Gefahr für Babys durch Überhitzung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Sicher ist es nicht übertrieben, wenn man sagt, dass wir es alle als angenehm empfinden, wenn wir nach längerem Aufenthalt in einem überwarmen Raum wieder frische Luft genießen können. Dieses Unwohlsein in überhitzten Räumen kommt nicht nur durch den Sauerstoffmangel zustande, sondern wird vor allem durch eine Wärmestauung im Körper hervorgerufen. Nun reagieren aber nicht alle Menschen gleichstark auf Hitzeeinwirkungen. Das lässt sich beispielsweise sehr deutlich in überfüllten Schulzimmern beobachten, wo die Kinder häufig einer solchen Wärmestauung ausgesetzt sind. Überschreitet diese einen bestimmten Grad, kommt es bei einzelnen Kindern nur zu einem Gefühl des Unbehagens, bei anderen zu Ohnmachtsanfällen, während einige überhaupt nicht reagieren.
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Ursachen für Überhitzung bei Babys & Säuglingen
Zur Erklärung dieser unterschiedlichen Reaktion müssen mehrere Ursachen herangezogen werden. Manche Kinder sind einfach zu warm angezogen, oder ihre Kleidung ist zu wenig luftdurchlässig. Ferner spielt das unterschiedliche Wärmeregulierungsvermögen des einzelnen Kindes eine Rolle. Die Hautdurchblutung und die Schweißabsonderung sind nicht bei jedem Menschen gleich. Schließlich ist auch noch die Reaktionsfähigkeit des Nervensystems von erheblicher Bedeutung. Hauptsächlich empfindliche, leicht erregbare Kinder antworten oft schon auf geringfügige Wärmestauungen mit krankhaften Reaktionen.
Besonders gefährdet sind erfahrungsgemäß kleine Kinder, vor allem weil gerade in den ersten Lebensjahren die Körpertemperaturen verhältnismäßig rasch auf Werte um 40 Grad und darüber ansteigen. Zwar haben Säuglinge und ältere Kinder die Fähigkeit, sich auf dieselbe Körpertemperatur wie Erwachsene einzustellen, doch gelingt dies Kleinkindern aus verschiedenen Gründen schlechter als größeren.
Die Körpertemperatur wird von einem besonderen Wärmezentrum im Gehirn geregelt. Am wichtigsten sind dabei die physikalischen Vorgänge im Organismus, die im Wechsel der Hautdurchblutung, im Verdampfen von Wasser besonders durch die Hautoberfläche, aber auch durch die Lunge und schließlich in der Wärmeerzeugung durch Muskelbewegung bestehen.
Der Säugling ist hierbei in einer besonders ungünstigen Situation. Bei ihm ist die Funktion der haarfeinen Blutgefäße noch nicht voll ausgeprägt. Hinzu kommt das Unvermögen, sich aus eigenem Entschluß einer ungeeigneten Hülle zu entziehen oder gar aktive Muskelarbeit zu leisten.
Im Übrigen bezieht sich diese Unfähigkeit einer geeigneten Temperaturregelung ebenso auf Überhitzung wie auf Unterkühlung, insbesondere bei Frühgeburten. Während aber Unterkühlungen relativ selten auftreten, trifft man gerade in Familien, in denen das Kind mit besonderer Sorgfalt umhegt wird, häufig auf Überhitzungserscheinungen.
Seit vielen Jahren beobachten die Ärzte aber, dass die Säuglingssterblichkeit als Folge von Ernährungsstörungen während der Sommermonate sinkt. Dennoch gibt es für die Säuglingssterblichkeit verschiedene Ursachen. Einmal kommt es bei erhöhten Außentemperaturen leicht zur Keimanreicherung in den Nahrungsmitteln, zum anderen sind die infektiösen Darmerkrankungen im Sommer besonders häufig, und schließlich spielt die mehrfach erwähnte Wärmestauung eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Viele Eltern hüllen ihre Säuglinge im Sommer und Winter in Betten ein, die die Wärmeabgabe verhindern. Es ist auch unbestreitbar, dass Kinder, die in überhitzten Räumen, also z.B. in Dachwohnungen und Wohnküchen, leben, häufiger erkranken.
In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass kurzdauernde Überhitzungen lediglich erhöhte Temperaturen zur Folge haben, die sich jedoch rasch wieder ausgleichen, wenn der Pflegefehler erkannt und beseitigt wird. Oft aber merken die Eltern zunächst nichts Auffälliges. So werden besonders während größerer Hitzeperioden immer wieder Babys in bedrohlichem Zustand zum Arzt gebracht. Sie leiden an überhöhter Temperatur, Mattigkeit, reagieren kaum auf ihre Umgebung, haben eine trockene Zunge und atmen gehetzt und hechelnd, was ein typisches Zeichen für Wärmestauung ist.
Behandlung
Flüssigkeitszufuhr und ein Abkühlungsbad können diesem Zustand schnell ein Ende bereiten, weil in solchen Fällen vor allem der Flüssigkeitsmangel im Vordergrund steht. Den Kindern fehlt die Möglichkeit, die Wärmestauung durch gesteigerte Wasserabgabe auszugleichen. Vor allem sind solche Kinder gefährdet, die an einer Durchfallerkrankung leiden beziehungsweise gelitten haben und demzufolge über verringerte Wasser- und Salzbestände verfügen. Austrocknung und Salzmangel aber bewirken Quellungsveränderungen im Gewebe sowie erhöhte Bluteindickung mit gleichzeitig verlangsamtem Blutstrom. Diese Stoffwechselveränderungen können innerhalb weniger Stunden schwere Krankheitsbilder mit Bewusstseinsstörungen und Vergiftungserscheinungen hervorrufen.
Bei fiebernden Patienten erfordert jede Wärmestauung sofortiges Handeln. Der Arzt muss zuerst für erträgliche Temperaturen und gute Lüftung im Krankenzimmer sorgen, schwere Federbetten entfernen und durch leichte Decken ersetzen. Schon seit vielen Jahren hat sich die Freiluftbehandlung für Kinder mit Lungenentzündungen in den Kliniken bestens bewährt. Man kann selbst Säuglinge, dann allerdings entsprechend eingepackt, bei Temperaturen bis zu minus fünf Grad ins Freie bringen. Bei der Behandlung schwerer Lungenentzündungen, die im Zusammenhang mit Keuchhusten auftreten, ist dieses Verfahren erfolgreich angewandt worden.
Gerade sehr besorgte Eltern und vor allem Großeltern begehen oft in dem Bestreben, das Beste für ihr Kind oder ihren Enkel zu tun, schwere Fehler. Besonders trägt dazu die weitverbreitete Annahme bei, Luftzug sei für Kinder schädlich. In solchen Fällen werden Säuglinge, die schon zu Hause Temperaturen um 40 Grad hatten, tief in Federkissen gehüllt und mit warmen Wollsachen bekleidet, in die Klinik gebracht. Von den unglücklichen Kleinen ist höchstens die Nasenspitze zu erkennen. Kein Wunder, dass solche Kinder, namentlich bei längeren Transporten, mit erheblichen Wärmestauungen eingeliefert werden.
Beispiele
Ein weiteres Beispiel mag erläutern, wie gefährlich Heizkissen mitunter sein können, selbst wenn sie keine Verbrennungen hervorrufen. Der Mutter eines sechs Wochen alten Säuglings schien das Schlafzimmer zu kalt. Gegen ein Uhr nachts legte sie das Kind deshalb auf eine Heizdecke. Gegen vier Uhr dreißig stellte sie schon durch Befühlen überhöhte Temperatur fest. Das Gesichtchen war auffallend blass, aus Mund und Nase tropfte Flüssigkeit. Auch hier konnte im nahe gelegenen Krankenhaus nur noch der Tod festgestellt werden. Die dreieinhalbstündige Überwärmung hatte ausgereicht, den Tod des Kindes herbeizuführen, wie die Untersuchung ergab.
Ein ähnlicher Fall ereignete sich bei einem neun Wochen alten Baby. Als es kurz nach einer stationären Behandlung wegen Ernährungsstörungen (siehe dazu auch unser Artikel: Baby Ernährung und Essstörungen Teil 1) erneut Durchfälle bekam, verordnete der Arzt unter anderem Wärme auf den Bauch. Der Säugling hatte gegen Mitternacht zum letzten Mal Nahrung erhalten und war dann mit einem Heizkissen und einer feuchten Kompresse bedeckt worden. Als die Eltern vier Stunden später nach dem Kind sahen, war es bereits verstorben. An Bauch und Oberschenkeln wurden zwar geringe Hautverbrennungen festgestellt, aber der Tod des Kindes war nicht durch die Verbrennungen eingetreten, sondern durch die Überhitzung.
Vorbeugung
Um solchen tragischen Unglücksfällen vorzubeugen, sollten sich Eltern und insbesondere die oft überängstlichen Großeltern einige Grundregeln zu eigen machen. Am wichtigsten erscheint, besonders Säuglinge und Kleinkinder keinesfalls aus Ängstlichkeit in eine Backofentemperatur zu bringen. Es ist für Kinder wesentlich gesunder, in ungeheizten Zimmern zu schlafen, als sie trockener, warmer Luft auszusetzen.
An sehr heißen Tagen empfiehlt es sich, Babys außerhalb der Mahlzeiten einige Schluck Tee anzubieten. Ein fieberkrankes Kind darf niemals in dicke Federkissen eingepackt werden. Transportiert man ein fieberndes Kind im Freien, wickelt man es am besten in eine leichte Decke; im Krankenwagen ist auch dies überflüssig. Grundsatz ist, dem Kind immer die Möglichkeit zu geben, durch Abdunstung, Schwitzen und Bewegung die zu hohe Temperatur auf natürlichem Weg zu senken.