteht man eine intravenöse Infusion, bei der Blutbestandteile oder, wie es früher üblich war, Vollblut in den Organismus transferiert werden. Die Verabreichung von Blutbestandteilen oder Blut wird immer von einem Arzt angeordnet und durchgeführt.
Das Blut oder die Blutbestandteile gelangen mittels einer Venenkanüle direkt in die Blutbahn. Gespendetes Blut wird in so genannten Blutbanken in seine Bestandteile (rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und Blutplasma) aufgeteilt und hier aufbewahrt.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Bluttransfusion reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Die erste dokumentierte Transfusion wurde 1667 von dem französischen Arzt Jean-Baptiste Denis durchgeführt, der einem jungen Mann Schafblut transfundierte. Diese frühen Versuche waren jedoch oft von Misserfolg geprägt, da das Konzept der Blutgruppen noch unbekannt war, was häufig zu schweren Reaktionen und Todesfällen führte.
Ein Durchbruch erfolgte 1901, als der österreichische Arzt Karl Landsteiner die Existenz unterschiedlicher Blutgruppen (A, B, AB und O) entdeckte. Diese Entdeckung ermöglichte es, passende Spender- und Empfängerblutgruppen zu identifizieren und reduzierte das Risiko von Transfusionsreaktionen erheblich. Landsteiner erhielt dafür 1930 den Nobelpreis für Medizin.
Während des Ersten Weltkriegs wurden Bluttransfusionen durch die Entwicklung von Methoden zur Konservierung von Blut und die Einführung von Antikoagulanzien wie Natriumcitrat weiter verbessert, was eine längere Lagerung und den Transport von Blut ermöglichte. Dies führte zu einer breiten Anwendung in der Medizin und zur Einrichtung von Blutbanken.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden weitere Fortschritte erzielt, darunter die Einführung von Testverfahren zur Sicherstellung der Blutkompatibilität und zur Vermeidung von Infektionen, wie z.B. durch HIV und Hepatitis, wodurch Bluttransfusionen zu einer sicheren und lebensrettenden medizinischen Praxis wurden.
Einsatz & Indikation
Eine Bluttransfusion wird durchgeführt, wenn der Körper des Patienten nicht genügend Blut produziert oder wenn Blut aufgrund von Verletzungen, Operationen oder Erkrankungen verloren geht. Sie wird notwendig in Situationen, in denen der Blutverlust so groß ist, dass der Körper ihn nicht selbst kompensieren kann, oder wenn das Blut des Patienten nicht mehr in der Lage ist, seine Aufgaben effektiv zu erfüllen.
Häufige Gründe für Bluttransfusionen sind schwere Verletzungen, etwa nach Unfällen oder während komplizierter Operationen, bei denen großer Blutverlust auftritt. Auch bei bestimmten Erkrankungen wie Anämie, bei der der Körper nicht genügend rote Blutkörperchen produziert, kann eine Transfusion notwendig sein, um den Sauerstofftransport im Körper zu gewährleisten. Patienten mit Krebserkrankungen, die eine Chemotherapie erhalten, benötigen oft Transfusionen, da die Behandlung die Produktion von Blutzellen im Knochenmark beeinträchtigen kann.
Bluttransfusionen sind ebenfalls essentiell bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Sichelzellenanämie oder Thalassämie, bei denen regelmäßige Transfusionen erforderlich sind, um das Blutbild zu stabilisieren. Darüber hinaus können sie bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schweren Infektionen notwendig werden, um den Kreislauf zu stabilisieren und das Überleben des Patienten zu sichern.
Vorteile & Nutzen
Eine Bluttransfusion bietet entscheidende Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, insbesondere bei der sofortigen Stabilisierung von Patienten in akuten und lebensbedrohlichen Situationen. Einer der Hauptvorteile ist die schnelle Wiederherstellung des Blutvolumens und damit die Verbesserung der Sauerstoffversorgung des Gewebes, was in Notfällen, wie bei massivem Blutverlust, unerlässlich ist. Andere Methoden wie Flüssigkeitsinfusionen können das Blutvolumen erhöhen, jedoch nicht die Sauerstoffträgerfunktion, die nur durch rote Blutkörperchen gewährleistet wird.
Ein weiterer Vorteil ist die spezifische Anpassung der Transfusion an die Bedürfnisse des Patienten. Es können gezielt einzelne Blutkomponenten wie Erythrozyten, Thrombozyten oder [[Blutplasma |Plasma]] transfundiert werden, je nach Defizit oder Bedarf. Dies ermöglicht eine präzisere Behandlung im Vergleich zu generellen Maßnahmen wie der Verabreichung von Medikamenten, die oft systemische Effekte haben und nicht so gezielt wirken.
Bluttransfusionen bieten auch Vorteile bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Anämie oder Gerinnungsstörungen. Sie ermöglichen eine rasche Korrektur von Blutwerten und eine Verbesserung des Allgemeinzustands, was durch Ernährungsumstellungen oder medikamentöse Behandlungen oft nicht in vergleichbarer Zeit erreichbar ist. Insgesamt ist die Bluttransfusion eine unmittelbare und wirksame Methode zur Stabilisierung und Behandlung in einer Vielzahl von klinischen Szenarien.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Transfusion von Blutbestandteilen erfolgt entweder in Notfällen oder bei der Feststellung von Blutbildungsstörungen. Die häufigste Blutbildungsstörung, die eine Bluttransfusion verlangt, ist die hochgradige Blutarmut, auch Anämie genannt.
Manchmal ist eine Austauschtransfusion erforderlich, zum Beispiel bei einer Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind, oder bei einer hämolytischen Krise. Je nach Blutspender unterscheidet man zwischen einer Fremdblutspende und einer Eigenblutspende. Dabei ist eine Eigenblutspende die sicherste Methode einer Bluttransfusion, denn bei ihr ist eindeutig eine Infektübertragung oder eine Unverträglichkeitsreaktionen ausgeschlossen. Eine Eigenblutspende empfiehlt sich vor allem bei einer geplanten Operation.
Im Falle einer Fremdblutspende ist die wichtige Voraussetzung für eine Transfusion die Kompatibilität der Blutgruppen von Spender und Empfänger. Im Idealfall stimmen sowohl die Blutgruppen als auch die Rhesusfaktoren von beiden überein. Wenn dies nicht der Fall ist, dann gelten die folgende Regeln: Die Blutgruppe 0 Rhesus negativ ist Universalspender, und Patienten mit der Blutgruppe AB Rhesus positiv können Blut jeder Blutgruppe erhalten. Würde man die verschiedenen Merkmale der Blutgruppen nicht beachten, so käme es zu lebensbedrohlichen Folgen. Besondere Beachtung erfordern das Blutgruppensystem AB0 und der Rhesusfaktor.
Die Blutgruppenverträglichkeit ist komplex und variiert deshalb, je nachdem was für Blutbestandteile transferiert werden. Bei der Transfusion von roten Blutkörperchen kann der Patient mit der Blutgruppe 0 ausschließlich das Konzentrat der roten Blutkörperchen von einem Spender mit der Blutgruppe 0 verabreicht bekommen, während bei einer Blutplasma-Transfusion seine Blutgruppe mit allen vier Blutgruppen kompatibel ist.
Im Gegensatz zur Vollbluttransfusion haben die heutzutage angewendeten Maßnahmen, nämlich die Transfusion von Blutbestandteilen, den Vorteil, dass der Patient nur die Bestandteile des Blutes bekommt, die er tatsächlich braucht. Außerdem lassen sich Blutbestandteile länger aufbewahren als Vollblut. Bei unterschiedlichem Bedarf werden unterschiedliche Bestandteile des Blutes transferiert, wie zum Beispiel rote Blutzellen bei Blutarmut oder Blutplättchen-Konzentrate bei Blutungsneigung.
Durchführung & Ablauf
Eine Bluttransfusion beginnt mit einer sorgfältigen Vorbereitung, bei der der Arzt die Notwendigkeit der Transfusion feststellt und die Blutgruppe des Patienten bestimmt, um die Kompatibilität mit dem Spenderblut sicherzustellen. Vor der eigentlichen Transfusion wird eine Kreuzprobe durchgeführt, bei der das Spenderblut mit einer kleinen Probe des Empfängerbluts gemischt wird, um sicherzustellen, dass keine Reaktion auftritt.
Vor Beginn der Transfusion wird das Spenderblut, das in speziellen Beuteln aufbewahrt wird, aus dem Kühlschrank entnommen und auf die richtige Temperatur gebracht. Ein intravenöser Zugang wird gelegt, meist in eine Vene am Arm des Patienten.
Über diesen Zugang wird das Blut dann langsam mithilfe eines Infusionssets in den Blutkreislauf des Patienten geleitet. Während der Transfusion überwacht das medizinische Personal kontinuierlich die Vitalzeichen des Patienten, wie Blutdruck, Puls und Temperatur, um frühzeitig auf mögliche Komplikationen wie allergische Reaktionen oder Transfusionszwischenfälle reagieren zu können.
Die Dauer der Bluttransfusion variiert je nach Menge des benötigten Bluts und dem Zustand des Patienten, beträgt aber in der Regel ein bis vier Stunden. Nach Abschluss der Transfusion wird der intravenöse Zugang entfernt, und der Patient bleibt noch eine Zeitlang unter Beobachtung, um sicherzustellen, dass keine späten Reaktionen auftreten. Eventuelle Symptome oder Beschwerden werden genau dokumentiert und entsprechend behandelt.
Risiken & Gefahren
Allgemeine Nebenwirkungen einer Bluttransfusion sind Schüttelfrost, ein Abfallen des Blutdrucks sowie Fieber. In seltenen Fällen kommt es zu einem Kreislaufschock. Eine weitere Nebenwirkung der Bluttransfusion ist die Eisenüberladung. Diese kommt vor allem bei langzeitigen Transfusionstherapien vor.
Eines der Risiken der Bluttransfusion ist die Übertragung von Bakterien und Viren. Dank der modernen molekularbiologischen Methoden ist die Gefahr der Übertragung von lebensgefährlichen Viren sehr gering. Diese Testverfahren sind relativ jung, sie verbreiteten sich erst seit Mitte der 1980er Jahre. Davor infizierten sich viele Patienten durch Bluttransfusion mit HIV. Wenn die Blutkonserven verwechselt werden, kommt es zu einem akuten oder verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion.
Zu den nicht-hämolytischen Transfusionsreaktionen gehören allergische Reaktionen und krankhafte Reaktionen des Immunsystems, die sich auf den ganzen Organismus auswirken. Die weißen Blutkörperchen können bei immungeschwächten Patienten eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion hervorrufen.
Es gibt aber Maßnahmen, durch die die Risiken für eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion verringert werden können, wie zum Beispiel die Bestrahlung von Blutprodukten. Laut einer Studie aus dem Jahr 2007 gehen Mediziner davon aus, dass selbst dann kein erhöhtes Krebsrisiko für den Empfänger besteht, wenn der Spender nach dem Spenden an Krebs erkrankt. Eine andere Studie aus 2009 widerlegt allerdings diese Theorie.
Alternativen
Es gibt mehrere alternative Verfahren zur Bluttransfusion, die insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn eine Bluttransfusion nicht möglich oder nicht gewünscht ist, etwa aus medizinischen, religiösen oder ethischen Gründen. Eine der wichtigsten Alternativen ist die sogenannte Eigenblutspende (Autotransfusion). Hierbei wird dem Patienten vor einer geplanten Operation Blut entnommen, das dann während oder nach der Operation bei Bedarf wieder zurückgeführt wird. Dies minimiert das Risiko von Unverträglichkeiten und Infektionsübertragungen.
Ein weiteres Verfahren ist die Verwendung von Blutvolumenersatzmitteln, wie kristalloiden Lösungen (z.B. Kochsalzlösung) oder kolloidalen Lösungen (z.B. Hydroxyethylstärke), die das Blutvolumen auffüllen, jedoch keine Sauerstofftransportkapazität besitzen. Diese Methoden sind nützlich zur Stabilisierung des Kreislaufs, ersetzen jedoch nicht die Funktion der roten Blutkörperchen.
Für Patienten mit Anämie oder chronischem Blutverlust können Erythropoetin-Injektionen, die die Produktion roter Blutkörperchen im Knochenmark stimulieren, eine Alternative darstellen. Auch die Eisen- und Vitamin-B12-Substitution kann in einigen Fällen helfen, die Blutbildung zu fördern.
Künstliche Sauerstoffträger, sogenannte "Blutersatzstoffe", sind eine weitere Forschungsrichtung. Diese synthetischen oder halbsynthetischen Substanzen können den Sauerstofftransport zumindest vorübergehend übernehmen, sind jedoch noch nicht flächendeckend im klinischen Einsatz.
Diese Alternativen bieten in bestimmten Situationen wertvolle Optionen, wobei die Wahl der Methode von der individuellen Situation und den medizinischen Voraussetzungen des Patienten abhängt.
Quellen
- Kiefel, V. (Hrsg.): Transfusionsmedizin und Immunhämatologie. Springer, Berlin 2011
- Leuwer, M., et al.: Checkliste Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage, de Gruyter, Berlin 2014