Fibröse Dysplasie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine fibröse Dysplasie ist, wenngleich sie eine seltene Erkrankung darstellt, die häufigste Fehlbildung des Knochensystems im Kindes- und Jugendalter. Prognose und Verlauf sind bei einer fibrösen Dysplasie, die auf mutative Veränderungen zurückzuführen ist, in aller Regel günstig.
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Was ist eine fibröse Dysplasie?
Als fibröse Dysplasie wird eine seltene benigne Störung bzw. Läsion des menschlichen Knochengerüsts bezeichnet, die mit Knochenfehlbildungen einhergeht und auf mutative Veränderungen zurückgeführt wird.
Hierbei liegt eine gestörte Synthese neuer Knochenmasse (v.a. Osteoblasten-Differenzierung) vor, infolge derer statt des gesunden Knochengewebes vermehrt fibröses Bindegewebe mit unreifen nicht-lamellären Knochenbälkchen (nicht-faserige Knochentrabekeln) gebildet wird. Der fehlregulierte Knochenaufbau bedingt ein unregelmäßiges Knochenwachstum mit Deformierungen, die sich durch strukturelle Instabilität sowie ein erhöhtes Risiko für iterative (wiederholt auftretende) Frakturen und Belastungsschmerzen auszeichnen.
Allgemein wird die häufigere monostotische Form, bei welcher ausschließlich ein Knochen betroffen ist, von der polyostotischen Form der fibrösen Dysplasie mit Beteiligung mehrerer Knochen differenziert. Vermehrt sind Schädel- und Gesichtsknochen, Oberschenkelknochen, Schienbein, Oberarmknochen sowie Rippen und Hüfte von der fibrösen Dysplasie betroffen.
Ursachen
Neuere Studien lassen auf eine sporadische, postzygotische bzw. metagame Mutation des GNAS-1-Gens auf Chromosom 20q13 als Ursache für eine fibröse Dysplasie schließen.
Das betroffene Gen ist verantwortlich für die Synthese bestimmter Einheiten (Alpha-Untereinheiten) der G-Proteine, die innerhalb des Zellstoffwechsels eine bedeutende Rolle für die Signalweiterleitung spielen. Infolge der Mutation wird das Enzym Adenylatcyklase übermäßig aktiviert und es kommt zu einer Überproduktion von den Zellwachstum stimulierenden Faktoren wie cAMP (Cyclisches Adenosinmonophosphat), die wiederum die Knochenbildung regulierenden Osteoblasten steuern.
Die dadurch bedingte vermehrte Produktion von fibrösem Bindegewebe führt zu einem erhöhten Knochenwachstum und Knochenverformungen. In Abhängigkeit davon, wo die Mutation in der embryonalen Zellmasse lokalisiert ist, manifestiert sich später die fibröse Dysplasie. Zudem wird angenommen, dass postnatale Mutationen für die monostotische und Mutationen in der späteren Embryonalentwicklung für die polyostotische Variante der fibrösen Dysplasie verantwortlich sind, wobei die auslösenden Faktoren für diese bislang unbekannt sind.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Eine fibröse Dysplasie kann ganz unterschiedlich verlaufen. Nicht immer ruft die Erkrankung merkliche Symptome oder Beschwerden hervor. Je nach Schweregrad, und abhängig davon, welche Knochen betroffen sind, können eine Reihe von Anzeichen auftreten. Zu den typischen Symptomen zählen leicht ziehende Knochenschmerzen, die bei Belastung an Intensität und Dauer zunehmen. Begleitend dazu haben die Betroffenen Schwierigkeiten beim Gehen und hinken infolgedessen.
Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für sogenannte Ermüdungsfrakturen. Dabei erleiden die Erkrankten schon bei leichter Belastung Knochenbrüche und Verstauchungen. Äußerlich ist eine fibröse Dysplasie unter anderem an den sichtbaren Beulen zu erkennen, die aus den Knochenveränderungen resultieren. Daneben können Pigmentstörungen, sogenannte Café-au-Lait-Flecken auftreten.
Sie sind an ihrem hellbraunen Aussehen und den scharfen Begrenzungen zu erkennen. Die Flecken stellen einen kosmetischen Makel dar, sind ansonsten jedoch harmlos. Sie treten auf, wenn der Betroffene an der Erbkrankheit Neurofibromatose Typ 1 oder dem McCune-Albright-Syndrom leidet.
Kinder und Jugendliche, die an einer fibrösen Dysplasie leiden, wachsen schneller als gesunde Menschen und erreichen früher die Pubertät. Oft tritt die Erkrankung gemeinsam mit anderen hormonellen Erkrankungen auf, zum Beispiel Diabetes, Morbus Cushing oder einer Störung der Schilddrüsenfunktion.
Diagnose & Verlauf
Eine fibröse Dysplasie wird anhand der charakteristischen Symptome diagnostiziert. Hierzu gehören neben iterativen Knochenfrakturen Störungen des Hormonhaushaltes (u.a. Wachstumshormonüberschuss), die einen beschleunigten Reifungsprozess der betroffenen Kinder und Jugendlichen bedingen, gegebenenfalls Pigmentstörungen („Café-au-lait-Flecken“) oder ausgeprägte Kieferknochenverformungen (Cherubismus).
Röntgenographisch bzw. computertomographisch kann das für fibröse Dysplasie typische milchglasartige Erscheinungsbild der betroffenen Knochenareale sichtbar gemacht werden. Zudem liegt bei aktiver fibröser Dysplasie oftmals eine erhöhte Konzentration von alkalischer Phosphatase im Serum und von Hydroxyprolin oder Desoxypyridinolin im Harn vor.
Abgesichert wird die Diagnose durch eine Biopsie des betroffenen Knochens mit anschließender mikroskopischer Untersuchung. Im Rahmen eines Knochenszintigramms können weitere Herde festgestellt werden. Eine fibröse Dysplasie weist in aller Regel eine günstige Prognose auf und das Wachstum der korrespondierenden Läsion kommt mit Abschluss der Pubertät in aller Regel zum Stillstand. In seltenen Fällen (unter 1 Prozent) sind maligne Entartungen (Osteosarkom) zu beobachten.
Komplikationen
Die Fibröse Dysplasie kann unbehandelt schwere Komplikationen hervorrufen. Zunächst besteht eine erhöhte Bruchgefahr für den betroffenen Knochen. Die Erkrankung selbst kann mit Funktionsstörungen der inneren Organe einhergehen und so etwa zu Herzerkrankungen oder einer Schilddrüsenfehlfunktion führen. Ist die Bauchspeicheldrüse betroffen, kann es zu hormonellen Beschwerden, aber auch zur Entstehung von Tumoren kommen.
Die Skelettmuskulatur ist bei einer Fibrösen Dysplasie anfälliger für sogenannte Myxome, gutartige Tumore, welche die Bewegungsfreiheit einschränken kommen. Zudem kann es durch den verstärkten Knochenumbauprozess zu einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase im Blut kommen, wodurch es auf lange Sicht zu Erkrankungen der Skelettmuskulatur kommen kann. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann ein Gelenkverschleiß entstehen.
Mitunter kommt es auch zu porösen Knochen, die wiederum mit schweren Komplikationen verbunden sein können. Die operative Behandlung der Fibröse Dysplasie birgt ebenfalls einige Risiken. So kann es bei Eingriffen am Achsskelett zu inneren Verletzungen, Infektionen und Fehlstellungen kommen.
Eine Operation am Schädelknochen kann dessen Schutzfunktion dauerhaft beeinträchtigen. Die begleitend dazu verordneten Bisphosphonate gehen mit typischen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen einher, können allerdings auch schwere Knochennekrosen und anderweitige Komplikationen hervorrufen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es bei dieser Erkrankung in der Regel nicht zu einer Selbstheilung kommt, muss Fall ein Arzt aufgesucht werden. Dadurch können weitere Beschwerden und Komplikationen vermieden werden. Der Arzt sollte in der Regel dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an einem unregelmäßigen Knochenwachstum leidet.
Dieses kann sich durch Deformationen in verschiedenen Körperregionen zeigen, wobei allerdings der Schädel am stärksten von den Beschwerden betroffen ist. Auch starke Schmerzen an den Knochen treten durch die Erkrankung auf und können dabei den Alltag des Betroffenen erheblich einschränken. Vor allem bei Kindern kommt es zu einem sehr schnellen Wachstum und zu einer schnellen Reifung. Sollten auch diese Beschwerden auftreten, so muss ebenso ein Arzt aufgesucht werden. Die Gefahr von Knochenbrüchen wird durch die Erkrankung deutlich erhöht, sodass die Betroffenen öfter an Verletzungen leiden.
Die Diagnose und Behandlung dieser Erkrankung kann in der Regel entweder durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt erfolgen. In einigen Fällen sind auch operative Eingriffe notwendig, um die Beschwerden vollständig einzuschränken. Dadurch kann der Alltag des Betroffenen deutlich erleichtert werden.
Behandlung & Therapie
Da die genaue Ätiologie einer fibrösen Dysplasie bislang nicht bekannt ist, existiert keine kausale Therapie. Entsprechend zielen die Behandlungsmaßnahmen auf eine Reduzierung der Beschwerden und Symptome.
In vielen Fällen erfordert eine fibröse Dysplasie keine therapeutischen Maßnahmen und wird lediglich in ihrem Verlauf klinisch kontrolliert. Zur Schmerzreduzierung werden im Rahmen einer symptomatischen Therapie Medikamente eingesetzt. Wenngleich bisher keine Wirkstoffe vorliegen, die die vermehrte Synthese fibrösen Bindegewebes und entsprechend die charakteristischen Knochendeformierungen vollständig stoppen, kann mit Hilfe von Bisphosphonaten (u.a. Risedronate, Pamidronate, Zoledronate) das Fortschreiten der fibrösen Dysplasie über die Hemmung der sogenannten Osteoklasten (Knochensubstanz abbauende Zellen) verlangsamt und die Belastungsschmerzen reduziert werden.
Liegt eine progressive, ausgeprägte Deformierung der betroffenen Knochen oder entsprechende klinische Beschwerden vor, kann ein operativer Eingriff zur Vermeidung pathologischer Brüche und Fehlbildungen indiziert sein. Im Rahmen einer Resektion können die Knochenareale operativ entfernt werden, durch welche die Beweglichkeit restringiert wird oder versorgende Blutgefäße und/oder Nervenbahnen eingeklemmt werden können.
Insbesondere im Bereich des Gesichts kann darüber hinaus eine modellierende Operation zur kosmetischen Rekonstruktion erforderlich werden. Auf strahlentherapeutische Maßnahmen, die mit einem erhöhten Risiko für Sarkome (maligne Tumoren) assoziiert werden, wird heute in der Therapie einer fibrösen Dysplasie weitestgehend verzichtet.
Aussicht & Prognose
Liegt eine Fibröse Dysplasie vor, so ist die genaue Aussicht und Prognose nur sehr schwer vorherzusagen. Der explizite Krankheitsverlauf ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Der größte Faktor dabei ist eine ärztliche Behandlung. Findet eine solche Behandlung bei einer Fibröse Dysplasie statt, so ist mit einer schnellen und komplikationslosen Heilung zu rechnen.
Entscheidet sich die erkrankte Person gegen eine ärztliche und medikamentöse Behandlung, dann wird sich die Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb kurzer Zeit verschlimmern. Die auftretenden Symptome verstärken sich, sodass es unter Umständen sogar zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen kann.
Anders gestaltet sich der gesamte Krankheitsverlauf, wenn sich die betroffene Person für eine ärztliche und medikamentöse Behandlung entscheidet. In so einem Fall sieht die Aussicht und Prognose auf eine vollständige Heilung deutlich besser aus. Mit entsprechenden Medikamenten kann das bestehende Fieber schnell bekämpft und gelindert werden. Des Weiteren wird weiteren Komplikationen vorgebeugt.
Vorbeugung
Angesichts der Tatsache, dass die auslösenden Faktoren für die zugrunde liegenden Mutationen bislang nicht bekannt sind, kann einer fibrösen Dysplasie nicht vorgebeugt werden. Allerdings sollte der Verlauf der fibrösen Dysplasie regelmäßig kontrolliert werden, um eine maligne Entartung zu einem Osteosarkom frühzeitig zu erkennen und entsprechend therapieren zu können.
Nachsorge
Dem Betroffenen stehen bei dieser Krankheit in der Regel nur sehr wenige Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene ist dabei in erster Linie auf die schnellen Maßnahmen einer frühzeitigen Diagnose angewiesen, damit keine weiteren Komplikationen eintreten. Nur durch die frühzeitige Diagnose können weitere Beschwerden oder eine weitere Verschlechterung der Symptome verhindert werden.
Es kann dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass ein Besuch bei einem Arzt bei dieser Krankheit auf jeden Fall notwendig ist. Je früher der Arzt dabei aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt dabei meist durch die Einnahme von Medikamenten. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme mit einer richtigen Dosierung zu achten.
Bei Kindern sollten vor allem die Eltern auf die richtige Einnahme achten. Allerdings sind häufig auch operative Eingriffe notwendig, um die Beschwerden zu lindern. Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Von Anstrengungen oder von stressigen Betätigungen ist dabei abzusehen. Es kann keine allgemeine Voraussage über die Lebenserwartung bei dieser Krankheit getroffen werden.
Das können Sie selbst tun
Die Behandlung der fibrösen Dysplasie kann durch einige Maßnahmen unterstützt werden. Sollten starke Knochenschmerzen auftreten, kann die medikamentöse Schmerztherapie durch Schonung und Bettruhe gefördert werden.
Da bei der Erkrankung ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche besteht, sollten keine stark belastenden Sportarten wie zum Beispiel Jogging, Klettern oder Bodybuilding ausgeführt werden. Falls es dennoch zu einer Fraktur kommt, muss auf jeden Fall umgehend ein Arzt konsultiert werden. Auch der zuständige Mediziner sollte zeitnah über etwaige Zwischenfälle informiert werden, damit die Therapie angepasst werden kann.
Nach einem operativen Eingriff ist ebenfalls Schonung angezeigt. Die fibröse Dysplasie selbst kann durch eine OP nicht geheilt werden, weshalb die ärztlichen Kontrolluntersuchungen weiterhin durchgeführt werden müssen. Sollten die Beschwerden zunehmen, müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um die eingeschränkte Beweglichkeit auszugleichen.
Viele Betroffene benötigen beispielsweise eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl, und auch eine behindertengerechte Einrichtung ist bei schwer erkrankten Patienten vonnöten. Gemeinsam mit dem Arzt können diese Anpassungen organisiert und mit dem Fortschreiten der Erkrankung umgesetzt werden. So lässt sich auch bei relativ schweren Verläufen eine hohe Lebensqualität bewahren.
Quellen
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Sitzmann, F.C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003