Fanconi-Anämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Erbkrankheit Fanconi-Anämie tritt in sehr seltenen Fällen auf. Unter geeigneten Umständen kann die Erkrankung geheilt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Fanconi-Anämie?

Wird die Fanconi-Anämie nicht schon zu Anfang therapiert, kann sie im schlimmsten Fall auch zum Tod des Kindes führen, da dieses dann an Nierenversagen verstirbt.
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Als Fanconi-Anämie wird in der Medizin eine vererbte Form der Anämie (Blutarmut) bezeichnet. Im Rahmen dieser sehr selten auftretenden Erbkrankheit ist bei Betroffenen die Produktion von roten und weißen Blutkörperchen eingeschränkt.

Darüber hinaus führt die Fanconi-Anämie in vielen Fällen dazu, dass vorhandene Blutkörperchen verstärkt abgebaut werden. Benannt wurde die Fanconi-Anämie nach dem aus der Schweiz stammenden Kinderarzt Guido Fanconi. Die Fanconi-Anämie zeigt nicht bei jedem Betroffenen das gleiche Erscheinungsbild; von der Erkrankung werden daher in der Medizin verschiedene Untergruppen definiert.

Schätzungsweise sind innerhalb Deutschlands lediglich 5 bis 10 von 1.000.000 Neugeborenen von der Fanconi-Anämie betroffen. Zu den typischen Symptomen, die mit der Erkrankung einhergehen können, zählen etwa Fehlbildungen, ein vergleichsweise geringer Kopfumfang und/oder eine Rückbildung des Knochenmarks. Von der Fanconi-Anämie Betroffene sind meist anfälliger gegenüber Infektionen und weisen eine auffällige Blässe auf.

Ursachen

Die Fanconi-Anämie wird verursacht durch einen vererbten Gendefekt. Dabei besteht das Risiko einer Weitergabe des Gendefekts durch die Eltern lediglich dann, wenn sowohl Mutter als auch Vater Träger des Defekts sind - dabei sind Träger des Gendefekts, der einer Fanconi-Anämie zugrunde liegt, in vielen Fällen nicht selbst erkrankt und wissen daher häufig nicht um den Defekt, den sie vererben können.

Sind beide Eltern Träger des entsprechenden Gendefekts, so besteht bei einer Schwangerschaft ein ungefähres Risiko von 25%, dass beim Kind eine Fanconi-Anämie auftritt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Fanconi-Anämie ist mit sehr schweren Beschwerden verbunden, die sich alle sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken. In der Regel leiden die Patienten dabei an verschiedenen Fehlbildungen, die bereits angeboren sind und damit schon im jungen Alter zu Beschwerden führen. Die Fehlbildungen können dabei verschiedene Regionen betreffen, sodass Arme, Ohren, Nieren und Herz davon häufig betroffen sind.

Wird die Fanconi-Anämie nicht schon zu Anfang therapiert, kann sie im schlimmsten Fall auch zum Tod des Kindes führen, da dieses dann an Nierenversagen verstirbt. Häufig leiden die Patienten durch die Fanconi-Anämie auch an einem sehr kleinen Kopf oder an Minderwuchs. Dadurch fühlen sich viele Patienten nicht schön und leiden daher auch an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem deutlich verringerten Selbstwertgefühl.

Ebenso steigt das Risiko einer Leukämie durch diese Krankheit deutlich an, sodass viele Betroffene an dieser Krankheit ebenfalls erkranken. Weiterhin führt die Fanconi-Anämie zu einer heftigen Rückbildung des Knochenmarks und weiterhin zu Pigmentstörungen auf der Haut. Nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Eltern und die Angehörigen leiden bei dieser Erkrankung an starken psychischen Beschwerden. In der Regel wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Fanconi-Anämie verringert.

Diagnose & Verlauf

Die Verdachtsdiagnose Fanconi-Anämie kann in vielen Fällen bereits aufgrund typischer Symptome gestellt werden. Neben den genannten Symptomen zählen hierzu des Weiteren etwa ein leichter Schielwinkel bei Betroffenen oder helle, bräunliche Pigmentflecken (auch bezeichnet als sogenannte Café auf lait-Flecken).

Bestätigt werden kann die Verdachtsdiagnose dann vor allem durch die Durchführung einer sogenannten Chromosomenumbruchsanalyse; hierbei werden beispielsweise entnommene Blutzellen eines Patienten chemisch so manipuliert, dass sich deren geringere Überlebensrate (ein Marker für das Vorliegen einer Fanconi-Anämie) zeigt. Um in weiteren Schritten beispielsweise Form und Ausprägung von Fehlbildungen innerer Organe festzustellen, dienen bildgebende Verfahren wie der Ultraschall.

In Abhängigkeit von der Form einer Fanconi-Anämie unterscheidet sich auch der Krankheitsverlauf. In den meisten Fällen setzen aber bei betroffenen Kindern im Alter von ca. 3-5 Jahren Rückbildungen des Knochenmarks ein, die im Krankheitsverlauf zunehmen. Durch Fortschritte der Medizin kann die Fanconi-Anämie durch Maßnahmen wie Knochenmarktransplantationen in einigen Fällen geheilt werden; da bei Betroffenen allerdings trotzdem noch Zellen im Körper verbleiben, die den Gendefekt aufweisen, besteht beispielsweise weiterhin ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Tumoren (Gewebeneubildungen).

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Fanconi-Anämie wird in der Regel schon kurz nach der Geburt diagnostiziert und behandelt. In den ersten Lebensjahren sind regelmäßige Arztbesuche angezeigt, denn die Beschwerden sind vielgestaltig und müssen individuell behandelt werden. Meistens treten in der frühen Kindheit weitere Fehl- und Missbildungen auf, die abgeklärt und therapiert werden müssen. Wenn das Kind über Schmerzen klagt oder ungewöhnliche Symptome auftreten, sollte der zuständige Arzt konsultiert werden.

Mit Herz-Kreislauf-Beschwerden und Anzeichen einer Nieren- oder Lebererkrankung wird das Kind am besten in die nächste Klinik gebracht. Der zuständige Arzt kann durch bildgebende Verfahren feststellen, ob Fehlbildungen an den inneren Organen vorliegen und die notwendigen Schritte einleiten.

Die Fanconi-Anämie bedarf also in jedem Fall einer umfassenden Überwachung und Behandlung durch einen Facharzt. Da meist verschiedene Störungen vorliegen, müssen weitere Ärzte hinzugezogen werden. Bei Pigmentstörungen kann zum Beispiel mit dem Hautarzt gesprochen werden, während Fehlbildungen am Herzen von einem Kardiologen oder einem Internisten behandelt werden können.

Behandlung & Therapie

Ein möglicher Therapiebaustein in der Behandlung der Fanconi-Anämie ist die Gabe von Androgenpräparaten, also von Präparaten, die auf künstlichem Weg hergestellte männliche Sexualhormone enthalten.

Bei vielen Patienten tragen diese Präparate über einen Zeitraum von bis zu einigen Jahren dazu bei, dass sich die Blutbildung trotz vorliegender Fanconi-Anämie stabilisiert. Da Androgenpräparate aber auch Nebenwirkungen mit sich bringen können, ist es möglich, dass eine entsprechende Medikamentengabe bei verschiedenen Betroffenen reduziert oder vollständig beendet werden muss.

Eine Methode, die zur Heilung der Fanconi-Anämie führen kann, ist die Transplantation von gesundem Knochenmark geeigneter Spender. Dabei sind die therapeutischen Erfolgschancen nach Angaben von Experten vergleichsweise höher, wenn der Knochenmarkspender etwa ein Geschwisterteil, also ein naher Verwandter, ist.

Begleitend zur Behandlung der Grunderkrankung findet eine Therapie auftretender Symptome im Rahmen einer Fanconi-Anämie in Abstimmung auf die Beschwerdelage eines einzelnen Betroffenen statt.

Aussicht & Prognose

Bei einer bestehenden Fanconi-Anämie handelt es sich um ein Fehlbildungssyndrom, welches nur sehr selten vorkommt. Betroffene Personen sind von Geburt auf kleinwüchsig und leiden unter verschiedensten Fehlbildungen jeglicher Art. Die Aussicht und Prognose auf eine vollständige Heilung ist einzig und allein von einer Knochenmarktransplantation abhängig. Findet eine Knochenmarktransplantation statt, so kann die erkrankte Person vollständig von der Fanconi-Anämie geheilt werden.

Anders gestaltet sich der Krankheitsverlauf, wenn keine Knochenmarktransplantation stattfindet. In so einem Fall ist mit erheblichen Komplikationen zu rechnen. Personen mit einer bestehenden Fanconi-Anämie sind besonders anfällig für die Bildung einzelner Tumore. Wenn also keine Knochenmarktransplantation stattfinden kann, dann sollte definitiv eine ärztliche und medikamentöse Behandlung stattfinden. Nur dadurch kann das Leben der betroffenen Personen lebenswert erhalten bleiben.

Wird auf eine solche Behandlung gänzlich verzichtet, so droht sogar akute Lebensgefahr. Es kann unter Umständen zur Bildung bösartiger Tumore kommen, die sich im gesamten Körper ausbreiten. Die bestehenden Fehlbildung müssen zudem dauerhaft therapiert werden, damit es nicht zu späteren Komplikationen kommt. Betroffene Personen die unter einer Fanconi-Anämie leiden, sollten umgehend auf eine ärztliche und medikamentöse Behandlung zurückgreifen. Dadurch kann der gesamte Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden.


Vorbeugung

Um Erbkrankheiten wie der Fanconi-Anämie in gewissem Rahmen vorbeugen zu können, ist Paaren mit Kinderwunsch beispielsweise eine Genanalyse der eigenen Gene möglich. So kann festgestellt werden, ob beide Elternteile Träger des Gendefekts sind, der der Fanconi-Anämie zugrunde lieg. Liegt der Gendefekt bei beiden Elternteilen vor, so bieten beispielsweise ärztliche, genetische Beratungen die Möglichkeit, sich über Risiken und mögliche Handlungsschritte zu informieren.

Nachsorge

Bei der Fanconi-Anämie stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur sehr wenige Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Dabei sind Betroffene in erster Linie auf die medizinische Behandlung dieser Krankheit angewiesen, um weitere Komplikationen und Beschwerden zu verhindern, da es dabei nicht zu einer Selbstheilung kommen kann. In einigen Fällen kann dabei auch eine vollständige Heilung erzielt werden.

Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Fanconi-Anämie meist nicht verringert, wenn die Krankheit richtig behandelt wird. Die Betroffenen sind auf die Einnahme von Medikamenten und Präparaten angewiesen, die die Beschwerden lindern. Dabei kann es zu Nebenwirkungen kommen, welche von einem Arzt regelmäßig überprüft werden sollten.

Bei der Einnahme der Medikamente ist auch auf eine richtige Dosierung und auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, um ebenso Komplikationen zu verhindern. Durch eine Therapie der Symptome kann der Alltag des Betroffenen erleichtert werden. Da die Fanconi-Anämie auch zu Fehlbildungen führen kann, sind einige Betroffene auf operative Eingriffe angewiesen, die diese Fehlbildungen korrigieren.

Dabei sollte sich der Patient nach dem Eingriff ausruhen und den Körper schonen. Auch eine intensive Behandlung und Pflege durch die eigene Familie oder durch Freunde kann sich sehr positiv auf den Verlauf der Fanconi-Anämie auswirken.

Das können Sie selbst tun

Bei der Fanconi-Anämie stehen dem Patienten keine besonderen Möglichkeiten der Selbsthilfe zur Verfügung. Der Krankheit selbst kann nur sehr eingeschränkt vorgebeugt werden.

Die Vorbeugung ist dabei vor allem durch eine Genanalyse möglich, die vor einem Kinderwuchs durchgeführt werden sollte. Damit kann eventuell die Fanconi-Anämie beim Kind vermieden werden. In der Regel sind die Patienten allerdings auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen, um die Beschwerden zu lindern. Auch eine Knochenmarkspende kann sich dabei positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.

Da die Betroffenen auch an Pigmentstörungen leiden, sollte direktes Sonnenlicht vermieden werden. Die Patienten müssen dabei schützende Kleidung und im Idealfall auch Sonnencreme tragen, um weitere Hautbeschwerden zu vermeiden. Auch Gespräche mit anderen Betroffenen dieser Erkrankung können dabei mögliche psychische Beschwerden lindern. Bei Kindern sind einfühlsame Gespräche mit den Eltern notwendig, um über den weiteren Verlauf der Erkrankung aufzuklären. Auch mögliche Risiken und Komplikationen können dabei genannt werden.

Kinder können aufgrund der Beschwerden an Mobbing und Hänseleien leiden und sollten daher eine psychologische Beratung in Anspruch nehmen. Die Hilfe und Betreuung von Freunden und der Familie wirkt sich ebenfalls positiv auf die Fanconi-Anämie aus.

Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009

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