Morbus Cushing

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Morbus Cushing stellt eine Erkrankung dar, bei der es im Körper zu einem Hypercortisolismus kommt, das heißt zu einer Überproduktion von Cortisol. Dieses Ungleichgewicht wird durch ein Hypophysenadenom (Tumor der Hirnanhangsdrüse) verursacht, was wiederum eine erhöhte Produktion und Sekretion von ACTH zur Folge hat.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Cushing?

In labortechnischen Blutuntersuchungen kann ein durch Morbus Cushing hervorgerufener Überschuss an ACTH in einer abweichenden Menge an Glukokortikoiden, Mineralkortikoiden, Sexualhormonen sowie CRH und ACTH festgestellt werden.
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Benannt nach dem amerikanischen Neurologen Harvey Williams Cushing, bezeichnet Morbus Cushing eine Erkrankung des Hypophysenvorderlappens, bei dem ein ACTH produzierender Tumor dazu führt, dass die Nebennierenrinde übermäßig stimuliert und in weiterer Folge zu viel Cortisol ausgeschüttet wird. Damit stellt der Morbus Cushing eine Art Hypercortisolismus dar. Die daraus resultierende Symptomatik wird als Cushing-Syndrom bezeichnet.

Der Morbus Cushing an sich bezeichnet einen Tumor der Hirnanhangsdrüse, so dass zu viel ACTH produziert und ins Blut abgegeben wird: Das adrenokortikotrope Hormon, kurz ACTH, stellt ein lebensnotwendiges Hormon dar, das im Hypophysenvorderlappen gebildet wird. Durch eine Überproduktion an ACTH wird auch die Produktion von Mineralkortikoiden, Glukokortikoiden und Sexualhormonen gesteigert.

Das daraus resultierende typische Krankheitsbild dieses Überschusses an ACTH zeigt sich unter anderem in einer starken Gewichtszunahme, insbesondere dem [[Mondgesicht] und der Stammfettsucht (dicker Rumpf und eher dünne Beine und Arme), sowie in einer Verringerung der Muskelmasse und weiteren Stoffwechselstörungen und systemischen Erkrankungen.

Ursachen

Die genaue, reproduzierbare Ursache des ACTH produzierenden Hypophysentumors beziehungsweise des Morbus Cushing ist wissenschaftlich nicht bekannt. Die Erkrankung tritt bei 100.000 Menschen etwa einmal auf, Frauen sind dabei bis zu viermal häufiger als das männliche Geschlecht betroffen.

Morbus Cushing selbst ist eine spezielle und gleichzeitig die häufigste Ursache des sogenannten Cushing-Syndroms: Bei etwa 70 Prozent der vom Cushing-Syndrom Betroffenen ist ein Tumor der Hirnanhangdrüse, meistens ein gutartiges Hypophysenadenom, der Grund für den stark erhöhten Kortisolspiegel im Körper.

In diesem Falle und wenn die Tumorzellen der Hypophyse übermäßig ACTH produzieren, was im Körper zur vermehrten Ausschüttung von Kortisol durch die Nebennieren führt, sprechen Mediziner vom Morbus Cushing. Der genaue Entstehungsmechanismus der Hypophysenveränderung mit den genannten hormonellen und weitreichenden Veränderungen ist jedoch nicht restlos geklärt. Die seltene Erkrankung tritt bevorzugt zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahrzehnt auf.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Diagnose erfolgt in der Regel, da der Patient mit der typischen – für ihn womöglich nicht als solche zuordenbare – Symptomatik eines Morbus Cushing zum Arzt kommt: Eine Gesichtsschwellung, das „Vollmondgesicht“ und eine deutliche Gewichtszunahme, vor allem im Nacken (der sogenannte „Büffelnacken"), gehören zum charakteristischen Erscheinungsbild des Morbus Cushing, wobei jedoch Beine und Arme relativ eher schlank ausfallen.

Auch die Haut wird dünner und entwickelt rascher als üblich blaue Flecken, hinzu kommen unter Umständen eine allgemeine Muskelschwäche beziehungsweise ein Abbau der Muskulatur, Knochenschwund (Osteoporose), Bluthochdruck, Stoffwechselstörungen (wie eine diabetische Stoffwechsellage), unregelmäßige Menstruation sowie Konzentrationsstörungen und Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression und weiteren Erkrankungen.

Wenn der Arzt aufgrund der körperlichen Symptomatik einen Verdacht auf Morbus Cushing diagnostisch abklären möchte, wird zunächst ein spezielles Blutbild herangezogen. In labortechnischen Blutuntersuchungen kann ein durch Morbus Cushing hervorgerufener Überschuss an ACTH in einer abweichenden Menge an Glukokortikoiden, Mineralkortikoiden, Sexualhormonen sowie CRH und ACTH festgestellt werden.

Im Falle einer Veränderung beziehungsweise eines Tumors des Hypophysenvorderlappens sind die ACTH-Werte, die Sexualhormone, Glukokortikoide und Mineralkortikoide erhöht, wohingegen das CRH erniedrigt ist. Eine einzige Messung der Glukokortikoide reicht für eine sichere Diagnostik jedoch nicht aus, da der Glukokortikoidspiegel im Verlauf des Tages schwankt und beispielsweise am Morgen höher als am Abend ist.

Auch Verhütungsmittel, diverse Medikamente, Übergewicht und Stress haben Einfluss auf die Glukokortikoidproduktion, so dass immer mehrere Messungen vorgenommen werden müssen, um eine verlässliche Diagnose, insbesondere des ACTH-Gehaltes, stellen zu können. Auch eine 24-Stunden-Urinmessung kann Auskunft über die Glukokortikoidmenge geben und als Bestätigung der Blutuntersuchung herangezogen werden.

Neben den Laboruntersuchungen werden beim Verdacht auf Morbus Cushing darüber hinaus bildgebende Verfahren genutzt, um mögliche Veränderungen oder Tumore der Hypophyse eindeutig zu belegen. Dabei stehen die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie als moderne diagnostische Methoden zur Verfügung, um den Verdacht auf ein Hypophysenadenom zu erhärten oder entkräften.

Dabei sind Tumoren nicht immer eindeutig sichtbar. Darüber hinaus gibt es den sogenannten Dexamethason-Suppressionstest, der bei Verdacht auf Morbus Cushing ebenfalls herangezogen werden und eine Hormondrüsenüberfunktion feststellen kann.

Komplikationen

Durch den Morbus Cushing kommt es beim Patienten in erster Linie zu einer starken Schwellung im Gesicht. Die Betroffenen leiden damit am typischen Vollmondgesicht und damit in vielen Fällen auch an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl. Allerdings bleiben die anderen Regionen des Körpers eher schlank, sodass es zu ungewöhnlichen Proportionen kommt.

Ebenso führt die Krankheit zu einem Bluthochdruck und nicht selten zu einer Muskelschwäche, sodass die Belastbarkeit des Betroffenen deutlich sinkt. Störungen der Konzentration oder Stimmungsschwankungen sind geläufig, die die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. Auch Depressionen und andere psychische Verstimmungen treten nicht selten auf. Vor allem bei Kindern kann der Morbus Cushing zu starken Einschränkungen in der Entwicklung führen und diese damit verlangsamen.

Die Behandlung des Morbus Cushing erfolgt in erster Linie durch die Entfernung des Tumors, der für die Beschwerden verantwortlich ist. Betroffene sind auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. Allerdings sind einige Betroffene in ihrem Leben auf die lebenslange Einnahme von Medikamenten und Ergänzungsmitteln angewiesen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Gleichmäßige Schwellungen des Gesichts, die nicht auf einer Gewichtszunahme oder der Nebenwirkung einer Tabletteneinnahme basieren, sollten von einem Arzt abgeklärt werden. Kommt es zu einem im Volksmund bekannten Mondgesicht, einer rundlichen Gesichtsform oder anderen optischen Auffälligkeiten des Betroffenen, sollten die Beobachtungen mit einem Arzt besprochen werden. Bei einer Schwächung der üblichen Muskelkraft, Störungen der Konzentration sowie einer Abnahme der gewohnten körperlichen wie geistigen Leistungsfähigkeit wird ein Arzt benötigt. Eine schnelle Ermüdbarkeit, Abgeschlagenheit oder innere Schwäche sind Anzeichen einer bestehenden Störung, die untersucht und behandelt werden muss.

Können die alltäglichen Anforderungen nicht mehr erfüllt werden, treten Verhaltensauffälligkeiten auf oder kommt es zu Störungen des Hormonsystems, ist ein Arztbesuch vonnöten. Leiden geschlechtsreife Frauen unter einer Unregelmäßigkeit des Menstruationszyklus, sollten sie einen Arzt konsultieren. Veränderungen der Libido sind ebenfalls Anzeichen einer vorliegenden Erkrankung. Stimmungsschwankungen, Bluthochdruck und eine Gereiztheit gelten als ungewöhnlich.

Halten bestehende Beschwerden über mehrere Wochen unvermindert an oder nehmen sie kontinuierlich an Umfang zu, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei starken Veränderungen des Gewichts, einem dauerhaft erhöhten inneren Stresserleben und Auffälligkeiten des Hautbildes sollte ein Arzt konsultiert werden. Charakteristisch für die Erkrankung ist ein verändertes Gesundheitsempfinden im Tagesverlauf. Am Morgen geht es dem Betroffenen oftmals schlechter als am Abend.

Behandlung & Therapie

Die Therapie eines Morbus Cushing umfasst in erster Linie die operative Entfernung des Hypophysentumors. Über den sogenannten transsphenoidalen Zugang, bei dem der Eingriff durch die Nase und das Keilbein erfolgt, wird der Tumor chirurgisch entfernt. In manchen Fällen, zum Beispiel wenn eine Operation nicht durchgeführt werden kann, ist auch eine Bestrahlung des Hypophysenadenoms möglich, je nach Ausmaß des Tumors und abhängig von der individuellen Prognose.

Durch diese Radiotherapie werden die Tumorzellen so geschädigt, dass sie nach einiger Zeit absterben; die Behandlungserfolge sind in diesem Fall allerdings erst nach einigen Monate zu erwarten. Falls weder Bestrahlung noch eine operative Entfernung erfolgreich (oder durchführbar) sind, besteht die Möglichkeit, therapeutisch an den Nebennieren anzusetzen: So kann mittels sogenannter Adrenostatika versucht werden, die Nebennieren dauerhaft an der Produktion der Glukokortikoide, Mineralkortikoide und Sexualhormone zu hindern.

Ist die medikamentöse Hemmung nicht ausreichend möglich, um die Folgen und Beschwerden aufgrund der ACTH-Überproduktion effektiv in den Griff zu bekommen, kann auch eine Adrenektomie in Betracht gezogen werden. In diesem Fall werden die beiden Nebennieren operativ entfernt, um den folgenschweren ACTH-Überschuss dauerhaft zu beherrschen. Falls sich die Ärzte zu dieser Maßnahme entscheiden, ist anschließend eine lebenslange Substitution von Glukokortikoiden und Mineralkortikoiden notwendig.

In der Therapie des Morbus Cushing kommen außerdem auch vermehrt synthetische Glukokortikoide wie Dexamethason und Prednisolon zur Anwendung. Sie weisen aufgrund ihrer speziellen chemischen Aufbereitung eine höhere Stabilität sowie weitere positive Eigenschaften im Hormonstoffwechsel auf, so dass diese ebenfalls in der Behandlung des Morbus Cushing eingesetzt werden können.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei Morbus Cushing ist positiv, insofern der ursächliche Tumor rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Die Einnahme von synthetischen Arzneimitteln wie Prednisolon oder Dexamethason verbessert die Stabilität der Glucocorticoid-Rezeptoren im Gehirn. Bei regelmäßiger Einnahme, verbunden mit einem operativen Eingriff, kann Morbus Cushing gut behandelt werden. Das verordnete Kortisol kann jedoch verschiedene Neben- und Wechselwirkungen hervorrufen. Dazu zählen Schlaganfälle, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Frakturen.

Eine Operation verspricht eine etwa 80-prozentige Heilungswahrscheinlichkeit des Morbus Cushing. Der ACTH-Spiegel normalisiert sich unmittelbar nach dem Eingriff und die körperlichen Symptome sollten rasch abklingen. Bei Nichtbehandlung ist die Prognose deutlich schlechter, da der Tumor wächst und dadurch den ACTH-Spiegel zunehmend aus dem Gleichgewicht bringt, woraus verschiedene körperliche Beschwerden resultieren können. Tritt das Syndrom während einer Langzeitbehandlung mit bestimmten Arzneimitteln auf, verschwinden nach Absetzen der Präparate auch die Beschwerden wieder.

Bronchialkarzinome bieten eine etwas schlechtere Prognose als Nebennierenkarzinome, welche, insofern sie noch nicht gestreut haben, gut zu behandeln sind. Die Heilungsaussichten bei einem Cushing-Syndrom liegen bei 50 bis 80 Prozent. Bei erfolgreicher Behandlung wird die Lebenserwartung des Patienten nicht reduziert.

Vorbeugung

Eine Prävention oder individuelle Verhinderung eines Morbus Cushing per se ist nach derzeitigem Wissensstand wohl nicht möglich. Inwieweit Risikofaktoren oder eine möglicherweise genetische Vorbelastung eine Rolle spielen, kann bei dieser Erkrankung ebenfalls noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Aufgrund der vielfältigen und zum Teil schwerwiegenden Symptomatik kann jedoch empfohlen werden, bei verdächtigen Veränderungen und im Zweifelsfall ärztlichen Rat einzuholen, um die Prognose und Therapiechancen im Ernstfall zu verbessern.

Nachsorge

Selbst nach einer geglückten Entfernung des verursachenden Tumors ist eine regelmäßige Nachsorge des Patienten erforderlich. So besteht das Risiko, dass innerhalb des Körpers Restzellen verbleiben. Mithilfe von Kontrolluntersuchungen lassen sich mögliche Neubildungen des Tumors aufspüren und rechtzeitig behandeln.

Im Anschluss an die Operation untersucht ein Pathologe das entnommene Gewebe unter einem Mikroskop. Ist eine ausreichende Menge an gesundem Gewebe vorhanden, gilt dies als Hinweis für eine vollständige Entfernung des Tumors. Allerdings lässt sich komplette Gewissheit nur durch eine Kontrolle des Restgewebes erzielen, was jedoch noch nicht möglich ist.

Auch einzelne veränderte Zellen sind bislang nicht nachweisbar. Bildet sich jedoch wieder eine bestimmte Menge, führt dies zum Anstieg des Kortisonspiegels im Blut. Bildgebende Untersuchungsmethoden wie eine Magnetresonanztomographie (MRT) liefern Aufschlüsse über das erneute Wachstum eines Tumors. Mithilfe unterschiedlicher Nachsorgeverfahren kann das Rezidiv bereits entdeckt werden, ehe es neue Beschwerden verursacht. Je früher die Diagnose eines erneuten Morbus Cushing stattfindet, desto größer sind die Erfolgsaussichten.

Eine wichtige Rolle für die Nachsorge spielt der richtige Zeitpunkt für die Kontrolluntersuchungen. Dafür sind jedoch verschiedene Faktoren wie die Geschwindigkeit des Tumorwachstums sowie dessen Ausmaß und Position ausschlaggebend. Der Arzt muss im Rahmen der Nachsorge sämtliche Faktoren berücksichtigen, wobei er Erfahrungswerte für sinnvolle Intervalle für die Kontrolluntersuchungen nutzt.

Das können Sie selbst tun

Der Therapieerfolg bei Morbus Cushing hängt entscheidend von der Mitarbeit des Patienten ab: Wichtigste Voraussetzung dafür ist die verlässliche Einnahme der Medikamente in der vom Arzt verschriebenen Dosierung und das Einhalten der Behandlungs- und Nachsorgetermine. Eine umfangreiche Information über die Krankheit und ihre möglichen Auswirkungen ist gerade zu Beginn von großer Bedeutung: Um beim Arztbesuch keine wesentliche Frage zu vergessen, leistet eine Checkliste gute Dienste.

Eine psychologische Betreuung kann besonders im Anfangsstadium hilfreich sein, um die Erkrankung besser annehmen und die veränderte Situation meistern zu können. Psychotherapeutische Hilfe sollte auch bei hormonbedingten depressiven Verstimmungen oder Angstzuständen in Anspruch genommen werden, darüber hinaus trägt das Erlernen von Stressbewältigungs- und Entspannungstechniken zur seelischen Stabilität bei. In einer Selbsthilfegruppe finden Patienten die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. Für nahe Angehörige kann es ebenfalls sinnvoll sein, professionelle Beratung zu suchen.

Die Genesung nach einer erfolgreichen Operation oder nach dem Beginn einer medikamentösen Therapie kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis sich die Symptomatik spürbar bessert, darf die eigene Leistungsgrenze nicht überschritten werden: Betroffene sollten sich nicht scheuen, in dieser Phase auch bei alltäglichen Tätigkeiten Hilfe anzunehmen. Leichte körperliche Bewegung und eine gesunde Ernährung kann zur Steigerung des seelischen und körperlichen Wohlbefindens maßgeblich beitragen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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