Geschmacksknospen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Mensch verfügt über ca. 10.000 Geschmacksknospen, von denen jede einzelne Knospe 50 bis 100 Geschmackssinneszellen enthält, die über winzige Geschmacksstiftchen mit dem zu schmeckenden Substrat in Kontakt kommen und anschließend ihre Information über afferente Nervenfasern an das Zentralnervensystem (ZNS) melden. Etwa 75% der Knospen sind in die Zungenschleimhaut integriert, der Rest verteilt sich auf Gaumensegel, Nasenrachen, Kehlkopf und den oberen Teil der Speiseröhre.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Geschmacksknospen?

Die Hauptfunktion der Geschmacksknospen besteht darin, zusammen mit dem Geruchssinn eine Vorprüfung der Nahrung auf die Kriterien giftig/gefährlich, genießbar oder ungenießbar vorzunehmen.
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Geschmacksknospen (Caliculi gustatorii) sind kleine becherartige Gebilde in der Schleimhaut der Zunge. Jede Geschmacksknospe enthält unter anderem bis zu 100 Geschmackssinneszellen, die über winzige Geschmacksstiftchen (Mikrovilli) in der Geschmackspore (Porus gustatorius) mit dem Substrat (Nahrung) auf der Zunge in Kontakt geraten. Ihre „Eindrücke“ leiten sie als elektrischen Impuls über afferente Nervenfasern an die zuständigen Nervenschaltstellen im zentralen Nervensystem weiter.

Die Geschmackssinneszellen lassen sich in Typ I, II und III-Zellen unterscheiden. Geschmacksknospen werden auf der der Zungenschleimhaut zu sogenannten Papillen zusammengefasst, die je nach ihrem Erscheinungsbild nach Wall-, Blätter- und Pilzpapillen differenziert werden.

Während Wallpapillen mehrere hundert Geschmacksknospen enthalten, befinden sich in den Pilzpapillen nur jeweils 3 bis 5. Die Geschmackssinneszellen können nur zwischen den Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter salzig und umami unterscheiden. Der Begriff „umami“ ist ein japanischer Ausdruck und kann als fünfte Geschmacksrichtung in etwa mit fleischig, herzhaft und wohlschmeckend umschrieben werden.

In jeder Geschmacksknospe befinden sich jeweils Sinneszellen für alle fünf Geschmacksrichtungen. Der Geschmackssinn ist stark mit dem Geruchssinn verschaltet. Ein beeinträchtigter Geruchssinn, zum Beispiel durch einen Schnupfen, beeinträchtigt auch das Geschmacksempfinden.

Anatomie & Aufbau

Die Geschmacksknospen mit einem Durchmesser von 20 bis 40 µm sind in das Epithel der Mundschleimhaut integriert. Die Geschmacksknospen haben eine becherartige Form und verjüngen sich nach oben zur Geschmackspore mit einem Durchmesser von 4 bis 10 µm. Aus der Geschmackspore ragen kurze Sinnesstiftchen (Mikrovilli), die jeweils am anderen Ende mit „ihrer“ Geschmackssinneszelle verbunden sind.

An der Membranoberfläche der Mikrovilli befinden sich die eigentlichen Geschmacksrezeptoren, die je nach Beschaffenheit der Speise erregt werden können. Jede Geschmacksknospe enthält bis zu ca. 100 Geschmackssinneszellen, die mit afferenten Nervenfasern mit dem zentralen Nervensystem zur Meldung ihrer Impulse in Verbindung stehen. Aus den undifferenzierten Basalzellen, die jede Geschmacksknospe an ihrer Basis enthält, entwickeln sich fortlaufend neue Geschmackssinneszellen, da diese relativ kurzlebig sind und laufend ausgetauscht werden müssen.

Die Einteilung der Geschmackssinneszellen in die drei Zelltypen I, II und III beruht auf morphologischen und immunhistochemischen Unterscheidungsmerkmalen. Eine Unterscheidung nach Funktion und Aufgaben konnte (noch) nicht vorgenommen werden, weil differenzierte Kenntnisse darüber nicht vorliegen.

Funktion & Aufgaben

Die Hauptfunktion der Geschmacksknospen besteht darin, zusammen mit dem Geruchssinn eine Vorprüfung der Nahrung auf die Kriterien giftig/gefährlich, genießbar oder ungenießbar vorzunehmen. Die Schutzfunktion, den Körper vor Giftstoffen oder anderweitig gefährlichen Stoffen zu bewahren, beruht zum Teil auf einer genetischen Vorprogrammierung, zum größten Teil aber auf erworbenen Erfahrungen, die im Geschmacks- und Geruchsgedächtnis abgespeichert sind.

Eine weitere wichtige Aufgabe der Geschmacksknospen liegt in der Vorprüfung der Nahrung auf enthaltenen Zucker. Einerseits verlangt der Körper nach Energie in Form von Zucker, andererseits kann ein Zuviel an biologisch schnell verfügbarem Zucker (Glucose) den Blutzuckerspiegel in gefährliche Höhen treiben. Damit das nicht passiert, lösen die Geschmacksknospen mit ihren gesammelten Meldungen „stark süß“ eine Kaskade physiologischer Reaktionen aus.

Vor allem wird die Bauchspeicheldrüse auf Insulinproduktion getrimmt, um den zu erwartenden Zucker schnell verarbeiten und in eine Art geeigneter Zwischenspeicherung überführen zu können. Falls die „Süßmeldung“ eine Falschmeldung war, weil die Geschmacksknospen auf Süßstoff hereingefallen sind, bringt das den Stoffwechsel durcheinander.

Ein zu hoher Insulinspiegel sorgt innerhalb von 10 bis 15 Minuten für ein starkes Absinken des Glucosespiegels im Blut, was zu einer drastischen Unterzuckerung führen kann. Eine faszinierende Aufgabe der Geschmacksknospen sorgt dafür, dass uns natürlich belassene Nahrungsmittel besonders gut schmecken, wenn sie Mineralien, Enzyme und Vitamine enthalten, die der Körper momentan benötigt. Nach welchen Kriterien das funktioniert, ist nicht bekannt.


Krankheiten & Beschwerden

Eine Störung des Geschmacksempfindens kann durch krankhaft veränderte Geschmacksknospen, zum Beispiel durch Entzündungen in der Zungenschleimhaut oder durch eine Störung im Nervensystem hervorgerufen werden. Die von der Geschmacksknospe gemeldeten Erregungen können nicht korrekt weitergeleitet oder im zentralen Nervensystem verarbeitet werden können.

Störungen des Geschmacksempfindens werden als Dysgeusie bezeichnet. Es kann dabei zwischen einer qualitativen und einer quantitativen Dysgeusie unterschieden werden. Ein vollständiger Verlust des Geschmacksempfindens wird als Ageusie bezeichnet.

Eine qualitative Dysgeusie äußert sich durch ein verändertes Geschmacksempfinden, unter Umständen wird sogar ein Geschmacksempfinden virtuell erzeugt, quasi halluziniert (Phantogeusie). Eine recht unangenehme Dysgeusie ist die Kakogeusie, bei der alle Geschmacksreize als unangenehm übelschmeckend empfunden werden. Quantitative Dysgeusien treten meist in Verbindung mit Beeinträchtigungen des Riechempfindens auf.

Entzündungen in der Mundschleimhaut oder in der Zungenschleimhaut können zu einer temporären Beeinträchtigung des Geschmacksempfindens führen und eine quantitative Dysgeusie verursachen. Nervenentzündungen (Neuritis) können eine Dysgeusie auslösen, wenn die Neuritis die Weiterleitung der Geschmacksimpulse behindert oder gänzlich unterbindet.

Auch Störungen in der Verarbeitung nervlicher Impulse im zentralen Nervensystem, die zum Beispiel durch Tumore, Neurotoxine oder Alkohol und andere Drogen verursacht werden, können zu Dysgeusien führen. Die meisten Dysgeusien, die in Verbindung mit sekundären Krankheiten wie Schleimhautentzündungen oder einer Neuritis auftreten, sind temporärer Natur und verschwinden, sobald die Sekundärkrankheit geheilt wurde. Ein permanenter Totalverlust des Geschmacksempfindens ist sehr selten.

Quellen

  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Zilles, K. et al.: Anatomie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2010

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