Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Mit der Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung spezifiziert der Arzt eine Sprachstörung im Zusammenhang mit einer Schädigung des Gehirns oder der Gesichtsnerven, indem er den Patienten in zehn Einzelbereichen bestimmte Bewegungen oder Äußerungen mit den Lippen, dem Gaumensegel, dem Kiefer oder der Zunge ausführen lässt.

Er beurteilt im Testverfahren auch die Stimme, die Respiration (Atmung), die Reflexe und die Verständlichkeit auf einer Skala von eins bis neun, wobei die Ergebnisse als Säulendiagramm festgehalten werden und eine nähere Einordnung der Lähmungsursache sowie der Dysarthrieform zulassen. Das Diagnostikinstrument ermöglicht so die Entscheidung für eine bestimmte Sprachtherapie und die Verlaufskontrolle während der Therapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung?

Mit der Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung spezifiziert der Arzt eine Sprachstörung im Zusammenhang mit einer Schädigung des Gehirns oder der Gesichtsnerven.

Die Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung ist ein Test zur Einschätzung von sämtlichen Arten der Dysarthrie. Unter Dysarthrien versteht der Mediziner alle Sprachstörungen, die mit einer Schädigung des Gehirns oder der fazialen Nerven in Zusammenhang stehen.

Bei dem Testverfahren handelt es sich vorwiegend um ein Diagnostikinstrument, das die jeweilige Störung differenziert beschreibt und damit in eine Unterform des Sammelbegriffs Dysarthrie einordnet. Durch diese differenzierte Einordnung werden die Stärken und Schwächen des Patienten dokumentiert, sodass der Sprachtherapeut eine geeignete Therapiemethode zur Verbesserung des Sprachbilds auswählen kann.

Der Test wurde von Pamela M. Enderby am Frenchay Hospital in England entwickelt von einem Hamburger Logopäden übersetzt und erprobt. 1991 erschien im Gustav Fischer Verlag eine erste Ausgabe des Untersuchungsverfahrens in deutscher Sprache.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die diagnostische Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung besteht aus insgesamt zehn Teilbereichen und wird zur näheren Differenzierung, sowie zur Therapieverlaufskontrolle von jeder Art der Dysarthrie verwendet. Die zehn Einzelleistungen des Dysarthrie-Patienten werden vom Tester auf einer Punkteskala mit maximal neun Punkten bewertet, wobei die Testergebnisse in Form eines Säulendiagramms festgehalten werden.

Zu den Einzeltestbereichen des Verfahrens zählen Reflexe, Respiration, Lippenbewegung, Kiefer, Gaumensegel, Stimme, Zunge, Verständlichkeit, beeinflussende Faktoren und andersartige Faktoren. Neben Handanweisungen, einem Formblatt und einem Spatel benötigt der Tester eine Stoppuhr, ein Wasserglas, Kekse und Wort- sowie Satzkarten zur Durchführung. Mit einem Aufnahmegerät zeichnet er die Ergebnisse auf.

Der Arzt führt den Test nach einem Manual durch. Dieses Manuel umfasst spezifische Anweisungen, die durch eine Skalierung den Grad der Leistungsunterschiede dokumentierbar machen. In einer Tabelle sind heterogene Untertests festgehalten, sodass sich von der nichtsprachlichen motorischen Leistung des Patienten bis hin zu visuellen Beobachtungen am Patienten viele Einzelbeobachtungen festhalten und eventuell auf das Formblatt ergänzen lassen.

Zur Überprüfung der Reflexe lässt der Arzt den Patienten zum Beispiel husten und schlucken. Die Respiration beurteilt er auf der Skala von eins bis neun an der Atmung während des Sprechens, aber auch in Ruhe. Bei der Beurteilung der Lippenbewegungen lässt der Mediziner den Patienten die Lippen zum Beispiel breit ziehen und alternierende Lippenbewegungen ausführen. Die motorische Funktionstüchtigkeit des Kiefers wird in Ruhe sowie beim Sprechen beurteilt. Für eine Einschätzung der Gaumensegelmotorik muss der Patient neben dem Sprechen außerdem essen.

Im Bereich der Stimme gebührt unter anderem der Simmstärke, der Tonhaltefähigkeit sowie der Tondifferenzierung besondere Aufmerksamkeit. Die Zunge wird im Laufe des Tests herausgestreckt, gehoben, in alternierenden sowie lateralen Bewegungen bewegt und beim Sprechen beobachtet. Um die Verständlichkeit in die Testergebnisse mit aufzunehmen, beurteilt der Arzt außerdem die Spontanaussprache und die Ausdrucksfähigkeit von Wörtern und ganzen Sätzen.

Zu den beeinflussenden Faktoren während der Untersuchung zählen neben der allgemeinen Konstitution das Gehör, die Zähne und die Haltung. Andersartige Faktoren können die Sprechgeschwindigkeit oder die kinästhetische Wahrnehmung sein.

Auf Basis des erstellten Säulendiagramms ordnet der Arzt die jeweilige Störung in einen von fünf Dysarthrie-Bereichen ein, was ihm einen Rückschluss auf die Ursache der Lähmung ermöglicht. So kann er zum Beispiel Läsionen der oberen Motorneuronen vermuten, falls das Testverfahren eine spastische Dysarthrie ergeben hat. Gemischte Läsionen der oberen und unteren Motoneuronen lassen sich dagegen für eine gemischte Dysarthrie vermuten. Extrapyramidale Störungen hängen demgegenüber oft mit einer hypokinetischen Dysarthrie zusammen. Falls die Dysarthrie in den Bereich der Ataktik eingeordnet wird, kann von zerebellären Funktionsstörungen ausgegangen werden, während bei einer schlaffen Dysarthrie vermutlich eher Läsionen der unteren Motoneuronen vorliegen.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Die Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung dauert in der Regel unter einer halben Stunde und ist damit als Schnelltest zu verstehen, der für den Patienten annähernd keine Risiken beinhaltet. Nur bei Schlucklähmungen kann es während des Trinksubtests unter Umständen zu Verschlucken kommen.

Da dem Test Normwerte des englischsprachigen Raums zu Grunde liegen, eignet sich das originale Verfahren nicht als Diagnostikinstrument für den deutschen Sprachraum. Innerhalb Deutschlands verwenden Mediziner zur Dysarthrie-Diagnostik meist eher die für den Einsatz hierzulande entwickelten Aachener Materialien zur Diagnostik Neurogener Sprechstörungen.

Als Vorteile des Frenchay-Dysarthrie-Test werden geprüfte Testgütekriterien beschrieben, die sowohl die Reliabilität als auch Validität und klinische Validität umgreifen. Außerdem soll das Verfahren eine Profildarstellung zulassen und Hinweise auf Zusatzbeobachtungen beinhalten, die ein Gesamtbild des Patienten ergeben.

Da der Test aber sowohl auf ätiologischen, als auch symptomatischen Grundlagen aufbaut, ist er zum Teil in Kritik geraten. So sei in der Klinik eine rein symptomatische Einteilung nach tatsächlichen Bewegungsstörungen sinnvoller. Kritikwürdig ist davon abgesehen die Tatsache, dass der Test die Respiration und die Phonation ungleich weniger beachtet, als die Prosodie, die Mundmotorik und die Reflexe. Obwohl die Untersuchung so in erster Linie nichtsprachliche Störungen überprüft, wird ausschließlich dieses Verfahren in den deutschen Heilmittelrichtlinien zur Dysarthrie-Diagnostik benannt.

Quellen

  • Böhme, G. (Hrsg.): Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Urban & Fischer, München 2006
  • Diener, H.-C., et al.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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